Bald begrenzt, bald begreifend: ein Abend an der Krummen Lanke

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Sep. 192020
 

Es war ein schöner Abend im September jenes Jahres, die Sonne schien zwischen den Stämmen der Bäume mit ihrem letzten rötlichen Schimmer ins dunkle Grün der Krummen Lanke. Der unermüdliche Trommler aus Trinidad, der am Nordende jenes Sees Tag um Tag seine Steel Pan ungefragt erschallen lässt, hatte schon seinen monodischen Gesang eingestellt, und Schweigen zog endlich ein. Ich ahnte, dass sich jetzt ein neuer Vorhang auftun würde: der Vorhang der Nacht, des Verstummens. Jetzt war der richtige Augenblick, um ins kühle Wasser zu tauchen. Ich stieg beherzt in den See und vertraute mich dem andrängend-tragenden Element an.

Aus fernen Jugendtagen tönten nun, während ich mich auf den Rücken legte und den Kopf rundum eintauchte, wie vom Grunde des Sees jene Verse auf, die sich mir unauslöschlich bis zum heutigen Tage und darüber hinaus eingeprägt hatten:

ABEND

Der Abend wechselt langsam die Gewänder,
die ihm ein Rand von alten Bäumen hält;
du schaust: und von dir scheiden sich die Länder,
ein himmelfahrendes und eins, das fällt;

und lassen dich, zu keinem ganz gehörend,
nicht ganz so dunkel wie das Haus, das schweigt,
nicht ganz so sicher Ewiges beschwörend
wie das, was Stern wird jede Nacht und steigt;

und lassen dir (unsäglich zu entwirrn)
dein Leben, bang und riesenhaft und reifend,
so daß es, bald begrenzt und bald begreifend,
abwechselnd Stein in dir wird und Gestirn.

Bild: Am nördlichen Ufer der Krummen Lanke, 15. September 2020
Worte: Rainer Maria Rilke: ABEND, in: Das Buch der Bilder, in: Das dichterische Werk von Rainer Maria Rilke. Die Gedichte, die Prosa mit dem Roman „Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge“. Haffmans Verlag bei Zweitausendeins, 3. Aufl., Leipzig 2015, S. 437-515, hier S. 450

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Gelenke des Lichtes, Gänge, Treppen, Throne, Räume aus Wesen: Handels Messiah in der Philharmonie

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Jan. 282019
 

Licht, Gänge und Treppen im Kammermusiksaal der Berliner Philharmonie, gestern, 27.01.2019

Frühe Geglückte, ihr Verwöhnten der Schöpfung,
Höhenzüge, morgenrötliche Grate
aller Erschaffung, – Pollen der blühenden Gottheit,
Gelenke des Lichtes, Gänge, Treppen, Throne,
Räume aus Wesen, Schilde aus Wonne, Tumulte
stürmisch entzückten Gefühls und plötzlich, einzeln,
  Spiegel: die die entströmte eigene Schönheit
wiederschöpfen zurück in das eigene Antlitz.

Kurzes Verweilen, unschlüssiges Umhergehen vor dem Messiah Händels in den Gängen der Philharmonie. Ein paar Verse aus Rilkes zweiter Duineser Elegie kreuzen mein Gedächtnis. Der Saaldiener waltet seines Amtes und vertröstet uns auf „gleich geht die Tür auf.“ Scharouns Architektur hält uns gefangen, nein, sie führt uns wie Gefangene der Zeit umher in immer neue Licht-Gelenke, Gänge, Treppen, hin zu Klangerfahrungen, Hinlauschen in das, was dann sich gleich vor unseren Ohren abspielen wird. Nie war die Hoffnung auf Musik größer als vor dem Öffnen der Saaltüren, dort oben vor dem unsichtbaren Antlitz der Schönheit der Musik. Und so war es dann auch!

Der Messiah in der Aufführung durch den Berliner Figuralchor unter Gerhard Oppelt beschenkte uns mit einer so von keinem von uns so zuvor gehörten Schönheit, einer Schönheit, die der eines ungeborenen Kindes, eines in der Geburt befindlichen Kindes entspricht: nicht so laut wie gewöhnlich, mit mehr Falten, mit mehr Sichtbarkeit der Füßlein, fragileren Fingerchen, zarteren Klängen, herzzerreißenderem Schluchzen.

