Für die Freiheit des Einzelnen: Vom Sinn des Dreikönigstages

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Jan. 062018
 

„Unser Einsatz für die Freiheit des Einzelnen in einer dynamischen Gesellschaft, die auf sich vertraut, die war nicht hinreichend repräsentiert in diesem Papier.“
Das ist eine gute, gelungene Formulierung, mit der die FDP im November 2017 die quälend zähen Koalitionssondierungsgespräche abbrach!

Niemand hat damals diese Wendung „Freiheit des Einzelnen“ wahrgenommen. Sie steht sperrig, unverstanden in der heutigen deutschen Parteipolitik herum.

Fast alle maßgeblichen Parteien – CDU/CSU, SPD, Linke, Grüne, AfD – denken heute den Menschen zumeist vom Staat her. Sie teilen den Menschen nach politischem Ermessen Geld, Ressourcen, Wohnraum, Chancen zu. Ob es nun die Umverteilung von Geld oder die Umverteilung von Menschen ist – immer herrscht das Gebot des staatlichen Handelns vor. Der Staat gibt den Ton an! Die Gesellschaft soll folgen.

Die einfachen Bürger werden nicht befragt, ob sie das überhaupt so wollen. Wir gemeinen Bürger werden nicht gehört, ob wir daran glauben, was die staatliche Politik uns nach eigenem quantitativem Bedünken und schwankem Spiel des Augenblicks zumisst: so und so viel Geld, so und so viele Menschen (fälschlich „Flüchtlinge“ genannt) pro Jahr, so und so viele Elektro-Autos bis 2020, so und so viel C02-Ausstoß bis 2050. Alles wird geplant, bemessen, quantifiziert! Merk auf, o Einzelmensch in deiner Freiheit:

Wer Euro-Milliarden bedenkenlos hin- und herschiebt, der schiebt auch hunderttausende Menschen (fälschlich „Flüchtlinge“ genannt) bedenkenlos hin und her. Der Parteien Zank und Hader um die Menschenumverteilungsobergrenze (fälschlich „Flüchtlingsobergrenze“ genannt) war in meinen Augen der konzeptionelle Bankrott, der finale Offenbarungseid der drei Parteien CDU, CSU und SPD. Völlig zurecht sind diesen drei Mehrheitsparteien die Wähler in Scharen davongelaufen. Sie haben, wie wir in diesem Blog vorhersagten und wünschten, deutlich an Gesamtanteil verloren.

Denn die tiefschürfende inhaltliche Auseinandersetzung unterbleibt zwischen CDU/CSU und SPD. Die Politik plant, verfügt, bestimmt, schafft an.

Wer so sehr auf quantitatives Denken setzt wie diese drei famosen Parteien, der vergisst eben genau das, worauf die vielgescholtene Dreikönigs-FDP vielleicht noch einmal zurückkommen wird: die Freiheit des Einzelmenschen. Diese Freiheit schließt die Selbstverantwortung ein, sie schließt die Möglichkeit des Scheiterns ein. Sie verzichtet im Gegensatz zur jetzt noch herrschenden Politik auf weitreichende Planungssicherheit und vertraut auf die Gestaltungsmacht der Menschen, der Unternehmen, der Akteure!

Sie wird andererseits dann und nur dann gewährleistet, wenn die staatlichen Organe rechtstreu sind und rechtstreu bleiben und den rechtlichen Rahmen auch jederzeit sichern und durchsetzen und nicht in blanke Beliebigkeit in der Zuerkennung staatlicher Mittel abgleiten, wie dies leider derzeit oft und in viel zu großem Umfang der Fall ist.

Die Freiheit des Einzelmenschen ist das A und O der freiheitlichen Ordnung. Ohne sie ist alles Zahlenwerk mit hochtrabenden Plänen für die nächsten 5, 10 oder 50 Jahre für die Katz.

Hoffen wir an diesem Epiphaniastag, dass mehr und mehr Menschen in allen deutschen Parteien des überragenden Rangs der Freiheit des Einzelmenschen gewahr werden!

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März 192014
 

Die Politik und die Industrie verlangen immer stärker die Rundum-Verfügbarkeit aller erwerbsfähigen Menschen. Alle namhaften Parteien wollen die Erwerbstätigkeit von Frauen und Männern steigern, alle wollen vor allem, dass die Wirtschaftsdaten stimmen. Alle wollen vor allem, dass alle Frauen ab 18 und alle Männer ab 18 ein gesundes, zufriedenes Leben führen. Alle Erwachsenen sollen vor allem glücklich und zufrieden sein.

