Die erste faschistische Verfassung der Welt war – welche?

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Apr 302018
 


Welche Verfassung führte als erste Verfassung überhaupt das römische Liktorenbündel, die berühmten „fasces“ im Wappen? Welche staatliche Verfassung darf mit Fug und Recht die erste faschistische Verfassung der Welt genannt werden?

Eine rein antiquarische Frage, möchte man meinen. Und doch ist sie weit mehr als das! Denn es geht nicht zuletzt um die Frage nach den Wesensmerkmalen des Faschismus, also jener politischen Bewegungen im Europa des 20. Jahrhunderts, die sich ausdrücklich auf den Kult der Gewalt stützten, wie er im damaligen semiotischen Universum durch das Rutenbündel der römischen Liktoren versinnbildlicht wurde.

Die Antwort mag überraschen: Die erste faschistische Verfassung der Welt war im semiotischen Sinne, wie ihn etwa Umberto Eco ansetzt, die Verfassung des V. Allrussischen Sowjetkongresses, verabschiedet am 5. Juli 1918. Sie zeigt neben Hammer und Sichel auch das Symbol des Faschismus – das Rutenbündel der Liktoren.

War also der sowjetische Kommunismus, der Bolschewismus der Ur-Faschismus? Ich würde diese Frage so stellen! Der Bolschewismus stützte sich explizit auf den Kult der Gewalt; die Schriften von Marx, Trotzkij und Lenin sind gespickt mit affirmativen Aussagen zum Einsatz der nackten Waffengewalt innerhalb der Gesellschaft; und sie offenbaren innige Vertrautheit mit der Geschichte des Imperium Romanum, was sich nicht zuletzt auch in der Titelgraphik der ersten sowjetischen Verfassung widerspiegelt.

Benito Mussolini und alle anderen Faschisten kannten den Weg der Bolschewiki genau, sie orientierten sich am Aufstieg und Triumph Lenins und Trotzkis, sie übernahmen die wesentlichen Elemente dieses „Ur-Faschismus“. Lenin mit seiner sogenannten „Oktoberrevolution“ und dem sogenannten „Sturm auf den Winterpalast“ von 1917 war offenbar ein Vorbild für den Sozialisten und späteren Faschisten Mussolini, der ja immerhin bis ins Alter von 27 Jahren überzeugter, politisch aktiver Sozialist und sogar Chefredakteur des Avanti, des Zentralorgans der Sozialistischen Partei Italiens, war. Der Sozialismus, insbesondere der mit dem Kult der hemmungslosen Gewalt, dem „Roten Terror“ auftretende sowjetische Bolschewismus, kann, so meine ich, durchaus als eine Art Ur-Faschismus im Sinne Umberto Ecos angesehen werden.

Ohne den früheren sowjetischen Sozialismus ist kein Faschismus, ohne den zuerst entstandenen russischen Bolschewismus ist kein Nationalsozialismus denkbar.

Bild:
Das Titelbild der ersten sozialistischen und faschistischen Verfassung der Welt aus dem Jahr 1918
Lesehinweis:
Umberto Eco: Il fascismo eterno, in: Cinque scritti morali (erschienen zuerst 1997, jetzt erneut verfügbar bei La nave di Teseo editore, Milano 2017)

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Sattes Blau, zartes Grün, kaltes Bad

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Apr 292018
 

Wir haben heute einen herrlichen Ausflug mit Wanderung zum Liepnitzsee bei Wandlitz unternommen, wo ich in das immerhin 12 Grad warme Seewasser eintauchte und 20 Sekunden schwamm! Überall schmückte sich der Wald mit zartem Grün; der Himmel bestach uns am Vormittag mit sattem, tiefem, dunklem Blau, wie man es sonst nur ganz selten im Hochgebirge sieht!

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Plötzliches Aufstrahlen der sichtbaren Schönheit im Klang: Liszts Zauber

 I' vidi in terra angelici costumi, Musik, Petrarca, Was ist europäisch?  Kommentare deaktiviert für Plötzliches Aufstrahlen der sichtbaren Schönheit im Klang: Liszts Zauber
Apr 282018
 

Liszts Lied „I‘ vidi in terra angelici costumi“ in As-Dur entfaltet in diesen Augenblicken eine geradezu berauschende, eine betörende Wirkung auf mich, und ich konnte vor drei Tagen nicht umhin, es innerlich summend als Schmerzbetäubungsmittel bei einem Zahnarztbesuch zu verwenden. Ich lehnte jede schmerzlindernde Spritze ab. Wer dieses Lied in sich trägt, den ficht nichts mehr an. Und – diese List mit Liszts Lied wirkte!

