DeutschstundeKommentare deaktiviert für Wo käuft dr schwob sei weckli?, oder: deutsch-deutsche Dolmetscher gesucht!
Dez312012
Eine gute Silvester-Idee wäre es, die verschiedenen Dialekte, die neuerdings zum Leidwesen der alteingesessenen Bevölkerung in Prenzlauer Berg zu hören sind, abzuprüfen, und dann in einem Pfänderspiel den Sieger zu küren! Wer ist der beste deutsch-deutsche Dolmetscher?
Preisfrage: Wie heißt alemannisch Weckli auf gut Berliner Prenzlauer-Berg-Deutsch? a) Schrippe b) Brötchen c) Rundstück d) sömmi e) bömmel f) laabla g) stüütkes
Woher stammt die obenstehend unter d) angeführte Bezeichnung sömmi? Aus a) dem Bairischen, b) dem Lateinischen oder c) dem Assyrischen? Nun merket auf und ratet fein:
„A guad sömmi is außn resch und inna woach. Des schlimmst is wenns bazig is. Des mog i fei neda.“
So habe ich es selbst noch in der Muttersprache meiner Mutter gehört. Ist diese zitierte Muttersprache a) Bairisch b) Lateinisch oder c) Assyrisch?
Handreichung: simila heißt Weizenmehl auf lateinisch, samidu heißt auf assyrisch Weißmehl.
Sömmi stammt offenbar a) aus dem Assyrischen, b) dem Lateinischen und c) dem Bairischen.
Daraus ergibt sich sich: Die Baiern wohnen dem Ursprung der Menschheit am nächsten, da die heutige Kultur des Abendlandes (einschließlich Prenzlauer Bergs) und des Morgenlandes ursprünglich aus dem Zweistromland kommt.
WeihnachtKommentare deaktiviert für Trifft ein Neuköllner Kutscher einen Kreuzberger Fährmann …
Dez242012
Mit einem Neuköllner Droschkenkutscher sprach ich über Weihnachten: „Für uns Muslime ist Weihnachten im wesentlichen nichts anderes als nur das Geburtsfest von Jesus, den wir als Propheten anerkennen. In Antalya, wo meine Eltern herkommen, feiern übrigens manche muslimische Gemeinden zwar dieses Isa-Geburts-Fest, indem sie Kindern und Armen Geschenke geben. Aber den ganzen säkularen Kommerzrummel, den machen wir nicht mit.“
„Da habt ihr völlig recht“, erwiderte ich. „Für mich ist Weihnachten im wesentlichen nichts anderes als das Geburtsfest von Jesus – und darüber hinaus auch ein großes Fest der Gemeinschaft im Wort und auch der Familienzusammenführung, wie halt in Deutschland der Brauch ist. Dem ganzen säkularen Kommerzrummel kann und will ich mich nicht entziehen. Ich anerkenne und ehre übrigens sehr euren Celaleddin Rumi, der in Konya wirkte. Dieser Mevlana sagte: Jeder von uns hat wie Maria (Meryem) seinen Jesus (Isa) zu gebären. Das ist schmerzhaft. Wachstum bereitet Schmerzen. Aber danach kann die Freude groß sein. Auch für Männer ist der Geburtsschmerz über die Vermittlung des Wortes nachfühlbar.“
So viel Einigkeit zwischen einem schlichten Neuköllner Kutscher und einem armen Kreuzberger Zigeuner-Fährmann des Wortes!
Dem inneren Kind Raum geben – so raten es moderne Psychotherapeuten immer wieder.
„Ab wann spürtet ihr die Schwangerschaft? Ab wann hattet ihr das Gefühl, dass da ein eigenes Wesen in euch wohnt?“
So fragen wir einige Mütter – da wir als Männer es nicht am eigenen Leibe erfahren werden, sondern es nur über das Wort mitgeteilt erhalten.
