Die erste faschistische Verfassung der Welt war – welche?

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Apr 302018
 


Welche Verfassung führte als erste Verfassung überhaupt das römische Liktorenbündel, die berühmten „fasces“ im Wappen? Welche staatliche Verfassung darf mit Fug und Recht die erste faschistische Verfassung der Welt genannt werden?

Eine rein antiquarische Frage, möchte man meinen. Und doch ist sie weit mehr als das! Denn es geht nicht zuletzt um die Frage nach den Wesensmerkmalen des Faschismus, also jener politischen Bewegungen im Europa des 20. Jahrhunderts, die sich ausdrücklich auf den Kult der Gewalt stützten, wie er im damaligen semiotischen Universum durch das Rutenbündel der römischen Liktoren versinnbildlicht wurde.

Die Antwort mag überraschen: Die erste faschistische Verfassung der Welt war im semiotischen Sinne, wie ihn etwa Umberto Eco ansetzt, die Verfassung des V. Allrussischen Sowjetkongresses, verabschiedet am 5. Juli 1918. Sie zeigt neben Hammer und Sichel auch das Symbol des Faschismus – das Rutenbündel der Liktoren.

War also der sowjetische Kommunismus, der Bolschewismus der Ur-Faschismus? Ich würde diese Frage so stellen! Der Bolschewismus stützte sich explizit auf den Kult der Gewalt; die Schriften von Marx, Trotzkij und Lenin sind gespickt mit affirmativen Aussagen zum Einsatz der nackten Waffengewalt innerhalb der Gesellschaft; und sie offenbaren innige Vertrautheit mit der Geschichte des Imperium Romanum, was sich nicht zuletzt auch in der Titelgraphik der ersten sowjetischen Verfassung widerspiegelt.

Benito Mussolini und alle anderen Faschisten kannten den Weg der Bolschewiki genau, sie orientierten sich am Aufstieg und Triumph Lenins und Trotzkis, sie übernahmen die wesentlichen Elemente dieses „Ur-Faschismus“. Lenin mit seiner sogenannten „Oktoberrevolution“ und dem sogenannten „Sturm auf den Winterpalast“ von 1917 war offenbar ein Vorbild für den Sozialisten und späteren Faschisten Mussolini, der ja immerhin bis ins Alter von 27 Jahren überzeugter, politisch aktiver Sozialist und sogar Chefredakteur des Avanti, des Zentralorgans der Sozialistischen Partei Italiens, war. Der Sozialismus, insbesondere der mit dem Kult der hemmungslosen Gewalt, dem „Roten Terror“ auftretende sowjetische Bolschewismus, kann, so meine ich, durchaus als eine Art Ur-Faschismus im Sinne Umberto Ecos angesehen werden.

Ohne den früheren sowjetischen Sozialismus ist kein Faschismus, ohne den zuerst entstandenen russischen Bolschewismus ist kein Nationalsozialismus denkbar.

Bild:
Das Titelbild der ersten sozialistischen und faschistischen Verfassung der Welt aus dem Jahr 1918
Lesehinweis:
Umberto Eco: Il fascismo eterno, in: Cinque scritti morali (erschienen zuerst 1997, jetzt erneut verfügbar bei La nave di Teseo editore, Milano 2017)

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Aug 222016
 

De mortuo nil nisi bene loquamur – von einem Toten möchten wir zunächst einmal nur Gutes reden. Ein wahrhaft europäischer Historiker war Ernst Nolte, der am 18. August verstorben ist.

Sein großartiges Werk „Der Faschismus in seiner Epoche“, das ich aus der Bibliothek meines Vaters in der 2. Auflage von 1965 ererbt habe, hinterließ mir vor Jahren schon einen tiefen Eindruck; zunächst übrigens wegen des außerordentlich eleganten, mit Fakten und tiefen Einsichten gesättigten Stils. Nolte war zuletzt einer der wenigen noch verbleibenden deutschen Wissenschaftler, der eine rhythmisch geordnete, architektonisch klar gegliederte, dem fein artikulierten rhetorischen Gestus nicht abholde Sprache schrieb. Man braucht sich nur einige Seiten aus seiner Feder vorzulesen und wird erkennen, dass er noch einmal das rhetorisch-analytische Erkennen, diesen Schatz  der antiken Historiker aufscheinen lässt. Sein Deutsch liest sich mitunter so, als wäre es aus Sallust oder Thukydides, aus Montaigne oder Montesquieu übersetzt! Mindestens lässt es diesen Goldgrund noch durchschimmern.

Als weiteren Vorzug hebe ich hervor, dass er sich mit den Quellen mehrerer europäischer Sprachräume auseinandergesetzt hat, sehr im Gegensatz zu fast allen, die in häufig unredlicher Art über ihn hergefallen sind. Er las eben noch im Original Mussolini, D’Annunzio, Drumont, Barrès und all die anderen.

Die meisten heutigen Feuilletonisten und akademischen Barone, von Jürgen Habermas angefangen bis zu all den anderen, die ihm seit dem unsäglichen, fälschlich so genannten „Historikerstreit“ unablässig am Zeug flickten, sind oder waren schon wegen mangelnder Sprachkenntnisse gar nicht imstande, die historischen Quellen aus Italien, Frankreich, der Sowjetunion, Polen oder Tschechoslowakei eigenständig auszuwerten. Sie kennen und können nur Vorgekautes wiedergeben, soweit es ihnen  in deutscher oder englischer Sprache aus zweiter Hand vorgesetzt wird. Sie haben keine Quellenforschung betrieben. Ich behaupte: Sie konnten und können den Wahrheitsgehalt von Noltes Schriften nicht beurteilen. Sie haben sich nie der Mühe unterzogen, den gesamteuropäischen Charakter der großen Ideologien des 20. Jahrhunderts nachzuvollziehen, wie dies Nolte auf seine besondere Weise tat.

