Singe „in die Maske“! Was bedeutet das eigentlich?

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Feb. 162025
 

Manches Geheimnis umrankt den Ausdruck „in die Maske singen“, auf Italienisch „cantare in maschera“. Es gilt als eines der erfolgversprechenden Rezepte des klassischen Gesangs, also des bel canto. Oft wird dabei die Vorstellung aufgerufen, man müsse „nach vorne singen“, also gewissermaßen von der Kehle weg in den Saal hinein, man solle sich also vorstellen, die Stimme nicht „kehlig“, sondern „pfeilgerade“ durch eine imaginäre Maske nach draußen zu schicken.

Ich habe selbst als Gesangsschüler verschiedene Lehrer verschiedenes dazu lehren hören, verschiedene Meinungen dazu vernommen. Nun hörte ich aber gestern eine für mich neue, gleichwohl auf Anhieb überzeugende Erklärung des „In-die-Maske-Singens“, und zwar durch die Stimme des italienischen Physikers Valerio Rossi Albertini. Er erhielt zum Festival des italienischen Liedes in San Remo seinen tönenden Auftritt in der Gesundheits-Ratgeber-Sendung Buongiorno Benessere im Sender Rai Uno, in der es um alltägliche Erscheinungen wie Krampfadern, Diabetes, Fettleibigkeit und Sodbrennen ging, und er platzierte geschickt die Nachbildung einer antiken Theatermaske, um die Physik und die Physiologie des Singens zu erklären; weiterhin nachzuvollziehen unter folgendem Link ab Minute 24:00:

Buongiorno Benessere 2024/25 – Puntata del 15/02/2025 – Video – RaiPlay

Wir fassen Rossi Albertinis Ausführungen zusammen:

Unsere eigentliche „Stimme“, also genauer die beiden Stimmlippen, die den gesungenen Ton erzeugen, bringen einen für sich genommen schwachen, kaum hörbaren, eher dünn und kläglich klingenden Laut hervor. Nicht die schöne Stimme, auch nicht die sprichwörtliche goldene Kehle erzeugt die Fülle des Wohllauts! Erst durch den Widerhall in einem Resonanzkörper entstehen die Farben, entstehen die reichen Obertöne, welche wir als Merkmale schönen Gesangs erleben.

Die volle, schöne, klingende Lautgebung erfolgt insbesondere durch die Resonanzhohlräume im Schädel, also die verschiedenen Höhlungen, wie sie durch die 16 unterschiedlichen, teils paarigen, teils unpaarigen Knochen des Gesichts- und des Hirnschädels gebildet werden.

Dieses knochige Gerüst bildet den Resonanzkörper, in dem sowohl Sänger wie auch Schauspieler die weittragenden, volltönenden, die „richtigen“ Töne, oder besser die richtigen Klänge – also aus vielen Frequenzen zusammengesetzten Schall – erzeugen.

Im Theater der griechisch-römischen Antike verstärkte man diesen bereits bekannten körpereigenen Effekt noch zusätzlich, indem man tönerne Masken vor das Gesicht setzte, die die menschliche Stimme so sehr verstärkten, das auch tausende von Zuhörern im Freien jedes Wort des häufig sehr komplexen gesungenen oder rezitierten Tragödien- oder Komödientextes vernehmen und verstehen konnten.

„In die Maske“ singen, das bedeutet also laut dieser Erklärung im wesentlichen, dass die körpereigenen Resonanz- und Hohlräume maximal wie eine tönerne oder tönende Theatermaske zur Verstärkung und Bereicherung ausgenutzt werden. Es geht also vorrangig nicht darum, die eigene Stimme nach vorne am Gesicht zu projizieren, zu schieben, oder die Klänge in die Fassade einer Maske hinein zu verlegen, sondern die reiche körpereigene, mehrdimensionale, die im besten Sinne geräumige Resonanzkörperlichkeit zu entfalten.

Unbedingt sehenswert und mehr sogar noch hörenswert diese Darbietung des italienischen Physikers Valerio Rossi Albertini!

Bild: Prophet Jona, ohne Maske, da soeben aus der Kehle eines Wales ausgespien, im Augsburger Dom, Buntglasfenster, wohl 12. Jh.

 Posted by at 14:53

Bitte Fakten, oder: mach es der AFD doch bitte nicht so leicht, o ÖRR!