„Im Rückblick – sofort. Es war was andres in mein Leben getreten.“ „Es hat mich gestört, Tags und Nachts!“ „Er hat mich gestoßen zu den unmöglichsten Zeiten.“ „Das Kind hat mir viel abverlangt – von Anfang an. Es hat mich verändert, vom ersten Tag der Schwangerschaft an.“
Ihr seht, von süßer Romantik, von den Freuden der Mutterschaft ist hier keine Rede. Schwangerschaft – so erzählen Frauen – ist oft mit unangenehmen Einschränkungen, mit Schmerzen und ungeahnten Zuständen teils angenehmer, häufiger auch unangenehmer Art verbunden. Sie ist eine grobe Beeinträchtigung der Selbständigkeit.
„Da meldet sich sprunghaft einer, den ich vorher nicht kannte und den ich nicht eingeladen habe. Und der bringt mein Leben durcheinander.“
ὡςἤκουσεντὸνἀσπασμὸντῆςΜαρίαςἡἘλισάβετ, ἐσκίρτησεντὸβρέφοςἐντῇκοιλίᾳαὐτῆς – so schreibt es ein damals recht bekannter griechischer Arzt in seiner vorgeburtlichen Lebensgeschichte eines Kindes. Wir übersetzen den Befund des Arztes philologisch korrekt in Mediziner-Deutsch: „Als Elisabet den Gruß Marias hörte, sprang der Embryo in ihrer Gebärmutter auf„, oder, geglättet: In dem Augenblick, als sie den Gruß hörte, hüpfte das Kind in ihrem Leib.
Der kleine unscheinbare Mensch, to brefos, das Buberl, wie wir auf Bairisch sagen dürfen, reagiert schon auf die Stimme der Frau. Der Embryo interagiert mit der Mutter und mit dem sozialen Umfeld. Er schafft sich Raum – sofern ihm dieser Raum gegeben wird. Er greift in das Geschehen ein.
Ein dürrer körperlicher Sachverhalt wird durch Stimme und Wort ausgelöst. Die Stimme des griechischen Erzählers klingt heute noch nach. Etwas durch und durch Leibliches wird für Menschen – nicht nur für Frauen, sondern auch für Männer – zugänglich im Wort. Das Wort, der Klang der Stimme der Elisabet stiftet über die Stimme des Erzählers Lukas die Gemeinschaft der Hörenden.
„Mit der Jesus-Geburt kann ich nichts anfangen!“ Das hört man landauf landab. Ist es also möglich, Weihnachten sinnvoll ganz ohne Jesus zu feiern oder es irgendwie zu umgehen? Ich meine – durchaus! Hierzu einige Handreichungen:
1. Ein bis heute besonders erfolgreicher Versuch der Überwindung des Weihnachtsfestes wurde in der Sowjetunion unternommen: das Weihnachtsfest wurde durch die Kommunistische Partei nach und nach völlig aus dem öffentlichen Bewusstsein zurückgedrängt. Stattdessen wurde das Neujahrsfest (im christlichen Festkalender ursprünglich das „Fest der Beschneidung des Herrn“, zu feiern sieben Tage nach dem Geburtsfest) als legitimer Nachfahr und Ersatz des Weihnachtsfestes errichtet und hat diese Rolle bis heute behalten. Der nordische Julbaum („Julka“) hat in Russland keinerlei Bezug zum Christentum mehr und wird als Gnade des gütigen Staates überall gefeiert und gepriesen.
