„Uns droht die Kultur!“ Der verzweifelte Seufzer der europäischen Beamten

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Okt 102017
 

Auf dreierlei konnten wir gemeinen Bürger uns in dem hinter uns liegenden Bundestagswahlkampf verlassen: zum einen auf eine entschlossene Vermeidungshaltung der sich selbst als solche bezeichnenden „demokratischen“ Parteien gegenüber den wirklich drängenden Themen Europas und der Europäischen Union, zum anderen auf eine angewiderte, angeekelte, fast schon hasserfüllte Haltung der sich selbst als solche bezeichnenden „demokratischen“ Parteien gegenüber dem von den „demokratischen Parteien“ als solchem bezeichneten „Rechtspopulismus“ und den Wählern der „Rechtspopulisten“; die demokratischen Parteien standen in dieser Frage zumindest in geschlossen abwehrbereiter Front zusammen; zum dritten schließlich  auf eine nicht minder angewiderte, ja fast schon gleichgültige Haltung gegenüber allen kulturellen Themen, die häufig in einer geradezu allergischen Reaktion der gelehrten und akademisch angehauchten Öffentlichkeit gegenüber Wort und Begriff der europäischen bzw. deutschen „Leitkultur“ gipfelte.

Die Kultur, geschweige denn die mindestens in meinen Augen ganz entscheidende Frage der kulturellen Leitwerke der 47 europäischen Staaten, die im Europarat vereinigt sind, sowie auch Fragen der kulturellen Selbstverständigung der Bundesrepublik Deutschland spielten im Bundestagswahlkampf keine Rolle.

Uns droht die Kultur!“, so seufzen die  Beamten in Brüssel laut dem Zeugnis des gestern ausgezeichneten Schriftstellers Robert Menasse, wenn es um die Verteilung der Zuständigkeiten geht. „Österreich soll mit Kultur abgespeist werden!“  „Die Bildung wurde unterschlagen.“ Das lässt schmunzeln. Auch in der EU lässt sich also mit Kultur kein Staat machen! In Deutschland haben die sich selbst so bezeichnenden „demokratischen“ Parteien um die Kultur einen Bogen gemacht genauso wie um die wichtigen, zukunftsentscheidenden Fragen der Europäischen Union. Indifferenz gegenüber der Zukunft der Europäischen Union, Einheitsfront gegenüber dem erbittert zu bekämpfenden Rechtspopulismus, Missachtung der Kultur – diese drei Merkmale scheinen Grundzüge unserer bundesdeutschen bornierten Häuslichkeit  zu sein.

Zitat:
Robert Menasse: Die Hauptstadt. Suhrkamp Verlag, Berlin, 2. Aufl. 2017, S. 45-46

 

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„Ausstiegsszenarien“, oder: Von der Hochblüte planwirtschaftlichen Denkens bei den jetzt amtierenden Politikern

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Sep 302017
 

https://www.welt.de/politik/article169192391/CDU-Vize-wirft-Gruenen-planwirtschaftliches-Denken-vor.html

Ein gutes Auge für das Vorherrschen planwirtschaftlichen Denkens sowohl bei den letzten drei Bundesregierungen einschließlich der noch amtierenden wie auch bei der Partei der  Grünen beweist der aus dem Rheinländischen stammende Politiker Armin Laschet. In einem neuen Interview mit der Welt diktiert er heute in die Blöcke der Journalisten, er beobachte, dass gewisse Politiker „… nur in Ausstiegsszenarien denken: Ausstieg aus dem Diesel, Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor, Ausstieg aus der Braunkohle und der Steinkohle, eigentlich aus allen fossilen Energien.“

Das Wort „Ausstieg aus…“ könnte man Armin Laschet folgend als Markenzeichen der Wirtschafts- und Energiepolitik dieser vergangenen 12 Jahre bezeichnen. Die vielbeschworene Energiewende ist das beste Beispiel dafür. Alle diese Ausstiegsszenarien hat die jeweils amtierende Bundesregierung in den letzten Legislaturperioden auf den Weg gebracht.

Ausstieg aus der Atomkraft bis …
Aussetzung  der Wehrpflicht ab …
Ausstieg aus der Kohleenergie bis …
Kompletter Abschied vom Verbrennungsmotor bis…
Dekarbonisierung der gesamten Volkswirtschaft um … %  bis zum Jahr …

Allen diesen geplanten Ausstiegen ist gemein, dass sie zentral von oben herab weit in die Zukunft hinein verfügt werden, ohne ausreichend Raum für Diskussionen oder gar nachträgliche Änderungen durch bessere Technologien zu lassen.

Planzahlen sind seit langem schon aufgelegt.  Ein beliebiges Beispiel für derartige staatlich verordnete Planwirtschaft (es ist nur eines, weitere fallen einem sofort ein):

„Ziel der Bundesregierung ist es, bis 2020 eine Million Elektrofahrzeuge auf die Straße zu bringen. Bis 2030 sechs Millionen. Diese Ziele schreibt das Regierungsprogramm Elektromobilität von 2011 fest. Denn Elektrofahrzeuge verringern nicht nur die Abhängigkeit vom Öl. Lädt man die Batterien mit Strom aus erneuerbaren Energien, fahren Elektrofahrzeuge praktisch ohne Schadstoffausstoß.“

https://www.bundesregierung.de/Webs/Breg/DE/Themen/Energiewende/Mobilitaet/mobilitaet_zukunft/_node.html

Armin Laschet ist zu danken, dass er unsere Aufmerksamkeit auf die deutliche Vorherrschaft des planwirtschaftlichen Denkens sowohl bei der heute noch regierenden Koalition wie auch bei der derzeit ins Auge gefassten neuen Koalition gerichtet hat.

Auch die CDU steht offenkundig in einem Ausstiegsszenario. Sie verlässt nämlich die Düsseldorfer Leitsätze zur Wirtschaftspolitik  von 1949 und hat in den letzten 12 Jahren zu ihren ersten programmatischen Ansätzen aus dem Jahr 1946, zu dem sogenannten Ahlener Programm zurückgefunden. Dafür liefert die Politik der letzten drei Legislaturen eine Fülle an Belegen. Und der jeweilige Bundestag hat dies alles mit großen Mehrheiten abgesegnet. Brav!