Keine Bundestagspartei traut sich hingegen, für die nicht wahlberechtigten kleinen Kinder und für die nicht mehr wählenden Uralten die Stimme zu erheben. Was wollen die nicht wahlberechtigten kleinen Kinder, was wollen die Uralten, all die Hunderttausenden von Pflegebedürftigen, die Dementen, die Inkontinenten, die „Altersweisen“ (wie ich sie nenne)? Antwort: Sie wollen und brauchen die Familie, das Nest, das Vater und Mutter bauen und sichern. Sie wollen und brauchen quirliges, nachwachsendes Leben, Geschwisterkinder, Enkelkinder, Zärtlichkeit, Fürsorge, wie sie eben auf lange Sicht nicht die Pflegedienste, nicht der Staat, nicht die Pflegeheime, die Kitas und Waisenhäuser, sondern nur die Verwandten leisten können. Die Geschlechterquote in den DAX-Vorständen ist ihnen egal. Equal Pay und  Girls Day geht ihnen so was am Allerwertesten vorbei. Die finanzielle Ausstattung der Pflegeversicherung schert sie nicht.

Die Sehnsucht aller Menschen richtet sich von Natur aus in den ganz frühen und den ganz späten Jahren auf Fürsorge, Verantwortung, Schutz, Geborgenheit, wie sie am besten die durch Vater und Mutter gebildete, durch Mutter und Vater getragene Familie bieten kann.

Es gibt in Deutschland keine einzige namhafte politische Partei, die der vollständigen Familie, die dem Glück der ganz Kleinen und der ganz Alten den Vorrang vor der Erfüllung von „Planzielen“, „Erwerbsquoten“, der „Sicherung des Sozialstaates“ einräumen würde. Keine traut sich das zu sagen. Dabei täte es dringend not. Der Kreuzberger Blogger selber trug dieses Ansinnen bei passenden Gelegenheiten übrigens mehrfach in der CDU vor und erhielt eine Abfuhr nach der anderen: „Wenn wir das sagen, was Sie Kreuzberger da vertreten und was ja auch richtig ist, dann wählen uns die Leute nicht.“ Feige nenne ich das.

Es ist also ein Überbietungs- und Feigheitswettbewerb der Parteien gegenüber dem Wahlvolk in Gang gesetzt. Welche Partei überbietet die andere im Glücksversprechen? Das ist die Gretchenfrage.

Im Mittelpunkt der heutigen Politik steht die femina oeconomica und der homo öconomicus. „Mütterlichkeit“ und „Väterlichkeit“ haben fast völlig ausgedient, der bundesdeutsche Sozialstaat hat sich zum fürsorglichen Leviathan gewandelt, der die Menschen trägt, nährt, sichert, zeugt, gebiert und beerdigt oder dies doch zumindest fälschlich zu leisten behauptet.

Über den überragenden, unersetzlichen  Rang der vollständigen, aus Mutter und Vater gebildeten Familie schreibt der Soziologe Walter Hollstein am 18.03.2014 in der Zeitung:

„Wir wissen empirisch sogar mehr. Wir kennen inzwischen die folgende Gesetzlichkeit: Es gibt einen klaren Zusammenhang von Vater-Präsenz und gesunder Entwicklung des Sohnes auf der einen Seite und von Vater-Absenz und der Gefahr des Scheiterns auf der anderen. Zum Spektrum dieses Scheiterns gehören innere Verwahrlosung, Sucht, Kriminalität, Gewalt, Depression und Suizid der allein gelassenen Söhne. Selbstverständlich brauchen auch die Töchter ihre Väter, etwa für den Erwerb eines realistischen Männerbildes – aber eben – belegterweise – doch weniger.“

via Väter sind wichtig – Nachrichten Print – DIE WELT – Debatte – DIE WELT.

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Wenn Blicke mehr als Worte sagen

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Apr. 122013
 

Gutes, gesammeltes Zuhören, ernstes Ringen um gemeinsame Einsicht, um das gute verbindende Wort bei Anne Will am 24.03.2013! Gesine Schwan, Jürgen Trittin, Edmund Stoiber, Nikolaus Blome und Anne Will lauschen im besten Sinne hellhörig, unverwandten Blicks mit beredten Mienen und buchstäblich offenen Ohrs und offenen Mundes den Ausführungen von Bernd Lucke. Es lohnt sich, diesen Mitschnitt der Talkshow mit stummem Ton anzusehen und sich in die Empfindungen der Lauschenden, der miteinander Redenden hineinzuversetzen!

Die weidlich erprobten Gesine Schwan, Jürgen Trittin, Anne Will, Nikolaus Blome, Edmund Stoiber scheinen in all ihren unwillkürlichen, auch vom geschicktesten Profi nicht steuerbaren, von der Kamera jedoch unbestechlich eingefangenen Gemütsäußerungen dem unerfahrenen Talkshow-Neuling Bernd Lucke zuzustimmen. Ihre Blicke besagen meines Erachtens eindeutig: „Bernd Lucke hat ja recht … “ Das ehrt alle!

Kuckt euch das erst einmal ohne Ton an.

Dank an alle Beteiligten, für Psychologen höchst sehenswert!

Alternative für Deutschland im Ersten – YouTube.