2. In Deutschland wurde von 1933-1945 – ebenfalls durch den Staat – das Weihnachtsfest nicht abgeschafft, aber konsequent umgedeutet als „Lichtfest“, „völkische Weihnacht“, „Sonnwendfeier“, „Julfeier“. Der Christbaum heißt jetzt Jultanne (russisch Julka). Insgesamt eine Art natürwüchsig-rauschhaftes Wald-Feld-und-Flur-Weihnachten, ein Öko-Weihnachten, könnte man heute sagen. Beispiel, das ich kürzlich las: „Der alte Hof“, eine Erzählung von Johann von Leers aus dem Jahr 1940. Der Vater eröffnet dem Sohn wenige Tage vor Weihnachten, dass der Bauernhof heillos überschuldet ist. Das internationale Finanzkapital, der Kapitalismus des entfesselten Marktes hat die Bauern systematisch in die Kreditklemme getrieben. Gegen die gierigen Kapitalisten, die ruchlosen Immobilienhaie und andere Brut hilft nur der neue Heiland, der völkische Führer, der die Bauern und die Arbeiter aus dem Griff des Finanzkapitals und der Immobilienspekulation erlösen wird. Und so geschieht es auch.
3. Das christliche Weihnachten ist eigentlich ein Fest, in dem endlich dem kleinen, unscheinbaren, unerwünschten, dem kommenden und ungeborenen Leben des schwachen Menschen Raum gewährt wird. Exakt eine Woche vor Weihnachten erschien 2012 eine große Studie des Instituts für Bevölkerungsforschung der Bundesregierung, aus der unwiderleglich hervorgeht, dass Kinder etwas sind, das meist nicht in die Lebensplanung passt. Kinder sind erwünscht, sofern und soweit sie das Leben der Erwachsenen nicht durcheinander bringen, sofern und soweit sie keine materiellen Einbußen mit sich bringen und sofern sie der Volkswirtschaft nicht – angesichts des demographischen Wandels dringend benötigtes – Humankapital entziehen. Kinder genießen in der Lebensplanung keine Priorität. Kinder sind – volks- und betriebswirtschaftlich betrachtet – nachrangige Güter. Beruflicher Erfolg, Planungssicherheit, Karriere sind im Bewusstsein der Menschen und überhaupt der Bevölkerung das Wichtigste, wie das Institut des deutschen Staates mit messerscharfer Objektivität und dankenswerterweise ohne jeden kritischen Unterton feststellt.
Abschaffung, Überwindung, Ersetzung, Umdeutung des Weihnachtsfestes, das waren die probaten Mittel, um die Erinnerung an die Geburt Jesu, des „neuen Königs der Jüden“, wie es in Bachs Weihnachtsoratorium heißt, nach und nach zu beseitigen.
Setzung neuer Prioritäten, Vorrang des beruflichen Erfolges des Einzelmenschen vor der Familiengründung, staatlich verbriefte Planungssicherheit, Elternwahlrecht über das Leben des Kindes, wirtschaftliche Unabhängigkeit des Single-Mannes UND der Single-Frau – das sind mit staatlichem Brief und Siegel die neuen Weichenstellungen, in deren Zeichen man getrost Weihnachten ganz ohne Jesus feiern kann. Das ist der Zug der neuen Zeit! „Mit uns zieht die neue Zeit“, so klang und sang es unter der Jultanne.
DeutschstundeKommentare deaktiviert für Sizi sizi bina!
Dez202012
Beim Umherschweifen in den reichen Beständen der Vatikanischen Bibliothek heftete sich mein Blick im Codex palatinus latinus 220, auf Seite 58 recto an ein rätselhaft anmutendes Gebild:
So lässt es sich ausschreiben:
kirst imbi ist hucze nu fliuc du vihu mina hera
fridu frono in munt godes gisunt heim zi comonne
Sizi sizi bina inbit dir sctê Maria hurolob ni habe du zi holce
ni fluc du noh du mir nindrinnes noh du mir nintuuin
nest sizi vilu stillo uuirki godes uuillon
Was mochte dies bedeuten? Sogleich erkannte ich, dass es sich um einen deutschen Text handeln musste, sicherlich vor dem 11. Jahrhundert entstanden. Ein Schreiber hatte ihn eigenwillig am Fuße eines lateinischen Texts eingetragen, wobei er den Rand kopfüber beschrieb. Und so lege ich mir das in unserer heutigen Sprache zurecht:
kirst imme ist haußen nun flieg du mein getier her
mit friede des herrn in obhut gottes gesund heimzukommen
sitz sitz Biene gebot dir Sancta Maria Erlaubnis habe du nicht zum Wald
nicht flieg du weder entrinnest du mir noch du mir entwisch
est sitz ganz still wirke Gottes Willen
Mit kirst könnte Jesus Christus gemeint sein, doch ist dies nicht sicher. Vor uns liegt ein früher, tastender Versuch, durch Einklang und Reimklang der Sprache die Gemeinschaft im Wort zu bewirken.