Habermas und die anderen haben nur versucht, die gesamte Epoche von 1917-1945 mit dem Absolutheitssiegel des Bösen schlechthin, verkörpert in Deutschland, zu entsorgen. Entsorgung der Vergangenheit! Sie haben genau das gemacht, was sie Nolte fälschlich vorwarfen. Sie verkörpern im Grunde die autokategoretische Denkart, wie sie sich geradezu idealtypisch in Deutschland herausbilden konnte. Diese Denkart lässt sich so zusammenraffen: „Es gibt genau eines und nur ein einziges Verbrechen, das alle anderen übersteigt. Dieses ist von uns Deutschen begangen worden.  Es ist das einzige Verbrechen, das nie vergeht, für das auch keinerlei Motivation oder Veranlassung denkbar ist, und das auf ewige Zeiten uns Deutschen anhaften wird. Dafür, für dieses einzigartige Verbrechen trägt Deutschland Schuld und Verantwortung.“ So formulierte es übrigens noch kürzlich der Deutsche Bundestag in seiner Armenien-Resolution vom 02.06.2016.

An keiner Stelle hat Ernst Nolte dagegen so etwas wie eine Apologie des Nationalsozialismus versucht oder gar irgendwelche Verbrechen, die im deutschen Namen begangen oder von Deutschen begangen worden sind, zu verharmlosen, zu entschuldigen oder zu leugnen sich unterfangen, wie es ihm jedoch heute noch einmal auf höchst unredliche Weise im Tagesspiegel auf S. 1 unterstellt wird. Sehr wohl aber hat er versucht, zu verstehen, wie es so weit kommen konnte. Er versuchte das Geschäft des Historikers: Handlungsstränge nachvollziehen, mögliche Motivationen und Triebkräfte freilegen, ohne die historisch Handelnden als den Teufel schlechthin, als den Träger der Schuld schlechthin zu verurteilen –  „mit Abneigung, aber ohne Haß“.

Seine Gegner haben unhistorisch und auf tiefstem Niveau pseudotheologisch mit dem Argument des absoluten Bösen argumentiert, wobei der Rückgriff auf Martin Luthers Schuldbegriff auf krude Weise dem ganzen Volk übergestülpt wurde.

Manet odium sui germanicum! Man lese doch bitte noch einmal Luthers 4. Wittenberger These, und man wird erkennen, wie ein bedeutender Teil der deutschen Gelehrtenschaft ganz im Banne dieses von Luther absolut aufgeladenen kollektiven Schuldbegriffes steht, der letztlich zur Ablehnung der eigenen Identität, zum odium sui, wie dies Luther nannte, führen muss und geführt hat:

4. Manet itaque poena, donec manet odium sui (id est poenitentia vera intus), scilicet usque ad introitum regni caelorum.

Ernst Nolte: Der Faschismus in seiner Epoche. Die Action française. Der italienische Faschismus. Der Nationalsozialismus. R. Piper & Co Verlag, 2. Auflage München 1965

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Perdonare e dimenticare Debre Libanos? Dürfen wir Debre Libanos vergeben und vergessen?

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Mai 262016
 

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Als eine stille Kammer
Wo ihr des Tages Jammer
Verschlafen und vergessen sollt.

So weit schallen ein paar Verse aus einem neuen Buch nach, das ich mir gestern zulegte. Der Dichter? Nennen wir ihn einfach – Matthias.

„Wie bitte? Sollen wir des Tages Jammer verschlafen und vergessen? Dürfen wir das überhaupt? Können wir das? Gibt es nicht Ereignisse und Orte des Jammers, die wir nie vergessen dürfen? Wird es uns nicht jeden Tag am Schöneberger Kaiser-Wilhelm-Platz aufs Brötchen geschmiert, dass es 12 Orte – genau 12! – des Schreckens gibt, die wir nie vergessen dürfen, an die wir buchstäblich Tag um Tag, Nacht um Nacht, bei jedem Frühstück und bei jedem Abendessen von Kindesbeinen an und bis ins Sterbebett denken müssen? Dürfen wir uns über dieses Gebot „Wir dürfen nie vergessen“ hinwegsetzen?“

Du stellst eine große Frage, o Freund! Zu groß für mich!  Erlaube, dass ich dir von Abuna Matthias I., dem Patriarchen der äthiopisch-orthodoxen Kirche erzähle!  Im Mai 1937 richteten dort im Kloster von Debre Libanos europäische Truppen unter Führung des  Europäers Rodolfo Graziani, des Vizekönigs von Äthiopien, unter den äthiopischen Christen das schlimmste Klerikermassaker aller Zeiten auf afrikanischem Boden an. Die vielzitierten europäischen Werte wurden von den Europäern in Afrika mit Maschinengewehren und Giftgas vertreten, diese Maschinengewehre erlebten die Afrikaner damals als europäische Werte! Ian Campbell, der derzeit wohl bestausgewiesene Historiker in dieser Sache, schätzt die Zahl der durch die Europäer ermordeten Christen dieses einzigen Tages auf 1.800 bis 2.200, darunter etwa die Hälfte Priester und Ordensleute, die andere Hälfte Wallfahrer. Dieses und andere Massaker, insbesondere auch der gesamte Krieg, den die Europäer – in diesem Fall italienischer Herkunft – gegen die Äthioper führten, zielten nach Darstellung der Äthioper selbst damals auf Auslöschung der gesamten christlich-äthiopischen Kultur und die Vernichtung von deren Existenz. Das sind die vielzitierten europäischen Werte!

„Aber das ist ja … das habe ich nicht gewusst. Das ist furchtbar, schrecklich, was wir Europäer damals in Afrika angerichtet haben! Das dürfen wir Europäer nie vergessen. Wir Europäer tragen alle auf ewige Zeiten Schuld und Verantwortung dafür, was wir Europäer alles den Afrikanern angetan haben. Das ist unverzeihlich!“

Freund, sei dessen eingedenk, was damals geschah! Wie bewertet aber nun der heutige äthiopisch-orthodoxe Patriarch Matthias diese 1937 verübten Verbrechen der Europäer an den afrikanischen Christen? Die Antwort hat es in sich, sie sei hier in deutscher Übersetzung zitiert: „Non si è trattato di una cosa buona“, sagt Matthias, „es handelte sich um keine gute Sache, wir haben sehr viele Menschen verloren, darunter die Mönche, den Bischof Abuna Petros. Jetzt ist zu recht fast alles vergessen und vergeben. Ich darf sagen: es ist gut so. Was kann man jetzt noch machen?“

Matthias von Wandsbek und Matthias von Äthiopien, diese beiden Matthiasse weisen auf die Bedeutung des Vergebens und Vergessens hin. In der Tat scheint es so zu sein, dass man irgendwann nicht mehr anders kann als so zu tun, als wäre etwas nicht gewesen. Nach vorne richtet sich der Blick. Man schläft und vergisst. Man verschläft es alles weg, weil man nicht immer daran denken möchte.

