Boah, ist das heute ein unablässig prasselnder, galaktisch sprühender Nebelregen! Nach einem Friseurbesuch pilgere ich passend zu diesem nebelfeuchten spacigen Dunstschwadenwetter einen kurzen Abstecher zur Hauptstraße 155, zu dem Haus, in dem von 1976-78 David Bowie wohnte. Er wurde ja an einem 8. Januar geboren!
Die Immenstädter Autorin Barbara Frey führte mich kürzlich an diese Stelle, als sie auf Forschungsreise in Schöneberg vorbeikam und mich in das Leben und Schaffen Klaus Nomis einführte. Der außerhalb seiner Geburtsstadt sehr bekannte Countertenor Klaus Nomi, der in Immenstadt/Allgäu geboren wurde, in Berlin eine Gesangsausbildung durchlief und oft im Schöneberger Kleist-Casino auftrat, unter anderem mit der berühmten Arie der Dalila aus „Samson et Dalila“, war während seiner New Yorker Jahre (ab 1973) eine wesentliche Anregungsquelle für den 3 Jahre jüngeren David Bowie, der wesentliche Elemente von Nomis Bühnenerscheinung übernahm und produktiv weiterentwickelte. Insbesondere die Bühnenkostüme Nomis dürften maßgeblich die späteren Outfits von Bowie beeinflusst haben, wovon das oben zu sehende Graffito Zeugnis ablegt. Am 24. Januar 2019 veranstaltet das Literaturhaus Allgäu in Immenstadt mit Barbara Frey eine Soirée auf den Spuren Klaus Nomis.
David Bowie – 8.1.1947 London – 10.1.2016 New York City Klaus Nomi – 24.1.1944 Immenstadt – 6.8.1983 New York
Jóhann Kristinsson, Bariton
Ammiel Bushakevitz, Klavier
verzauberten gestern den Berliner Pierre-Boulez-Saal mit allen Zuhörern, den hier schreibenden eingeschlossen. Kristinsson, ein junger, gewinnender, lebensfroher Mann schlug mich gleich mit den ersten Tönen in Bann:
„Aus der Heimat hinter den Blitzen rot,
Da kommen die Wolken her,
Aber Vater und Mutter sind lange tot,
es kennt mich dort keiner mehr.“
Jedes dieser Lieder aus Robert Schumanns op. 39 erlebten Kristinsson und Bushakevitz gemeinsam. Es war jedes Mal ein neues Bild, aufgeschlagen, erlebt, überflogen, hin und weg! Dieser Sänger machte mir eine große, überbordende Freude. Jeder Laut war geformt, klar verständlich, jeder Ton trug den Sänger, und der Sänger trug uns dahin.
Die Gesangstechnik Kristinssons ist makellos, seine Aneignung aller Lieder ist tief verankert, er hat sich jedes Lied zu eigen gemacht, trug alle Lieder von Schumann, Mahler und Wolf auswendig vor. So soll es sein, so muss es sein! Er eroberte die Herzen aller. Er unterstützt mit sparsamen Gesten den Gehalt der Verse, vertraut aber ansonsten dem stärksten Mittel, das die Sänger haben: der Person selbst, der Stimme, dem Atem, dem Wort, Klang, Körper!
Gustav Mahlers „Lieder eines fahrenden Gesellen“ waren nicht in abgrundtiefe Verzweiflung getaucht, sondern in eine fast schon erlösende Gewissheit: „Solange wir noch singen, solange wir noch zuhören können, ist nicht alles verloren. Im Gegenteil, alles ist gewonnen!“
Bushakevitz war ein äußerst getreuer und verlässlicher Begleiter, Wandergefährte, Stütze und Stab für den Sänger.
Äußerst reizvoll fand ich die abschließende Auswahl der Hugo-Wolf-Lieder nach Gedichten von Joseph von Eichendorff, denn Wolf taucht all das, was bei Schumann so düster, weh, zerrissen daherkommt, in das fast schon italienisch zu nennende, tänzerische Spiel. Freiheit, Lachen, Sonne waren angesagt. Das Programm, das als Weltenklage des Heimatlosen begonnen hatte, endete als lustiger Kehraus mit dem Blick ins Freie. Ein deutliches Aufbäumen, ein Ermannen war darin spürbar, so sehr, dass man Mühe hatte zu glauben, dass die ersten und die letzten Lieder nach Gedichten desselben Dichters komponiert waren, eben Josephs von Eichendorff. Hier die dritte Strophe aus dem letzten Lied, Seemanns Abschied:
Streckt nur auf eurer Bärenhaut
Daheim die faulen Glieder,
Gott Vater aus dem Fenster schaut,
Schickt seine Sündflut wieder,
Feldwebel, Reiter, Musketier,
Sie müssen all ersaufen,
Derweil mit frischem Winde wir
Im Paradies einlaufen.
Ein versöhnlicher, wunderbarer Ausklang des Sonntags war dieser gemeinsame Auftritt der beiden fahrenden Gesellen, der mir noch jetzt ein Lächeln in die Seele zaubert, während ich dies schreibe. Danke Jóhann, danke Ammiel!
Familie, MännlichkeitKommentare deaktiviert für Naus-Arrest für Hikikomori? Der Weckruf des Bud Spencer
Apr012016
„Ich komme nicht mehr an meinen Sohn heran“, „die Jungs kapseln sich so ab mit Computer und Handy“, „früher war Hausarrest eine Strafe, heute ist Naus-Arrest samt Handy-Entzug eine Strafe: man muss die Jungs zwingen, ins Freie zu gehen„, „die Jungs verabreden sich nicht mehr im echten Leben, sondern spielen stundenlang ihre Videogames am Computer“ – beileibe keine vereinzelten Klagen sind das! Ich habe Gespräche mit anderen Eltern geführt, wo dieses Problem eindeutig als unser größtes Problem benannt wurde.