Mit für uns kaum mehr eindeutig einzuholenden Mitteln versucht der unbekannte deutsche Schreiber seinen Wunsch nach Frieden mit dem Vieh und dem Wald und mit der Welt und mit Gott zu stottern und zu stammeln. Gewissheit im Weltenwald gibt es allerdings nicht. Aus den Versen spricht dennoch wie immer vorläufig die Zuversicht des Gelingens.
Möge uns alle zu Weihnachten 2012 und im neuen Jahr eine vergleichbare Zuversicht leiten! Aus dem zu Lorsch gefundenen Bienensegen können wir lernen: Sicherheit und Planungsgewissheit gibt es nicht, sehr wohl aber können wir den Willen und die Bereitschaft empfangen, nach einem Augenblick stillsitzenden Hörens tatkräftig etwas Gutes zu bewirken.
Lassen wir doch unsere Bienen des Unsichtbaren für 2013 weder entwischen noch entrinnen!
„Das Bild der guten Mutter verhindert, dass die Menschen in Deutschland mehr Kinder bekommen.“ So der Direktor des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung der deutschen Bundesregierung. Wir übersetzen: Wenn wir das Bild der guten Mutter nicht hätten, dann gäbe es mehr Kinder. Die gute Mutter, die für 2 oder 3 Jahre dem Wohl des Kindes Vorrang vor dem eigenen beruflichen Fortkommen einräumt, verhindert es, dass Kinder geboren werden.
In dem 2010 gedrehten Film Basilicata Coast to Coast wird das Bild einer guten Mutter gezeigt. Auf den Schultern getragen von vier Männern, zu Fuß. Im strahlenden Sonnenschein, hoch droben im jäh zerklüfteten Hochgebirg, abgelegen, bestaunt von fünf abgehalfterten Musikern, die mit Sack und Pack, mit „einem Pferd und vier Eseln“ / „con un cavallo e quattro somari“ zu Fuß zu einem Festival tippeln, bei dem sie ihren großen Karriereschritt erwarten.
Wie so oft, treten retardierende Momente in die Handlung ein. Dass hier ein Bild der guten Mutter vorbeigetragen wird, erweist sich erneut als Hindernis im Fortgang der Handlung. Kein Wunder, dass die menschlichen, allzumenschlichen Esel zu spät bei dem Festival von Scanzano Ionico ankommen. Sie haben sich ablenken lassen und haben sich verirrt. Das Bild der guten Mutter bedeutet gewissermaßen den Karriereknick der guten Musiker!
Kommentar eines Musiker-Esels zu dem Bild: „Ma – è una negra!“ Zu deutsch: „Aber – das ist ja eine Negerin!“
Im Film selbst wird gleich die Erklärung nachgeliefert: Dass die gute Mutter häufig als Negerin, also als Schwarz-Afrikanerin (wie man als guter Antirassist heute sagen muss) dargestellt wird, bedeutet, dass die gute Mutter (Miriam wie sie auf Hebräisch, Meryem wie sie auf Arabisch, Maria wie sie auf Italienisch heißt) als universale Mutter zu verstehen ist, als Brücke zwischen den Kontinenten. Sie ist eine Brücke zwischen Orient und Okzident, aber nicht nur das: Die „Schwarze Madonna“, wie die gelehrten Kunsthistoriker diesen Bildertyp der guten Mutter Miriam/Meryem/Maria nennen, verbindet auch Afrika, Asien und Europa. Man came out of Africa! Ähnlich wie dies etwa der gute Vater Augustinus von Hippo (heute: Souk Ahras) lehrt, der ebenfalls des öfteren als Neger dargestellt wird.