Quellen:

Andrea Tornielli: Sterminate quei monaci. Firmato: il viceré Graziani. Un docufilm solleva il velo sulla più grande strage di religiosi cristiani mai compiuta in Africa. Nel 1937 i soldati al comando del generale italiano uccisero per rappresaglia duemila persone: mille erano membri del clero. In: La Stampa, mercoledì, 18 maggio 2016, pagina 22

Matthias Claudius: Abendlied. In: Deutsche Gedichte. Herausgegeben von Hans-Joachim Sinn. Insel Verlag, Frankfurt am Main und Leipzig, 3. Aufl. 2013, S. 385

http://www.lastampa.it/2016/05/18/vaticaninsider/ita/inchieste-e-interviste/sterminate-quei-monaci-firmato-il-vicer-graziani-sXPpXXTZmE5TaN8nJZo79L/pagina.html

Bild: Der Mond ist aufgegangen über Neuranft in Oderaue im Oderbruch am vergangenen Samstag, als wüsste er von nichts. Als wäre kein Jammer je gewesen!

 

 

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„Sur des modèles anciens, faisons des hommes nouveaux“

 Europäischer Bürgerkrieg 1914-1945, Faschismus, Pasolini, Platon  Kommentare deaktiviert für „Sur des modèles anciens, faisons des hommes nouveaux“
Feb 092016
 

„Faisons l’homme à notre image.“ / „Lasset uns den Menschen machen nach unserem Bilde.“
Soweit Buch Genesis 1,26

„Sur des modèles anciens, faisons des hommes nouveaux.“ / „Gestützt auf alte Vorbilder, lasset uns neue Menschen machen!“

Mit diesen knappen Worten, die nicht zufällig einen biblischen Anklang verlauten lassen, fasst der französische Historiker Johann Chapoutot seine an einer Fülle von Belegen gewonnenen Beobachtungen über den nationalsozialistischen Kult der griechisch-römischen Antike zusammen.

Der totalitäre Machtverband Sparta, das auf gestählte Manneskraft und absolute Befehlsgewalt gestützte Rom, der zentralistisch-autoritär denkende Platon der Politeia, der Germania-Ursprungsmythos des Tacitus, das sind wohl einige der wichtigsten Kulissen oder Bühnen-Versatzstücke, auf denen die Nationalsozialisten ihren rücksichtslosen Griff nach der Weltmacht stützten.

Das Buch Chapoutots leistet ähnliches, wie es vor ihm Ernst Nolte in seinem Buch „Der Faschismus in seiner Epoche“ geleistet hatte: Genaue Herauspräparierung der politischen Ideologie der faschistischen bzw. nationalsozialistischen Bewegungen anhand der in Originalsprachen ausgewerteten zeitgenössischen Quellen; Versuch, das ganze Gewirr aus Fakten, Forschungen, Halbwahrheiten, Märchen, Lügen und Mythen zu verstehen und aus sich heraus schlüssig zu deuten; Absehen von einer rein moralischen Verurteilung bzw. vom Ende her denkenden Verteufelung der faschistischen Bewegungen. Ich denke, man muss solche Versuche von sorgfältig forschenden Historikern wie etwa Johann Chapoutot durchaus ernstnehmen. Aufgabe des ernsthaften Historikers ist es ja nicht, eine Art Tribunal über die Vergangenheit der Väter und Großväter abzuhalten. Es muss Geschäft des Historikers sein, Ereignisse, Strukturen und Menschen aus dem jeweiligen Zeithorizont heraus zu verstehen – oder es zumindest zu versuchen. Nur so kann der Opferkult, die Bereitschaft zur schrankenlosen, zur verbrecherischen Gewalt erklärlich werden, wie sie den faschistischen Bewegungen, aber auch – dies wird häufig vergessen – den kommunistischen Bewegungen Europas zu eigen waren.

Wie sonst ist es zu erklären, dass sich später allseits gefeierte Männer wie der spätere Nobelpreisträger Günter Grass, der damalige volkstümliche Dialektdichter Pier Paolo Pasolini, der spätere Präsident Giorgio Napolitano, der spätere Nobelpreisträger Dario Fo, der Nobelpreisträger Knut Hamsun, der Diplomat Ernst von Weizsäcker und Tausende, Hunderttausende andere in ihren frühen Mannesjahren ganz offen den jeweiligen faschistischen Organisationen ihrer Länder als Mitglieder freiwillig anschlossen bzw. zumindest nachweisbar ihre Sympathie für die nationalsozialistischen Bewegungen ihrer Zeit offen zu erkennen gaben? Es waren alle doch keine Dummköpfe, sondern bereits damals hochgebildete, nachdenkliche, urteilsfähige Zeitgenossen…

Beleg:

Johann Chapoutot: Le nazisme et l’Antiquité. Presses Universitaires de France, Paris 2012, hier bsd. S. 280-284, Zitat: S. 280
Johann Chapoutot: Le meurtre de Weimar. Presses Universitaires de France, Paris 2010

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Appuntamento con la morte, oder: „Italien zog in den Krieg“

 Europäischer Bürgerkrieg 1914-1945, Faschismus, Italienisches, Mussolini, Vergangenheitsunterschlagung  Kommentare deaktiviert für Appuntamento con la morte, oder: „Italien zog in den Krieg“
Apr 032015
 

