Alles mit deine Hände

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Mai 112014
 

Ausgerechnet Kurt Tucholsky und Heinrich Heine haben schöne Gedichte über ihre Mütter geschrieben. Diese redlich bewährten, alten, unerschrockenen Kämpen gegen alle falschen Obrigkeiten, meine vorbildlichen, ironischen Mitmänner beugen dankbar und verehrend ihr Knie vor ihren Müttern… und werden unironisch und ernst.

Der Heine Harry und der Tucho  wissen oder ahnen zumindest, dass die Mutter-Kind-Beziehung die erste, die wichtigste, die prägende Erfahrung im Leben jedes Menschen ist. Da mögen die Staaten und Herrscher, die Regierungen und Autoritäten, die Wissenschaftler*innen sich noch so sehr bemühen, das Mütterliche zu ergänzen oder zu ersetzen durch Fertigmilch und Babykrippen, durch pränatales Screening, durch Gender Studies, durch ganze Batterien an Tests und durch postnatales Baby-Vermessen. Alle, die keine Mutter hatten oder von ihrer Mutter früh getrennt oder weggerissen worden sind, spüren, dass ihnen etwas Wesentliches, etwas Unersetzliches fehlt.

Hier kommt das Gedicht von Heinrich Heine. Es zeigt eine tiefe Einsicht von uns Söhnen: dass wir nämlich nie „genug zurückgeben“. „Es kommt kaum etwas zurück von unseren Kindern“, das haben mir Mütter immer wieder bestätigt.

An meine Mutter

Ich bin’s gewohnt, den Kopf recht hoch zu tragen,
Mein Sinn ist auch ein bißchen starr und zähe;
Wenn selbst der König mir ins Antlitz sähe,
Ich würde nicht die Augen niederschlagen.

Doch, liebe Mutter, offen will ich’s sagen:
Wie mächtig auch mein stolzer Mut sich blähe,
In deiner selig süßen, trauten Nähe
Ergreift mich oft ein demutvolles Zagen.

Ist es dein Geist, der heimlich mich bezwinget,
Dein hoher Geist, der alles kühn durchdringet,
Und blitzend sich zum Himmelslichte schwinget?

Quält mich Erinnerung, daß ich verübet
So manche Tat, die dir das Herz betrübet?
Das schöne Herz, das mich so sehr geliebet?

 

„Mit deine Hände“ vom Tucho find ich  ebenfalls sehr anrührend und sehr lesenwert. So beginnt es:

Mutters Hände

Hast uns Stulln jeschnitten
un Kaffe jekocht
un de Töppe rübajeschohm –
un jewischt un jenäht
un jemacht un jedreht…
alles mit deine Hände.

http://www.muttertagsseiten.de/gedichte/mutters-haende/home.html

 

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Was brauchen die kleinsten Kinder?

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Juni 022013
 

2013-05-23 15.42.29

 Do ut des! „Wenn ich dir ein Linsengericht abtrete, verrate du mir bitte eine kleine Wahrheit über die staatliche Kleinkindbetreuung! Wir haben eine Riesendebatte am Dampfen in Deutschland über die staatliche Kleinstkindbetreuung! Wie seht ihr Schweizerinnen das?“  

Eine finnisch-schweizer Mutter einer kleinen Tochter erklärte mir am 2. Januar 2013  im Speisewagen des ICE, nachdem ich ihr das letzte vegetarische Linsengericht abgetreten hatte: „An meinem Arbeitsplatz in der Schweiz endete der Mutterschaftsurlaub samt Arbeitsplatzrückkehrgarantie im Alter von 10 Monaten des Kindes. Dann müssen wir eine Betreuung suchen, oder wir verlieren den Arbeitsplatz.  Wenn mein 1- bis 3-jähriges Kind die Tagesbetreuung wie eine Art Familie, wie eine Art Erweiterung seiner Familie erlebt, dann ist es gut!“ Das bedeutet: Höchstens 4-5 Kinder pro Einrichtung, für die jeweils eine bzw. zwei feste Bezugspersonen verlässlich da sind.