Dieses wichtige, europaweit diskutierte Thema der Jugendlichen, die sich weitgehend in die virtuelle Welt zurückziehen, greift der italienische Buchautor und Zeitkritiker Carlo Pedersoli – besser bekannt unter seinem Schauspielernamen Bud Spencer – in seinem neuesten, in diesen Tagen auf Deutsch erschienenen Werk auf. Die Japaner nennen es „Hikikomori“; dort ist das Phänomen schon seit den 80er Jahren erkannt und erforscht worden.
Als wirksames Gegenmittel gegen diese auch in Deutschland anzutreffende Selbstabschottung von Kindern und Jugendlichen in der virtuellen Welt empfiehlt der weltkluge Carlo Pedersoli nach seiner profunden Analyse heutiger Familienformen unter anderem regelmäßigen Sport, insbesondere Mannschaftssport. Und er verhehlt nicht, dass ihn das Phänomen der Hikikomori höchst besorgt stimmt. Lesenswert!
Bud Spencer: Sport vs. Avatar. In: Bud Spencer: Was ich euch noch sagen wollte … Mit Lorenzo de Luca. Aus dem Italienischen von Johannes Hampel. Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag, Berlin 2016, S. 47-68
Bild: Carlo Pedersoli (Bud Spencer) und Johannes Hampel, Berlin 2012
Goethe, MännlichkeitKommentare deaktiviert für Weinende Männer sind gut. Tränen beleben den Staub
Jan272015
Ein heute vor allem in Deutschland komplett vergeßner morgenländischer Dichter deutscher Sprache – sein Name sei hier unerwähnt – schenkte uns beim Auspacken von Umzugs-Bücherkisten folgende Botschaft:
Laßt mich weinen! umschränkt von Nacht,
In unendlicher Wüste,
Kameele ruhn, die Treiber desgleichen,
Rechnend still wacht der Armenier ;
Ich aber neben ihm berechne die Meilen,
Die mich von Suleika trennen, wiederhole
Die wegverlängernden ärgerlichen Krümmungen.
Lasst mich weinen! das ist keine Schande.
Weinende Männer sind gut.
Weinte doch Achill um seine Briseis;
Xerxes beweinte das unerschlagene Heer,
Über den selbstgemordeten Liebling
Alexander weinte.
Lasst mich weinen ! Tränen beleben den Staub.
Schon grunelts.
Quelle:
Lyrik des Abendlands. Gemeinsam mit Hans Hennecke, Curt Hohoff und Karl Vossler ausgewählt von Georg Britting. Carl Hanser Verlag, München 1963, S. 356
Ich war gerade im Prinzenbad. Die güldene Sonne brachte Leben und Wonne. Ein querwachsender Ast eines Prinzenbad-Ahornbaumes, den ich vor 10 Jahren noch bequem erspringen konnte, um dann Klimmzüge daran zu machen, ist jetzt so hoch, dass ich ihn nicht mehr erreichen kann. Bäume wachsen also schneller als wir Menschen. Heute herrscht hier nach mehreren reinigenden Güssen herrlichstes Sommerwetter.
„Wie im Kindergarten benehmen sich diese Politiker!“ war der Kommentar eines Zeitungsverkäufers zur Weltlage, dem ich trotzdem eine FAZ zum vollen Preis abkaufte. Die FAZ bringt heute auf S. 11 unter dem Titel „Auf der Abschussliste der Islamisten“ einen sehr traurigen, sehr schönen Artikel von Rainer Hermann über die ersten Jahrhunderte der Kirchengeschichte und das drohende Ende des Christentums im Morgenland. Das Christentum entsprang und fand zur ersten Blüte im Morgenland, also in den heutigen Ländern Irak, Syrien, Türkei, Ägypten. Rom und Byzanz waren zunächst einmal westliche Reiser der orientalischen Kirche, die sich erst 1054 unwiderruflich voneinander und von den östlichen Kirchen abspalteten.
Jahrhunderte später fand das Christentum oft unter erbittertem Widerstand der einheimischen Bevölkerung auch den Weg in das Europa nördlich der Alpen.
Eine Reiseerinnerung kommt mir in den Sinn: Die beiden Schutzpatrone der Stadt Magdeburg, der hl. Mauritius und die hl. Katharina von Alexandrien, entstammten beide dem vorderasiatisch-afrikanischen Kulturraum. Die Grablege Kaiser Ottos des Großen, die Mutterstadt der Ausbreitung deutschen Stadtrechts, unterstellte sich also der geistlichen Fürbitte zweier orientalisch-afrikanischer Schutzpatrone! „Wir haben in Magdeburg die älteste bildliche Darstellung eines Schwarzafrikaners nördlich der Alpen!“, vertraute mir im Januar 2014 stolz ein Magdeburger Stadtführer an.
Zitat Hermann: „Von diesen orientalischen Christen haben die frühen Muslime viele Praktiken übernommen. Etwa die Prostration, das Sich-Niederwerfen beim Gebet. Auch das Minarett als Turm, von wo zum Gebet in einem Innenhof gerufen wird, geht auf Vorbilder in alten syrischen Kirchen zurück. Außerdem hatten alte Klöster, wie etwa Mar Saba bei Bethlehem, eine Gebetsnische nach Osten; daraus wurde die Kibla der Moschee.“
Die militärische Intervention, die Ausbreitung des Bürgerkriegs auch mit westlichen Waffen, die Unterstützung islamistischer Milizen in Irak, Afghanistan, Syrien und Libyen, namentlich durch die USA, Großbritannien und Frankreich, hat das drohende Ende zweier Jahrtausende christlicher Kultur in Irak, Libyen und Syrien beschleunigt. Die frühere militärische Unterstützung der Aufständischen in Syrien, Libyen, Irak durch die starken Militärmächte des Westens halte ich für ebenso verheerend und verhängnisvoll wie die Unterstützung der Aufständischen in der Ukraine durch russische Amtsträger, russische Desperados, Banditen und Freischärler.
