Drogenhandel, Waffenhandel, Frauenhandel, – das sind drei Hauptsäulen des global agierenden Verbrechens, die häufig, wenn auch nicht immer miteinander verschränkt auftreten. Hier werden Jahr für Jahr hohe 3-stellige Milliardengewinne erzielt. Die exorbitanten Gewinnspannen im Waffenhandel, im Drogenhandel und im Frauenhandel sind mit legalen Geschäften schlechterdings nicht zu erzielen.
Die Hauptvertriebsrouten des globalisierten Drogenhandels haben sich verschoben. Noch bis etwa 1990 konnten wir davon ausgehen, dass die meisten Drogen über die Türkei und Südosteuropa in die Bundesrepublik gelangten. Die Türkei hat allerdings durch abschreckend hohe Strafen nicht nur für den Handel, sondern auch bereits für den Besitz von Drogen den Drogentransit stark erschwert. Die kriminelle Drogenszene wurde in den vergangenen zwei Jahrzehnten aus der Türkei, hier wiederum aus den kurdischen Gebieten weitgehend in andere Länder abgedrängt. Heute findet sie in Deutschland, hier wiederum besonders in Berlin, Stuttgart und anderen Großstädten hervorragende Existenzbedingungen.
Drogenhandel, Drogenbesitz und Zuhälterei sind – wie ich aus direkten Gesprächen mit Betroffenen weiß – die großen Versuchungen, denen sehr viele junge Männer in Neukölln, Kreuzberg und anderen Berliner Bezirken erliegen. Die großen Verbrechen, die meisten Morde und Gewaltverbrechen (Johnny K., Semanur S.) usw. geschahen und geschehen in unserer Nachbarschaft unter dem direkten Einfluss von legalen und illegalen Rauschdrogen (Alkohol, Kokain, synthetische Drogen). Die Ermordung Johnny K.s , die Ermordung Semanur S.‘ sollten als warnende Exempel dienen. Ohne Suff, ohne Rausch, ohne Drogensucht wären diese Gewaltorgien, wären diese furchtbaren Verbrechen und viele andere Straftaten höchstwahrscheinlich nicht passiert. Suff, Rausch, Drogensucht können aus harmlosen Bubis bei einem Ausraster das Unterste zuoberst kommen lassen.
„Wäre ich in Berlin geblieben, wäre ich mit Sicherheit kriminell geworden“, vertraute mir einmal ein deutsch-kurdischer, in Berlin geborener und aufgewachsener Jugendlicher in Ribnitz-Damgarten an. „Ich habe mich entschieden, anständig und ehrlich zu arbeiten und komme heute über die Runden – ohne Drogen, ohne Gewalt, ohne Kriminalität. Aber der Fortzug aus Berlin war absolut die Voraussetzung dafür.“
Einen beispielhaften, wenngleich nicht erschöpfenden Blick in die weitverzweigten, üppig sprießenden Machtgeflechte der nicht mehr so ganz neuen Mafia-Clans in Neukölln und Berlin (auch allbezirklich unterwegs) kannst du hier werfen:
ZDF | mittagsmagazin | 22.07.2013, 13:19 Uhr:
*Arabisch-kurdische Clans*
VIDEO:
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/1947866/Arabisch-kurdische-Clans
Es sind gradezu mafiöse Strukturen, sagen die Ermittler: die arabisch-
kurdischen Großclans bedrohen mit Erpressung, Raub, Drogen und
Rotlicht-Kriminalität immer stärker die Sicherheit in unserem Land.
Wasser sucht sich seinen Weg, Drogen suchen sich ihren Weg. Die internationalen Drogenkartelle binden heute – von Lateinamerika aus agierend – das Transitland Spanien und die afrikanischen Länder südlich der Sahara viel stärker ein als den Mittleren und Vorderen Orient, zumal die Bürgerkriege und Kriege in Afghanistan, Syrien, Libanon schlecht fürs Business sind.
Doch weg mit diesen finsteren Gedanken! Sieh es doch mal lockerer! Mach einen Spaziergang durch den Görlitzer Park! Kuck dich um, genieße den herrlichen Sonnenschein, das spielerische lockere Flair! Wichtig ist es, die bewusst niedrig gelegte Eingangs- und Akzeptanzschwelle des Drogenhandels zu erkennen. Dafür lohnt sich ein Rundgang an den entsprechenden Lokalitäten. Meist werden neue User höflich und freundlich angesprochen, ein Nein ist meist ein Nein. Niemandem wird sein erster Joint, seine erste Ceska-Pistole, sein erstes Acid, seine erste ukrainische Prostituierte aufgedrängt. Die Kinder und Jugendlichen in Kreuzberg, in Neukölln, in Charlottenburg und anderen Bezirken gleiten sanft, gewaltfrei hinein in die Illegalität, in das Paralleluniversum des Waffenhandels, des Drogenhandels, der Zuhälterei, der Beschaffungskriminalität.
