Tja, was wird hier in dieser bisher nie aufgeführten Oper eigentlich gespielt? Ich versuche mir die Handlung der Oper vor der Uraufführung der Berliner Operngruppe zurechtzulegen:
ATTO I
N.1 Introduzione
Volksfest in den Gärten Emessas (=Homs in Syrien). Bunt geschmückte erleuchtete Pavillons. Die Abendländer („Franchi) und die Muslime („Sarazenen“) überbieten sich in Höflichkeiten. Buntes Treiben, man tanzt, raucht, schmaust nach Herzenslust. Syrer, Hebräer, Armenier beider Geschlechter bezeugen so den interreligiösen Frieden, den Frieden unter Mann und Frau.
Scena I:
Nr. 1 Introduzione:
In ausgelassener Heiterkeit betreten Corboga, Ubaldo, Ugo, Garniero, Ridolfo, Guglielmo die Bühne, später auch Ildemaro, der sich vor lauter Müdigkeit abseits der anderen auf einem Hocker ausruht.
Die Männer preisen und rühmen den Frieden, freuen sich auf ein noch bombastischeres Friedens- und Versöhnungsfest in Alamut (Iran).
Corboga verkündet die unheilvolle Anwesenheit Dalindas in Alamut. Der Männerchor erschrickt und schmäht Dalinda, die Tochter des Alten vom Berge, als Ausbund an Bösartigkeit (Takt 105 ff.)
Ugo bietet an, die Geschichte Dalindas zu erzählen.
Ildemaro winkt ab und kündigt an, die Erzählung Ugos zu „verschlafen“.
Ugo erzählt: „Nach dem Friedensschluss zwischen Richard Löwenherz und Saladin herrscht eitel Freude zwischen dem Abendländer und dem Sarazenen, als Gipfel der Ehrerbietung wurde sogar eine Frau als Prämie verschenkt.“ Der Chor fällt ein: „Ja, wir erinnern uns daran – toller Erfolg!“ (Takt 140ff.). Ugo erzählt weiter: „Auf dem Rückweg tauchte mitten im Wald von Saron der König Konrad III. als bluttriefendes Gespenst auf und kündigt das weiterhin todbringende Wirken Dalindas an.“ „Auch er war ein Opfer [Dalindas]!“, stimmt der Chor ein (T. 166). „Aber nicht mit uns – nein – nein -nein!“
Vivace:
Die Kapelle lädt zum Tanz ein. Der Chor verwirft die düsteren Prophezeiungen als eitel Schreckgespenst: „Lasst uns fröhlich feiern, der Alte vom Berge, Rashid ad-Din Sinan, der fundamentalistische Hauptfeind des weisen Sultans Saladin hat ja dem Friedensvertrag zugestimmt, der kann uns mit seinen Satellitenkönigen nichts anhaben! Hurra, wir sind sicher vor den Dolchen der Daiden (Takt 200-430)“!
Alle außer Ildemaro verlassen die Szene, um sich in einem der Festzelte weiter zu vergnügen.
Nr. 2 Romanza, Duetto e Finale Primo
Scena II: Dalinda in armenischer Verkleidung betritt vorsichtig die Bühne in Begleitung eines Dais, der ebenfalls als Armenier gekleidet ist. Ildemaro schläft weiterhin. Sie schickt den Dai mit einer Handbewegung weg und nähert sich dem schlafenden Ritter, in wohlgefälliges Betrachten versunken. Corboga kehrt zurück.
Dalinda gerät singend in Entzückung beim Anblick des schlafenden Ildemaro. Dann bemerkt sie Corboga, der sie vor ihren überall lauernden Feinden warnt. Sie erwidert: „Wirklich, überall werde ich verachtet – könnte ich doch wenigstens offenbaren, dass Ildemaro mein Sohn ist. Dann vergäße ich in meinem Sohn alle Missetaten (jenes unwürdigen Erzeugers). Und jetzt lass mich allein!“ Corboga tritt ab.
Scena III: Dalinda und der schlafende Ildemaro. Während Dalinda sich dem Ritter nähert, bemerkt sie nicht, dass ihr Gemahl Acmet und Elmelik, ein Dai des Alten vom Berge, in täuschender Verkleidung maskiert ihr hinterherspionieren.
Dalinda besingt Ildemaro als Ausbund aller Wonnen und wünscht ihm alles nur erdenkliche Gute. „Möge er nicht dazu verleitet werden, mich zu verachten wie alle Welt sonst!“
Unterdessen befragt der in Eifersucht entbrannte Acmet den Dai Elmelik, wer der Liebhaber seiner Gemahlin sei, und fordert ihn auf, alle erdenklichen Beweise gegen sie zu sammeln, sie auzuspionieren und ihm Bericht zu erstatten.
Dalinda besingt noch einmal in höchsten Tönen und Koloraturen (mehrfaches hohes B!) ihre Liebe zu Ildemaro und schickt sich an abzutreten. Da kehrt sie noch einmal zurück und küsst zärtlich seine Hand. Dadurch erwacht Ildemaro. Auf den ersten Blick verliebt er sich in die ihm unbekannte Dame. In beiden erwacht stürmisch eine unnennbare Leidenschaft, die sie einander sofort eingestehen.
Doch warnt Ildemaro seine neue Liebe, es gebe da eine Objekt seiner Zuneigung, das er noch mehr liebe als sie – seine Mutter! „Liebe deine Mutter!“ erwidert Dalinda.
Larghetto. Ildemaro erzählt, er sei als Ziehsohn eines unedlen Fischers (Di pescator ignobile) herangewachsen, habe seine Mutter nie kennengelernt, nur ein Schreiben ihrer Hand sei ihm von einem unbekannten Krieger übergeben worden. Dieses Schreiben trage er stets an seiner Brust. „Meine Mutter schrieb mir, sie sei Opfer eines schrecklichen Unglücks geworden und bete jeden Tag für mich. Nur eines hat sie mir aufgetragen: Ich dürfe sie nie befragen, was ihr Name sei und woher sie stamme.“
Dalinda fällt ihm ins Wort: „Möge irgendwann doch deine Mutter dich an ihre Brust drücken.“
Aus den Festzelten treten plötzlich verschiedene Personen hervor, darunter Ugo mit seinen Freunden. Dann bilden sie ein dichtes Gedränge. „Da kommen Leute! Ich muss dich hier allein lassen…!“, verabschiedet sich Dalinda.
Scena V.
Ugo: „Ja, wen sehen wir denn da?“ Ildemaro hält Dalinda fest und bestürmt sie: „Hiergeblieben! Wer bist du? Sag es endlich!“
(Fortsetzung folgt)