Ja, wir mussten schon hinhören, es war eine Schwebung in der Luft, eine ungleichschwebende Leichtigkeit, eine historische Stimmung, die mich an Kandinskys Zeichnung „schwebende Schwere“ erinnerte.

Der Dirgent Gerhard Oppelt war kein Herrscher und Lenker, sondern eher ein väterlicher Hirte, der mit Fingerzeigen lenkte, – feeding the choir, his flock, like a shepard, gathering the lambs, the soloists and players with his arms-. Elina Albach spannte an Cembalo und Orgel umsichtig, sich umsehend, klug sichernd und witternd die Gesangssolisten einerseits – Miriam Feuersinger, Stefan Kahle, Benedikt Kristjánsson, Jörg Gottschick – und das recht beträchtliche Basso-Continuo-Ensemble andererseits zusammen. Albach war in unserer kleinen, bunten, zum Frohsinn aufgelegten Hörergruppe die heimliche Favoritin des Ensembles.

Das Halleluja zu Ende des zweiten Teiles wurde somit überzeugend gedeutet als allmähliches Hineinwachsen in den Jubel, als Erlernen, Erproben, Ertasten der Freude einer Wiederkehr des Lebens, das uns schon vorher geschenkt war, ohne das wir es wussten.

Beeindruckend fand ich auch insbesondere das höchstpersönliche Zwiegespräch „If God be for us who can be against us“ zwischen dem Geiger Santiago de Medina und der Sopranistin Miriam Feuersinger. Hier entspann sich ein endloser Faden des gemeinsamen Werbens und Webens, des Weiterreichens und Zurückgebens, in völliger Gleichberechtigung, auf gemeinsamer Augen- und Ohrenhöhe. Einfach schön! Was soll man sonst noch sagen außer: einfach schön!

Bestrickend schön fand ich über alle Maßen das Amen zum Beschluss des Ganzen. Ein sehr einfacher Text, möchte man meinen. Ja, das ist der einfachste ungeschminkteste Wortlaut zum kompliziertesten, äußerst figurierten Satz des großartig aufgelegten Figuralchores. Und was bedeutet dieses Amen? Vielleicht dies: So sei es für wahr so sei es gewesen so werde es sein so möchte ich das glauben so bekräftigen wir das so beglaubigen wir das denn so war es und so wird es sein. Ja.

Stricke des Todes hielten uns gefangen, doch jetzt brachen auf Blicke des Lebens! Danke, danke, danke!

PS: Hat man diese Grundhaltung des Dankens und des Ja-Sagens in sich aufgesogen, wird sie auch den Alltag erhellen. So geschah es auch mir heute, denn soeben stand ich in nüchterner Montagsstimmung in einer langen Reihe von Käuferinnen beim TK Maxx umme Ecke an, um eine geräumige Sporttasche für verschwitzte Sportklamotten zu kaufen. Vor mir, hinter mir, führten die Käuferinnen Gespräche am Handy – vor mir in Russisch, hinter mir in Türkisch. Und was höre ich da, wieder und wieder? Ich höre zum Beschluss des Handy-Telefonats in türkischer Sprache genau dies:

sağolun … sağolun … sağolun … amen .. amen… amen. Tschüß!“

Zitat: Die zweite Elegie. In: Das dichterische Werk von Rainer Maria Rilke. Haffmanns Verlag bei Zweitausendeins. Leipzig 2015, S. 806-808, hier S. 806

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Siate uomini, non pecore matte: der Weckruf des Dante Alighieri

 Antideutsche Ideologie, Antifaschismus, Dante, Italienisches, Rilke, Selbsthaß, Was ist deutsch?  Kommentare deaktiviert für Siate uomini, non pecore matte: der Weckruf des Dante Alighieri
Jan. 092016
 

O mente che scrivesti ciò ch’io vidi!
O Geist, du hast geschrieben, was ich sah!