Den Film Basilicata Coast to Coast von Rocco Papaleo zeigt heute das Kino Babylon in Berlin am Rosa-Luxemburg-Platz um 18.30 Uhr. Man sollte ihn ankucken.
Danach mag jeder sich fragen, ob wir heute noch das Bild der guten Mutter brauchen, oder ob es nicht endlich an der Zeit wäre, das Bild der guten Mutter ersatzlos abzuschaffen. Unsere Gesellschaft ist – kräftig unterstützt durch die Politik – seit etwa 41 Jahren eifrigst damit beschäftigt, dies zu tun.
Familie, Geld, StaatlichkeitKommentare deaktiviert für Die Prio 1: Planungssicherheit, Selbständigkeit, beruflicher Erfolg
Dez182012
Schöner Clip vom Weihnachtsmarkt: Ein erfolgreiches kinderloses Paar auf dem Weihnachtsmarkt, beide Akademiker, sie Anfang 30, er Ende 30, plaudert offen über das, was wichtig ist im Leben: Die Prios sind Planungssicherheit, Zweitstudium, wirtschaftliche Selbständigkeit, wie es dann auch eine bekannte erfolgreiche Sozialministerin unterstreicht.
„Wir würden uns gern für Kinder entscheiden“, aber es fehlt die letzte Sicherheit, die der Staat bisher nicht bietet – trotz der etwa 180 Mrd. Euro an direkter Familienförderung.
Vergessen wir nicht:
Viele Familien mit mehreren Kindern sind von Arbeitslosigkeit betroffen! Was dann? Eine Familie ohne Erwerbseinkommen mit vier Kindern erhält zwar eine ausreichend große Wohnung vom Staat gestellt und bezahlt, die Kinder gehen kostenlos zur Schule, die Gesundheitsversorgung steht der Familie weiterhin in vollem Umfang zu. Sie muss aber laut Hartz IV mit mageren nur etwa 2.700 Euro pro Monat auskommen. Wie soll man davon menschenwürdig leben? Wo ist da die Planungssicherheit?
DER STAAT MUSS MEHR TUN! Er MUSS PLANUNGSSICHERHEIT herstellen, damit endlich Erwachsene sich nicht gegen Kinder entscheiden müssen. So die einhellige Forderung der erfolgreichen kinderlosen Paare und der erfolgreichen Sozialministerin.
Damit auch in 100 Jahren noch Kinder unter dem Weihnachtsbaum hüpfen können. TU DOCH WAS STAAT!
Eine Fülle an Daten, einen wahren Goldschatz an Daten bietet das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, nicht nur in dem heute vorgelegten Bericht (Keine) Lust auf Kinder?
Die Studie ist gar nicht hoch genug zu loben. Denn sie räumt mit der irrigen Vorstellung auf, das Kinderbekommen, die Fertilitätsrate, sei direkt oder indirekt von ökonomischen Verhältnissen abhängig. Zu recht stellt die Studie den Faktor der Einstellung ganz in den Vordergrund. Ob die Menschen Eltern werden, hängt zum allergrößten Teil davon ab, ob sie es wollen oder nicht, ob sie das Kind in ihre Lebensplanung einbauen können oder nicht. Der ökomische Status der Menschen in Deutschland hat sich im Durchschnitt seit 1991 verbessert. Von der wirtschaftlichen Unsicherheit früherer Jahrhunderte sind wir Lichtjahre entfernt. Es liegt nicht am Geld oder am ökonomischen Unsicherheitsgefühl, wenn keine Kinder kommen.