Der durch die USA im Jahr 2003 ohne triftige Beweise vom Zaun gebrochene Irak-Krieg war ein schwerer politischer Fehler und ein schwerer Verstoß gegen das Völkerrecht. Ich bin für den völkerrechtlichen Grundsatz der militärischen Nicht-Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten.
Unsere Aufgabe ist es stets, zum Frieden und zur Versöhnung zwischen Feinden beizutragen – aktuell gilt es, die Russen und die Ukrainer miteinander zu versöhnen. Mir wurde von Russen berichtet, dass Russen und Ukrainer im Urlaub schon aufeinander losgehen und im Hotel handgreiflich werden. Wie im Kindergarten! Der Todesstreifen des Hasses darf nicht weiter wachsen.
Bild: Der hl. Mauritius, ein General ohne Schwert, Schutzpatron der Stadt Magdeburg. Magdeburger Dom. Statue aus Sandstein, bemalt, wohl spätes 13. Jahrhundert. Aufnahme des Verfassers vom Januar 2014
Eine schimmelschneeweiße Überraschung für Engel entdeckte ich an St. Peter und Paul in der Berliner Innenstadt. Klein, flach wie eine Flunder, leicht wie eine Daunenflocke: der neue VW XL1. Etwa flockige 40.000 Euro kostet das Autochen. 40 Stück kurven ab heute auf deutschen Straßen herum. Es verbraucht 1 Liter Diesel auf 100 km. 2 Menschen finden bequem darin Platz. Ich sah das Auto schon am 29. Juni 2013 in der Mittelstraße in Berlin. Dahinter seht ihr oben mein Fahrzeug mit leuchtenden Lichtern. Es verbraucht etwa 1 L Trinkwasser auf 10 km. Allzeit gute Fahrt!
Weniger erschwinglich ist der elektrische Concept Car von BMW, den ich am 08.06.2013 beim Energiewendetag am Tempodrom in größter Stille ausprobieren durfte. Das Design des Lenkrades gefiel mir gut: funktional, sparsam schlicht, es erinnert mich an die Formgebung der Sportwagen in den 80er Jahren.
Einziger Nachteil des E-Fahrzeugs aus meiner Sicht: Es wird bei 250 km/h abgeregelt. Vier bärenstarke Eletroaggregate direkt am Rad montiert verbürgen traumhafte Beschleunigungswerte. Bremsenergie wird zurückgewonnen und zum Laden der Akkus verwendet. Aber der Grundgedanke, das Fahrzeug auch über Nacht als Energiespeicher im Smart Grid zu nutzen, gefällt mir. Ich probierte eines der beiden weltweit existierenden Fahrzeuge durch ein ausführliches Probesitzen aus. Es geschah in Kreuzberg.
Mein Urteil über den herrlich leisen Prototypen, dessen Stückkosten mit etwa 500.000 Euro angegeben werden, fasste ich so zusammen:
„Zeige mir das neugeborene Kind Jesus!“
„Es ist nicht zu sehen. Dein Jesus ist gar nicht da!“
„Was siehst du stattdessen?“
„Ich sehe ein baufälliges Fachwerkhaus. Im Hof dieses Hauses kniet ein Mann, der Wasser aus einem Brunnen schöpft.“
Ich zeigte kürzlich einem Kind diesen Kupferstich Dürers. „Dein Jesus ist gar nicht da!“
Wir sehen:
Alte vereinzelte Dachsparren, vom Wind gelockert, ein verkrauteter Turm, ein grasbewachsener Bogen, durch den eine dörfliche Landschaft hereinscheint.
Erst beim zweiten oder dritten Hinsehen wird man eine Art Geburtsszene entdecken. Das Kind nimmt einen unscheinbaren, geringen Platz ein. Dem Kind muss der Betrachter in seinem Blick erst Raum gewähren. Erst durch das genaue Aufmerken gewinnt das Kind die Bedeutung, die der Titel ihm zuspricht.
Der Mann Josef beweist sich als eifriger Wasserschöpfer. Er scheint von der eigentlichen Geburt abgesetzt. Er ist der Dritte, der von außen an Mutter und Kind heranrückt. Mutter und Neugeborenes sind eng zusammengerückt, sie bilden eine Zweiheit. Erst durch den dienenden, den wasserschöpfenden Dritten wird der Innenraum von Mutter und Kind auf die Welt hin geöffnet.
Hier wird eine Auffassung von Väterlichkeit vorgeprägt, die im dienenden Hinzutreten des Dritten aufgeht. Im unscheinbaren, tatkräftigen Wasserschöpfen ordnet sich der dienende Vater dem Hauptgeschehen unter. Er ist der moderne Mann, der das Hauptgeschehen mitträgt und zur Welt hin öffnet.
Josef stellt sich in den Dienst an Mutter und Kind. Er vertritt in dieser Darstellung Albrecht Dürers aus dem Jahr 1504 die Außenwelt. Der Zeichner setzt ihn sogar ins Zentrum dieser Darstellung – eine unerhörte Kühnheit bei einem Kupferstich, der doch den Titel „Die Weihnachten“ trägt.