Gute, verheißungsvolle Ansätze zu einer ehrlichen Vergangenheitsbewältigung entdecken wir seit einigen Jahren in Italien. Während die vorherrschende Lesart in der breiten Masse Italiens immer noch ist, Italien sei 1940 von Deutschland wider Willen in einen Krieg hineingezogen worden, den es eigentlich nicht gewollt habe („la guerra non voluta“), wird nunmehr von immer mehr Italienern deutlicher gesehen, dass Italien ab 1921, besonders jedoch ab 1935 durchweg proaktiv eine rassistische, kriegsbefürwortende Haltung eingenommen hat. Ein gewalttätiger, neo-römischer Imperialismus, gepaart mit scharf und deutlich ausgeprägtem Rassismus vor allem gegen die Slawen (weniger stark gegen Juden), führte Italien zu blutigen, verheerenden Angriffskriegen gegen Äthiopien, Albanien, Jugoslawien und Griechenland. „L’Italia andò alla Guerra“, so lautet zutreffend eine Sendereihe der staatlichen Fernsehanstalt RAI 3, die auch am heutigen Karfreitag gesendet wird.

The loser takes it all! Seit etwa 1945 herrscht weitgehend ein stillschweigendes Einverständnis, das Deutsche Reich und nur das Deutsche Reich sei allein verantwortlich für alle seit 1935 bis zum Mai 1945 ausgefochtenen Kriege – also den gesamten 2. Weltkrieg einschließlich des japanisch-chinesischen Konflikts, des japanisch-sowjetischen Kriegs, des japanisch-amerikanischen Kriegs, des sowjetisch-finnischen Winterkriegs (1939), des italienisch-griechischen Krieges ab 1940, des ukrainisch-sowjetisch-russischen Bürgerkriegs schon ab 1931 … The Big Loser takes all the blame! Nazi-Deutschland und nur Nazi-Deutschland war und ist für die Mehrheit der Weltbevölkerung die echte „Inkarnation des Bösen“ in der Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts, Differenzierungen dieses Schwarz-Weiß-Befundes galten lange Zeit und gelten auch heute noch – selbst unter manchen ausgewiesenen, habilitierten Hochschul-Historikern – als unerwünscht, wobei wir Deutschen zweifellos unübertroffene Weltmeister (T.G. Ash) darin sind, fast alle Schuld für fast alles Unglück in der fast gesamten Weltgeschichte ab etwa 1871 (oder auch davor?) bis etwa 1945 (oder auch danach?) auf unser Haupt zu laden.

Aber so einfach ist es ja wohl nicht, dass letztlich nur „wir Deutschen“ als Trägervolk des Bösen an allem schuld sind. Ein bisschen mehr Differenzierung tut not. Und ein unendlich wichtiger Schritt zu einer notwendigen Differenzierung ist es, dass ehemalige italienische Unterstützer des Faschismus, also Männer, die in den Jahren 1921-1945 aus freien Stücken den Anschluss an die faschistischen Organisationen suchten und sich freiwillig in aller Öffentlichkeit zugunsten des faschistischen Italien und Hitlers hervortaten, nach vielen Jahrzehnten des Schweigens ihre damalige Parteinahme für den Faschismus und für Deutschland erzählen und zu erklären versuchen.

Giorgio Napolitano, der spätere kommunistische Politiker und Staatspräsident, der sich freiwillig dem GUF, dem Gruppo Universitario Fascista, also dem Faschistischen Studentenverband anschloss, Dario Fo, der spätere Nobelpreisträger, der freiwillig nach dem 8. September 1943 auf Seiten der neuen faschistischen Regierung für Hitler und Deutschland, für Mussolini und für ein Italien nach seinen eigenen Vorstellungen kämpfte, sie und einige andere sind gar nicht hoch genug zu loben für ihre schmerzende Redlichkeit. Sie gestehen und gestanden öffentlich ein, dass sie als junge Männer in diesem gewaltigen gesamteuropäischen Konflikt mindestens eine Zeit lang auf Seiten der Achse Hitler/Mussolini engagiert waren, ehe sie dann ab 1943 und verstärkt natürlich ab 1945 hinüberwechselten auf die Seite der italienischen Linken, des italienischen Antifaschismus, der sich stark an Stalin und die Sowjetunion anlehnte. Von Mussolini/Hitler zu Stalin, vom Faschismus zum Antifaschismus, vom Faschismus zum Kommunismus, von „Böse“ zu „Gut“ ging der verschlungene Weg. Signatur einer Epoche der europäischen Geschichte, – trasformismo europeo!

Als weitere bedeutende freiwillige Mitglieder des Faschistischen Studentenverbandes, also gewissermaßen und cum grano salis als ehemalige Faschisten sind zu nennen Eugenio Scalfari, Giorgio Strehler, Pier Paolo Pasolini … diese und viele andere bekannte prominente Namen der italienischen Zeitgeschichte schlugen sich damals als junge Männer offen und ohne gezwungen zu sein auf die Seite des Faschismus. Und aus diesem Faschismus erwuchs später — die geistige Hochblüte des italienischen Antifaschismus ab etwa 1946.

Giorgio Napolitano fand dafür in seiner höchst lesenswerten Autobiographie treffend die Formulierung, die Faschistische Studentenverbindung Neapels (der GUF) sei eine „richtiggehende Brutstätte antifaschistischer geistiger Energien“ gewesen – „un vero e proprio vivaio di energie intellettuali antifasciste“.

Empfehlenswerter Lesestoff:
Giorgio Napolitano: Dal Pci al socialismo europeo. Un’autobiografia politica. Ed. Laterza, Roma-Bari 2008, hier zitiert nach edizione digitale, marzo 2013, Pos. 398 (7%)
Filippo Focardi: Il cattivo tedesco e il bravo italiano. La rimozione delle colpe della seconda guerra mondiale. Ed. Laterza, Roma-Bari 2013
GUF – Gruppo universitario fascista – Eintrag in der italienischen Wikipedia, Stand vom heutigen Tage

D- Day, questa sera si parla di „quell’estate del ’43“.

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„Bruch“, „Beugung“ oder „schleichende Umformung“ des bestehenden Rechts?