Zweifellos bringen auch alle Versuche der Politik nichts, mithilfe von Geld oder sonstigen Statuszusicherungen die „Lust auf Kinder“ zu erhöhen.
Ob Kinder kommen oder nicht kommen, hängt vielmehr ganz vom Willen der Eltern ab. Es hängt davon ab, ob die Menschen Lust auf Kinder oder keine Lust auf Kinder haben, wie bereits aus dem Titel der empirischen Studie hervorgeht.
Der Elternwille entscheidet. Es liegt ganz im Willen der Eltern, ob Kinder kommen oder nicht kommen. Ihr, der Eltern Wille geschehe! Die Sicherung im Alter wird vertrauensvoll in die Hände der Sozialkassen gelegt, eigene Kinder sind als soziale Absicherung im Alter somit überflüssig geworden.
Kinder sind ein kontingentes Ereignis geworden, das bei Bedarf der Eltern geschehen oder auch auch entfallen kann. Ein Blick auf die Abtreibungsstatistik belegt dies schlagend. Seit 1996 weist das Institut eine leicht schwankende Kurve an Schwangerschaftsabbrüchen nach – sie liegt stets bei über 10% der Geburtenzahlen, oder auch in ganz Deutschland bei meist über 100.000 Abbrüchen pro Jahr. In zehn Jahren werden also mehr als 1 Million Abbbrüche vorgenommen. Schwangerschaftsabbrüche sind Teil der Normalität des Kinderlebens in Deutschland, sie sind keine absolute Ausnahme, sondern eine Begleiterscheinung.
In amtlicher Darstellung des Instituts der Bundesregierung wird das Kinderzeugen und Kindergebären als Frage der vorhandenen oder nichtvorhandenen Lust auf Kinder dargestellt:
(Keine) Lust auf Kinder?
Die große Kampagne „Wir haben abgetrieben“ des Jahres 1971, getragen von erfolgreichen Frauen, die glanzvoll im Scheinwerferlicht stehen, gilt unumstritten als Meilenstein auf dem Weg zum Elternwahlrecht über das Leben des Kindes.
Angesichts dieses regierungsamtlichen Befundes – „Ob Kinder kommen, hängt ganz von Einstellung und Lust der Eltern ab“ – und angesichts der Abtreibungsquoten von konstant über 10% der Lebendgeborenen dürfen wir feststellen:
Wir alle leben und alle Kinder wachsen in Deutschland heute in dem Bewusstsein auf, dass sie ihr Dasein, ihr Leben der Lust oder Unlust der Eltern verdanken: Es besteht auch eine 10-15%-Wahrscheinlichkeit, dass sie nicht hätten geboren werden können. „Ob ich geboren wurde oder nicht, hing von der Lust und der Entscheidung meiner Eltern ab. Sie hätten mich auch ablehnen können. Dann gäbe es mich eben nicht. Schön für mich, Gott sei Dank, da habe ich aber großes Glück gehabt.“
Dem Kindwerden und dem Vater- oder Mutterwerden, dem jungen, entstehenden menschlichen Leben und somit überhaupt dem menschlichen Leben wird in unserer Gesellschaft kein überragender, kein lebens- und überlebensnotwendiger Rang mehr zugesprochen. Kinder sind heute eine gesellschaftliche und private Option unter vielen, keineswegs eine Erfüllung und eine in sich ruhende Sinnsetzung des Lebens der Erwachsenen. Kinder sind heute kein Goldschatz für das Leben, sondern eine teils erfreuliche, teils hinderliche Begleiterscheinung, auf die man Lust oder nicht Lust hat.
Keine namhafte gesellschaftliche Kraft – keine Partei, keine große Zeitung, keine in die Öffentlichkeit kraftvoll hineinsprechende oder hineinschreiende Gemeinschaft, kein Sozialwissenschaftler, kein Politiker, der gewählt werden will – diskutiert oder beklagt diesen Zustand.