Die Zeichen für Schwarz-Grün stehen auf hellstem Grün im Lichte des Planwirtschaftsgedankens!

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„… und wen würdest Du wählen, mein liebes Kind?“

 Bundestagswahlen, Goethe, Soziale Marktwirtschaft, Wagenknecht  Kommentare deaktiviert für „… und wen würdest Du wählen, mein liebes Kind?“
Sep 222017
 

Der rheinhessische Hausfreund erzählt:

Einige fröhliche Bürgerinnen und Bürger saßen einmal in ausgelassener Heiterkeit am Vorabend von Goethes Geburtstag zusammen in einem Weingarten und pichelten so manchen süffigen Tropfen.  Natürlich wurden auch die anstehenden Bundestagswahlen erörtert. Wen sollte man wählen? Die Auswahl war so riesig! Die Qual der Wahl, das war der richtige Ausdruck dafür!

Der eine Zecher, einer der älteren Herren, brach eine Lanze für Sahra Wagenknecht: „Wagenknecht! Die hat einen Stein bei mir im Brett, denn sie schätzt und verehrt Goethe. Sie hat Kant, Marx und den Faust II gelesen und beherzigt; sie wendet die Erkenntnisse Goethes in ihrer politischen Praxis an. Sie kennt und schätzt Begriff und Wesen des Ordoliberalismus der Freiburger Schule. Sie kennt Rüstow und Röpke sogar! Hab ich doch einmal einen Artikel aus ihrer Feder in der FAZ über die betrügerische Papiergeldwirtschaft im Faust II gelesen, die sie mit der EZB-Politik vergleicht!“

Gelächter, Staunen! Stimmte das wirklich? Ging es da mit rechten Dingen zu? Was tischte der Zecher da auf? Und schon rezitierte der alte Zecher aus dem Gedächtnis in leicht singendem Tonfall:

Ein solch Papier, an Gold und Perlen Statt,
Ist so bequem, man weiß doch, was man hat;
Man braucht nicht erst zu markten noch zu tauschen,
Kann sich nach Lust in Lieb und Wein berauschen.
Will man Metall: ein Wechsler ist bereit,
Und fehlt es da, so gräbt man eine Zeit.
Pokal und Kette wird verauktioniert,
Und das Papier, sogleich amortisiert,
Beschämt den Zweifler, der uns frech verhöhnt.
Man will nicht anders, ist daran gewöhnt.
So bleibt von nun an allen Kaiserlanden
An Kleinod, Gold, Papier genug vorhanden.

Gelächter, Applaus, Schulterklopfen!

So ging es weiter, jede Zecherin und jeder Zecher durfte sein oder ihr Loblied auf eine der zahlreichen guten Kandidatinnen oder Parteien anstimmen.

Schließlich fragten sie den einzigen komplett Nüchternen am Tisch, ein neunjähriges Kind: „… und wen würdest du wählen, liebes Kind?“

Wie aus der Pistole geschossen kam die Antwort des Jungen: „Die SPD natürlich! Die schenkt mir Schokolade und manchmal sogar einen roten Luftballon!“

Das lobt der hessische Hausfreund, beweist es doch die alte Weisheit: Das Hemd ist näher als der Rock. Schokolade macht Kinder froh, und ein Geschenk zur rechten Zeit bewirkt mehr als tausend gute Worte.

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Tata, Wahlarena: „Deutsche! Wählt Regierungspartei A oder Regierungspartei B!“

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Sep 122017
 

Ein gutes Vorbild waren im April 2017 in meinen Augen für uns Deutsche die Wahlsendungen zur französischen Präsidentschaftswahl des Senders France 2, des größten öffentlich-rechtlichen Senders eines unserer  46 europäischen Brudervölker. Alle 11 maßgeblichen Parteien erhielten für ihre Kandidaten in den Wahlarenen von France 2 gleich viel Sendezeit, sowohl die Parteien der Opposition wie auch die der Regierung  erhielten jeweils gleiche Chancen. Im direkten Elfkampf musste sich der Kandidat der Regierungspartei, Benoît HAMON, gegenüber anderen Kandidaten der etablierten Parteien, aber auch gegenüber zunächst einmal chancenlosen Außenseitern wie Artaud, Mélenchon, Macron, Poutou bewähren.

Wie furchtbar anders läuft es doch bei uns in Deutschland! Wie übel stößt mir das auf! Jetzt in den letzten Tagen des Bundestagswahlkampfes wird die amtierende Regierung auf nachgerade unerträgliche Weise bevorzugt. Warum sage ich dies?

Der Befund ist eindeutig: CDU und SPD, zwei der drei Regierungsparteien,  räumen in den Medien alles ab, was sie kriegen können, obwohl sie doch bei den letzten Bundestagswahlen zusammen nur etwas weniger als 60% der Wählerstimmen auf sich vereinigt haben. Die beiden Sendungen WAHLARENA der ARD sind der x-te Beweis dieses beklagenswerten Übelstandes.

Scheinbar aussichtslos zurückliegende Kandidaten wie etwa  Jean Lassalle, Nathalie Artaud, Jean-Luc-Mélenchon, Emmanuel Macron, Philippe Poutou hätten nach dem System der deutschen öffentlich-rechtlichen Medien nicht den Hauch einer Chance gehabt.   B. HAMON oder F. FILLON hätten mit hoher Wahrscheinlichkeit die Wahl gewonnen, wenn es in Frankreich so zuginge wie bei uns. Die grundlegende Erneuerung der Regierung, der in der Demokratie unerlässliche Wechsel zwischen Regierung und Opposition, vor allem aber die zwingend gebotene Weitergabe der Verantwortung an die jüngere Politikergeneration wäre in Frankreich ebenso wenig eingetreten wie er bei uns in Deutschland eintreten wird.

Obwohl es um eine Bundestagswahl geht, werden die Spitzenkandidaten von zwei der drei Regierungsparteien auf eine absurde, eine grelle Weise ins Rampenlicht gestellt, als gölte es, den Bundeskanzler direkt zu wählen. Die anderen größeren Parteien – also LINKE, Grüne, AFD, CSU, FDP – werden mit den restlichen Sandkastensendungen, mit kümmerlichen Randformaten abgespeist. Das ist der parlamentarischen Demokratie abträglich, es ist ihr schädlich. Denn wir gemeinen Bürger werden doch am 24. September einen Bundestag wählen, nicht den Bundeskanzler. Warum werden SPD/CDU, also die Regierung, auf so verzerrende Weise bevorteilt?