 Europäische Union, Faschismus, Mussolini, Trasformismo europeo  Kommentare deaktiviert für „Bruch“, „Beugung“ oder „schleichende Umformung“ des bestehenden Rechts?
Feb 042015
 

Einen schwer übersetzbaren Begriff möchten wir in die EU-Debatte einführen, den des „trasformismo“. Wie vieles andere Bedeutende stammt er aus Italien. Trasformismo meinte in der jungen italienischen  Monarchie, dem neuen Nationalstaat Italiens im 19. Jahrhundert das Abschleifen der Gegensätze zwischen Links und Rechts, zwischen Einerseits und Andererseits, zwischen Regierung und  Opposition.  Trasformismo bedeutet das nachholende Einverständnis der Bürger zu einem Konstrukt, das die Bürger „eigentlich“ nicht haben wollten. Der italienische Trasformismo ist im Grunde das Vorbild für die „Alternativlosigkeit“ der Großen Koalition in der Bundesrepublik Deutschland.

Nach und nach schleift sich alles ab, durch Geschenke, Versprechungen und durch Machtverheißung wird der anfängliche Widerstand gegen ein von oben herab verfügtes, in der Breite nicht bejahtes Rechtskonstrukt gebrochen. So festigten unterschiedliche Politiker wie Agostino de Pretis, Giovanni Giolitti und Benito Mussolini ihre Herrschaft, so gelang es ihnen, weit über eigene Parteigrenzen hinaus Zustimmung zu sichern. Die langjährige Herrschaft des Faschismus in Italien lässt sich ohne diesen habituellen Trasformismo nicht erklären! Dass selbst führende Politiker der späteren Kommunistischen Partei Italiens als junge Erwachsene während des Ventennio überzeugte Faschisten und aktive Mitglieder in faschistischen Organisationen waren, geht auf das Konto dieses schleichenden Wandlungsprozesses.

Eine winzige Facette zum augenfälligen Trasformismo der Europäischen Union steuert heute unter dem Titel „Bruch der Rechtstradition“  in der FAZ auf S. 16 Uwe H. Schneider bei, der Direktor des Instituts für Kreditrecht der Universität Mainz: „Am Kapitalmarkt sollen nur noch EU-Gesetze gelten“, und zwar werde nach dem Willen der EU-Kommission der Wortlaut der EU-Gesetze in allen Amtssprachen gleichermaßen gelten.

Es entsteht so eine „legislative Schnitzeljagd“, bei der die Richter ohne gute Kenntnisse der 24 Amtssprachen kaum Recht sprechen können, denn spezifisch deutsche Rechtsinstitute wie die berühmte „Gewährträgerhaftung der Gebietskörperschaften“, die „Tarifautonomie der Sozialpartner“, die „Weisungsungebundenheit der Zentralbank“ werden vor dem EU-Recht langfristig keinen Bestand haben können; irgendeine Fassung in einer der 24 Amtssprachen wird sich schon finden, um die Besonderheiten der nationalen Gesetzgebung auszuhebeln. Zug um Zug, Schritt um Schritt wird also die Rechtsordnung der Mitgliedsstaaten überformt bzw. „transformiert“, und zwar keineswegs nur in Randbereichen wie etwa dem Glühlampenrecht, sondern im Kernbestand der Marktordnung. Wer soll da noch den Überblick behalten?

Wer weiß, vielleicht einigt man sich entnervt irgendwann – dem Rat des Bundespräsidenten Gauck folgend – auf eine einzige Amtssprache (Englisch) und schafft die Besonderheiten der Rechtskulturen  der Mitgliedsstaaten komplett ab? Dies wäre nach der Gesellenprüfung der Einheitswährung das Meisterstück des Trasformismo europeo!

 

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„Deutsch, also böse – wir nicht deutsch, also gut!“ Oder: Ein ruhiges Gewissen ist ein sanftes Ruhekissen

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Jul 112013
 

2013-03-06 07.51.40

Ein wichtiges Buch hat der italienische Historiker Filippo Focardi zu Beginn dieses Jahres vorgelegt:

Il cattivo tedesco e il bravo italiano. La rimozione delle colpe della seconda guerra mondiale. Laterza, Roma-Bari 2013

[Der böse Deutsche und der gute Italiener. Die Verdrängung der schuldhaften Verfehlungen des zweiten Weltkrieges]

Mit großer Entschlossenheit löst Focardi den Anspruch seines Titels ein. Wieder und wieder weist er die Richtigkeit der These nach, die Tony Judt als erster breit ausgeführt hat, dass nämlich alle europäischen Länder, insbesondere die ehemaligen Verbündeten Deutschlands, also namentlich Italien, UdSSR (bis August 1941), Rumänien, Ungarn, Slowakei, Finnland sich in den Jahren 1943-1947 darauf einigten, die alleinige Schuld an der Auslösung des 2. Weltkrieges und die Schuld an allen Verbrechen, die während des 2. Weltkrieges und in den Jahren danach begangen worden waren, ausschließlich den Deutschen und nur den Deutschen  zuzuschreiben. Mittlerweile haben die Deutschen selbst mehrheitlich diese krude These ebenfalls übernommen und wiederholen sie als schiefe, vulgärtheologische Friedensformel bewusst und unbewusst ohne Unterlass in der Meinung, sich dadurch dem Rest der Welt andienen zu können.

Beide Zuschreibungen „Alles Böse war deutsch – alle Deutschen waren böse“ –  hielten schon damals und halten auch heute noch einer Überprüfung nicht stand. Dennoch – so weist Focardi an zahllosen, geradezu schlagenden Beispielen nach – durchziehen diese Grundannahmen „Deutsch also böse – nichtdeutsch also gut“  – bis heute, und heute sogar stärker denn je, die gesamte Darstellung der Jahre 1914-1947 in den Massenmedien wie etwa US-amerikanischen und italienischen Filmen, Dokumentationen, aber auch etwa in der üppig wachsenden Gedenklandschaft hier in Berlin, wo ich dies schreibe.