Der verlässliche „Betreuungsanspruch für 1-3-Jährige“ der Bundesregierung ist hingegen ein Muster unbedachter Zusagen der gesetzlichen Kinder-Planwirtschaft, ist ein schweres Unrecht an den Kindern! Am besten schneidet wohl da bei den 1-3-jährigen die häusliche Betreuung durch eine Oma, Mama, Tante, eine Tagesmutter und ältere Geschwister ab.

Die heutige Betreuung in den Krippen und Babynestern der 16 Bundesländer ist offenkundig nicht gut für die Kinder im Alter von unter 3 Jahren.  Die Kinder lernen Angst, werden blockiert, weil es ihnen an Bindung und Geborgenheit fehlt.

Ganz ähnlich äußern sich ein paar Fachleute, die Heide Oestreich unter dem Titel „Und die Kinder lernen die Angst“ in der  taz  vom 30.05.2013 zitiert:

http://www.taz.de/!117158/

 

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Wurzelgeflechte: Das Verlangen, über seine Herkunft Sicherheit zu erlangen

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März 232013
 

2013-03-06 07.51.40

„Das Verlangen, über seine Herkunft Sicherheit zu erlangen, lag ihm tief auf der Seele“, derart beschreibt der Herausgeber Karl Kappus den Antrieb zum großen griechischen Enthüllungsdrama, dem Oedipus rex von Sophokles.

Verlust oder gewaltsame Trennung von der leiblichen Mutter, Abwesenheit des Vaters haben sich seit Jahrtausenden als schwerste Belastung für ungezählte Menschen erwiesen. Erst vor zwei Tagen entschuldigte sich Australiens Premierministerin für tausendfaches Unrecht, das der Staat noch vor wenigen Jahrzehnten an Müttern und Kindern verübt hat, indem er den Müttern die Kinder entriss. Julia Gillard bereute öffentlich im Namen des Staates mit folgenden Worten:

„Today this parliament, on behalf of the Australian people, takes responsibility and apologises for the policies and practices that forced the separation of mothers from their babies, which created a lifelong legacy of pain and suffering.“

„We acknowledge the profound effects of these policies and practices on fathers and we recognise the hurt these actions caused to brothers and sisters, grandparents, partners and extended family members.“

„We deplore the shameful practices that denied you, the mothers, your fundamental rights and responsibilities to love and care for your children.“

Julia Gillard hat völlig recht: Die Mutter-Kind-Bindung ist das stärkste Band, das Herrscher oder Staaten zu zerreißen vermögen. Wer ist meine Mutter? Wer ist mein Vater? Diese Fragen halte ich für naturgegeben, die Abhängigkeit des Säuglings von der Mutter (oder einer Ersatzmutter) halte ich  für einen natürlichen, da biologisch bedingten Grundbestand des Menschlichen.

Deutschland schickt sich in diesem Jahr an, jedem Kleinstkind unter drei Jahren eine staatliche Betreuung zu sichern.  Jedes in Deutschland geborene Kind wird schon bald einen staatlich verbürgten Anspruch auf staatliche Betreuung haben, damit Mutter rasch wieder in Vollzeit arbeiten kann.

Ich kenne Menschen aus den früheren sozialistischen Staaten, die aus der staatlichen Krippen-Betreuungswelt hervorgegangen sind. Manche haben keine echte Beziehung zu ihren Eltern aufgebaut und werden aus diesem Grunde auch selbst nicht Eltern. Die Generationen-Kette wird unterbrochen. Das Mutter-Kind-Band konnte sich nicht entfalten, die Frage – Wer ist meine Mutter? – findet im Herzen des Kindes lebenslang keine Antwort.