Öffnen der Mutter-Kind-Dyade zur Welt hin – Versorgen von Frau und Kind mit dem Nötigen, also dem Wasser, das ist genau die überlebensnotwendige Funktion, die auch die moderne Tiefenpsychologie dem Vater zuschreibt.
Quelle:
Albrecht Dürer. Das druckgraphische Werk. Kupferstiche, Holzschnitte und Bücher. Band I: Die frühen Jahre bis zur zweiten italienischen Reise. Sammlung K. u. U. Schulz. Ausstellungskatalog. Augsburg 11.10.2012-27.01.2013, S. 108-109
Das größte Problem unserer Kinder ist die Vernachlässigung. Ich ergänze: die Vernachlässigung durch die Eltern. Merkwürdig, noch ein anderer Kreuzberger Mit-Vater hat sich kürzlich in einem Interview so geäußert – und er hat es mittlerweile auf Platz 2 der Landesliste seiner Partei in Baden-Württemberg geschafft. Das freut mich sehr! Sehr gut! Gratulation hinüber auf die andere Seite des Landwehrkanals! Ich sage mal: Jeton düştü.
Egal, welches gravierende Problem bei kleinen Kindern auftritt, ich frage stets und ganz direkt nach den Eltern: die 500 Intensivtäter in Berlin, Gewaltorgien in der U-Bahn oder am Alexanderplattz, Terroristen zur rechten Hand, Terroristen zur linken Hand, Neo-Nazis, psychische Störungen, Ausraster, Kriminalität, Selbstmord, Depression, ADHS … alle diese schweren Störungen deuten fast in allen Fällen auf einige schwerwiegende, meist klar benennbare Auslöser oder Ursachen hin: klare Vernachlässigung der Kinder durch die Eltern, Fehlen oder klares Versagen des Vaters im Leben des Kindes, Fehlen oder Verlust der Mutter. Zerrüttete Familien.
Die meisten sozialen Probleme in unserer überreichen, übersatten Gesellschaft entstehen im Wesentlichen durch und aus den zerrütteten, unvollständigen oder duch Vernachlässigung und Missbrauch geprägten Familien. Nicht aus „Rassismus“, Arbeitslosigkeit, Drogen, Fundamentalismus, Euro-Krise.
Analı babalı büyüsün! Ein Kind, das eine einigermaßen liebevolle und einigermaßen fürsorgliche Mutter und zugleich einen einigermaßen liebevollen und einigermaßen verantwortungsbewussten Vater in seinem Leben hat und mit beiden zusammen lebt, wird nicht – oder nur in sehr sehr seltenen Ausnahmefällen – kriminell oder psychisch schwer krank. Übermenschen, Übereltern werden nicht verlangt und sind auch nicht nötig. Das ist alles keine Geheimwissenschaft, es ist uraltes, in den alten Religionen, aber ebenso auch in der Psychologie und der forensischen Psychiatrie gespeichertes Erfahrungswissen.
Und hier kommt die nächste Geschichte zum Beweis der Richtigkeit dieser Behauptungen – diesmal ein Film, der heute abend um 20.15 Uhr in der ARD ausgestrahlt wird: Connie Walthers Fernsehfilm Zappelphilipp.
Was lesen wir da über den ADHS-Jungen?
Wie viele, wie alle Jungs muss er raus, braucht er Auslauf, braucht er Zeit. Beides bekommt er aber nicht. Seine Mutter arbeitet, der Vater ist verschwunden, der Stiefvater überfordert, statt mit ihm Fußball spielen zu gehen, lässt er ihn lieber feindliche Raumschiffe auf dem Computer versenken. Ein Geschwisterkind ist unterwegs.
Immer dasselbe – ob nun der französische Attentäter Mohammed Merah, die deutsche Attentäterin Beate Zschäpe, unsere „Zappelphilippe“: sie alle leiden unter einem riesigen Mangel an „Beelterung“, an Mangel an Fürsorge, an Liebesmangel, leiden an der Abwesenheit der Eltern. Sie leiden an zerbrochenen Ehen, an Scheidungen, an Verlusten, an der Verantwortungslosigkeit der Väter.
Marmorbildartige Begriffsdefinitionen werden den Kindern aufgepappt, die das Verständnis für alle unsere Sorgenkinder erschweren: Sie sind ja so krank, so gestört, so rassistisch, so kriminell, dumm, faul, überintelligent … sie sind ADHS, hurrah!
„Was hat man dir / du armes Kind / getan?“
Sie leiden nicht an Armut, sie leiden nicht am dreigliedrigen Schulsystem, nicht am Frontalunterricht, nicht am koooperativen Unterricht, nicht an zu kleinen oder zu großen Klassen. Sie leiden an kaputten Ehen, an fehlenden oder prügelnden Vätern, an prügelnden oder überforderten Ersatzvätern.
Ich nehme an – so ist es auch bei 490 der 500 Berliner Intensivtäter.
Zur Zeit entsteht in Deutschland eine neue Gesellschaft – eine Gesellschaft, die sich nicht über lebenslange Eltern-Kind-Beziehungen hegt und fortpflanzt, sondern sich im wesentlichen über staatliche Leistungen definiert. Alles, aber wirklich alles wird in die Obhut des Staates genommen. Die Steuerpolitik, die Geldverteilungspolitik wird das entscheidende Kriterium des Sozialen. „Je mehr Geld die Politik für das Soziale bereitstellt, desto besser geht es den Menschen.“ „Je mehr Geld der Staat den Familien gibt, desto besser geht es den Kindern.“ „Je mehr der Staat die Frauen in den Beruf und in die Aufsichtsräte bringt, je weniger sie sich durch Kinder aus der Bahn werfen lassen, desto glücklicher sind sie.“
3 verheerende Irrtümer. Drei von vielen unverzeihlichen Fehlschlüssen. Das Glück der Frauen und der Männer hängt doch nicht von maximalem beruflichen Erfolg ab!