Der Anteil von CDU/SPD an allen abgegebenen Stimmen wird am 24. September wahrscheinlich wie schon in den vorangegangenen Wahlen weiter fallen, warum also sollten nicht die Spitzenkandidaten der anderen größeren und der kleineren Parteien – z.B. FDP/Linke/AFD/CSU/Grüne –  mindestens eine gleich große, faire Chance auf angemessene Selbstdarstellung erhalten, und zwar im direkten Mehrkampf auf Augenhöhe mit den Spitzenkandidaten der Regierungsparteien CDU/SPD?

Warum erhält nur die amtierende Regierung das ungeheure, unverdiente Privileg, ihre beiden Kandidaten in den mit dem Geld aller Bürger finanzierten Sendeanstalten ausführlichst und von allen Seiten beleuchten zu dürfen? Das ist meines Erachtens ungerecht, manipulativ, schädlich für die Demokratie. Es drückt eine Missachtung des Bundestages aus – es wertet den Bundestag noch weiter ab, als er ohnehin schon abgewertet ist, eine Gefahr, vor der kürzlich völlig zu recht in ihren höchst nachlesenswerten Abschiedsreden die Bundestagsabgeordneten N. LAMMERT und E. STEINBACH gewarnt haben!

Es entsteht von vornherein das Bild: „Ihr Deutschen könnt wählen zwischen Regierungspartei A und Regierungspartei B.“ Das darf doch nicht sein! Wenn es heißt: Wähle die Kandidatin X der Regierungspartei A oder die Kandidatin Y der Regierungspartei B, dann ist dies ein weiterer Schritt zur Aushöhlung der Demokratie.

Ach hätten wir doch wenigstens einen Sender wie France 2 auch in Deutschland! Uns brauchte um den Zustand der parlamentarischen Demokratie nicht bange zu sein.

Im übrigen glaube ich vorhersagen zu können: Der Gesamtanteil der für die SPD/CDU abgegebenen Stimmen soll, muss und wird weiter fallen, der Anteil der für LINKE/CSU/GRÜNE/AFD/FDP/ und die anderen Parteien abgegebenen  Stimmen wird und soll zunehmen.

Wen wird es wundern?

http://daserste.ndr.de/wahlarena/index.html

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Bitte einen echten Fünfkampf!

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Sep 042017
 

Kanzlerduell! Gestern sahen wir dieses harmonische Duett (nicht Duell) auf vier Fernsehkanälen. Es war eine von großem Einvernehmen geprägte Begegnung bekannter Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens.

Nun steht heute Abend gleich ein richtiger Fünfkampf auf dem Programm!  Möge es kein harmonisches Quintett werden, sondern ein echter Fünfkampf … gewissermaßen ein Quintell! Sahra Wagenknecht, Cem Özdemir, Joachim Herrmann, Christian Lindner und Alice Weidel werden sich hoffentlich nichts schenken!

ARD, 20.15 Uhr!

Ein paar Fragen zum Thema Europa für den heutigen Wahlabend der fünf hätten wir da, diesmal aus dem Bereich Wirtschaft und Währungspolitik:

Sachstand:
a) Wie schon seit vielen Jahren weist die Eurozone (Euro-19) auch derzeit weiterhin konstant eine viel höhere Arbeitslosigkeit als der Größe nach vergleichbare Wirtschaftsräume (USA, China) auf.
b) Der Wirtschafts- und Währungsraum der 19 Euro-Länder (Eurozone) weist ein deutlich niedrigeres Wachstum und eine deutlich höhere Arbeitslosigkeit als die EU außerhalb der Eurozone (z.B. Schweden, Polen) auf.

Frage an die Kandidaten der  Linken, Grüne/B’90, CSU, FDP, AfD:
Was bedeutet diese außerordentliche Schwäche des Euro-Raumes für die EU,  für die Euro-Zone insgesamt und für Deutschland im besonderen?

Wie erklären Sie das?

Wollen Sie, dass die Eurozone weiterhin deutlich schwächer bleibt als andere vergleichbare Wirtschaftsräume und dem Rest der Welt hinterherhinkt?

Sie sind doch überzeugte Europäer, oder etwa nicht? Wollen Sie diesen beschriebenen Zustand ändern, wenn  Sie in den Bundestag kommen? Falls ja, wie?

Belegzahlen:

USA:
Arbeitslosenquote (Juli 2017) 4,3%
Wachstumsrate BIP (Q2 2017) +2,1

China:
Arbeitslosenquote (2. Quartal 2017) 4,0%
Wachstumsrate BIP (Q2 2017) + 6,9

Eurozone:
Arbeitslosenquote (Juni 2017) 9,1%
Wachstumsrate BIP (Q2 2017) + 2,2

Tschechien (als ein Nicht-Euro-Land zum Vergleich):
Arbeitslosenquote (Juni 2017) 2,9%
Wachstumsrate BIP (Q1 2017) + 4,0

Quelle:
„Economic and financial indicators“, in: The Economist, August 26th-September 1st 2017, p. 76

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„Lies keine oden mein sohn, lies die fahrpläne:

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Jan 192016
 

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… die sind genauer!“ So Hans Magnus Enzensberger in seinem berühmten Gedicht „Ins Lesebuch für die Oberstufe“ des Jahres 1957.

Heute sagen wir:

Lies keine Lyrik aus uralten Zeiten,
kuck keine Talkshows über die Wirtschafts- und Währungsunion,
und all die bösen Rechtspopulisten.
Sitz nicht mit zu Gericht,
wenn aus Schönebergs Gasometer gesendet wird.
Mach dir dein eigenes Bild.
Hör nicht auf Weißwäscher und Schwarzmaler,
lass dich nicht in Glaubenskriege hineintreiben,
o besorgter Bürger,
lies die Wirtschafts- und Finanzdaten:
die sind genauer.

Überprüfe erneut, o Sohn, den Befund,
den wir erhärteten schon vor Monaten:
Arbeitslosenquoten, die Wachstumsraten
vergleichbarer Wirtschafts- und Währungsräume,
o ihr Indikatoren der Stimmung!
O ihr untrüglichen Witterungszeichen!
Was nennet ihr uns,
Was sagt ihr uns heute an?