Die Zunft der europäischen Historiker – der Brite Tony Judt, der Franzose Henry Rousso, der Italiener Filippo Focardi seien nur beispielhaft genannt – hat sich freilich längst von dieser simplen Schwarz-Weiß-Malerei verabschiedet. Heute wird allmählich wieder bekannt, was damals alle wussten, dass Italien ab 1935, also vor den Deutschen, fast ohne Unterbrechung bis 1943 eine extrem aggressive Expansionspolitik betrieb, schwere Kriegsverbrechen in Afrika und auf dem Balkan – insbesondere nach den Überfällen auf Abessinien, Albanien  und auf Griechenland – beging.

Weniger bekannt ist, dass die Sowjetunion ab 1921, ebenfalls lange vor den Deutschen, zahlreiche Angriffskriege vom Zaun brach und schwere Massenverbrechen an Zivilisten mit Millionen und Abermillionen von Todesopfern beging – ein Sachverhalt, auf den Focardi leider nur ganz am Rande eingeht, wie ja überhaupt der östliche Kriegsschauplatz weiterhin in der öffentlichen Darstellung stark unterbelichtet ist.

Die gesamte Darstellung des zweiten Weltkriegs ist aber laut Focardi  weiterhin (wir ergänzen: in ehemals westlichen Ländern, nicht in den ehemaligen Ostblock-Staaten) durch eine extreme, obendrein im platten Sinn moralisierende Einseitigkeit geprägt. Alle im Krieg begangenen Verbrechen würden grundsätzlich zunächst einmal den Deutschen zugeschrieben, während alle anderen Nationen – beginnend beim faschistischen  Italien – grundsätzlich als „Mitläufer“ oder „Opfer“ gesehen würden.

Zustimmend zitiert Focardi den tapferen Vittorio Foa, der die verhängnisvolle Verschränkung von Verteufelung der Deutschen und moralischer Selbstfreisprechung, der die europäischen Nationen einschließlich der Deutschen verfallen sind, unübertroffen formuliert:

I tedeschi sono diventati una grande risorsa per la tranquillità della nostra coscienza. Ma è necessario ricordare il male della nostra parte se non vogliamo abbandonare al caso il nostro domani.

Wir übersetzen: „Die Deutschen sind zu einem vortrefflichen Ruhekissen unseres Gewissens geworden. Doch es ist nötig, sich an das Böse unserer Seite zu erinnern, wenn wir unsere Zukunft nicht aufs Spiel setzen wollen.“

Ein gutes, profundes, klug abwägendes Buch, dem ich breiteste Aufmerksamkeit wünsche und das sicherlich eine Übersetzung ins Englische und Deutsche verdient hätte!

Quelle:
Filippo Focardi: Il cattivo tedesco e il bravo italiano. La rimozione delle colpe della seconda guerra mondiale. Laterza, Roma-Bari 2013

Zitat von Foa: digitale Kindle-Ausgabe des Buches bei Amazon, pos. 3897

 

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Zerstörung der Familie durch den völkischen Staat: das vielbeschworene Erziehungsideal Hitlers

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Mrz 062013
 

„Deutschland wird Hitlers Familienbild nicht los.“ So betitelt Antje Rávic Strubel ihre unbewusste Hommage an Hitler in einem flammenden, zornigen Erguss über eines der – wie sie sagt – rückständigsten Länder Europas, nämlich  über – Bayern? Schwaben? Vatikan? – nein: über Deutschland.

http://www.welt.de/kultur/article113632737/Deutschland-wird-Hitlers-Familienbild-nicht-los.html

In der Tatsache, dass so viele Frauen nur in Teilzeit arbeiten, sobald sie Mütter werden, erblicken viele geschworene Frauenrechtlerinnen einen Beweis für die Verhaftung der Deutschen an Hitlers Familienbild – so etwa Karin Bennhold in einem hübschen Artikel für die New York Times. Sie zitiert zustimmend Thomas Sattelberger, den Manager von der Deutschen Telekom:

“There is a very traditional image of women and men that was taken to an extreme in the Third Reich: female mother cult and male fraternity. These mental stereotypes have not yet been culturally processed and purged.”

Was ist dran?

Ich meine: Zu den größten Versäumnissen der deutschen Presselandschaft gehört, dass die Menschen sich zu klug, zu gebildet, zu faul und zu feige sind, um all die Politiker und politischen Denker des 19. und 20. Jahrhunderts, die so viel Schaden angerichtet haben, im Original zu lesen. Selbstverständlich sollte und muss man Karl Marx, Lenin, Mussolini, Stalin, Hitler, Mao, Trotzkij, Che Guevara, Castro und all die anderen in ihren Schriften zur Kenntnis nehmen, ehe man wieder einen so krausgeqirlten  Unsinn über „Hitlers Familienbild“ von sich gibt, wie er regelmäßig die deutschen Feuilletons und die deutschen Plauder- und Plappershows füllt und auch schon die eine oder andere Medienkarriere zerstört hat.

Lohnend ist es, etwa Hitlers Vorstellungen zur Erziehung der Kleinkinder zu lesen. Sie ähneln in ihrer Strenge und auf Höherzüchtung des Menschentums zielenden Grundanlage in mancherlei Hinsicht denen, die Plato für seine Erziehungsdiktatur in Anschlag bringt. Wie Plato unterteilt Hitler den Menschen in drei Schichten: das Körperliche, das Seelische und das Geistige, wobei dem Körperlichen in der Erziehung der Knaben und Mädchen die größte Bedeutung zukommt.

Man lese doch etwa den Abschnitt „Erziehungsgrundsätze des völkischen Staates“ in „Mein Kampf“!  Der Befund beim Lesen Hitlers ist eindeutig: Die Familien werden entmachtet, der völkische Staat regelt die gesamte Kindererziehung von der Geburt an. Der völkische Staat ergreift von der Geburt an in jedem Sinne Besitz von den zukünftigen Kämpferinnen und Kämpfern. „Wenn wir als erste Aufgabe des Staates im Dienste und zum Wohle seines Volkstums die Erhaltung, Pflege und Entwicklung der besten rassischen Elemente erkennen, so ist es natürlich, daß sich diese Sorgfalt nicht nur bis zur Geburt des jeweiligen kleinen jungen Volks- und Rassegenossen zu erstrecken hat, sondern daß sie aus dem jungen Sprößling auch ein wertvolles Glied für eine spätere Weitervermehrung erziehen muß“ usw. usw. Man könnte – wenn man nicht Widerwillen empfände – endlos weiterzitieren.