Eine satte und überreiche Geselllschaft wie die unsrige, die die Liebe der Eltern zu den Kindern, die Liebe der Kinder zu den Eltern und die Treue von Vater und Mutter füreinander und für die eigenen Kinder nicht mehr als den entscheidenden Grundstoff erkennt, mit dem Kinder gedeihen und wachsen, legt die Axt an den eigenen Fortbestand. Und genau das tut Deutschland bereits. Schon werden Stimmen laut, die davon sprechen, wir müssten unsere Alten und Dementen nach Asien schaffen, damit wir sie nicht mehr pflegen müssen.
Schaut euch um in den Großstädten! Hier wachsen Millionen von alleinstehenden Singles heran, um die sich im Alter nur noch die staatliche Betreuung oder Asien kümmern wird. In einer solchen, vom Staat her denkenden Betrachtung gelten Kinder, gilt insbesondere die Mehr-Kinder-Familie mit Mama und Papa als anachronistische, geldvernichtende Dummheit. Dabei brauchen wir in Deutschland nichts dringender als die alte, altmodische, verstaubte Mehrkinderfamilie mit Mama und Papa, die alle lebenslang zusammenleben und den Kindern und den Hochbetagten ein gutes Nest bieten.
„Es ist ja so schwer, niemand hat es uns gelehrt, wie wir als Mann und Weib und Weib und Mann zusammenleben können“ – so heißt es in Heinrich Bölls Erzählung „Und es ward Abend und Morgen“. Heinrich Böll lesen tut not! Tun sie das noch? Lesen sie noch Heinrich Böll?
„In der Türkei wird Gewalt immer noch verherrlicht und in traditionellen Familien ein falsches Männlichkeitsbild anerzogen.“ Oftmals fehle der Vater jugendlichen Heranwachsenden als Vorbild, weil für die Erziehung in traditionellen Familien ausschließlich die Mutter zuständig sei.“ Mit diesen Worten äußert sich Gülcin Wilhelm laut WELT vom 24.11.2012 in einem Beitrag von Freia Peters: „Wäre das Opfer türkisch, gäbe es einen Aufschrei.“http://www.welt.de/politik/deutschland/article111464365/Waere-das-Opfer-tuerkisch-gaebe-es-einen-Aufschrei.html
Der Vorwurf des Artikels lautet: Wenn die Mörder türkischer Herkunft sind, wird in der Sicht der Migrantenverbände geschwiegen oder allenfalls Schuld in der sozialen Diskriminierung gesucht.
„So etwas kommt überall vor„, das habe ich immer wieder nach Ehrenmorden, nach innerfamiliärer Gewalt gehört. Viele Türken bestreiten, dass es in der türkischen Gesellschaft eine hohe Akzeptanz von Gewalt gebe. Gibt es denn wirklich immer einen Aufschrei der Migrantenverbände, wenn das Opfer einer Gewalttat türkischer Herkunft ist? Ein klares Nein! Nur dann, wenn die Täter Deutsche sind, wird von den Verbänden groß die Trommel geschlagen. Dann sieht man sofort den Beweis erbracht, dass Deutschland ein Hort des finstersten Rassismus ist.
Aber die meisten Morde und die meisten Gewalttaten werden in Deutschland „innerethnisch“ verübt! Und unter den Tätern und den Opfern sind wiederum die Herkunfts-Deutschen absolut und relativ gesehen in der Minderheit, die türkisch- und arabischstämmigen Männer hingegen überwältigend überrepräsentiert.
Genau hier in meinem engeren Kreuzberger Wohnumfeld, wo zufällig auch die Türkische Gemeinde Deutschland ihren Hauptsitz hat, geschahen in den letzten Jahren etliche Morde und Mordversuche, von denen einige es in die Schlagzeilen brachten. Alle Mörder und auch alle Mordopfer waren türkeistämmig. Zufall? Soll man dann immer noch sagen: Das kommt überall vor? Darüber, über diese Häufung von Gewalttaten gerade in türkeistämmigen und den arabischen Gemeindeverbänden, wird aber in der Tat von den Migrantenverbänden vornehm geschwiegen. Der Mordversuch gegen die türkeistämmige Anwältin Seyran A., die Ehrenmorde junger Kreuzberger Türkinnen, die nicht nach den Vorstellungen ihrer Brüder lebten und deswegen umgebracht wurden, die grausame, vielleicht fundamentalistisch motivierte Hinrichtung von Semanur S. im Fanny-Hensel-Kiez, die nicht nach den Vorstellungen ihres Ehemannes lebte, das vor wenigen Wochen berichtete Blutbad einer Familie in der Oranienstraße … das sind schreckliche Taten, die mich erschüttern. Müssen wir hier in diesen Gewalttaten ein kulturelles Problem erblicken – oder ist alles nur sozial bedingt, wie die Migrantenverbände nicht müde werden zu betonen?
Wie sieht es in der alten Heimat, in der Türkei selbst aus?
„Ein anderes grundsätzliches Problem liegt in der breiten gesellschaftlichen Akzeptanz von Gewalt. Es sind die schrecklichen Ehrenmorde oder die Diskriminierung von Mädchen und Weigerung der Eltern, ihre Töchter auf die Schule zu schicken. […] Vor dem Hintergrund einer solchen Akzeptanz und Rechtfertigung der Gewalt in ihrer alltäglichen Form ist die Abschaffung von Folter auf institutioneller Ebene mit Gesetzen allein kaum zu erreichen.“ So schreibt es Cem Özdemir, der Bundesvorsitzende der Grünen über die türkische Gesellschaft (Die Türkei, Weinheim 2008, S. 165).