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Feb. 252013
 

Die Geschwindigkeit, mit der die politische Mitte sich tatsächlichen oder gefühlten Mehrheiten, die oft nur angezüchtete Bequemlichkeiten sind, anpasst, ist immer wieder herzerfrischend.  „Was darf’s denn jetzt wieder sein?“, lautet die Frage nach jeder Meinungsumfrage. Entscheidend ist meines Erachtens, dass die CDU derzeit den Bürgern und vor allem dem Hauptstrom der veröffentlichten Meinung immer mehr Zugeständnisse macht und oft nicht erkennbar ist, wofür sie steht.

Vor allem schreitet die Demontage des Gedankens der Familienverantwortung und die Unterhöhlung der Verantwortung des Einzelnen für andere und für sich selbst in atemberaubenden Tempo voran. In wahrlich nicht nebensächlichen Fragen wie den Anrechten der kleinen und allerkleinsten Kinder auf Leben und auf ihre beiden Eltern, Kritik an der routinemäßig vorgenommenen Abtreibung (etwa 100.000 pro Jahr in Deutschland), Kritik am vorherrschenden Materialismus, Kritik an der „Religion des Geldes“ (wie dies Väterchen Karl Marx nannte) hat die politische Mitte die Fahnen weitestgehend eingezogen. Hier sind es unter den Institutionen nur noch die Religionsgemeinschaften (Christen, Juden, Muslime), die nicht eingeknickt sind.

Allerdings sollte man, wenn man die Mann-Mann-Ehe und die Frau-Frau-Ehe de facto und steuerrechtlich der Mann-Frau-Ehe gleichstellt, dann schon richtig Nägel mit Köpfen machen! Man sollte dann fragen, ob man auch die nach dem Recht der Scharia geschlossene Ehe eines Mannes mit bis zu vier Frauen gleichzeitig (ein häufiger Fall, der im deutschen Sozialrecht routinemäßig anerkannt wird) ebenso zulassen und steuerlich fördern muss wie die Ehe einer Frau mit bis zu vier Männern gleichzeitig (die freilich nach islamischem Recht nicht zulässig ist, aber nach dem Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes selbstverständlich ebenfalls anerkannt werden muss). Die Diskussion muss geführt werden. Ich bitte darum.

Weitere Beispiele: Die Energiewende ist in der jetzigen Form ein Stück staatsdirigistische Planwirtschaft und droht sogar die Idee der Marktwirtschaft zu beschädigen. – Die plötzliche Abschaffung der Wehrpflicht war unbedacht. – Das viermalige Umschwenken im Atomenergie-Kurs hat viele überfordert, die es zu verstehen suchten. – Die viele Millionen Familien prägende historische Erfahrung der Vertreibungen der Polen, Juden, Ungarn, Slowaken, Tscherkessen, Deutschen, Armenier, Ukrainer, Griechen, Türken usw. von 1917 bis 1949 wird nicht mehr angesprochen, stattdessen wird das nachgeplappert, was ein Meinungskartell über die alleinige Schuld Deutschlands an allem Bösen, das seit 28.06.1914 in Europa geschah, nahezu ausschließlich zu Lasten der Deutschen anschreibt bzw. voneinander abschreibt. Es fehlt demnach der CDU auf Bundesebene empfindlich an einer sinnvollen Geschichts-, Erinnerungs- und Sprachenpolitik. Das Thema „deutsche Nation“ oder „deutsche Sprache“ ist weitgehend unbearbeitet, so überlässt man es lieber fast ausschließlich den Rechtsextremen und einigen Grünen.

Es fehlt der Union an einer breiten inhaltlichen und personellen Aufstellung. Das individualethische Moment – „Es kommt mehr auf das richtige Handeln der Personen an, nicht auf die Verhältnisse“ – ist in der gesamten politischen Öffentlichkeit meines Erachtens nicht mehr so recht erkennbar. Es herrscht eine links-kollektivistische Ethik vor. Deren Credo lautet: „Der Staat, die Politik muss erst einmal die richtigen Rahmenbedingungen setzen, dann werden wir Bürger auch anfangen, uns richtig zu verhalten.“

Die CDU droht sich derzeit zu ihrem eigenen Schaden komplett in der linken Mitte einzunisten und einzuhausen: staatsdirigistisch lenkend, mehr auf die aktuellsten Meinungsumfragen und Massenmedien des Hauptstroms als auf die Bürger und das Volk hörend. Versprechend, lockend, schmeichelnd, verwöhnend! Letztes Beispiel: die Abschaffung der Studiengebühren in den letzten beiden verbleibenden Bundesländern, die sie noch erhoben. Erneut ein Einknicken vor der bequemen Standardformel, mit denen die Bürger von den Politikern eingelullt werden: „Oh Staat, wenn du etwas von willst, musst du uns mehr für das Dasein und das Leisten zahlen! Liebe Politik, Du musst uns das Leben schöner, einfacher, reicher machen!“

Was mir persönlich große Sorgen bereitet, ist genau dieser Populismus der Mitte.