Omar Sy pries gestern in der Süddeutschen Zeitung seine Mutter, seinen Vater als lebenslang gültige Vorbilder. Dank dieser Vorbilder konnte er alle Widrigkeiten der Vorstadt, der berüchtigten Banlieue meistern. Sein Glück besteht heute darin, selber als Vater und Ehemann zum Glück seiner Familie beizutragen. Er ist „mit sich und der Welt im Reinen“. Denn ein guter Vater, eine gute Mutter sind das Wichtigste im Leben jedes Kindes – das gilt in Trappes ebenso wie in Neukölln, Zehlendorf oder Pankow. Schwierigkeiten, Entwicklungsstörungen, Schulabbruch, jugendliche Kriminalität entstehen regelmäßig nur dort und ausschließlich dort, wo das kleine Kind nicht beides hat: eine gute Mutter und einen guten Vater.

Deutschland müsste seine Familienpolitik darauf ausrichten, dass jedes Kind eine gute Mutter und einen guten Vater hat, statt jeder Mutter und jedem Vater zu ermöglichen, zu beliebigen Zeitpunkten die volle Berufstätigkeit aufzunehmen. Ich meine: Der Anspruch des Kindes auf eine gute Mutter und einen guten Vater ist politisch weit höher einzustufen als der Anspruch der Eltern, jederzeit in vollem Umfang berufstätig zu sein.

Omar Sy ist mit sich und seinen Eltern im Reinen. Ödipus hingegen ist mit sich und der Welt nicht im Reinen. Psychologisch gesehen hat er das schlimmste denkbare Trauma erlitten, das einem Kind widerfahren kann: die Ablehnung durch die eigenen Eltern, die Verstoßung durch die leibliche Mutter. Er ist das unerwünschte Kind, das Kind zur falschen Zeit am falschen Ort. Entgegen den Planungen hat er überlebt. Wie bis zum Jahre 319 n.Chr. überall in Europa zulässig, wurde er gleich nach der Geburt im Gebirge ausgesetzt. Er hätte auch vom Vater getötet werden dürfen, denn ein individuelles Lebensrecht jedes geborenen Säuglings kannte die griechisch-römische Antike nicht. Kindstötung und Kindesaussetzung, die Unterscheidung nach „erwünscht und lebenstauglich“ und „unerwünscht und lebensuntauglich“  waren dem Vater erlaubt und wurden routinemäßig praktiziert, zumal die Medizintechnik der Abtreibung noch nicht den hohen Stand der heutigen Klinik erreicht hatte und allzuoft das Leben der Mutter, das als vorrangig galt, gefährdete.

Der Sagenkranz von Theben, insbesondere die Geschichte des Ödipus gehört zum zentralen Wurzelgeflecht Europas.  Nur zum eigenen Schaden vergisst Europa gerade in diesen Jahren wieder einmal die fundamentalen Einsichten in das, was des Menschen Glück und Unglück ausmacht.

Hierzu wird übrigens morgen im Deutschen Theater zu Berlin eine Veranstaltung stattfinden:

Saal
18.00 – Eintritt frei
Die Verflechtung der Wurzelwerke: Griechische Antike/Altes Testament
Podiumsdiskussion mit Jean-Pierre Wils und John von Düffel. Moderation: Martin Knechtges
In Zusammenarbeit mit der Katholischen Akademie Berlin e.V.

 

Zitate:
Sophokles: Oedipus. Griechisch und deutsch. Übertragen von Ulrich von Wilamowitz-Moellendorf. Neue Ausgabe besorgt von Karl Kappus. Weidmannsche Verlagsbuchhandlung, Berlin 1939, S. 4

http://www.guardian.co.uk/world/2013/mar/21/julia-gillard-apologises-forced-adoptions

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Analı babalı büyüsün (2) – Beste Bildungschancen dank flächendeckender Krippenbetreuung?