USA:
Arbeitslosenquote (Dezember) 5,0%
Wachstumsrate BIP (2015) +2,5

China:
Arbeitslosenquote (3. Quartal 2015) 4,1%
Wachstumsrate BIP (2015) + 6,9

Eurozone:
Arbeitslosenquote (November) 10,5%
Wachstumsrate BIP (2015) + 1,5

Schweden (als Nicht-Euro-Land zum Vergleich)
Arbeitslosenquote (November) 6,2%
Wachstumsrate BIP (2015) + 3,2

Resultat:
Wie schon seit Jahren weist die Eurozone (Euro-19) aktuell weiterhin ein deutlich schlechteres gesamtwirtschaftliches Bild und eine signifikant höhere Arbeitslosigkeit als der Größe nach vergleichbare Wirtschaftsräume (USA, China) auf.

Der Wirtschafts- und Währungsraum der 19 Euro-Länder wiederum weist ein deutlich niedrigeres Wachstum und eine deutlich höhere Arbeitslosigkeit als die EU außerhalb der Eurozone (z.B. Schweden, Polen, Großbritannien) auf.

Lies es genau, bedenke dies, o Sohn!
Was bedeutet das für dich und deine Zukunft?
Wie erklärst du dir das?
Überlege: Stimmst du der Aussage zu: „Der Euro sichert unseren Wohlstand!“?

Quelle:
„Economic and financial indicators“, in: The Economist, volume 418, number 8972, January 16th-22nd 2016, p. 89
Bild:
Ein Schneemann vom heutigen Tage, vor dem Gasometer in Schöneberg

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„Im Zweifel für die Freiheit“ – Das Freiheitsethos Willy Brandts

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Dez 182013
 

2013-12-20 16.30.33

Am heutigen 18. Dezember, dem 100. Geburtstag Willy Brandts, gelte unsere Besinnung dem Titel eines ihm gewidmeten Theaterstückes: „Im Zweifel für die Freiheit“.

„Freiheit kommt vor Einheit der Deutschen: im Zweifel für die Freiheit“. Das war eine unerschütterliche Grundüberzeugung Willy Brandts. Deshalb lehnte er kategorisch alle Verlockungen der sowjetischen Seite ab, wonach eine rasche Wiedervereinigung Deutschlands um den Preis der Unfreiheit erreichbar gewesen wäre. Die berühmte „Stalin-Note“ vom 10. März 1952 lehnte er ebenso wie zuvor die Zwangsvereinigung von KPD und SPD und später den Mauerbau und den Schießbefehl ab.

Willy Brandt war nicht nur ein unerschrockener Antinationalsozialist, der 1936 bei einem Aufenthalt in Berlin für diese Überzeugung Leib und Leben aufs Spiel setzte, er wurde auch nach der Befreiung Europas vom Nationalsozialismus zu einem unerschütterlichen Antikommunisten, der aus seiner tiefen Abneigung gegen das Unrecht des SED-Regimes nie den geringsten Hehl machte. Europa würde erst dann frei sein, wenn nach dem Nationalsozialismus auch der politische Kommunismus als Bewegung in Europa gescheitert wäre, wenn also die Mauer fallen würde, wenn die Herrschaft des Sowjetkommunismus über Körper und Seelen der Menschen ein Ende finden würde. Brandt erkannte: Der Nationalsozialismus war besiegt, die Freiheit war nicht in ganz Deutschland, nicht in ganz Europa eingekehrt.

„Man kann heute nicht Demokrat sein, ohne Antikommunist zu sein.“ Willy Brandt legte dieses Bekenntnis ab. Er war oder wurde also nach 1945 zweifellos einer jener berüchtigten Antikommunisten, die Jean-Paul Sartre wenig schmeichelhaft mit folgenden berühmten Worten kennzeichnete: „Tout anticommuniste est un chien – Jeder Antikommunist ist ein Hund.“

FREIHEIT – ein Wert, der im heutigen tagespolitischen Betrieb im Gegensatz zu Willy Brandts Zeiten keine Rolle spielt! An die Stelle des Freiheitsethos im Sinne eines Willy Brandt tritt nunmehr das Wohlstandsmehrungsethos. „Stabilität und nachhaltiges Wachstum“ werden zur Richtschnur des Erfolges, wie es im Koalitionsvertrag der gestern vereidigten Bundesregierung, der wir von dieser Stelle aus Glück, Erfolg und klugen Ratschluss wünschen,  heißt. Die Mehrung und Sicherung des materiellen Wohlergehens, die Vereinheitlichung und Standardisierung der materiellen, kulturellen und juristischen Umstände in allen 28 EU-Ländern, die Steuerung der Wirtschaft und der Gesellschaft durch die überlegenen Einsichten der Politikerinnen und Politiker in das, was „gut und gerecht“ ist, sind die Leitplanken, die die Politiker setzen.

„Freiheit kommt vor Einheit.“ Die zentrale Rolle, die für Willy Brandt, aber auch für Theodor Heuss und Konrad Adenauer das Bekenntnis zur Freiheit hatte, wird ersetzt durch das Bekenntnis zur Einheit des EU-Binnenmarktes, die wiederum ihren herausragenden Ausdruck im leidenschaftlichen Bekenntnis zum Symbol und Unterpfand der europäischen Einheit findet, nämlich dem Euro. Der Euro als „starke und stabile Währung“ ist die Werteklammer, die Europa zusammenhält. Er gilt als „zentrale Voraussetzung“ für die Einheit des Kontinents. Daraus macht der Koalitionsvertrag keinen Hehl. Er sagt es sogar ausdrücklich.

Um so begrüßenswerter ist es, dass auf der Bühne und in Bibliotheken die Stimme Willy Brandts noch gehört werden darf.
http://www.willy100.de/

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„Wir wollen EU-Vorgaben eins zu eins umsetzen“, oder: Von der blinden Selbstunterwerfung der deutschen Spitzenpolitiker unter die EU

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Dez 172013
 

Vorgaben der EU wollen wir 1 zu 1 umsetzen!“ So steht es im feierlich unterzeichneten Koalitionsvertrag von CDU/SPD (S. 15)! Brave, gute, fleißige Schulkinder sind die Spitzenpolitiker von CDU und SPD!