Gülcin Wilhelm, aber ebenso auch der Kreuzberger Ercan Yasaroglu werfen den Migrantenverbänden mehr oder minder unverblümt vor, das hohe Gewaltpotenzial der türkischen Gemeinde zu verharmlosen.
Die Türkei scheint in der Tat einen anderen Umgang mit Gewalt gegen Menschen zu haben. So sind auch scheinbar rassistische Äußerungen wie die folgende zu erklären: „Je mehr Türken wir im Land haben, desto mehr Unruhe haben wir.“ Für diese Aussage wurde Bilkay Öney, die Integrationsministerin des Landes Baden-Würtemmberg (Ex-Grüne, jetzt SPD), heftigst gerügt. Ich selbst muss sie ebenfalls rügen. Derartige Zahlenspielereien bringen doch nichts.
Denn: Ich kenne viele Türken in Kreuzberg, die entsetzt sind über das Ausmaß der Verharmlosung oder Beschönigung von Alltagsgewalt, über das Wegducken bei Schlägen gegen Kinder und Frauen, über das vornehme Schweigen, wenn ein Türke einen Türken oder eine Türkin ermordet. „Diese wenigen türkischen Gewalttäter haben unseren Ruf als anständige, fleißige, rechtschaffene Türken völlig runiert! Warum macht ihr Deutschen denn nichts dagegen? Seid ihr denn total blind? Warum lasst ihr euch so hinters Licht führen?“
Hinter diesen Verzweiflungsrufen meiner guten Kreuzberger Vatandaşlar ist deutlich spürbar:
„Ihr Deutschen durchschaut nicht, was hier abgeht. Ihr lasst euren Sozialstaat hemmungslos ausplündern, finanziert damit Faulheit und Kriminalität heran und lasst euch dann noch als Rassisten beschimpfen ohne mit der Wimper zu zucken! Das kann nicht lange gutgehen!“
Ich meine: Es nützt nichts, die verhängnisvolle Spirale zwischen uralten Ehrbegriffen, Bejahung von Gewalt zur Wiederherstellung der Ehre, Sozialhilfeexistenz, Staatsausplünderung und Bildungsunwillen zu leugnen. Wir alle sind gefordert.
Nur eine Absage an Gewalt gegen Menschen und gegen Sachen im Alltag, eine klare, konsequente Erziehung zur Gewaltlosigkeit und zum anständigen Broterwerb kann hier Abhilfe schaffen. Wir brauchen eine Kultur der klaren Regelsetzung, eine Kultur der Verantwortung und der anständigen, ehrlichen Arbeit.
Mit diesen Betrachtungen soll selbstverständlich nichts von der Schwere der Gewalttaten gegen Menschen mit Migrationshintergrund geleugnet werden. Die Morde von Mölln, Solingen und Dresden sind erschütternd und furchtbar, wie all die Morde hier in Kreuzberg auch.
Gewalt, Mord bleiben etwas Furchtbares. Wir müssen der Gewalt, dem Mord entgegentreten, wo immer sie sich zeigen. Aber man muss auch erkennen, dass nicht nur die Deutschen, sondern auch die sogenannten Migranten ein Gewaltproblem haben – und dem Umfang nach steht es der „rassistischen“ Gewalt in nichts nach.
Bild: Blick auf die Kochstraße und die Wilhelmstraße, Kreuzberg
Das Böse, Kain, MännlichkeitKommentare deaktiviert für Was lässt junge Männer zu Mördern werden? Antwort: Sucht die Väter!
Okt312012
Immer wieder erschüttern uns die Berichte über Mord und Totschlag. Die Morde des vergangenen Jahres in meiner unmittelbaren örtlichen Kreuzberger Nachbarschaft spielten sich im Verwandten- und Bekanntenmilieu ab. Es waren teils Beziehungstaten, teils offenbar Fememorde mit fundamentalistischem Hintergrund. Es waren keine Zufallsmorde, sondern angekündigte und vorher erkennbare Verbrechen. Täter und Opfer gehörten denselben Sozialmilieus an und kannten sich vorher.
Anders bei der Ermordung von Jonny K.! Hier scheint vorher keine Beziehung bestanden zu haben. Der Totschlag vollzog sich aber unter Beteiligung oder Billigung von 6 Männern. Es lohnt sich zu fragen, wodurch Männer zu Mördern werden.
Hier ein paar Hinweise. Aus der Tagespresse entnehme ich:
Der Gesuchte, der von den Mitverdächtigen als Haupttäter beschuldigt wird, lebt in Berlin bei seiner Mutter und reist gleich nach der Tat ins Ausland, um seinem Vater bei einem Grundstücksgeschäft beizustehen. Begründung: „Ich wollte meinen Vater nicht allein lassen.“
Das wäre wieder einmal ein geradezu typisches Bild. Ich sehe das immer wieder: Bei sehr vielen, bei fast allen jugendlichen Gewalttätern fehlt der Vater im Haus. Die Mütter sehr vieler Gewalttäter leben vom mütterlich-gütigen Sozialstaat, die Väter gehen irgendwo, oft auch in anderen Ländern, ihren Geschäften nach und lassen ihr(e) Frau(en) und ihre Familie(n) beruhigt im deutschen Sozialsystem zurück. Der deutsche Staat zahlt brav und redlich und spendiert ab und zu ein Anti-Gewalt-Training. Die von den abwesenden Vätern komplett vernachlässigten Söhne fahren Schlitten mit allem: mit der Justiz, mit den Müttern, mit den Sozialarbeiterinnen, mit den Lehrerinnen. Niemand fällt ihnen in den Arm.