 Posted by at 13:43
Mai 252011
 

„Immer sind die anderen schuld.“ Dies ist das Ergebnis unserer langjährigen philosophisch-politischen Betrachtungen.

Ich habe noch von keiner der 5 großen Berliner Parteien das Anerkenntnis gehört:  „OK Jungs. Wir geben es zu. Wir waren dabei. Wir haben mitgemacht und haben kräftig davon profitiert.“

In meinen kühnsten Entwürfen hab ich mir mal gewünscht, dass eine Partei oder alle Parteien den Mut fänden, etwa folgendes zu erklären:

Mitschuld an Schulden eingestehen – um Vertrauen werben!

Wir vertrauen dem Menschen und wir bitten um das Vertrauen der Menschen. 

Wir bekennen uns darum als Berliner Partei XYZ ausdrücklich und feierlich zu unserer wesentlichen Mitschuld an dem heutigen Zustand des Landeshaushaltes.  Denn auch die Berliner Landesregierungen und die Bezirksregierungen mit [setze deinen Parteinamen ein!] XYZ-Beteiligung haben die bekannten, seit 1989 absehbaren Fehlsteuerungen nicht verhindert, sondern waren ein tragender Teil davon. Allzu leichtfertig sind wir mit öffentlichem Geld umgegangen. Wir haben staatliche Mittel im Übermaß verteilt und zu viele ungedeckte Sicherheiten und Bürgschaften auf die Zukunft ausgeschrieben. Wir erklären hiermit entschlossen unseren Abschied vom alten Muster der staatsverquickten Verteilungspolitik, wie sie sich in beiden Hälften der Stadt Berlin auf so unverantwortliche Weise seit dem Mauerbau am 13. August 1961 über Jahrzehnte hinweg herausgebildet hat.

Die alte Verteilungspolitik, die bekannte Günstlingswirtschaft, der bürgerverhätschelnde Staatssozialismus, an dem die Stadt heute noch leidet, ist nicht mehr der Weg der Berliner Partei XYZ.

Stattdessen werden wir die Bürger ermutigen, ihr Schicksal im Geist der großartigen friedlichen Revolution von 1989 in die eigene Hand zu nehmen. Wir wollen, dass die Menschen für ihr Wohlergehen selber arbeiten statt weiterhin wie gewohnt die Segnungen und Vergünstigungen des bemutternden Staates einzufordern. Wir setzen unser Vertrauen nicht vorrangig in die Regelungsmechanismen des Staates, sondern in die Kreativität, den Fleiß und die Tatkraft der Menschen.

Die Bürger sollen sich ihre Stadt vom verwöhnend-ohnmächtigen und deshalb bis zur Halskrause verschuldeten Staat zurückholen. Leistung, Gemeinsinn, Redlichkeit, die persönliche Verantwortung des Einzelmenschen und der Familien, der Respekt voreinander, die Fürsorge der Menschen füreinander, die jüdische, christliche, muslimische und atheistisch-humanistische Nächstenliebe, die Einhaltung der Regeln des zivilen Zusammenlebens: zu diesen Tugenden und Grundwerten bekennen wir uns hiermit als die XYZ-Partei Berlins. Aus diesen grundlegenden Elementen wird die lebendige, die starke Bürgergesellschaft unserer gemeinsamen, zu unserem Glück nicht mehr geteilten Stadt zusammenwachsen.  

Daran glauben wir. Dafür arbeiten wir. Dafür treten wir im Dienst des Gemeinwohls an. An diesen Werten wollen wir gemessen werden.

Ob wohl irgendeine Partei in Berlin sich finden wird, die ein derartiges Bekenntnis ablegt? Mich würde es sehr freuen! Die Berliner würde es auch freuen!

Und diese Partei – die es leider nicht zu geben scheint – würde auf einen Satz 7-8% zulegen. Sie würde mit Sicherheit in die nächste Stadtregierung gelangen.

Also – Berliner Parteien! Gebt euch einen Ruck! Warum nicht einmal eigene Schuld an Schulden eingestehen, wenn’s der Machterweiterung dient?

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Mai 222011
 

Und wieder hat die CDU deutlich verloren, während die Grünen sich als westdeutsche Volkspartei  der Akademiker und der Jungen festsetzen.

Berliner Zeitung – Aktuelles Politik – Rot-Grün gewinnt in Bremen – CDU auf drittem Platz
CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe sprach von einer «schmerzhaften Niederlage» und einer «herben Enttäuschung». Er betonte in der ARD: «Es ist schwer, Volkspartei in einer Großstadt zu sein.»

Nicht unbedingt.  Ich meine, die CDU könnte durchaus auch in Großstädten wie etwa Bremen oder Berlin Volkspartei sein. Bedingungen: Klare Erkennbarkeit mit klaren Themen. Dasselbe in schwarz, was auch die Roten oder die Grünen anbieten? Reicht nicht! Zumal ja neokonservative Grüne wie etwa Kretschmann, Künast und neuerdings auch Özdemir erfolgreich in zentrale Themen wie Familie, Eigenverantwortung und Wirtschaftsförderung einsteigen. Kantigkeit, Griffigkeit sind gefragt.