Wir hörten hier Vers 8 aus dem Gesang II von Dantes Unterwelt.

Als europäischen Dichter schlechthin bezeichneten wir in dieser gegenwärtigen, wühlend-verworrenen Lage Europas einmal Dante Alighieri (1265-1321). Warum ihn?

Er ist vermutlich derjenige europäische Dichter, der den umfassendsten Versuch unternommen hat, das gesamte historische, naturwissenschaftliche, mythologische und religiöse Wissen seiner Zeit in einem einzigen großen Werk einzufangen. Der Enyzklopädist unter den europäischen Dichtern ist er mehr als alle anderen, so wie Aristoteles und Hegel in einem ähnlichen Sinne die beiden großen Enzyklopädisten unter den europäischen Philosophen sein dürften.

Dante bedient sich dabei einer ungeheuren Fülle an Bildern, Geschichten, Verweisen, Zitaten, Umformulierungen: er spiegelt das gesamte damalige Weltwissen in Form eine Reise, die er in Ich-Form erzählt. Der italienische Komiker Roberto Benigni hat vor Jahren dem von seiner Vaterstadt Florenz ausgestoßenen, zum Tode verurteilten Dichter postum eine begeisterte Huldigung gewidmet und scheute dabei nicht davor zurück, den aus der toskanischen Heimatstadt vertriebenen Sohn als größten Dichter aller Sprachen und aller Literaturen überhaupt zu rühmen. Schaut es euch an:

12.000 Italienerinnen und Italiener lauschten Benigni hingerissen, als er den größten Dichter italienischer Zunge auf öffentlichem Platz zu Gehör brachte. „Dante ist unser – wir stehen zu Dante, unser Dante ist der größte aller Zeiten und aller Länder“, diese Botschaft kam bei den Italienern sehr gut an.

Man stelle sich nun einmal vor, ein verdienter deutscher Komiker, nach Rang und darstellerischem Können Roberto Benigni vergleichbar, wie etwa Harald Schmidt, Carolin Kebekus, Fatih Çevikkollu, Anke Engelke, Thomas Gottschalk, Bülent Ceylan oder Stefan Raab würden einen großen deutschen Dichter an einem riesigen Platz vor einem hingerissenen Publikum rühmen und preisen, auswendig vortragen und mit Leib und Seele für ihn kämpfen…!

Unvorstellbar, oder? Die Leute würden nur noch schenkelklopfend lachen, wenn sich einer öffentlich hinstellte und den alten Friedrich Hölderlin, den alten Heinrich Heine, den alten Johann Wolfgang Goethe, den alten Friedrich Schiller oder den alten Rainer Maria Rilke vortrüge… oder niemand würde hingehen.

Was in Florenz geschehen ist, wäre bei uns in Deutschland undenkbar.

Und das ist eben der riesige Unterschied zwischen uns Deutschen und anderen europäischen Völkern! Wir Deutschen haben ein abgründig negativ getöntes Grundverständnis der eigenen Nation. Wir sind – einige Jahrzehnte nach dem zweiten Weltkrieg – gewissermaßen durch die ab 1945 geborene geistig-moralische Elite unseres Landes gebrainwasht worden. Wir stehen auf permanentem Kriegsfuß mit uns selbst. Wir verweigern die kräftigende Milch, die aus den reichen Beständen unserer deutschsprachigen kulturellen Überlieferung fließt, wir spucken sie buchstäblich aus, wir trampeln auf ihr herum.

Statt Schiller, Kant oder Goethe wieder an den Schulen oder zuhause zu lesen (von Homer oder Shakespeare ganz zu schweigen, die sind ebenfalls abgemeldet), entlarven wir gerne wieder einmal mit wissenschaftlicher Akribie eines der vielen nationalsozialistischen Lügengebäude. Wir hängen sozusagen lauter kleine Zettelchen dran, an denen steht: „Aufgepasst, alles Quatsch, was der böse Mann aus Österreich da schreibt!“ … und wir bekennen uns mutig und stolz zum Antifaschismus sowie zur gränzenlosen Liebe zum Euro, zu Europa, zu Afrika und zu Asien und zu allen Menschen, die anders sind als wir.