Dem diamantengleich strahlenden Sonett Petrarcas verleiht Liszt Flügel. Er schleift in den Edelstein gewissermaßen Facetten hinein, er zerstäubt das Licht, er lässt es rauschen und flirren. Die Art, wie Liszt in diesem Lied und auch in seinen anderen Liedern mit enharmonischen Verwechslungen, mit endlos sehnenden Vorhalten, mit harmoniefremden Tönen spielt, wie er jähe Abschattungen des Harmonischen in seine scheinbar gerade Linienführung bringt, ist unerhört, ja sie nimmt Wagners Tristan-Harmonik um etliche Jahre vorweg.

Man vergleiche etwa die ersten sieben Takte des Liedes „Die Loreley“, 1841 entstanden, mit den ersten 15 Takten des Vorspiels zu Tristan und Isolde, und man wird erkennen, dass Wagner, der tolldreiste Freund und geistige Kupferstecher, im „Tristan-Akkord“ auf Liszts Pfaden wandelt – nicht umsonst berichtet er zuerst in einem Brief an den verehrten Komponistenkollegen Liszt im Jahr 1856, dass er die gedankliche Konzeption zu Tristan und Isolde ausgearbeitet habe!

Hier der Text des Sonetts von Petrarca, das Liszt so überwältigend in Töne gesetzt hat:

I’ vidi in terra angelici costumi
e celesti bellezze al mondo sole,
tal che di rimembrar mi giova e dole,
ché quant’ io miro par sogni, ombre e fumi;

E vidi lagrimar que’ duo bei lumi
ch‘ àn fatto mille volte invidia al sole,
et udì‘ sospirando dir parole
che farìan gire i monti et stare i fiumi.

Amor, senno, valor, pietate e doglia
facean piangendo un più dolce concento
d’ogni altro, che nel mondo udir si soglia;

ed era il cielo a l’armonia sì ’ntento
che non se vedea ’n ramo mover foglia,
tanta dolcezza avea pien l’aere e ’l vento !

Das absolut reglose Blatt am Baum, von dem Petrarca spricht, wir sahen es heute im Sonnenschein!

Quellennachweise:
Francesco Petrarca: Canzoniere. Introduzione e note di Piero Cudini. Garzanti editore, XV edizione, ottobre 1999, hier: CLVI, S. 221

Liszt: 25 Songs for voice and piano. Volume I. French and Italian (high). International Music Company. New York, ohne Jahresangabe; No. 3347. Darin: 4. I‘ vidi in terra angelici costumi, S. 23-28; sowie auch: Richard Miller: Preface. The Songs of Franz Liszt. S. vii-ix; (enthält die Notenbeispiele aus Liszts Loreley und Wagners Tristan-Vorspiel)

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Auffliegender Habicht

 Nachtigall, Natur-Park Schöneberger Südgelände  Kommentare deaktiviert für Auffliegender Habicht
Apr 222018
 

Innerhalb weniger Tage hat sich die Natur mit zartem Grün geschmückt. Der Gesang der Nachtigallenmännchen ertönt regelmäßig nachts, wenn der Tau gefallen ist, aber sehr wohl tagsüber auch hier im Südgelände-Park fast bei jedem Besuch!

Wenn man Glück hat, bekommt man hier einen Habicht zu Gesicht. So geschah es mir heute. Etwa 2 Minuten lang beobachtete ich einen Habicht, der gerade seine Beute kröpfte. Dann schien er zu bemerken, dass er nicht allein war, und erhob sich in kraftvollem Flug. Nach wenigen Sekunden war er meinem Blick hinter einem Birkenstamm entzogen.

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Edinburgh, die Schöne Europas – vom Arthur’s Seat bestaunt

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Apr 212018
 

Gelb gesprenkelt bieten sich die Flanken des mächtigen Arthur’s Seat unseren Augen dar: es ist der Stechginster, der hier vor den immer noch kahlen Laubbäumen seine üppig schäumenden Blüten austreibt. 251 m ragt der mächtige, vor 350 Millionen Jahren aus Vulkanschlecke erstarrte massige Doppelgipfel über Edinburgh empor. Die Hauptstadt Schottlands zieht europäische Reisende von überallher an! Ich höre während des unschweren, nur 40 Minuten dauernden Aufstieges Italiener, Russen, Spanier, Schweizer, Franzosen in ihren jeweiligen Sprachen miteinander sprechen. Die Italiener versichern einander: „Lì sopra, ci sono pure gli scalini!“ – „Per fortuna!“, werfe ich ein. Gelächter allenthalben! Dieser 251 m hohe Gipfel sollte doch auch von Ungeübten an diesem sonnigen Vormittag des 14. April 2018 wirklich zu bezwingen sein! Und siehe da: Schon nach wenigen Minuten haben wir die von den Italienern angekündigten Stufen erreicht. Von oben winkt unsere erste Gipfelstürmerin herab. „Vittoria, mio core, non lagrimar più!“