Die heute in der aufgeklärten Linken so stark beweihräucherte Geschlechterneutralität, also die Gender equality, war ebenfalls bereits ein wichtiges Prinzip der völkischen Erziehungslehre der Nationalsozialisten. Die Grundsätze der körperlichen Fitness (der körperlichen Ertüchtigung, wie Hitler sagt), gelten gleichermaßen für Jungen und Mädchen: „Analog der Erziehung des Knaben kann der völkische Staat auch die Erziehung des Mädchens von den gleichen Gesichtspunkten aus leiten. Auch dort ist das Hauptgewicht vor allem auf die körperliche Ausbildung zu legen, erst dann auf die Förderung der seelischen und zuletzt der geistigen Werte.“

Mütter und Väter sollen sich in den Dienst des ehernen Leitsatzes der völkischen Weltanschauung stellen: „Du Einzelner, du Familie bist nichts, dein Volk ist alles.“ Die Familie fungiert allenfalls als hilfreiche Brutstätte des Völkischen. Die Grundsätze der völkischen, vom Gedanken des Bündischen und des Sozialistischen herstammenden, weitgehend genderneutralen Erziehung im Sinne der NSDAP waren das Gegenteil einer familienzentrierten, mütterzentrierten bürgerlichen Erziehung, wie sie heute gerade von der aufgeklärten Linken immer wieder perhorresziert wird.

Wer heute immer noch dreist und dumm und töricht behauptet, dass Hitlers Familienbild einem Übergewicht des Mütterlichen, einer Überhöhung des Mutterbildes Vorschub geleistet habe, weiß nicht, wovon sie redet.

Nach der deutschen Niederlage, nach dem von Deutschen verschuldeten Holocaust und dem vom völkischen Staat ins Werk gesetzten Massenmord erst besannen sich die Deutschen auf die Eigenständigkeit der Familie. Sie kehrten auf das zurück, was Hitler zerstört hatte: auf den Ewigkeitswert der Familie, der Liebe zwischen Mann und Frau, der Liebe zwischen Eltern und Kindern, die dem Staat vorgelagert ist und sogar ein Bollwerk gegen den totalen Allmachtsanspruch der Politik bildet.

Freundinnen, Freunde, Schwestern, Brüder!  Die deutsche Familiendebatte läuft völlig aus dem Ruder, ist geschlagen von einzigartiger historischer Unwissenheit und Blindheit. Antje Rávic Strubel gebührt unser Dank, dass sie ihre Hommage an Hitler so prominent platziert hat.

Möge sie stellvertretend für alle Deutschen in diesem unserem so rückständigen Land allmählich ihre Verhaftung an Hitlers Familienbild loswerden.

Quellen:

http://www.welt.de/kultur/article113632737/Deutschland-wird-Hitlers-Familienbild-nicht-los.html
Adolf Hitler: Mein Kampf. Verlag Franz Eher Nachfolger, München 1933, S. 451-460, hier bsd. S. 451 und S. 459
Katrin Bennhold: Women Nudged out of German Workforce. In: New York Times, 28.06.2011
http://www.nytimes.com/2011/06/29/world/europe/29iht-FFgermany29.html?pagewanted=all&_r=1&

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Analı babalı büyüsün (3) – was braucht jedes Kind am dringendsten?

 Analı babalı, Familie, Faschismus, Kinder, Naturwissenschaften, Platon, Sozialismus, Türkisches  Kommentare deaktiviert für Analı babalı büyüsün (3) – was braucht jedes Kind am dringendsten?
Nov 222012
 

Hören wir doch auf die Stimme des Volkes! Während Politikerinnen und Politiker aller deutschen Parteien sich mehrheitlich darin überschlagen, den massiven, rechtlich garantierten Kita-Platz-Ausbau für die unter 3-Jährigen zu fordern, damit die Wirtschaft schön brummt und die Folgen des demographischen Wandels nicht zu Einbußen im Bruttosozialprodukt führen, und während das Betreuungsgeld als „Herdprämie“ für die hochkomplexe Erziehungsarbeit der Mütter und Väter verunglimpft wird, frage ich meine Kreuzberger Türkinnen, meine Araberinnen, meine Deutschen, meine Russinnen:

Was braucht ein Kind in den ersten drei Lebensjahren am nötigsten?

Antwort der Völker: Es braucht Mutter und Vater. „Möge es mit Mutter und Vater aufwachsen“, wie der Türke seit Jahrhunderten sagt. Es ist aberwitzig, die Mütter dank massivster Kita-Förderung (ca. 800-1000 Euro Kosten pro Monat und Kind) möglichst rasch wieder in die Produktion zu schaffen. Die frühe Trennung von Mutter und Kind, wie sie beispielsweise Platon in seiner Erziehungsdiktatur „Staat“ forderte, wie sie im antiken Sparta, aber auch im System der UDSSR- und der DDR-Krippenerziehung praktiziert wurde, hat Folgen, die erst einmal zu besprechen sind! Möglicherweise sind Bindungsscheu, Ablehnung des eigenen Kinderwunsches, tiefe Verunsicherung im Erwachsenenleben späte Nachgeburten eines Mangels an Familienerfahrung in der frühesten Kindheit.

Vieles deutet darauf hin, dass Kinder in den ersten 2 oder 3 Lebensjahren in unmittelbarer räumlicher Nähe der schützenden, hegenden Mutter oder einer Ersatzmutter am besten aufgehoben sind.  Bei Betreuungseinrichtungen  für unter 3-Jährige sollte eine Mutter oder eine Ersatzmutter nicht mehr als 5 oder 6 Kinder betreuen. Davon sind wir aber meilenweit entfernt in unseren Kleinkind-Kitas!

