Die Muslime in den USA gelten als besser integriert, als wohlhabender denn etwa die eingebürgerten Hispanics oder die Schwarzen, deren Vorfahren vor Jahrhunderten als Sklaven nach USA verschleppt oder verkauft wurden. Woran liegt dies?
Drei einfache Kriterien für gelingende Integration in den USA nennt Lamya Kaddor:
„Man ist dann integriert, wenn man erstens für die grundlegenden Werte der Freiheit, der Gleichheit und des Eigentums einsteht, wenn man zweitens seinen eigenen Lebensunterhalt verdient und wenn man drittens wenigstens soviel Englisch beherrscht, dass man sich verständigen kann“ (Muslimisch – weiblich – deutsch, S. 106).
Wann ist man als Zuwandrerin Deutschland erfolgreich integriert? Ich würde sagen: Man ist in Deutschland integriert, wenn man erstens nach acht Jahren Aufenthalt einen unbefristeten Aufenthaltstitel erlangt hat und damit unabhängig von der Staatsangehörigkeit alle gesetzlichen Ansprüche eines Bürgers gegenüber dem deutschen Sozialstaat geltend machen kann, wenn man zweitens ein Netz aus verwandtschaftlichen Beziehungen und staatlichen Fürsorgeleistungen geknüpft hat, das einem das Verharren in der Herkunftskultur ermöglicht, und drittens, wenn man durch Heirat mit einem Partner derselben ethnischen Herkunft die Ansprüche auf Versorgung und materielle Sicherheit generationenübergreifend verstetigt hat.
Ich übertreibe geringfügig, dennoch läuft es heute in den meisten Fällen bei uns in Berlin-Kreuzberg so ab. Es war vor zwanzig Jahren noch nicht so, aber heute ist es überwiegend so. Besserung ist nicht in Sicht, solange man nicht grundsätzlich am Sozialstaat etwas ändert. Ich vertrete – übrigens weitgehend allein auf weiter Flur – folgende Ansicht: Mit der jetzigen Sozialgesetzgebung ist die Integrationsproblematik nie und nimmer zu bewältigen. Im Gegenteil: Es werden ständig neue überflüssige, ideologisch belastete Nebenkriegsschauplätze aufgemacht, so etwa jetzt das Burka-Verbot. Ein Zeichen der Hilflosigkeit, dass darüber in Frankreich und Holland so ausführlich diskutiert wird!
Sobald die einzelnen Familien, vor allem aber die jungen Männer gezwungen sind, ihren Lebensunterhalt durch legale Beschäftigung selbst zu erarbeiten, werden die meisten Probleme der Integration „der Muslime“ sich innerhalb weniger Jahrzehnte wie in den USA in Luft auflösen. Die meisten – nicht alle.
Den Nikab, also die Ganzkörperverhüllung, bei der ausschließlich ein kleiner Augenschlitz freigelassen wird, den kenne ich aus der Schule und dem Supermarkt bei mir um die Ecke. Es sind Frauen aus nach außen extrem abgeschlossenen Familien, die neuerdings in Kreuzberg den Nikab tragen und die ich nach den deutschen Kriterien (nicht nach denen der USA) als hervorragend integriert bezeichnen würde. Schulnote 1.
Ich meine: Wir sollten schon erklären, ob wir eine „weiche“ Integration nach US-amerikanischen Vorbild oder eine hervorragend gelungene, systemisch verankerte Integration so wie bisher in Deutschland haben wollen.
Es hat sich doch überall herumgesprochen, mit welchen Kniffen und Angaben man – unabhängig von der Staatsangehörigkeit – die Integration ins deutsche Sozialhilfewesen erreichen kann.
Ich meine ferner: Was die Deutsche Lamya Kaddor sagt, etwa auch in einem aktuellen Interview zum Thema Freiheit, zum Thema Burka-Verbot, sollte man mindestens diskutieren:
Deutschlandfunk – Interview – „Ich würde nie so weit gehen, ein ganzes Verbot auszusprechen“
Darüber hinaus hat übrigens gestern das Pew-Forum in Amerika eine Umfrage veröffentlicht, aus der hervorgeht, dass die meisten Europäer diesem Verbot zustimmen, aber die meisten Amerikaner interessanterweise eben nicht, und man muss sich fragen: Woran liegt das. Leider wird die Begründung nicht aufgeführt, da werden also nur die Zahlen, die Statistiken benannt. Ich glaube, das hat sicherlich auch damit was zu tun, dass dem Begriff der Freiheit, der persönlichen Freiheit in Amerika einfach eine viel größere Bedeutung zugemessen wird, als man das hier in Europa tut – leider.