Oben angelangt,genießen wir den herrlichen Ausblick auf die Silhouette der Stadt. Hier im Vordergrund unten rechts der Ortsteil Holyrood mit dem Holyrood-Palast, den Überresten der Abtei Holyrood und dem neuen schottischen Parlamentsgebäude. Weit hinten, jenseits der Stadt mit ihren fast 500.000 Einwohnern, in der Mitte des Horizonts, locken die Pentland Hills. Der strahlende Sonnenschein, in dem der Stechginster uns gelb anlachte, hat sich mittlerweile hinter einigen Wolkenschleiern verborgen.

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Wanderers Glück auf dem Caerketton

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Apr 202018
 


Sieh Dich um, Wanderer auf dem Caerketton! Du gehst den Saumpfad auf Berges Grat entlang, der breit genug ist, dass Dir nicht schwindelt. Zur Linken geht es hinunter nach Swanston, dort wo das weiße Cottage hinter noch unbelaubten Bäumen schimmert. Und zur Rechten? Nach rechts, da führt der Weg weiter nach Allermuir. Aber Deine kleine Schar und Du, ihr haltet die Spur; der Wind weht euch von beiden Seiten zu, ihr steht darüber, ihr haltet das Gleichgewicht. Nichts kann euch umkippen, der Widerstand des Windes ist eine Wohltat, ihr haltet die Nase in den Wind. Ihr seid stark, ihr seid unbeirrbar und unschlagbar. Ihr seid – der Clan im Hochland!

Bild: Auf dem Pfad vom Caerkatton Hill Richtung Lothianburn in den schottischen Pentland Hills. Aufnahme des Verfassers vom 16.04.2018

Diese Wanderung wird in diesem schönen Wanderführer beschrieben:
Susan Falconer: Walking in the Pentland Hills. 30 walks in Edinburgh’s local hills. A walker’s guide. Second edition 2016. Cicerone, Milnthorpe. Hierin: Walk 2: In Stevenson’s footsteps, S. 27-30

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Brauchen wir eine DIN Platz?

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Apr 132018
 


Die berühmte DIN-Norm 5008 legt Schreib- und Gestaltungsregeln für die Textverarbeitung fest. Man könnte sie auch knapp die „DIN Textverarbeitung“ oder auch die „Textverarbeitungs-DIN“ nennen.

Rechtschreibnormen sind Schreib- und Gestaltungsregeln für die deutsche Sprache, wie sie im amtlichen Gebrauch sowie im Schulunterricht anzuwenden sind.

Für zusammengesetzte Eigennamen, Bezeichnungen von Plätzen und öffentliche Einrichtungen schreiben die amtlichen Rechtschreibregeln stets den Bindestrich oder die Zusammenschreibung vor, nicht jedoch die Getrenntschreibung ohne Bindestrich.

Orthographisch richtig sind gemäß den in dieser Hinsicht ununterbrochen seit 1900 geltenden amtlichen Regeln folgende Schreibweisen:
Schiller-Theater
Schillertheater
Konrad-Adenauer-Platz
Willy-Brandt-Haus
Julius-Leber-Brücke
Humboldt-Forum
der DIN-Platz
Pergamon-Museum
Pergamonmuseum
Maxim-Gorki-Theater
Goethe-Institut
Textverarbeitungs-DIN
Fräsmaschinen-DIN

Richtig sind auch folgende Kurzbezeichnungen, die im hier betrachteten orthographischen Sinn keine Zusammenfügung sind:
die DIN Textverarbeitung
DIN Platz (dies wäre eine DIN-Norm für Platzgestaltung)
die DIN Fräsmaschinen
der Bundesminister Verteidigung