RassismusKommentare deaktiviert für Gemeinsam gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus!
Dez172012
Wie heißt der einzige Staat der EU, dessen Staatsgebiet zu fast 40% vom Militär einer fremden Macht, die nicht Mitglied der EU, besetzt ist? Dies ist das Rätsel des Tages, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger!
Es lohnt sich über diese Frage nachzudenken! Na, ist der Jeton gefallen? Richtig! Die Antwort lautet: Zypern. Insofern können wir sagen: Wir haben die Türkei schon lange in der EU stehen.
Heinz A. Richter geht heute auf S. 7 der FAZ der spannenden Frage nach, wie es zu der bis heute heillos verworrrenen Lage in Zypern kommen konnte – in einem Staat, der in zwei Volksgruppen, die Zypern-Türken und die Zypern-Griechen zerfallen ist. Richter benennt vor allem die Briten, Kolonialmacht seit 1914, als die Hauptverursacher der verhängnisvollen Entwicklung. Während ihrer Herrschaft spielten sie die beiden Volksgruppen, die vorher gut miteinander ausgekommen waren, gezielt gegeneinander aus und befeuerten sowohl bei den griechischen Nationalisten den Wunsch nach Vereinigung mit Griechenland (Enosis) als auch bei den Festlandstürken die massive Neuansiedlung von Türken auf der Insel. Die Türkei tat dies, um eine räumlich möglichst geschlossene, zahlenmäßig möglichst starke, kompakt siedelnde und rasch wachsende Volksgruppe aufzubauen, die dann die Abspaltung des türkisch besiedelten Teils verlangte (Taksim).
Auf beiden Seiten behielten letztlich die Aufpeitscher die Oberhand, so dass es zu zahlreichen Gewalttaten, zu Vertreibungen, ja ab 1955 zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen kam.
Die Zypernfrage ist ein Lehrbeispiel dafür, wie die Türkei die ihrem Schutz anempfohlene Volksgruppe, also die Auslandstürken, zu schützen gedenkt, wenn sie sie in Bedrängnis geraten sieht. Je mehr die Türkei nachweisen kann, dass das türkische Volk, das in anderen EU-Staaten lebt, benachteiligt, bedrängt oder angegriffen wird, desto stärker wird sie bestrebt sein, eine Berechtigung zum Eingreifen zugunsten ihrer im Ausland lebenden Staatsbürger aufzubauen. Man lese und verfolge doch die Berichterstattung über alle Verbrechen, die von Nicht-Türken an Türken in Deutschland begangen werden – und vergleiche dies mit der Berichterstattung über die Verbrechen, die von türkischen Staatsbürgern im Ausland an Türken und an Nicht-Türken begangen werden! Man wird ein eklatantes Missverhältnis feststellen: Wenn Türken oder Muslime Verbrechensopfer werden, wird keine Gelegenheit ausgelassen, das „Gastland“ als finsteren Hort des Rassismus oder der Türkenfeindlichkeit oder der Islamfeindlichkei oder der Ausländerfeindlichkeit darzustellen. Das Motto lautet: „Das Problem in Deutschland heißt Rassismus.“ – Oder: „Die NSU-Morde sind unser 11. September.“ (Letzteres stammt von Ayman Mazyek, dem Vorsitzenden des Zentralrates der Muslime in Deutschland, der selbst allerdings nicht türkischer Herkunft ist). Wenn hingegen türkische Staatsbürger im Ausland oder türkeistämmige oder muslimische Deutsche straffällig werden – zum Beispiel bei Ehrenmorden oder Zwangsheiraten – , wird dies als „durch die Verhältnisse sozial bedingt“ beschönigt. Die polizeiliche Kriminalstatistik wird nicht zur Kenntnis genommen, jedes statistische Argument über Häufigkeit von Kapitalverbrechen in bestimmten Volksgruppen oder in bestimmten Ländern wird beiseite gewischt.