Und Dante? Er könnte uns Deutschen entgegenhalten:

Se mala cupidigia altro vi grida
Uomini siate, e non pecore matte
sì che ‚l giudice di voi tra voi non rida!
Non fate com’agnel che lascia il latte.

Wenn schriller Selbsthaß in euch wacht,
seid mannhaft, keine blöden Schafe,
Daß nicht der innre Richter euch verlacht,
Wenn Milch ihr ausspuckt euch zur Strafe.

(eigene Übersetzung des leicht veränderten Originals)

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Ruhe sanft, ruhe im Forst: Bilder des Todes

 Anaximander, Antideutsche Ideologie, Fahrrad, Klimawandel, Ökologie, Philosophie, Rilke, Störfaktor Mensch  Kommentare deaktiviert für Ruhe sanft, ruhe im Forst: Bilder des Todes
Apr. 242011
 

Der Karsamstag  führte mich erneut ins Havelländische Luch. Von Spandau aus lenkte ich das Rennrad, den treuen Burâq, quer über die Dörfer, hin zum immer wieder gesuchten, immer wieder verfehlten Radfernwanderweg Havelland. Endlich, in einem der zahlreichen Ortsteile von Schönwalde hatte ich das asphaltierte Band, die „Fahrradstraße“ erreicht. Was für ein Vergnügen! Nun flog ich rauschend mit meinem Burâq dahin, was die Beine hergaben. Rapsfelder, Kiefernwälder, Büsche, Luche, zart belaubte Birken, Dörfer und Hütten rauschten vorbei.

Bei Paaren bog ich – abweichend von der ausgeschilderten Führung – Richtung Nauen. Was mich leitete? Kein Plan, nur das Gefühl, dort noch etwas  entdecken zu können. Und wirklich, nach wenigen Hundert Meter entdeckte ich den RuheForst Nauen. Was war das?

YouTube – RuheForst Nauen entdecken23042011158

Ruhe sanft, ruhe forst! Hier war der RuheForst Nauen. Kein Geräusch störte den Besucher. Schweigen umfing mich. Nach wenigen Minuten entdeckte ich die Tafel, welche die Bewandtnis erklärte.

Ich war auf eine Weihestätte der neuesten Natur-Religiosität gestoßen – sterben, und dann wieder zurücksinken, ohne eine dauerhafte Spur zu hinterlassen! Die Idee hat etwas Verblüffendes. Anders als Faust, der sich noch brüstete

Es kann die Spur von meinen Erdentagen
Nicht in Äonen untergehn

versucht der heutige Naturgläubige, alle Last, die er für die Mutter Natur gebracht, wegzunehmen. Der Naturgläubige sagt:

Es soll die Spur von meinen Erdentagen
nicht in Äonen noch bestehn.

Denn „Jeder Mensch, der geboren wird, ist doch nur eine zusätzliche CO2-Quelle.“  In Abwandlung jenes bekannten Mephisto-Wortes könnte man sagen:

So ist denn jeder, der entsteht,
Auch wert, dass er zugrunde geht.

Durch den Tod zahlen die Menschen die Schuld, die sie durch Ressourcenverbrauch eingegangen sind, an die Natur zurück. Und der naturnahe Wald ist die CO2-Senke, die Grabsenke, das Zu-Grunde-Gehen des Störfaktors Mensch! Es ist genau dieses Denken, das in den Kreisen gebildeter deutscher Akademiker durchaus großen Anklang findet. Ich nenne es: das neopagane Denken, welches häufig mit der antideutschen Ideologie ein verschwiegenes Bündnis eingeht.

Weiter fuhr ich in den Kathedralen-Saal des deutschen Nachhaltigkeitsdenkens: den deutschen Wald im Havelländischen Luch. Es wehte ein entgotteter Karfreitagszauber um die Speichen. Verse von Rilke kamen mir in den Sinn:

Nur wer mit Toten vom Mohn
aß, vom ihren,
wird auch den leisesten Ton
nicht mehr verlieren.