Eindeutig falsch sind bzw. wären hingegen gemäß den amtlichen Regeln der deutschen Rechtschreibung:
Konrad Adenauer Stiftung
Willy Brandt Haus
Annedore Leber Gedenkort
Humboldt Forum
der DIN Platz (richtig wäre: der DIN-Platz)
Pergamon Museum
Goethe Institut
die Fräsmaschinen DIN
die Platz DIN
die Textverarbeitungs DIN
der Verteidigungs Minister

Als echte Unsitte wertet der hier Schreibende die um sich greifende Manie, alle möglichen neuen, irgendwie denglisch klingenden, inhaltlich unklaren, aber orthographisch falschen Titel einzuführen, so etwa beim höchst amtlich so benamseten „Humboldt Forum“ oder auch beim „DIN Platz“. Das schafft bei unseren Kindern nur Verwirrung. Wenn nicht einmal die Behörden und die staatlichen Stellen sich an die Rechtschreibregeln halten, warum sollten unsere Kinder es tun? Ist doch eh alles egal?

Bild:
DIN Platz. Straßenschild am DIN-Platz in Berlin, dem Sitz des DIN-Instituts, also des Deutschen Instituts für Normung. Aufnahme vom 12.04.2018 (gestern)

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Wanderlust in den Rauener Bergen

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Apr 112018
 

„It’s a pleasant thing to be young and have ten toes, and you may lay to that – Ach, es ist herrlich jung zu sein und zehn gesunde Zehen zu haben“
Dieser Lobpreis des Gehens und Wanderns aus dem Mund des einbeinigen Seebären John Silver aus Robert Stephensons Schatzinsel kommt mir bei unseren Wanderungen immer wieder in den Sinn. Bald werde ich Edinburgh besuchen, wo ich die Spuren dieses bedeutenden schottischen Schriftstellers nachzeichnen werde!

Letzten Sonntag führte uns der Weg von Bad Saarow durch Gehölz und Gestrüpp zum Großen Kolpiner See, wo wir hunderte von Erdkröten auf Massenwanderung beobachteten.

Überall sprangen und kletterten, krabbelten und krochen sie uns vor den Füßen umher. An einer Bucht im Kolpiner See paarten sie sich mit größter Lust, gern auch zu mehreren; später würden sie dann zwischen den Halmen des Röhrichts ihre Laichfäden aufspannen.

An diesen amphibischen Tieren wird der entwicklungsgeschichtliche Ursprung des Lebens aus dem Wasser deutlich!

Und von da gings hoch hinauf zu den Rauener Bergen, wo wir die beiden gewaltigen Markgrafensteine bestaunten. Grobkörniger prophyrischer Granit wurde während des Pleistozäns in mächtigen Massen von Südschweden hierher geschoben. Der größte landliegende Findling Deutschlands befindet sich genau hier!

Ein Blick vom Aussichtsturm auf den Rauener Bergen belohnte uns für alle Anstrengungen. Das Bild ganz oben zeigt diese Weite!
Solche Wanderungen tun uns allen sehr gut! Man besteigt den Zug, fährt gestärkt, ermutigt und erquickt zurück in die Stadt und freut sich seiner zehn gesunden Zehen und wie herrlich das Leben und das Wandern doch sein kann.

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„Ausbeutung“ des Sozialstaates?

 Erosion des Staates, Flüchtlinge, Integration, Migration, Sozialadel, Sozialstaat, Weihnachtsgans  Kommentare deaktiviert für „Ausbeutung“ des Sozialstaates?
Apr 092018
 

Es stimmt, dass Einwanderer unsere Sozialsysteme ausbeuten wollen. Ebenso, dass es viele Menschen aus Mittelschichten oder aus der Oberschicht gibt, die unser System schröpfen, indem sie Steuern hinterziehen. Steuerhinterziehung und Einwanderung in Sozialsysteme sind zwei Seiten einer gleichen Münze, nämlich die Schwächung des Gemeinwesens.“

Recht starke Worte sind es, die der 1945 im französischen Montauban geborene Abgeordnete Daniel Cohn-Bendit da im Europäischen Parlament vortrug (taz, 07.12.2010). – Keine Angst, der ist ein Linker, ist bester Herkunft, der darf so was sagen!

Ähnlich wie Cohn-Bendit äußerte sich an diesem 7. April 2018 zwar nicht in der taz, aber immerhin in der FAZ der 1949 im Libanon geborene Ralph Ghadban; wir zitieren aus dem Gespräch über bekannte arabische große Familien, die es sich im deutschen Sozialsystem behaglich eingerichtet haben und zu erheblichem Reichtum in mehreren Generationen gelangt sind:

„Gleichzeitig nehmen sie den Sozialstaat gezielt aus: 90 Prozent der Clan-Mitglieder in Berlin sind arbeitslos gemeldet, Hartz IV betrachten sie als ihr „Grundgehalt“. Sie lassen sich also von der Gesellschaft aushalten, die sie zur selben Zeit ausbeuten. Ihre Verachtung für die scheinbar schwache Gesellschaft, die sich das alles bieten lässt, verstärkt das noch.“

Keine Angst, der ist bester Herkunft, der darf so was sagen!

