„Stärkere Pauschalierungen, weniger Einzelfallkuddelmuddel, Erwachsene mehr fordern, Anspruchsmentalität zurückdrängen, Verteilungspolitik durch Gestaltungspolitik ersetzen!“ Das sind Forderungen, wie ich sie seit vielen Monaten in diesem Blog vertrete.
Darüber unterhielt ich mich einmal mit Richtern, denen ich privat auf einem gesellschaftlichen Anlass begegnete. „Alles völlig richtig, Herr Hampel, aber den Juristen, den Sozialverbänden, den Parteien, den Politikern unter den Juristen, den Juristen unter den Politikern, den Sachbearbeitern, den Sekretärinnen aller genannten Persönlichkeiten werden Sie damit keine Freude machen. Für unseren Berufsstand gilt das eherne Gesetz: Je komplizierter, desto besser!“
Ich war baff. Der Mensch ist also ehrlich!
Der neue Hartz-IV-Kompromiss, den Koalition und SPD ausverhandelt, aber nicht beschlossen haben, bestätigt die Richter in ihrer Einschätzung. In einem wechselseitigen Geben und Nehmen haben die Parteien die Neuregelung mit einer Fülle an Nebenabreden, Nebenabsprachen, Zusatzwünschen und Kompensationsgeschäften überladen. Vieles davon hat überhaupt nichts mit dem Auftrag des Bundesverfassungsgerichtes, eine juristisch saubere Berechnungsgrundlage für Regelsätze zu finden, zu tun.
Ich ahne schon eine Fülle an neuen Klagen und Sachbearbeiterstellen in den Sozialämtern und Sozialgerichten auf uns zurollen! Die Grünen haben schon den erneuten Gang nach Karlsruhe angekündigt. Das schafft Aufträge und Umsatz für Hotels, Taxifahrer usw. in Karlsruhe. Die SPD hat etwas für ihre Stammwählerschaft, die Sozialarbeiter getan. Und so sind alle, alle zufrieden: die Juristen, die Sekretärinnen der Juristen, die Karlsruher Taxifahrer und Hoteliers, die Sachbearbeiter in den Sozialämtern.
Ist dies das Rezept gegen die Langzeitsarbeitslosigkeit, Deutschlands größtes Sozialproblem, nämlich möglichst viele Sozialrichter, Karlsruher Taxifahrer, Sozialarbeiter und Fachanwälte für Sozialrecht zu „fördern und fordern“?
Dorothea Siems gelangt heute auf Seite 3 der WELT zu einer ähnlichen Einschätzung wie dieser Kreuzberger Blogger.
Der brillante Hamburger Wahlsieg von Olaf Scholz, dem unerschrockenen Pragmatiker und kühnen Verfechter der Hartz-Reformen, der sich durch den Vorwurf der „sozialen Kälte“ nie hat ins Bockshorn jagen lassen, sollte allen zu denken geben!
Regelsätze: Die Hartz-IV-Reform ist ein großer Schritt zurück – Nachrichten Debatte – Kommentare – WELT ONLINE