Ich würde eher so sagen: Demokratisch gewählte Politiker der EU-Staaten sollen sinngemäß (nicht 1 zu 1, das geht ja gar nicht) die Vorgaben ihrer Wähler, also des Volkes umsetzen, nicht die der EU! Die CDU/SPD-Koalition ist dem Wahlvolk, also dem deutschen Volk verpflichtet, nicht der EU. Und wenige Tage vor der Vereidigung kündigt die EU eine Klage gegen Deutschland wegen eines zentralen Wahlversprechens von CDU und SPD an. Super spannende Kiste das!

„Das EEG steht vor dem Aus“, schrieb die SZ vor wenigen Tagen auf Seite 1. Das beut die Frage: Steht die gesamte deutsche Energiewende vor dem Aus? Das wiederum beut die Frage: Steht die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie vor dem Aus?

Die famose deutsche, allzu deutsche, ja geradezu alldeutsche Energiewende ist ein nationales bzw. nationalistisches deutsches Politik-Eliten-Projekt, nicht im geringsten abgestimmt mit den EU-„Partnern“ und mit der deutschen Industrie! Und sie war zentrales Wahlkampfthema für SPD und CDU. Das wird den braven fleißigen Schulkindern jetzt praktisch am ersten Regierungstag von der EU zerschossen.

Tschechien und UK bauen munter AKWs, teilweise mit chinesischem Geld. Hört hört! Die Chinesen bauen neue AKWS in Großbritannien (der Guardian berichtete), und die Deutschen werden wegen ihrer Windparks und Solardächer vor den EU-Kadi gezerrt. Irre. BITTE AUFWACHEN! Wie soll die EU so funktionieren? Das sind Zustände wie im Spätmittelalter, Zustände wie im Kreuzberg der Jetztzeit. So wie sich in Berlin die Bezirksbürgermeisterin mit dem Berliner Innensenator anlegt, so legt sich jetzt die EU-Kommission mit der Bundesregierung an. Die unterschiedlichen Ebenen der Exekutive geraten sich verstärkt in die Haare, weil die gesamte Souveränitätsproblematik zwischen EU und Nationalstaaten ungelöst ist.

Im Gange ist ein „trasformismo europeo“, also eine schleichende Unterhöhlung, Aushöhlung der Souveränitätsrechte der demokratisch gewählten Regierungen der EU-Länder.   Ich warne vor ihm, ich bin gegen diesen „trasformismo europeo“.

Am schärfsten bekämpfe ich aber die blinde Selbstunterwerfung der deutschen Spitzenpolitiker unter die EU, wie sie sich eben beispielhaft in dem oben zitierten Satz ausdrückt.  Werdet sehend!
http://www.welt.de/wirtschaft/article123002983/Deutsche-Politiker-greifen-Kommission-frontal-an.html

 Posted by at 10:33

Freiheit oder Wohlstand – was ist das Wichtigste?

 Bundestagswahlen, Europäische Union, Freiheit, Konservativ, Rechtsordnung, Staatlichkeit, Tugend, Vorbildlichkeit  Kommentare deaktiviert für Freiheit oder Wohlstand – was ist das Wichtigste?
Dez 082013
 

Brandt Freiheit 2013-12-07 10.39.10

„Die Freiheit ist das Wichtigste“ – ein sehr mutiges Wort, das mich gestern ansprang, als ich die Stresemannstraße entlangschlenderte. Geprägt hat es ein Mann, dessen politisches Denken heute fast völlig vergessen ist – Willy Brandt. In der Tat – Freiheit ist ein zentraler Wertbegriff, der Europas kulturelle Vielfalt seit den Perserkriegen deutlich von benachbarten Machträumen unterscheidet, etwa von den östlichen Großreichen, ob sie nun Persisches Reich, Osmanisches Reich oder Sowjetunion hießen.

Genau genommen – ich war begeistert von Willy Brandt, und auch von der Buchhandlung im Willy-Brandt-Haus. Denn soeben hatte ich den Koalitionsvertrag der beiden Parteien CDU/SPD gelesen, in dem die Freiheit nur eine sehr untergeordnete, ja stiefmütterliche Rolle einnimmt. Die Leitwerte der heutigen bundesdeutschen Politik sind – ausweislich des CDU-SPD-Koalitionsvertrages – vor allem die Sicherung und die Mehrung des Wohlstandes, ferner Stärkung der Wirtschaft durch den Staat, bessere Betreuung von Menschen aller Altersstufen durch den Staat, Umbau der Gesellschaft durch den Staat zugunsten von stärkerer Wirtschaftsgerechtigkeit des Menschen, Abbau der traditionellen Rollenverhältnisse durch den Staat, Anpassung von Unterschieden zwischen Müttern und Vätern, zwischen Jungen und Mädchen durch die Politik. In allen Politikfeldern „weiß die Politik es besser“ als das Volk.

Was beispielsweise Kinder wollen und was Kinder brauchen, wird nicht gefragt. Was die Alten wollen und die Alten brauchen, wird nicht gefragt. Was Mütter wollen und  brauchen, wird nicht mehr gefragt. Sie sollen dem Arbeitsmarkt möglichst uneingeschränkt zur Verfügung stehen.

Der Koalitionsvertrag übernimmt das Heft des mütterlichen und väterlichen Handelns. Er legt die Geschicke der Gesellschaft erneut in die Hände einer kleinen, sich weitgehend aus sich selbst rekrutierenden Kaste an Politikerinnen und Politikern. Gegen diese große Koalition ist nicht mehr anzukommen. Jeder, der sich hauptsächlich für Freiheit, für Rechtsstaatlichkeit, Demokratie, also für Selbstbeschränkung der Politik einsetzt, für eine Verschlankung der Politik einsetzt, wird abgebügelt. Er kommt gar nicht mehr in die Positionen oder in die Parlamente hinein.

Freiheit als zentraler Leitwert politischen Handelns ist in Deutschland nicht mehr gefragt. Es gibt nur wenige, die dies erkannt habe, etwa ein Kreuzberger Bundespolitiker, wenn er fordert, seine Partei müsse wieder eine „Partei der Freiheit“ werden. Er scheint erkannt zu haben, dass zentrale zeitüberdauernde, also „wertkonservative“ europäische  Werte – eben Vorrang der Freiheit vor der Versorgung durch den Staat, Vorrang der Familie vor der Politik, Vorrang der persönlichen vor der staatlichen Verantwortung – angesichts der überschäumenden Phantasien der neuen Biopolitik zu unterliegen drohen.