Tröstung rann mir aus diesen Versen, aus diesem planlosen Dahinfahren. Und das Sterben? Ich stellte es mir in jenem Augenblick so vor: das Zufahren auf ein großes Portal, hinter dem der Weg in einer Biegung weitergeht. Der Tod als solches muss nichts Schreckliches sein, wenn man ihn so fasst: ein Sich-Einfügen in das, was vor uns war und nach uns sein wird. Das Zugehen auf eine Biegung, hinter der noch etwas kommt. Genau dies erfuhr ich im Fahren im alten Holze:

RuheForst Nauen erfahren

Vom Ruheforst aus kehrte ich nach Berlin zurück. Ab Niederneuendorf bis nach Spandau, von Spandau wiederum bis nach Berlin-Mitte führt der vorbildlich ausgeschilderte Radweg fast durchweg am Wasser entlang, erst an der Havel, dann am Hohenzollernkanal und schließlich am Spandauer Schifffahrtskanal entlang. Ein überwältigend schönes Erlebnis im Abendsonnenschein!

Ein ganz anderes Todesbild steuerte ich auf der letzten Etappe an: gleich zwei der vom ADFC aufgestellten Geisterräder entdeckte ich bei der Querung der Seestraße. Hier muss der Tod furchtbar schrecklich, dumpf, unfassbar, qualvoll  gekommen sein. Eine Radfahrerin war hier – obwohl vorfahrtberechtigt – durch einen rechtsabbiegenden LKW erfasst worden, die andere war beim Queren der Straße erfasst worden.

Ich murmelte einige Worte des Gedenkens. Nicht allen ist das sanfte Sterben und Zurücksinken vergönnt. Manche werden getroffen und mitgeschleift. Wie und wann es uns treffen wird, können wir nicht wissen – sehr zu unserem Besten.  Aber die Vorbereitung, die können wir sicherlich leisten, etwa durch das bewusste Uns-Öffnen für die verschiedenen Arten der Todesbewältigung.

Meinen letzten starken Eindruck von der Fahrt nahm ich ausgerechnet vom Reichstag mit. Die Fassade leuchtete plastisch und deutlich skulptural in sandigem, warmem Braun auf. Und gerade hier am Reichstag gelangte mein Radausflug zu einem versöhnlichen Abschluss: Denn als ich anhielt, um das Foto zu machen, hörte ich vor mir eine spanische Gesellschaft, hinter mir eine russische Gesellschaft sich unterhalten. Dass hier und heute Spanier, Russen und Deutsche sich bei der Betrachtung dieses Monuments, das nicht frei von düsteren Schatten ist, treffen und verbinden können, war für mich eine starke, eine ermutigende Botschaft: Ich sehe den Menschen nicht als schädliches Ereignis in der Natur, sondern als etwas Gutes. Die Menschen sind hier willkommen. Denn ich glaube: Das menschliche Leben ist über die gesamte Länge der Fahrt hinweg etwas Gutes, das es zu hegen, zu schätzen und zu pflegen gilt.

Wisse das Bild! Fasse das Leben. Du hast Rückenwind!

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„Bitte alle 7 Strophen noch einmal!“

 Deutschstunde, Kanon, Kinder, Rilke, Was ist deutsch?  Kommentare deaktiviert für „Bitte alle 7 Strophen noch einmal!“
März 212011
 

u1_978-3-596-90327-6343324.jpg„Guter Mond, du gehst so stille“ – dieses Lied sang ich gestern in allen 7 Strophen für meinen kleinen Sohn, wie es einst unser eigener Vater auch sang. Nach einem anstrengenden Tag entfaltete das Singen des Liedes eine unglaublich befreiende, lindernde Wirkung. Der Sohn sagte dann: „Jetzt singe das ganze Lied noch einmal!“ Ich traute meinen Ohren nicht.

Ich schüttelte alle Sorgen ab und schlief den erquickenden Schlaf.

Das Buch „Die schönsten Volks- und Wanderlieder“ hatte ich nahezu druckfrisch von meinem Besuch der Buchmesse Leipzig mit nachhause genommen und schon im ICE leise zu singen angefangen.