 Bundestagswahl 2025, Ökologie, Verdummungen  Kommentare deaktiviert für Bitte Fakten, oder: mach es der AFD doch bitte nicht so leicht, o ÖRR!
Feb. 092025
 

Ein Drittel der Energie in Deutschland kam letztes Jahr aus der Windkraft.“

29% der Energie in Deutschland kommt aus Windkraft.“ Dies behauptete der herausragende Moderator Christian Sievers im heute journal am 13.01.2025 in einem Interview mit einem der vier herausragenden Kanzlerkandidaten.

https://www.youtube.com/watch?v=l-XU9vCDhh8

Aber ist dies so? Sind dies die Fakten?

Die Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen e.V., das Umweltbundesamt, das Statistische Bundesamt und ebenso auch der Weltenergierat Deutschland liefern ganz andere Zahlen. Zusammenfassend kann man sagen:

Der Anteil aller erneuerbaren Energieträger (also Wasserkraft, Biomasse, Photovoltaik, Windenergie, Geothermie) an der gesamten Energieerzeugung in Deutschland betrug 2023 19,4 Prozent und 2024 etwa 21 Prozent, also etwa ein Fünftel.

AGEE-Stat_Praesentation_2024-Q4_fuer_AGEB.pdf

Primärenergieverbrauch | Umweltbundesamt

Der Moderator hat also offensichtlich Energie und Strom verwechselt – oder er kennt den Unterschied nicht. Hier wäre ein interner Faktencheck in den Anstalten des ÖRR durchaus sinnvoll.

Belastbare Faktenkenntnisse sind, so meine ich, unabdingbar, wenn man die AFD kleinhalten will.

Etwas weniger als ein Drittel des in Deutschland erzeugten Stroms dürfte in der Tat aus Windkraft stammen.

Nur ein gewisser Anteil der Energie wird jedoch zur Stromerzeugung verwendet, bedeutender sind aber die anderen Energie-Nutzungsarten im Verkehr (z. B. Bahnen, Busse, LKW, PKW) und in der Wärmeerzeugung, insbesondere zum Beheizen von Gebäuden. Und im Verkehr und bei der Heizung spielen die fossilen Energieträger Öl und Gas immer noch die erste Geige und sind keineswegs einfach nach Plan durch Erneuerbare zu ersetzen.

So wird ein Schuh draus.

Ich schlage also für die Zukunft folgende Korrektur vor:

„20% Prozent, also ungefähr ein Fünftel der in Deutschland erzeugten bzw. genutzten Energie, kam 2024 aus den Erneuerbaren, also aus Wasserkraft, Biomasse, Photovoltaik, Windenergie und Geothermie„.

Darüber kann man dann ernsthaft diskutieren.

 Posted by at 18:47

Sie ist wieder da – er war nie weg

 Bundestagswahl 2025  Kommentare deaktiviert für Sie ist wieder da – er war nie weg
Feb. 022025
 

Fulminanter Wiederauftritt der in ganz Europa so beliebten Kanzlerin Angela Merkel, die überall und in allen Parteien – sogar weit in Kreise der CDU hinein – Anhänger hatte, hat und haben wird – und sich ähnlich lange an der Macht halten konnte wie ihr gewinnend lächelndes Gegenüber Wladimir Putin. Das bereits im Jahr 2006 entstandene Foto beweist es: Ja, die beiden verstehen sich gut!

Und in der Tat, gerade die Kanzlerin, der man immer wieder zu Unrecht vorwarf, keine festen Standpunkte zu haben, zeigte im einvernehmlichen Zusammenwirken mit Wladimir Putin Festigkeit und Durchsetzungsmacht. Denn gegen alle über viele Jahre vorgetragenen Warnungen aus Polen, aus Litauen, aus Lettland, aus Estland, aus USA und aus Ukraine, die immer wieder Einwände gegen den Bau von Nord Stream 2 erhoben hatten, hielt sie am Weiterbau und der Fertigstellung von Nord Stream 2 fest.

Auch ihr jüngstes beherztes Eingreifen in den Bundestagswahlkampf beweist ihre Festigkeit, ihren unübertroffenen Instinkt für das, was in einem gegebenen Augenblick machbar und zielführend ist.

https://www.merkur.de/politik/ricarda-lang-fragt-sich-ob-angela-merkel-die-merz-karriere-erneut-beendet-93548434.html

https://www.dw.com/de/die-geschichte-des-nord-stream-projekts/a-58634008

https://www.tagesschau.de/inland/merkel-nord-stream-2-105.html

Foto: Privater Schnappschuss des Vf. vom 02.01.2009 bei einem Besuch in einer Moskauer Buchhandlung

 Posted by at 19:37