Die Freiheit von staatlicher Umgestaltung der Gesellschaft durch die Politik ist kein Wert mehr.  Nein, die Politik dringt in immer mehr Bereiche der Lebensgestaltung ein.

Für einen Willy Brandt, einen Theodor Heuß oder einen Konrad Adenauer hingegen stand die Freiheit ganz oben. Freiheit von staatlichem Zwang und staatlicher Betreuung. Und für den staatlichen Zwang standen eben nicht nur Hitler und seine Kumpane, sondern auch Wilhelm Pieck und seine Kumpane, Klement Gottwald und seine Kumpane, Stalin und seine Kumpane, Walter Ulbricht, Mátyás Rákosi und alle die anderen Machthaber, die auf Geheiß der Sowjetunion den Bereich staatlichen Bestimmens  tief bis in die Familien und die private Lebensführung hinein erstreckten.

Der Buchhandlung im Willy-Brandt-Haus gebührt Dank und Respekt, dass sie ein so unzeitgemäßes Freiheits-Wort wie das Willy Brandts offen auszustellen wagt. Sie setzt sich dadurch dem Vorwurf des Rechtspopulismus aus. Egal. Dann sei es so. Ich werde meine nächsten Bücher bei der Willy-Brandt-Buchhandlung bestellen.

 Posted by at 22:50

„Tous ruinés dans dix ans?“ „Sind die Euro-Staaten in 10 Jahren alle bankrott?“

 Bundestagswahlen, Deutschstunde, Ordoliberalismus  Kommentare deaktiviert für „Tous ruinés dans dix ans?“ „Sind die Euro-Staaten in 10 Jahren alle bankrott?“
Sep 042013
 
2013-09-01 14.41.22
Der leicht zum Schmollen aufgelegte Kreuzberger (siehe Bild!) schmökert noch einmal genüsslich in Jacques Attalis spannendem Buch „Tous ruinés dans dix ans?“, erschienen im Jahr 2010, das ihn damals stark in seinen volkswirtschaftlichen Analysen mitprägte.  Zahlreiche Entwicklungen hat Attali zutreffend vorausgesagt; er erwartete damals, im Jahr 2010, stark ansteigende Spannungen innerhalb des Euro-Währungsverbundes; er entwarf auch ein mögliches düsteres Szenario, das etwa 2020 zum Auseinanderbrechen des Euro-Verbundes führen werde, und zwar wegen der auf Dauer nicht beherrschbaren Staatsverschuldung, die von den starken EU-Volkswirtschaften allein (bsd. Deutschland) nicht mehr geschultert werden könne (Le scénario du pire, Kapitel 6).
Staaten, so führt Attali aus,  verschulden sich seit Menschengedenken namens ihrer Souveränität im Bewusstsein ihrer „Ewigkeit“; sie glauben nicht daran, dass sie je scheitern könnten. Und doch gab es in Europa viele Staatsbankrotte, ausgelöst durch Überschuldung, Verschwendung, Misswirtschaft, Kriege und Eroberungen. Ein Beispiel: „Le 10 décembre 1893, le Premier ministre grec annonce, après cinquante ans de surendettement, le défaut de son pays“ – Staatsbankrott Griechenlands am 10.12.1893 (S. 82).
Die Staatsverschuldung ist in der Tat seit 2001  im Großen und Ganzen in den Industrieländern weiter angestiegen, sogar in Deutschland, das mehr Steuern einnimmt als je zuvor.
Super spannend find ich folgendes: Attali nimmt das Modell der sozialen Marktwirtschaft eines Ludwig Erhard/Konrad Adenauer in dessen Eigenart nicht zur Kenntnis – und Attali gleicht darin fast aufs Haar der heutigen Jakob-Kaiser-Angela-Merkel-CDU! Die ordoliberale Freiburger  Schule ist ihm offensichtlich unbekannt, er zitiert keinen einzigen deutschen Volkswirtschaftler. Sein Literaturverzeichnis bringt nur französische und englischsprachige Autoren! Ludwig Erhard wird nirgends erwähnt.
Die Frage drängt sich auf: War denn die alte Bundesrepublik Deutschland vor 2001 so schlecht, dass sie nun im Zeichen des Euro ihr ganzes Erfolgsmodell, das von 1948 bis 2001 höchst belastbar war, sang- und klanglos dem Euro opfert? Dazu findet im Bundestagswahlkampf keine richtige Debatte statt. Warum eigentlich?
Attali schlägt als Lösung – wie etwa die deutschen Grünen – die Vergemeinschaftung aller Staatschulden und die Ausgabe von Eurobonds vor, kombiniert mit einer starken zentralen Bankenaufsicht. Gerade heute verlangt in eben diesem Sinne EZB-Direktor Asmussen die zentrale Oberaufsicht der EU über alle Banken.
Das würde bedeuten, dass eine zentralistische europäische Instanz über Wohl und Wehe, über Sein oder Nichtsein jeder einzelnen Bank entscheiden darf – nicht der Markt, nicht die Eigner und schon gar nicht die einzelnen Staaten! Das ist Über-Staatswirtschaft, das ist ein weiterer Schritt zur EU-Planwirtschaft! Jeder kann sich ausmalen, was das etwa für die deutschen Sparkassen und Raiffeisenbanken bedeuten würde!
Von finanzpolitischer Subsidiarität, von Föderalismus ist in Europa kaum mehr die Rede. Wundern sollte uns das nicht. Weil halt leider niemand mehr Deutsch lernt. Das Deutsche hat furchtbar schlechte Karten in der EU – obwohl es die am häufigsten gesprochene Muttersprache der EU ist. Selbst  Bundespräsident Gauck hat ja in seiner Europa-Rede am 22. Februar 2013 vorgeschlagen, das Deutsche zugunsten des Englischen ganz aus dem zwischenstaatlichen Verkehr der europäischen Länder zu ziehen.
Das völlige Verleugnen der guten deutschen Traditionen, die Selbstaufgabe der Mutter- und Wissenschaftssprache  eines Goethe, Albert Einstein, Franz Kafka, Hannah Arendt, Heinrich Heine, Rainer Maria Rilke, Karl Marx, Ludwig Erhard, Sigmund Freud, Ursula Goetze (ehem. Kreuzberg, Hornstraße 3) oder Immanuel Kant zugunsten des Englischen und allenfalls noch des Französischen, die Selbstaufgabe der sozialen Marktwirtschaft und der ordoliberalen Schule der Volkswirtschaft durch uns Deutsche selbst, diese Preisgabe der guten deutschen Traditionen sogar durch die aktuelle Bundesregierung unter Bundeskanzlerin Merkel und sogar durch den Bundespräsidenten Gauck finde ich unendlich traurig, ja niederschmetternd. Traurig finde ich den unnötigen Verzicht auf die deutsche Sprache, traurig das hinterrücks durchgesetzte Aufgeben der staatlichen Souveränität der Bundesrepublik Deutschland zugunsten eines Währungs- und Machtverbundes, der selber bisher keinerlei legitime Staatlichkeit für sich beanspruchen darf. Wir Bürger sind dazu nicht gefragt worden! Das ist nicht die Freiheit, die wir meinen!
Traurig ist auch, dass die volkswirtschaftliche Debatte in den Euro-Ländern, ja sogar in den eigentlich benachbarten Ländern  Deutschland und Frankreich so komplett unterschiedlich verläuft. Das kluge, profunde Buch von Attali ist ebenso ein Beleg dafür wie die durchweg national – nicht europäisch – gesonnenen Verlautbarungen des Spitzenpersonals in Ländern wie Frankreich oder Italien. Es lohnt sich, die volkswirtschaftliche Literatur in den anderen Sprachen der EU zu lesen! Damit die Länder der EU nicht so komplett aneinander vorbeireden wie bisher, hélas!
Buchtipp:
Jacques Attali: Tous ruinés dans dix ans? Dette publique: la dernière chance. Paris, Fayard 2010
Bild: ein schmollender Kreuzberger, Aufnahme vom Park am Gleisdreieck, bei der Halfpipe, 01. September 2013
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Brava bravissima!