In Berlin wäre es meiner festen Überzeugung nach ein anderes Verständnis vom Zusammenspiel zwischen Staat und Mensch, womit die CDU punkten könnte.

Die linken Parteien vertrauen dem zentral gelenkten Staat, setzen auf den Staat, erwarten fast alles von der fürsorglichen Politik, kämpfen um den Staat. Sie nehmen Politik wahnsinnig ernst.

CDU sollte auf „das Volk“ vertrauen, auf die einzelnen Menschen, die kleinen Einheiten, also Familie, Kita, Unternehmen und Schule. Die CDU sollte sich selbst und auch die Politik nicht so wahnsinnig ernst nehmen.

Berlin leidet weiterhin an einer jahrzehntelangen Überversorgung durch staatliches Geld, die letztlich neben zahlreichen Skandalen und einer gigantischen Verschuldung zu einer Lähmung der Eigenkräfte geführt hat und als Aufforderung zur Ausplünderung des Staates gewirkt hat und wirkt.

Passivität, Staatsgläubigkeit und Anspruchshaltung herrschen in Berlin vor. CDU-Politik muss diesem verheerenden Syndrom eine Absage erteilen.

Hier muss sich die CDU bewusst und kraftvoll absetzen. Sie kann ruhig zeitgemäß, aktuell, peppig und was auch immer sie will sein. Aber sie muss ihren Kernbestand hegen und pflegen: den subsidiären Freiheitsbegriff, das Vertrauen in die Verantwortung des Menschen. Kernbotschaft könnte etwa sein: „Ich trau es dir zu!“

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Mai 312010
 

Volksparteien aufgepasst! Für geradezu vorbildlich halte ich das, was der Bundesvorsitzende einer bekannten deutschen Volkspartei heute in der Berliner Morgenpost auf S. 2 verlauten lässt. „Lebendige Formen der innerparteilichen Auseinandersetzungen“, „Abrechnung der Basis mit der Führung“, „Wir sind zu sehr ein closed shop“ – das sind alles Aussagen, die ziemlich genau zu meinem Leitbild der „Lernenden Volkspartei“ hinführen. Beständiges Lernen, systematisches Einüben von Wandel, Einüben der Gestaltung von politischen Prozessen, Öffnen der Partei hin zu den weiten Kreisen des Volkes, die heute keinerlei Andockmöglichkeiten bei Parteien sehen – dies werde ich nicht müde innerhalb meiner Partei zu fordern.

Dass der Vorsitzende einer deutschen Volkspartei sich an die Spitze solcher Leitworte setzt, nötigt mir Respekt ab.Welche Partei könnte gemeint sein? Ratet!

Selbsterkenntnis tut zwar erst einmal weh. Aber sie ist der erste Schritt zur Besserung. Dies gilt für alle Parteien.

Interne Studie – Zustand der Partei schockiert den Vorsitzenden – Politik – Printarchiv – Berliner Morgenpost

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Politik durchlässiger gestalten!

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März 302010
 

In den alten griechischen Demokratien, in der römischen Republik war es üblich, dass Bürger aus ihrem angestammten Beruf zeitlich befristet „vom Ackerpflug weg“  in die Politik wechselten und dann nach Erfüllung ihrer vaterländischen Pflicht wieder ins Privatleben zurückkehrten. Nicht so heute! Wer heute ein politisches Amt erlangt, hat sich in fast allen Fällen über Jahrzehnte hinweg mühsam die Parteikarriere emporgearbeitet. Idealerweise wird man in eine Partei-Familie hineingeboren. Man läuft dann einfach mit. Mit wenigen Ausnahmen gilt: Nur aus einer Parteikarriere heraus gelingt der Einstieg in ein politisches Amt. Die Parteien sind – entgegen den Vorschriften des Grundgesetzes – die eigentlichen Machtzentren in der deutschen Politik. Extra partes – nulla salus! Wer das nicht begreift, wird es nie zu politischer Macht bringen! Er wird vielleicht einmal außer der Reihe „berufen“, aber sein politisches Schicksal wird um so mehr von der Partei abhängen, die ihn „gerufen“ hat.

Um so mehr Hochachtung nötigen mir parteilose Kandidaten wie etwa der Neuköllner Bundestagskandidat Yusuf Bayrak ab. Er hat 1,5% eingefahren – das ist eine große Leistung. Denn er hatte keinen Apparat hinter sich, er trat als Einzelperson an. Das verleiht ihm höchste Glaubwürdigkeit. Davon konnte ich mich erst kürzlich bei einer Veranstaltung persönlich überzeugen, als er sich zu Wort meldete und sagte: „Wissen ist Pflicht.“

Die Berliner Zeitung meldet heute von der Skepsis der Bürger gegenüber den Parteien:

Nußbaum als Vorbild?