Die Kinder von heute lernen diese Lieder, die teilweise über mehrere Jahrhunderte weitergegeben worden sind, nicht mehr in der Schule. Ich wiederum kenne keine Lieder, die meine Söhne in der Schule gelernt hätten. Die Lieder im Musikbuch sind mir alle unbekannt. Keines bleibt haften. Rilke stellte im Malte Laurids Brigge fest: „Dass man erzählte, das muss vor meiner Zeit gewesen sein.“ Mir scheint: „Dass man die Kinder singen lehrte, das war vor unserer Zeit.“

Ich denke: Es wäre doch schön, wenn die Kinder in Kita und Schule Lieder sängen –  nebenbei würden sie auch eine gute deutsche Aussprache erlernen. Mir fällt auf, dass die Aussprache des Deutschen sich bei Kindern und Jugendlichen in Berlin schon sehr zu wandeln beginnt. Die Kinder verschlucken immer mehr Laute, die Vokale werden immer farbloser, Quantitäten verschwimmen, oft habe ich das Gefühl, die Berliner Kinder „kriegen die Kiefer nicht mehr auseinander“. Es wird vieles verhuscht und vernuschelt, die Satzmelodie ändert sich. Tausende und abertausende Berliner Kinder verlassen die Schulen jedes Jahr mit rudimentären Deutschkenntnissen. Vielleicht eine Folge dessen, dass fast nicht mehr gesungen wird?

Die schönsten Volks- und Wanderlieder. Texte und Melodien. Herausgegeben von Günter Beck. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main, März 2011, 304 Seiten, € 8.-

Fischer Klassik

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Kinder (und Erwachsene) brauchen Geschichten

 Klimawandel, Rilke, Theater  Kommentare deaktiviert für Kinder (und Erwachsene) brauchen Geschichten
Juni 052009
 

20072008.jpg  „Dass man erzählte, das muss vor meiner Zeit gewesen sein“, diese Eintragung aus Rilkes Malte Laurids Brigge kommt mir immer wieder in den Sinn. Und doch meine ich: Wir brauchen Erzählungen. Es gibt kaum etwas Überzeugenderes, als wenn sich einer hinstellt und sagt: „Das ist meine Geschichte. Das bin ich.“ Kindern eine Geschichte zu erzählen, ist für mich etwas vom Schönsten, was ich erleben kann.

Deshalb freue ich mich schon auf die nächste Erzählstunde. Diesmal nicht in einem Klassenzimmer, nicht kurz vor dem Einschlafen, sondern in etwas größerem Rahmen. An der Hauptbühne vor dem Brandenburger Tor. Ein bisschen aufgeregt bin ich schon, denn am Brandenburger Tor aufzutreten, das wird nicht jedem vergönnt! Ich spüre eine große Demut.

Wird es gelingen, die Brücke zum Thema des Umweltfestivals zu schlagen? Es ist ein einfaches ukrainisches Volksmärchen! Hat es uns heute noch etwas zu sagen? Kommt hin!

„Klimaschutz erleben!“

Umweltfestival 2009 Berlin

 

7. Juni 2009 11-19 Uhr

   

Hauptbühne am Brandenburger Tor

 

11.00

Eröffnung des Bühnenprogramms durch Stefan Richter (Geschäftsführer GRÜNE LIGA Berlin)

11:05

Folksvertretung (Folk Rock )

11:30

Talk zu Berliner Hofgärten

11:40

Folksvertretung (Folk Rock )

12:00

Inforunde Bioenergie, Tank oder Teller? mit Jürgen Maier (Geschäftsführer Forum Umwelt & Entwicklung) u.a.

12:15

Der Rabenkönig, ein Volksmärchen mit Geige erzählt von Johannes Hampel

12:40

Kochshow BIOSpitzenköche

 Kleine Bühne:

13:00

Galli-Theater: Die Clownprüfung

14:00

Percussion: Sambaholics

14:30

Der Rabenköni,g ein Volksmärchen mit Geige erzählt von Johannes Hampel

15:30

Percussion: Sambaholics

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