Dieses Interview in der FAZ, das Reiner Burger führte, ist aufschlussreich. Beiden Beobachtern ist die Kenntnis der tatsächlichen Lage in deutschen und französischen Großstädten nicht abzusprechen.

Kleine Anmerkung: Kaum beachtet wurde bisher, wie leicht sich das deutsche Sozialsystem austricksen lässt. So hat Anis Amri, ein mittlerweile verstorbener, europaweit bekanntgewordener Geflüchteter, sich unter nicht weniger als 14 Identitäten registrieren lassen und bezog dementsprechend Unterstützung aus den Sozialkassen verschiedener Gemeinden. Mehrfachanmeldungen, eine Option unter vielen! Es ist wirklich kinderleicht, bei den Behörden unterschiedliche Identitäten in unterschiedlichen Gemeinden anzugeben. Jeder weiß, dass es noch zahllose andere Arten gibt, den deutschen Sozialstaat hinters Licht zu führen.

Die Ausdrücke „Ausbeutung des Sozialstaates“, „Einwanderung in Sozialsysteme“, die Cohn-Bendit und Ghadban verwenden, scheinen mir durchaus angemessen.

„Wir müssen die Clan-Strukturen jetzt schnell zerschlagen“. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.04.2018, Seite 4
http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/wie-kriminelle-araber-clans-die-stadt-beherrschen-15529799.html

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Belebende Sterne

 Antike, Dante, Gedächtniskultur, Natur-Park Schöneberger Südgelände  Kommentare deaktiviert für Belebende Sterne
Apr 072018
 


Io ritornai da la santissima onda rifatto sì come piante novelle rinnovellate di novella fronda com’è puro e disposto a salire alle stelle.

88 weltweit anerkannte Sternbilder gibt es. Ihre Namen gehen zum Teil auf antike Sternsagen zurück. Ursa major, Haar der Berenike, Perseus, Pegasus, Phoenix … der munter erzählende Astronom in der Wilhelm-Foerster-Sternwarte bot uns gestern nacht einen sehr aufschlussreichen Sternenspaziergang. Wir fanden auch den Polarstern, indem wir fünf Mal die Hinterachse des Großen Wagens abtrugen, der Teil des Großen Bären, Ursa maior, ist.
In jeder Betrübnis, die Geist und Sinn gefangen hält, kann der Mensch sich wieder durch Betrachtung des gestirnten Himmels aufrichten. Die oben angeführten Verse vom Ende des Purgatorio beweisen dies. Dante fühlt sich nach längeren Gesprächen über die Unzuverlässigkeit seiner Erinnerung erschöpft. Der Anblick des Sternenhimmels macht ihn neu. Er gewinnt Zutrauen, er gewinnt seine Erinnerung zurück. Er fühlt sich wie ein begrünter Zweig, der mit frischem Laub wiederbelebt wird.
Die unendliche Größe der Welt, die uns gestern vor Augen geführt wurde, wird aufgewogen durch die strahlende, überschießende Freude beim Anblick des ersten zarten Grüns und dieser frischen Weidenkätzchen im Schöneberger Südgelände.

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Verwöhnung und Überversorgung als Nährboden der 68-er Bewegung?

 1917, 1968, Rosa Luxemburg, Sozialismus, Verwöhnt  Kommentare deaktiviert für Verwöhnung und Überversorgung als Nährboden der 68-er Bewegung?
Apr 072018
 

Einen schmerzhaft treffenden Blick wirft Bettina Röhl (geb. 1962) heute in der Berliner Zeitung auf die 68er-Bewegung, auf die Rote Armee Fraktion und nicht zuletzt auf ihre eigene Kindheit. Wohlversorgt, verwöhnt, verhätschelt und erfahrungsarm – so kennzeichnet sie die bis heute meinungsprägende Generation, aus der – um nur einige führende Gestalten zu nennen – ihre Mutter Ulrike Meinhof (geb. 1934), Bernd Rabehl (geb. 1938), Gudrun Ensslin (geb. 1940), Rudi Dutschke (geb. 1940), Andreas Baader (geb. 1943), Daniel Cohn-Bendit (geb. 1945), Joschka Fischer (geb. 1948) hervorgingen.