 Bundestagswahlen  Kommentare deaktiviert für Brava bravissima!
Sep 022013
 
Merkelianer 2013-08-23 10.45.41
Brava, bravissima, verehrte Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel! Alle sind Merkelianer. Grandiose, großartige Merkel gestern im Kanzlerduell auf den vier wichtigsten Kanälen. Sie steckt sie alle in die Tasche. Sie schlägt auch den Raab, aber so was von locker. Man muss es ihr glauben: „Der Euro sichert unseren (=den deutschen) Wohlstand.“ Zentrales, erneuertes, gleichsam religiöses  Glaubensbekenntnis Angela Merkels zum Euro im Kanzler-Duell! Und das nach 6 Quartalen Wirtschaftsrückgang in der EU unter dem Euro, deutlich verschlechterter Gesamtlage der EU seit der Euro-Einführung, massiver Arbeits- und  Jugendarbeitslosigkeit in GR, IT, ES unter dem Euro, weiter bestehender  Rezession in den Schuldnerstaaten des Südens, durch die Decke schießender Staatsverschuldung der Euro-Staaten einschließlich Deutschlands.  Erkennt es, oh Merkelianerinnen aller Parteien. Believe me:  Der planmäßig gelenkte und lenkende Euro (nicht die Freiheit, nicht die Marktwirtschaft) ist das unerschütterliche Fundament von Merkels Europa-Politik. In aller Klarheit hat sie es erneut im Kanzler-Duell bekräftigt.  Merkel toppt sie alle, steckt sie alle in die Tasche! Eurofromme Merkel, merkelfromme Medien! Winzige Einschränkung: Schwache, allerschwächste Vorstellung der vier  merkelfrommen Journalisten. Sie hätten unbedingt bei Merkels quasi-religiösem Glaubensbekenntnis zum Euro als der „Sicherung unseres Wohlstandes“ einhaken müssen. So aber – sind sie halt alle durch die Bank einfach nur euro- und merkelfromm. Auch Stefan Raab. Schade, Stefan. Mensch, Stefan, alter Komiker, alter Schwede,  was ist mit dir los!? Grandios auch Merkels Bekenntnis zur Agenda 2010 und zu den nötigen Sozialreformen! Schröder (SPD) beschritt den bitteren Weg der nötigen Reformen, er bezahlte bitter dafür. Mein persönliches Fazit: Brava, bravissima, Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel!
Bild: … und noch 2 weitere überzeugte Euroretter, die Direktkandidaten im Bundestagswahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg / Prenzlauer Berg Ost:
Götz Müller, CDU
Hans-Christian Ströbele, Die Grünen/Bündnis 90
Aufnahme von der Stresemannstraße, 23.08.2013
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Aug 242013
 

2013-08-23 09.13.54

Weitgehend vergessen ist heute bei den Deutschen die Zeit von 1945-1949. Dabei liegt sie uns zeitlich und inhaltlich sogar näher als die immergleiche Erinnerungsmühlenlandschaft, die eifrig Mythen und Riten um die Jahre 1933-1945 spinnt!  Die noch heute bestehende Bundesrepublik wurde in allen wesentlichen Zügen damals, in den Jahren 1945-1949, geschaffen. Zwar wird derzeit versucht, die Bundesrepublik Deutschland in einem übergeordneten Machtverband – genannt EU – aufgehen zu lassen, aber noch gilt im wesentlichen das Grundgesetz des Jahres 1949, das freilich durch die EU-Gesetzgebung  zunehmend ausgehöhlt wird.

Man müsste heute eigentlich mehr über die großen Politiker Konrad Adenauer und Theodor Heuß, über Kurt Schumacher und Jakob Kaiser sprechen – und bitte bitte (!) ein bisschen weniger über den Verbrecher Hitler, den Verbrecher Göbbels und den Verbrecher Göring.

Denn damals, in den Jahren 1945-1949 wurde in Europa eine intensive Debatte über Themen geführt, die auch heute die europäische Agenda bestimmen:

Marktwirtschaft oder Planwirtschaft?
Sozialisierung der Schulden durch Vergemeinschaftung und Kollektivierung?
Enteignung der Bessergestellten und Umverteilung des enteigneten Hab und Guts an die ärmeren Schichten?
Zwangssparen oder freies Spiel der Kräfte?
Staatliche Preisbindung oder freier Markt?
Wohnraumbewirtschaftung oder Förderung der Schaffung neuen Wohnraums?