Es wäre interessant zu prüfen, ob dieses Modell – „ohne echtes väterliches Vorbild aufgewachsen“ – bei allen sechs Tatbeteiligten zutrifft. Ich vermute mal: wahrscheinlich, bei den meisten dürfte es so sein.
http://www.taz.de/Gedenken-an-Jonny-K/!104453/
Ein ganz typisches Beispiel für dieses interkulturell zutreffende Muster ist übrigens auch Andreas Baader: von drei Frauen aufgezogen, erfährt er jede nur erdenkliche Zuwendung von Frauen. Es fehlt der grenzensetzende, der väterliche Einfluss. Baader fasziniert Frauen, etwa Ulrike Meinhof – etwas, was er in der Kindheit lernen konnte – und kennt keine Hemmungen im Einsatz von Gewalt.
Ein weiteres Beispiel liefert Marco Bellocchio in seinem Film I pugni in tasca. In einer vaterlosen Familie wachsen kleine verhätschelte Monster heran, die ohne Scheu die eigene Mutter und ein Geschwisterkind ermorden.
Das Gebot „Du sollst nicht töten!“ hören unsere lieben Knaben in ihrem Leben praktisch nie. Sie hören höchstens: „Tötet nicht, außer bei vorliegender Berechtigung!“ – Etwa wenn ihr beleidigt werdet oder blöd angekuckt werdet.
Die beste Prävention von Gewalt wäre es, wenn gute Väter als Vorbilder für die Söhne verfügbar wären.
Deswegen lautet meine Forderung immer wieder, dass die Schule und die Gesellschaft gute Väter heranbilden sollten und dass die Väter bei ihren Söhnen leben sollten.
Jedem Kind ein guter Vater! Das wäre mal was zur Gewaltprävention! Niemand traut sich das zu sagen.
Ja mei, des ist aber schön, was die Berliner Morgenpost heute auf S. 2berichtet: Der neue Integrationsbericht der Bundesregierung verkündet Fortschritte allenthalben, mehr Kinder mit Migrationshintergrund erlangen die Hochschulreife. Auch hier in Berlin legen immer mehr Jugendliche das Abitur ab. Die Betreuungsquote im Kita-Alter liegt sehr hoch. Alles wird besser. Es tut gut, ab und zu solche freudigen Berichte zu lesen, die das Gegenteil dessen besagen, was die Alltagserfahrung der Menschen zu prägen scheint.
Wir brauchen Erfolgsgeschichten wie die der Familie Büyükarslan: Die Eltern kümmern sich um die Schulkarriere, schicken die Kinder selbstverständlich in Privatschulen, heuern bei Schulschwierigkeiten Nachhilfelehrer an. Mutter und Vater stehen hinter den Kindern. Sie arbeiten alle, sind leistungsbereit. Und dann klappt es auch mit der Integration.
Wie sonst auch, erweist sich nicht der soziale Hintergrund, sondern einzig und allein die Einstellung der Eltern als der entscheidende Erfolgsfaktor. Ich kenne keinen Beweis des Gegenteils, sondern Hunderte von Migrationsbiographien, die alle fast ausnahmslos darauf hinauslaufen.
Wenn das Elternhaus stützt, wenn Mutter und Vater den Erfolg der Kinder wollen, dann spielt es auch kaum eine Rolle, in welchem Alter die Kinder mit dem Deutschlernen anfangen! Wollt ihr Beispiele für die Wahrheit dieser Behauptung? Hier kommen sie: Nihat Sorgec, der Chef des Kreuzberger Bildungswerks, Dilek Kolat, die Berliner Sozialsenatorin, Kenan Kolat, der ehemalige Chef des TBB, Enver Büyükarslan, der stolze Familienvater und Chef eines mittelständischen Unternehmens, die Journalistin Hatice Akyün – sie alle kamen erst nach Deutschland, als ihre frühe Kindheit vorbei war. Sie fingen spät mit dem Deutschlernen an. Sie waren der Theorie nach sozusagen gewaltig benachteiligt gegenüber all den Hunderttausenden von Kindern, die hier in Deutschland geboren sind und fleißig die deutsche Kita besucht haben.
Dennoch haben die genannten Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens geschafft, was viele in Deutschland geborene und erzogene Kinder nicht geschafft haben: Erfolg, Ausbildung, soziale Anerkennung. Der Grund: Sie wuchsen in behütenden und zugleich fordernden Familien auf.
Ich bleibe dabei: Der größte Risikofaktor sind die abwesenden Väter, die ihre Ehefrauen in der Obhut des deutschen Sozialstaates alleine lassen oder gar ihre Familien – oft auch mehrere parallele Familien mit vielen Kindern – bewusst ins staatliche Hilfesystem hinein planen. Das deutsche Sozialsystem wird so das größte, fast unüberwindliche Hindernis auf dem Weg zu Erfolg und Integration.
Ein intaktes Elternhaus, möglichst mit liebendem Vater (bzw. einem liebenden Ersatzvater oder Vaterersatz) und liebender Mutter, ist das Wichtigste für das Glück der Kinder. Diese Kinder werden so stark, dass sie sich auch in widrigen Umständen ihren Weg zum Glück erarbeiten werden.
„Le père du tueur de Toulouse et de Montauban a passé quatre années en prison, avant de repartir dans son pays natal, l’Algérie.“ Le Figaro berichtet dies soeben.