Auf die Frage, welchen politischen Hintergrund künftige Berliner Spitzenkandidaten haben sollen, spricht sich eine knappe Mehrheit (52 Prozent) für „eher parteipolitisch ungebundene Personen“ aus. Nur 31 Prozent möchten die Spitzenkandidaten aus dem Fundus des bereits bekannten Parteipersonals rekrutiert sehen.

Kein Bäumchen-wechsle-dich im Parlament – Berliner Zeitung

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Jan. 112010
 

Einer, der sich gut auskennt in der Politik, ist mein Vater. Ihn fragte ich als kleiner 10-jähriger Bub nach dem Unterschied zwischen SPD und CDU/CSU.  Seine Antwort lautete: „In vielem stimmen sie überein.“ Das schockierte mich, denn die Schwarzen und die Sozen bekämpften einander erbittert. Warum, wenn sie doch in vielem übereinstimmten?

Mein Vater fuhr fort: „Aber der Unterschied ist: Die SPD will mehr Gleichheit, mehr Gerechtigkeit, mehr Verantwortung des Staates. Die Union will mehr Freiheit, mehr Verantwortung des einzelnen, der unteren Ebenen. Die Union hat kein so starkes Vertrauen in die Regelungskraft des Staates, sie hat mehr Vertrauen in die Verantwortung der einzelnen Menschen. Die SPD verlangt mehr vom Staat. Der Staat soll es richten.“ Das verstand ich einigermaßen, war aber doch der Meinung, dass irgendwann eine der beiden Parteien „recht bekommen“ würde. Ich glaubte als Kind, dass sich irgendwann herausstellen musste, dass entweder die SPD oder die CSU recht hatte.  Irgendwann würde nur noch eine Partei übrigbleiben, glaubte ich, und der ganze Streit hätte endlich ein Ende.

Heute glaube ich das nicht mehr: Ich glaube, dass die Demokratie sogar auf dem streitigen Gegeneinander von nicht austauschbaren Positionen beruht. Ferner glaube ich, dass weiterhin die Union und die SPD durch ein unterschiedliches Verständnis dessen geprägt sind, was der Staat leisten und nicht leisten kann.

Man kann dies wunderbar zeigen an den Integrationsvorstellungen für die Stadt Berlin, wie sie Bürgermeister Wowereit kürzlich entfaltet hat: Mehr Beratung, mehr Förderung, mehr Fürsorge und Unterstützung der Bürger durch den Staat. Mehr Geld für Quartiersmanagement und Stadtteilmütter.  Das Zusammenwachsen der Stadt Berlin sieht Wowereit nunmehr als Kernaufgabe seines Senats. Im nächsten Doppelhaushalt stellt er deshalb erhebliche Mittel bereit. Der Tagesspiegel kommentierte:

Wowereit ist als neuer stellvertretender SPD-Vorsitzender zuständig für Stadtpolitik; da kann er, wenn er noch mehr will, es sich nicht so leicht machen. Statt fatalistischer Äußerungen wie jener, er würde seine Kinder auch nicht in Kreuzberg zur Schule schicken, braucht Wowereit hier jetzt Erfolge. Er weist zurecht auf sinnvolle Projekte wie das Quartiersmanagement hin; aber das reicht nicht. Das beitragsfreie letzte Kitajahr ist wichtig, aber zu wenig. Er kündigt an, mehr Ausbildungs- und Arbeitsplätze zu schaffen; er sagt aber nicht, wie das gehen soll.

Ich hingegen sehe das Zusammenwachsen der Stadt Berlin als Kernaufgabe von uns Bürgern. Zu diesem Zweck vertrete ich das Leitbild von der „Zusammenwachsenden Stadt“. Dieses Leitbild müssen die Bürger mit Leben füllen. Deshalb sage ich nicht nur: „Ich würde meine Kinder in Kreuzberg in die Schule schicken“, sondern ich tue dies auch.

Die Parteien können uns beim Zusammenwachsen helfen, aber sie können es uns nicht abnehmen. Auch Armin Laschet weist letztlich allen Bürgern diese Verantwortung zu: Jedem Bürger obliegt es, den Aufstieg zu erarbeiten. Der Staat kann allenfalls helfen, aber er kann es nicht selber für die Bürger machen.

So widerspreche ich also all jenen, die von einer immer stärkeren Angleichung der beiden großen Volksparteien sprechen. Im Bundesland Berlin trifft dies zwar in gewissem Sinne zu. Ja, wir beobachten hier sogar die Kuriosität, dass die CDU einige Jahre noch staatsverflochtener, noch staatsverquickter war als die SPD. Mit schädlichen Folgen für das Selbstverständnis dieser Partei.