Wie kann man darauf reagieren?
1) Den Scharfmachern und Nationalisten auf allen Seiten muss ruhig und besonnen entgegnet werden, notfalls auch mit einem Verweis auf die Fakten: Weder sind Türken oder Muslime in Deutschland besonders oft Verbrechensopfer nichttürkischer bzw. nichtmuslimischer Täter, noch treten sie in der Statistik der Gewaltkriminalität als Unschuldslämmer hervor.
2) Das Konzept einer kompakten türkischen – oder gar einer „muslimischen“ – Volksgruppe, die durch den türkischen Staat und seine Auslandsverbände als ihren Anwalt vor den ständigen Bedrohungen durch Deutschland geschützt werden müsse, gilt es kritisch zu hinterfragen. Vieles am Gebaren der türkischen Verbände mutet separatistisch an: „Wir (Türken) haben keine Bürgerrechte in Deutschland“ – so die Haltung in der Satzung des TBB, die ich für gänzlich inakzeptabel halte – auch wenn der TBB durch das Bundesland Berlin ganz erheblich gefördert wird.
3) Wir Deutschen müsssen uns zum Modell des freiheitlichen, demokratischen Rechtsstaates bekennen, der jedem Menschen unabhängig von seiner ethnischen Herkunft volles Recht zur Entfaltung seiner Persönlicheit gewährleistet. Humanitäres oder gar militärisches Eingreifen durch fremde Staaten – wie gegenwärtig durch die Türkei im EU-Staat Zypern – benötigen wir glücklicherweise nicht.
4) Wir heißen jeden willkommen, der hier leben und arbeiten und die Gesetze einhalten will.
5) Ich persönlich bin allerdings strikt gegen Volksgruppenkonzepte, wie sie die Türkei zu fördern und zu fordern scheint und wie sie heute etwa auf Zypern gelten, oder früher in Jugoslawien und in der Tschechoslowakei galten. Ich hielte es für falsch, wenn man etwa sagen wollte: so und soviel Prozent für die Niedersachsen, so und soviel Prozent für die Kurden, so und soviel Prozent für die Türken und die Schwaben und die Vorpommern und die Tscherkessen, so und soviel Prozent für die Polen, so und so viel Prozent für die Sinti und Roma usw. usw. Ich meine: Alle Staatsbürger der Bundesrepublik müssen weiterhin gleiche Teilhaberechte besitzen. Wir wollen keine Gesellschaft der separaten Volksgruppen.
Kämpfen wir gemeinsam gegen Ausländerfeindlichkeit, Rassismus und Separatismus.
Heinz A. Richter: „Die weiße Kolonie“, FAZ, 17.12.2012, S. 7
Der arme Kreuzberger Blogger lädt Euch alle ein zu folgendem Konzert: Heilige Nacht. Arien und Lieder von Bach, Brahms u.a. Mit Irina Potapenko, Mezzosopran, Lala Isakova, Klavier, Johannes Hampel, Violine. Freitag 21. Dezember 2012, 20 Uhr, Schwartzsche Villa, Grunewaldstraße 55, 12165 Berlin. Eintritt 10.- (ermäßigt 8.- ).
Das besinnliche Denkbild zeigt ein kunstvoll durch den Zufall erzeugtes Rätsel: ein Weihnachtsbaum auf dem Fahrrad des Bloggers, abgestellt an der Wilhelmstraße vor dem Seniorenzentrum St. Johannes in Kreuzberg, im Hintergrund: der Radstreifen auf der Wilhelmstraße. Dahinter: die HÖLDERLIN-Apotheke.
Hölderlin sagt folgenden heilenden Spruch:
Nicht leicht verläßt
was nahe dem Ursprung wohnet
den Ort