Es geht heute sowohl in Deutschland wie auch in der EU um Stärkung der zentralistischen Steuerung, um eine Verdrängung der Markwirtschaft. Die frischgekürte Grünen-Spitzenkandidatin Göring-Eckardt  hat dies erkannt, denn sie bezeichnete gleich nach ihrer Ausrufung als Spitzenkandidatin die von der CDU und den Grünen betriebene  Energiewende recht forsch – aber zutreffend – als Planwirtschaft, die man aus der DDR kenne. Damit trifft sie sicherlich ins Schwarze, oder besser gesagt ins Schwarzgrüne. Ist doch  ’ne super spannende Ansage, die Göring-Eckardt da gemacht hat! Das hinter den Kulissen eifrig angedachte und vorbereitete schwarz-grüne Bündnis gewinnt so bereits jetzt Konturen.

http://www.welt.de/politik/deutschland/article111222807/Goering-Eckardt-wirft-der-Union-Planwirtschaft-vor.html

Göring-Eckardt und die Grünen haben recht: Ohne ein gerüttelt Maß an zentralistischer Planwirtschaft ist die Energiewende nicht machbar, ist aber auch der Euro nicht zu retten. Die gegenwärtige Euro-Zwangsbewirtschaftung Griechenlands muss man als zentralistisches Zwangssparen bezeichnen. Nur durch Einschnitte bei den privaten Haushalten kann die griechische Volkswirtschaft vorübergehend den täuschenden Anschein erwecken, sie könnte die Sparauflagen der Geldgeber erfüllen. Nutznießer der bisher über 230 Mrd. Rettungsmilliarden sind die Banken. Denn die Griechenland-Rettungsmilliarden fließen den international agierenden Banken zu, die u.a. riesige Kredite für Rüstungsgüter ausgereicht haben.

Meldung Tagesspiegel: „Von den bisher bewilligten 207 Hilfsmilliarden flossen nur 15 Milliarden in den Staatshaushalt. Doch auch von diesen Krediten kam nur ein kleiner Teil den Menschen zugute; sie ermöglichten es dem Staat, Leistungen wie die Arbeitslosenhilfe aufrechtzuerhalten. Ein Großteil des Geldes wurde benötigt, um Schulden bei Rüstungslieferanten zu begleichen.“

http://www.tagesspiegel.de/politik/griechenland-hilfe-das-falsche-wahlkampfthema/8679470.html

Und um die Schulden bei Rüstungslieferanten zu tilgen, nehmen die Griechen Einschnitte in der Daseinssicherung hin. Das ist Sparzwang oder auch Zwangssparen.

Was sagte die CDU im Jahr 1949 zu dieser Art des Zwangssparens? Lest selbst:

„Wir lehnen jede Form des Zwangssparens mit Entschiedenheit ab, da sie den Sparwillen im Keim erstickt. Das deutsche Volk hat mit dem Zwangssparen die schlechtesten Erfahrungen gemacht.  Künstliche Sparkapitalbildung durch staatliche Preisbindungen und durch Steuererhöhungen lehnen wir mit der gleichen Entschiedenheit ab, denn auf diese Weise spart der Staat zu Lasten der Allgemeinheit und die Staatsbürger kommen nicht in den Genuß des Sparens.“

Deutschland 1945-1949: Das war eine super spannende Zeit. Leider weithin vergessen.

Quelle:

Düsseldorfer Leitsätze der CDU/CSU vom 15. Juli 1949, zitiert nach:
Determinanten der westdeutschen Restauration 1945-1949. Autorenkollektiv: Ernst-Ulrich Huster, Gerhard Kraiker, Burkhard Scherer, Friedrich-Karl Schlotmann, Marianne Welteke. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1972. 7. Aufl. 1980, S. 429-450, hier S. 438
Foto: Die Türen des Bundesbundesfinanzministeriums stehen allen Bürgerinnen und Bürgern, stehen Jung und Alt  offen! Alle Bürgerinnen und Bürger sind willkommen. Keine Frage wird als nicht hilfreich abgetan. Kein Argument wird als „schädlich“ totgeschwiegen. Kommt, schaut, fragt, so wird euch geantwortet! Aufnahme von der Wilhelmstraße vom 23.08.2013

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Der Euro untergäbt das Vertrauen der Bürger in die EU

 Bundestagswahlen, Europäische Union  Kommentare deaktiviert für Der Euro untergäbt das Vertrauen der Bürger in die EU
Apr 262013
 

Die Bürger laufen der EU in Scharen davon. Das finde ich niederschmetternd, wenn auch erklärlich.

Schön, dass ausgerechnet das größte EU-Land, das den Euro nicht eingeführt hat, nämlich Polen, der EU noch am meisten Vertrauen entgegenbringt!  Eine neue Umfrage des Eurobarometers, eines Organs der Europäischen Kommission, zeigt: An der Gemeinschaftswährung Euro haftet kein Vertrauen. Ausgerechnet der Euro gilt bei den EU-Bürgern als entscheidender Quell des Misstrauens.

Ich meine: Man muss den Euro als pragmatische Frage sehen. Am Sinn der EU insgesamt werden kaum Zweifel geäußert – ganz im Gegenteil! Die Euro-Politik sät diese Zweifel an der EU insgesamt doch mehr als alles andere. Gerade diejenigen, die die Einheitswährung als sekundär, als prinzipiell verzichtbar betrachten, könnten schon in wenigen Monaten, etwa bei der Bundestagswahl, als die klügsten Befürworter und Stützer der Europäischen Union dastehen!

 

Einziger Lichtblick für EU-Anhänger dürfte Polen darstellen, da es hier mehr Menschen gibt, die der EU vertrauen, als solche, die ihr misstrauen. Und es geben immer noch 48 Prozent der polnischen Befragten an, der EU zu vertrauen. Allerdings waren das vor fünf Jahren noch 68 Prozent.

via Schuldenkrise : Die Europäer verlieren das Vertrauen in die EU – Nachrichten Politik – Ausland – DIE WELT.

 Posted by at 20:18