Aber grundsätzlich bin ich überzeugt: Die CDU lässt das Gemeinwesen von unten nach oben wachsen. Die SPD greift von oben her ordnend und ausgleichend ein.

Ich bin für die Konturierung der Gegensätze, nicht für den weitgehenden programmatischen Ausgleich zwischen den Volksparteien. Darüber lesen wir heute im SPIEGEL:

Gefahr von der Basis – SPIEGEL ONLINE – Nachrichten – Politik
Die Tatsache, dass so viele Wähler schwanken, hängt auch mit der in der Öffentlichkeit konstatierten völligen Austauschbarkeit von Positionen der großen Parteien zusammen. Die Tatsache, dass sich gerade in der Großen Koalition die politischen Partner doch letztlich thematisch sehr nahe waren, machte ein Umschalten der Wähler zu einer anderen Partei eher möglich.

 Posted by at 17:50
Juni 062009
 

05062009.jpg Die wichtigste Tat heute: Zusammen mit den fünf türkischen und arabischen Nachbarskindern reinigen wir den gesamten Innenhof des Nachbarhauses: überall lagen Windeln, Glasscherben und sonstiger Müll herum. „Ramadama“ hieß das in München. Danach macht das Spielen mehr Spaß. Die Kinder formen einen Turm aus Sand. „Das ist ein Gefängnis“, sagen sie.

Im Vorbeigehen, am Fuße des Kreuzbergs, spreche ich mit einigen Vertretern der Friedrichshain-Kreuzberger Linkspartei. Sachlich erkennen wir große Unterschiede, aber es wird gleich klar: wir respektieren einander. Und es macht sogar Spaß mit ihnen zu streiten. Wir kommen überein, dass alle morgen bei den Europawahlen wählen gehen sollen. Auf keinen Fall sollte man den Europawahlen fernbleiben.

Das Plakat „Stadtpolitik statt Parteipolitik“ fing ich gestern in Dresden ein. Ich werte es als Dokument eines tiefen Misstrauens gegenüber den „Big Five“, den fünf großen Parteien.

 Posted by at 22:54

Socialisti e Popolari perdono pezzi, boom degli Euroscettici

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Mai 252009
 

Einige klare europaweite Trends zeichnet das italienische Magazin Panorama in seiner neuesten Ausgabe heraus:

1. Noch einmal leicht fallende Wahlbeteiligung auf nur noch knapp über 40 Prozent. 2. Sehr viele Neulinge im Parlament. 3. Verluste der beiden wichtigen großen Fraktionen, also der Sozialisten und der Volksparteien (zu denen die deutsche CDU gehört). 4. Starke Zunahme der euroskeptischen und nationalistisch gesonnenen Parteien, die die EU eigentlich ablehnen.

Alterspräsident wird vermutlich Jean-Marie Le Pen, der Franzose soll aber nicht die erste Sitzung eröffnen. Statt dessen wird unser Hans-Gert Pöttering, der amtierende Parlamentspräsident, vorgeschlagen.

L’Eurocamera che verrà: Socialisti e Popolari perdono pezzi, boom degli Euroscettici » Panorama.it – Mondo
La prima sessione del nuovo Europarlamento non sarà presieduta dal leader del Front National francese Jean Marie Le Pen (gli sarebbe toccato in quanto membro più anziamo). Il regolamento sarà cambiato per fare parlare invece Hans Poettering, il presidente uscente. “I leader si sono consultati e una persona che non condanna l’Olocausto” ha detto Poettering, “non è la più indicata per la prima sessione”. Ma il leader dell’ultradestra transalpina avrà comunque le sue soddisfazioni: il gruppo degli euroscettici e dei partiti nazionalisti potrebbe raggiungere dimensioni mai viste prima.

Alle diese Daten können uns nicht beruhigen. Sie sind zusammengenommen ein Alarmzeichen. Wir müssen Europa stärker machen als es im Moment dasteht. Wie? Darüber sprechen wir noch! Ein Mittel: Mehr Berichte aus anderen Ländern. Ein Anfang ist hiermit gemacht!

 Posted by at 12:40
Apr. 102009
 

„Die politische Klasse hat unser Wahlsystem in eigener Sache derart pervertiert, dass die Abgeordneten gar nicht mehr vom Volk gewählt werden, wie es das Grundgesetz verlangt. Wen die Parteien auf sichere Plätze setzen – und das ist oft die große Mehrheit der Abgeordneten -, der ist lange vor der Wahl praktisch schon „gewählt“, bloß eben nicht von den Bürgern“ (S. 42).

Mit diesen Worten zitierten wir am 02.07.2008 den Juristen Hans Herbert von Arnim. Bundespräsident Köhler hat in seiner Paulskirchenrede ebenfalls Änderungen im Wahlrecht gefordert. Thomas de Maizière wiederum sprach treffend von der „Feigheit“ der Politiker, nennt unser heutiges föderales System gerne ein System der organisierten Verantwortungslosigkeit. (Dieses Blog berichtete am 31.03.2009). Ihr seht: Die Meinungsfreiheit steht in der Bundesrepublik Deutschland nicht nur auf dem Papier. Jede und jeder darf seine Kritik öffentlich aussprechen – auch jene, die selbst führend am Funktionieren des Systems beteiligt sind. Das ist schön!