Ihnen allen war damals mindestens einige Jahre lang gemeinsam: eine gesicherte, materiell gut ausgestattete Jugend ohne echte Sorgen; der scharfe Protest gegen die sie nährende Gesellschaft und gegen den sie unterhaltenden Staat, in dem sie sorgenfrei aufwuchsen; die Solidarisierung mit den imaginierten Armen und Entrechteten, zu denen man keinen Kontakt hatte; das Ja zum Sozialismus; das Nein zur eigenen Familie; eine glühend geglaubte linke Ideologie, die gegen jede empirische Erfahrung abgedichtet war; das Ja zur bewaffneten Gewalt; die Ignoranz gegenüber den Verhältnissen in der Sowjetunion, der Führungsmacht der sozialistischen Staatenwelt; die Bejahung der gewaltsamen Revolution. „Leute mit null Ahnung hatten den Anspruch, die Welt umzuerziehen.“

Ich halte die zunächst einmal verblüffende, insgesamt bittere Analyse Bettina Röhls für höchst bedenkenswert.

Sympathie für Mao Tse Tung, für Lenin, Rosa Luxemburg, und für Trotzkij, für die glorreiche russische Oktoberrevolution von 1917, für Che Guevara und Fidel Castro (wenn auch nicht – mehr – für Stalin) und all die anderen Edelrevolutionäre gibt’s heute immer noch auf Schritt und Tritt in den westlichen Staaten zu bestaunen. Warum eigentlich?

Was die heute noch lebenden Führer jener Tage dazu sagen werden? Sicher haben einige von ihnen umgedacht. Aber die meisten finden sich allem Anschein nach immer noch toll.

Lesehinweis:
„Leute mit null Ahnung hatten den Anspruch, die Welt umzuerziehen.“ Berliner Zeitung, 7./.8. April 2018, S. 1 und Magazin, S. 1-2

Straßenschlacht wennn’s dunkel wird – nicht nur auf der Demo. – Wehrt euch“. Unser Bild zeigt einen gezettelten Anschlag auf der Ohlauer Straße/Reichenberger Straße, Kreuzberg, aufgenommen durch den hier Schreibenden am 13. April 2013, direkt vor der besetzten Gerhart-Hauptmann-Grundschule.

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Die Füße im Wasser

 Ostern  Kommentare deaktiviert für Die Füße im Wasser
Apr 042018
 

Nicht zuckt der Blitz, kein Donner kracht,
Nicht kämpfen deine Füße mit dem Sturm,
Ein neuer Tag zerreißt die Nacht
Und schwach beleuchtet steht ein Turm,
Am Ufer steht des Reiters scheues Roß,
Und eine Brücke führt zum Schloß
des Augenblicks, du pochst ans Tor,
Dein Mantel wirbelt noch im Wind empor.


Sanftes Eintauchen der Füße in den See, stilles Ruhn im Sonnenglast! Versöhnung überstrahlt den Wannsee. Ja, du weißt, dort hinten, am anderern Ufer ruht sie, die Villa –
— Da sprüht die Flamme weit umher
Und wird ein lodernd Flammenmeer —
Doch lang ist’s her,
Nicht heute ist’s gewesen
Und morgen wird’s nicht sein.
Du lebst auf Zukunft hin, Reiter!
Wie es auch sei, das Leben, es geht weiter.

Festkrallen der Füße im Wannseesand! Beuget die Knie! Lustvolles Schaufeln der Körner! Stilles Rieseln der Wärme! Vorwärtstasten, den Sandberg hinauf!

Hinter Dir liegt so vieles, das war, liegt alles was war! Lass es abfließen von deinen Füßen. Ein paar Schwielen bleiben, ein paar Risse bleiben, aber allmählich schließen sich die Wunden. Tauche die Füße ein in den kalten Wannsee. Lass es abfließen, was vergangen ist. Was vergangen ist, das lass sich schließen. Erhebet Euch!

Lesehinweis:
Conrad Ferdinand Meyer: Der Hugenot. In: Epochen der deutschen Lyrik. Band 8. 1830-1900. Nach den Erstdrucken in zeitlicher Folge herausgegeben von Ralph-Rainer Wuthenow. dtv Wissenschaftliche Reihe, 2. Aufl., München 1975, S. 252-257, hier bsd. S. 252

 Posted by at 19:33