 Analı babalı, Familie, Integration durch Kultur?, Kinder, Konservativ, Krippenbetreuung, Liebe, Mutterschaft, Tugend, Türkisches  Kommentare deaktiviert für Analı babalı büyüsün (2) – Beste Bildungschancen dank flächendeckender Krippenbetreuung?
Nov. 132012
 

… und wieder ein trauriger, niederschmetternder Beleg für die Einsicht, dass nichts für die ganz kleinen Kinder wichtiger ist als der beständige, verlässliche Kontakt zu Mutter und Vater: einige Daten zur Kindheit einer Angeklagten, über die ganz Deutschland spricht. Ich will damit nichts beschönigen oder verharmlosen. Ich weise nur darauf hin, dass emotionale Verarmung eine schwere Hypothek für das gesamte spätere Leben sein kann. Im Leben fast jedes Straffälligen finden sich derartige brutale Einschnitte, Verluste der Mutter oder völliges Fehlen des Vaters. Besonders häufig ist in den Biographien von Gewaltverbrechern ein Versagen oder Fehlen des Vaters zu bemerken – etwa bei Andreas Baader oder Mohammed Merah! Hier ein Abschnitt aus der FAZ vom 07.11.2012:

http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/rechtsextremismus/beate-zschaepe-die-frau-und-der-terror-11952155.html

[…] Ob ein rumänischer Kommilitone Beate Zschäpes Vater war, wurde nie richtig geklärt; dass später ihre Triebfeder der Hass auf Ausländer wurde, ist eine der vielen bestürzenden Facetten ihrer Biographie.

Der Säugling wurde von der Großmutter in Jena betreut, kam im Alter von zwölf Wochen in die Kinderkrippe. Noch im gleichen Jahr heiratete Annerose A. einen Jugendfreund aus der Nachbarschaft, der schon vor der Hochzeit das Kleinkind zu sich holte und zusammen mit seiner Mutter betreute.

Im Sommer 1976 beendete Annerose A. das Studium in Bukarest und kam nach Jena zurück. Die Ehe zerbrach. Für das Kleinkind setzte sich die familiäre Odyssee fort. Die Mutter heiratete wieder, das Kind erhielt den Namen des neuen Mannes; auch diese Ehe scheiterte. Es war eine Kindheit ohne emotionale Sicherheit, bis auf die Bindung zur Großmutter […]

Was folgt daraus? Der Zusammenbruch der frühkindlichen Bindung, das Fehlen von Mutter- und Vaterliebe, die Trennung der Eltern sind offenbar – für sich genommen – die größten Risikofaktoren für kleine Kinder überhaupt. Das Versagen oder das Fehlen der Väter scheint für sich genommen der häufigste Auslöser für Gewalt und Kriminalität zu sein.  Kaiser Friedrich Barbarossa ließ Säuglinge in einem Experiment den Ammen, den „Müttern“, wegnehmen, um herauszufinden, welche Sprache sie sprechen würden. Das Experiment scheiterte: alle Kinder starben. Ihnen fehlte die mütterliche Liebe. Fehlende Liebe in frühester Kindheit kann zum Tod der Seele führen, kann zum völligen Mangel der Empathie führen.

Sozialpolitisch wäre es das Wichtigste, die grundlegende Erfahrung der frühkindlichen Bindung, die verlässliche Bindung an eine einzige oder einige wenige Personen als Grundbedingung für Glück und gelingendes Wachsen zu würdigen, und zwar offenbar in den Lebensjahren 0-3. Nicht Krippe, nicht Kita, nicht „soziale Gerechtigkeit“ sind das wichtigste Rüstzeug der Kinder, sondern stete, verlässliche Bindung an Mutter (oder Mutterersatz) und Vater (oder Vaterersatz).

Eine Gesellschaft wie die unsrige, eine Schule wie die unsrige, die den Kindern fast gar nichts mehr über Vater und Mutter erzählt, über das Zusammenleben von Mama, Papa und Kindern, versündigt sich an ihren Kindern und verspielt die eigene Zukunft.Es reicht nicht, alle Buben und Mädchen im Geiste Pippi Langstrumpfs zu elternlosen  Mannfrauen oder elternlosen Fraumännern zu erziehen. Kinder brauchen Eltern, und zwar als Frau und Mann.

Mozart, Zauberflöte:

Mann und Weib
Und Weib und Mann
Reichen an die Gottheit an.

 Posted by at 23:19