Mohamed Merah, der Mehrfach-Attentäter von Toulouse und Montauban, und Anders Breivik, der Mehrfach-Attentäter von Utoya, haben vieles gemeinsam: Beide haben Massenmorde begangen, beide haben gestanden, beide zeigen keine Reue. Beide haben sich einem ideologischen Wahnsystem verschworen. Bei beiden raten die Psychiater dem Gericht teils zur Erklärung der Schuldunfähigkeit, teils zur Erklärung der Schuldfähigkeit. Dasselbe Bild übrigens wie bei dem Attentäter aus der Köthener Straße, unserem Kreuzberger Mitbürger.
Und noch etwas teilen Breivik und Merah: den Verlust oder das Vermissen des Vaters. Beider Väter lebten getrennt von Mutter und Sohn. Beiden Attentätern fehlte in der Kindheit der Vater. Und dies ist ein verblüffender Grundzug fast jeder kriminellen Karriere, die ich auf Ursachen der kriminellen Karriere abklopfe:
Den straffällig gewordenen Söhnen fehlte in den entscheidenden Kindheitsjahren die grenzensetzende, strafende und kontrollierende Vaterfigur.
Die Mütter bleiben allein zurück, versuchen oftmals an den Söhnen den Vaterverlust durch doppelte Liebe wettzumachen. Es entstehen die kleinen Hätschelkinder, die kleinen Paschas und Eigenbrötler, die kleinen und großen Monster, die sich alles erlauben dürfen. Mohamed Merah gab sogar an, sich an seinem Vater für dessen Fernbleiben rächen zu wollen!
Immer wieder habe ich in den letzten Monaten diese meine Hypothese mit Müttern, Sozialarbeiterinnen, Historikern, Lehrerinnen, Psychiatern und Psychologinnen besprochen. Keine widersprach mir, alle stützten meine Analyse mit beliebig vielen Beispielen aus eigener Anschauung.
Ich wage zu behaupten: das Fehlen oder das Verschwinden des Vaters, das Fehlen jedes männlichen Vorbildes ist der größte Risikofaktor für das gesunde Aufwachsen unserer männlichen Kinder und Jugendlichen, gerade hier in Kreuzberg und Neukölln. Jungen, die ihren Vater verlässlich um sich oder neben sich wissen, werden nur in sehr sehr seltenen Ausnahmefällen kriminell oder drogensüchtig.
Das häufig anzutreffende Muster, dass Mütter mit ihren Kindern im staatlichen Sozialsystem untergebracht werden, während die Väter ihre eigenen Wege gehen, ist ein kaum zu überschätzender Auslöser für das Scheitern der Kinder in Schule und Beruf.
Diese Riskofaktoren sind durch mütterliche Bespaßung und Betreuung durch Sozialarbeiterinnen und Bewährungshelferinnen nachträglich offenbar nicht wettzumachen.
Die Folgen daraus? Sind erheblich! Man müsste zum Beispiel viel mehr an den Vätern statt an sozialen Bedingungen arbeiten!
Antwort: In uns Männern steckt tatsächlich ein höheres Gewaltpotential als in den Frauen. Nur durch die Erziehung, durch ständige Einhegung, Höherentwicklung, Belehrung, Bestrafung und Grenzensetzung lernen wir Männer mit unseren Leidenschaften umzugehen.
In meinen Kreuzberger Bekanntenkreisen herrscht – gerade unter Türken – die Meinung vor, dass die Geschichte des Orhan S. durchaus als repräsentativ für eine hohe Zahl an jungen Männern in Kreuzberg gelten kann. An eine klinische Erkrankung glaubt hier eigentlich kaum jemand.
Männer wie Orhan S. haben nie echte Grenzen erfahren. Mit der deutschen Schule, mit dem deutschen Sozialamt kann man ja wirklich nach Belieben Schlitten fahren. Das ist hier nun wirklich allgemein bekannt. Die Bundesrepublik Deutschland – insbesondere der deutsche Sozialstaat mit seinen leicht zu knackenden Geldkoffern – ist in den Augen vieler junger Männer ein leicht zu eroberndes Objekt der Ausbeutung, so wie Frauen ein leicht zu eroberndes Objekt der Ausbeutung sind.
Die Deutschen selbst zucken aus Angst zurück, zumal sie in immer mehr Vierteln in die Minderheit geraten sind und noch weiter in die Minderheit geraten. Man rechne nur einmal die Kinderzahlen nach und man wird erkennen, dass schon in wenigen Jahrzehnten viele deutsche Innenstädte nicht mehr wiederzuerkennen sein werden.
Einschüchterungen, Drohungen, grenzenloses Anspruchsdenken der jungen türkischen, arabischen und kurdischen Paschas gegenüber allen Frauen – Müttern, Ehefrauen, Schwestern, Lehrerinnen, Sozialarbeiterinnen, Polizistinnen – diese Grundhaltung wird mir immer wieder berichtet, ich sehe sie selbst immer wieder. Sie scheint allerdings auch stark kulturell bedingt zu sein, sie scheint bei jungen Deutschen weniger oft aufzutreten als bei jungen Türken und Arabern.
Nicht zufällig sind gerade in der schweren Gewaltkriminalität – Raub, Totschlag, Mord – die in Deutschland lebenden jungen Türken, Kurden und Araber viel stärker repräsentiert als es ihrem Anteil an der Bevölkerung entspricht.
Die schlecht oder gar nicht ausgebildeten jungen Männer, die über Generationen hinweg vom Sozialamt leben, mehrere Frauen ausbeuten, keine Aussicht erarbeiten, mit legaler Arbeit für ihre Familien zu sorgen, sind in der Tat eine tickende demographische Zeitbombe für Deutschland und Europa.
Gut dass es einzelne gibt, die diese Zusammenhänge durchschauen und etwas tun!