Das ausgeprägte Hege-, Schutz- und Anlehnungsbedürfnis des unter 3-jährigen Menschenkindes scheint biologisch bedingt zu sein. Wir sind doch alle auch naturgeprägte Angehörige einer Spezies! Das „Menschenjunge“ braucht vermutlich zum besten Gedeihen für eine gewisse Zeit eine Art „Kinderstube“ wie andere Arten von Lebewesen auch.

Erstaunlich, dass gerade die naturnahen Grünen hier so wenig auf Mutter Natur hören wollen. Sie sind halt doch irgendwo auch politikversessene, staatsgläubige SozialistInnen! Aber viele in der  CDU möchten ihnen kaum darin nachstehen.

http://www.lehrer-info.net/kompetenz-portal.php/cat/14/aid/117/title/Sprachliche_Rituale

 Posted by at 23:50
Mrz 012011
 

Als Schüler am Benediktinergymnasium las ich dem guten Ton der Opposition folgend neben dem Neuen Testament, Kant und Platon eifrig Adorno, Marx, Horkheimer und Habermas und flocht immer wieder gerne dort aufgelesene Ausdrücke in die Schulaufsätze ein, was mir gute Noten im Deutsch-Aufsatz, aber auch die eine oder andere kritische Rückfrage der Lehrer einbrachte.

Zu diesen erlesenen Wörtern gehören: schlechterdings, naturwüchsig, Sinnverstehen, unaufgeklärtes Bewusstsein, Erkenntnisinteresse, strukturelle Gewalt, Autoritätsgläubigkeit und ganz naturwüchsig auch faschistoid. Faschistoid bedeutet „dem Faschismus ähnlichsehend“. Bei Autoritätskonflikten griff ich gerne zu diesem Wort – etwa dann, wenn ich der Meinung war, ein Mitschüler sei zu Unrecht oder zu hart bestraft worden. „Das ist aber faschistoid!“

Ich finde den Ausdruck „faschistoid“ heute – ehrlich gesagt – recht problematisch, weil er so tut, als seien Unterwerfung, Hörigkeit, Gruppenzwang, Gewalt, Einschüchterung, Autoritätsgläubigkeit durch die europäischen faschistischen Bewegungen ab den 20er Jahren in die Welt gebracht worden. Dabei herrscht an ruchlosen Tyrannen in der europäischen Geschichte seit 2 Jahrtausenden kein Mangel.

Vor Hitler kam sein Vorbild Mussolini, vor Mussolini kamen beispielsetzend der extrem autoritär auftretende Lenin und seine Schlägertrupps – unter ihnen Stalin. Im russischen Bolschewismus waren tyrannische Herrschaft, Einschüchterung und Gewalt genauso stark oder noch stärker vertreten als im italienischen Faschismus, wobei der Bolschewismus etliche Jahre  vor dem Faschismus entstanden ist.

Auch der behördliche Antifaschismus der DDR und seine Nachfahren, die heutige Antifa, tragen in diesem Sinne deutlich „faschistoide“ Züge, siehe etwa den „antifaschistischen Schutzwall“, siehe den antifaschistischen Kampf gegen unliebsame faschistoide Begriffe, der in Parolen wie „Nie wieder Deutschland“ oder „Deutschland verrecke“ seinen Nieder-SCHLAG findet.

All diese faschistischen, faschistoiden, kommunistischen und antifaschistischen Methoden greifen auf Hörigkeit, Gruppenzwang, Einschüchterung,  ja oft auch auf Hetze und Gewalt zurück. Gegenüber allen solchen Bedrohungen gilt es die Flagge der Freiheit hochzuhalten.

 Posted by at 11:29

Nationalsozialisten? Oder: Was liegt schon an einem Wort!

 Faschismus, Rosa Luxemburg, Sozialismus  Kommentare deaktiviert für Nationalsozialisten? Oder: Was liegt schon an einem Wort!
Jul 212009
 

Kaum jemand weiß, dass nicht das Neue Deutschland, sondern dieJunge Welt die am meisten verbreitete Tageszeitung der DDR gewesen ist. Während das Neue Deutschland 1989 noch etwa 1 Million Auflage hatte, brachte es die Junge Welt, das Organ der FDJ, auf etwa 1,5 Millionen. Beide Zeitungen erscheinen noch heute und liefern weiterhin wie in einem Teleskop einen verlässlichen Einblick in die konservative, dogmatisch-linientreue Lesart der Zeitgeschichte. Ich vermute: Viele, wenn auch nicht alle Artikel hätten so oder so ähnlich auch in der DDR erscheinen können. Einen wertvollen begriffsgeschichtlichen Hinweis liefert heute in der Jungen Welt der Verfasser Ludwig Elm:

Nicht zuletzt mit Rücksicht auf beträchtliche Teile der Anhänger- und Wählerschaft der Mitte-Rechts-Koalitionen im Bund und in einigen Ländern wurden im Sprachgebrauch der Bundesrepublik die Selbstbezeichnungen der Nazis für ihr verbrecherisches Regime umstandslos beibehalten: »Nationalisozialismus«/»Drittes Reich«.

via 22.07.2009: Deutsche Kontinuitäten (Tageszeitung junge Welt).

Bei den Demonstrationen in Friedrichshain-Kreuzberg wird stets voller Inbrunst gegen die Faschisten zu Felde gezogen. Poveri italiani, denke ich oft! Müssen die armen Italiener denn alles ausbaden? Was liegt an diesem Wort?

In der Tat: Die Selbstbezeichnung der deutschen Nationalsozialisten war – Nationalsozalisten. Sollte man ihnen  den selbstgewählten Namen absprechen?

Immer wieder beklagt man, dass ganze Völker und auch  wichtige politische Richtungen durch die Sieger ihrer Selbstbezeichnung beraubt würden. Dass ganze Gruppen nicht mehr ihren eigenen, selbstgewählten Namen tragen dürfen, wird als Diskriminierung empfunden.  Deshalb spricht man heute auch nicht mehr von Zigeunern (also „Unberührbaren“), sondern von Sinti und Roma (Menschen). So sollte man heute nicht mehr von Eskimo (also verächtlich „Rohfleischessern“) sprechen, sondern von Inuit (also Continue reading »

 Posted by at 23:35