Das bewusst freundliche, gewinnende und höfliche Auftreten der Dealer – etwa im Görlitzer Park – wird immer wieder lobend und rühmend und mit augenzwinkerndem Behagen erwähnt, so neulich wieder von Tagesspiegel-Autor Sebastian Leber:
http://www.tagesspiegel.de/berlin/stadtleben/auf-kreuzberger-parkett-grosse-probleme-im-kleinen-goerlitzer-park/8570322.html
Mit einem mutigen Vorschlag tritt auch unsere neue Bezirksbürgermeisterin hervor. Sie schlägt vor, den illegalen Drogenhandel gewissermaßen einzuhegen und unter das wachsame Auge des Staates zu stellen:
„Mein Appell ist: Ungewöhnliche Lösungen denken. Geht zum Beispiel ein Coffeeshop so wie in den Niederlanden, den wir zu einem akzeptierten und überschaubaren Platz für Drogenhandel machen?“
http://www.morgenpost.de/berlin-aktuell/article118440104/Neue-Buergermeisterin-prueft-Coffeeshop-am-Goerlitzer-Park.html
Einen akzeptierten und überschaubaren Platz für Drogenhandel, oder auch Frauenhandel, oder auch illegalen Waffenhandel oder auch für Geldwäsche? Das wäre das Grundmuster der vielen kleinen, überschaubaren Wohnungsbordelle und Spielhallen nach Neuköllner Vorbild, der Coffeeshop nach Amsterdamer Vorbild.
Einen akzeptierten Platz für Drogenhandel? Ich bin dagegen. Es ist ja wie eigentlich sonst auch immer gut gemeint von unseren lieben, aber leider weltfremden Kreuzberger Grünen, zeugt aber auch von einer sozusagen rückwärtsgewandten, furchtbar unglobalisierten Denkungsart. Der Coffeeshop könnte funktionieren, wenn man die gesamte Produktions- und Lieferkette überschauen könnte. Aber dem ist nicht so. Das Drogengeschäft ist ein riesiges, interkontinentales, kriminelles Machtgeflecht, bei dem ein Glied ins andere greift, wo zwar nicht vor den Kunden, aber hinter den Kulissen mit allen Mitteln gekämpft wird. Die Dealer im Görlitzer Park sind sicherlich nur die Letzten, die kleinsten, stets freundlich lächelnden Händler, die schon den Lieferanten ihres Lieferanten nicht mehr kennen.
Ich bin für eine weitgehende Bekämpfung und Zurückdrängung des Verbrechens, nicht für dessen Anlockung und fördernde Einhegung durch überschaubare Plätze. Wir brauchen Repression des Verbrechens wie etwa in der Türkei vorgemacht, abschreckende Strafen für Drogenhändler und Frauenhändler, Abschiebung von ausländischen Waffen-, Frauen- und Drogenhändlern in deren Herkunftsländer. Coffeeshops? Ich bin dagegen. Die Eltern der Kreuzberger Schulkinder und Jugendlichen sind mit Sicherheit auch dagegen. „Ja, dann müsst ihr euch halt überlegen, ob ihr hier noch wohnen könnt.“ Gut, so wird uns das immer wieder gesagt. Und viele Familien, gerade türkische, polnische, italienische Familien verlassen ja auch in der Tat mit Kind und Kegel den Vorzeige- und Musterbezirk Kreuzberg.
Es drängt sich in der Tat wieder einmal der Eindruck auf: Das Bezirksrecht bricht in Friedrichshain-Kreuzberg sowohl Landesrecht als auch Bundesrecht. Das ist in der Tat eine ungewöhnliche Lösung.
Lesetipps:
Moisés Naím: Das Schwarzbuch des globalisierten Verbrechens – Drogen, Waffen, Menschenhandel, Geldwäsche, Markenpiraterie. Piper Verlag GmbH, München Oktober 2005
Roberto Saviano: Sprich über die Verbrechen. Ein Brief an den italienischen Mafioso Sandokan. In: Die Zeit vom 1. Juli 2010.