Aber kaum jemand führt eine derart offene Sprache wie Peter Gauweiler: „Wir haben vor Feigheit gestunken„, wird er in Spiegel online zitiert. Mit diesem Diktum fasst er seine Beobachtungen über das Verhalten der Bundestagsabgeordneten, deren einer er selbst ist, zusammen.

Er habe den Eindruck, „dass Abgeordnete, die eigenständig über das eigene Land reden wollen, nicht mehr erwünscht sind“, so der Bundestagsabgeordnete.  „Was mich beunruhigt, ist, dass das Funktionieren im System so kritiklos hingenommen wird. Das gefährdet die Demokratie.“

„Das Funktionieren im System wird kritiklos hingenommen.“ Gauweiler beklagte insbesondere, dass die Fraktionsführung der Union bei wichtigen Themen, etwa der Abstimmung über die Erbschaftsteuerreform, massiv Druck auf Abweichler ausgeübt habe. „Da wurden bis zum Schluss Abgeordnete, die ihr abweichendes Votum bereits angekündigt hatten, in einer Weise geknetet und gedreht, dass es einem schlecht werden konnte.“

Duckmäusertum, Stromlinienförmigkeit, Bequemlichkeit – diese Haltungen seien vorherrschend. Eine Kontrollfunktion übe das Parlament nur unzureichend aus. Er schlägt deshalb – wie dieses Blog am 27.03.2009 – eine Stärkung der Direktkandidaturen vor, ja der bajuwarische Rebell möchte die Listenwahl ganz abschaffen.

Ich meine dazu: Wir brauchen dringend eine Rückbesinnung auf die klassische Gewaltenteilung. Das Parlament als Gesetzgeber, die Regierung als ausführende Gewalt, die Justiz als richtende Gewalt: das sind die „drei Gewalten“, die voneinander weitgehend unabhängig handlungsfähig sein müssen. Der deutsche Bundestag ist jedoch in der Tat über weite Strecken zu einem Akklamationsorgan, zu einer Mehrheitsbeschaffungsmaschine für die Regierung verkommen. Allein die Zahl der Gesetzesinitiativen des Bundestags ist in der laufenden Legislatur im freien Fall begriffen, alle wesentlichen Vorlagen kommen von der Regierung. Die Fraktionen haben fast keine Kraft, eigene Vorstellungen streitig durchzusetzen. Insofern gebe ich Kritikern wie Gauweiler, von Arnim oder de Maizière recht.

Mein Eindruck ist: Die Parteien sind insgesamt in der Bundesrepublik Deutschland viel zu mächtig geworden. Die verfassungsmäßige Gewalt der Legislative ist mittlerweile insgesamt viel zu schwach, weil sie mit der Regierung über die weit stärkeren Parteien verkoppelt ist.

Woran liegt das? Wie lässt es sich ändern?

Man stelle sich vor, jemand strebte in das Parlament, der genau dies zu seinem Programm erhöbe: Stärkung der drei voneinander unabhängigen Gewalten, Machteindämmung der Parteien, Ertüchtigung der Legislative, stärkere Kontrolle der Regierung durch das Parlament, insbesondere mit dem heiligen Recht jedes Parlaments, nämlich dem Budgetrecht! Würde so ein Kandidat Erfolg haben? Er müsste ja bei einer Partei anklopfen und sagen:

„Bitte stellt mich auf! Denn ich habe etwas Schönes vor: Ich möchte die Vormachtstellung der Parteien auf ihren grundgesetzlich vorgesehenen Mitwirkungscharakter einschränken! Ich möchte, dass die Abgeordneten – wie im Grundgesetz vorgesehen – ausschließlich den Interessen des Volkes und dem eigenen Gewissen verpflichtet sind, und ich werde deshalb in allen wesentlichen Fragen keine Anweisungen von euch  annehmen. Ich will dich, die Partei, und die anderen Parteien, zu guten, also zu schwächeren Parteien machen. Bitte stellt mich auf!“

Wie wird die Partei auf so etwas reagieren? Antwort: Sie wird es vermutlich gar nicht so weit kommen lassen. Ein solcher Kandidat wird es nicht einmal bis zum Anklopfen schaffen. Überall haben in den oberen Führungsgremien der Parteien die loyalen, altgedienten Parteisoldaten das Sagen. Die Hauptfrage lautet für die Parteien zumeist: Wie erringen wir mehr Macht für uns? Auf wen können wir uns dabei verlassen?

Fundamentalkritiker wie Peter Gauweiler, Thomas de Maizière, Horst Köhler oder Hans Herbert von Arnim mögen gut reden – aber stets im Nachhinein. Sie haben eine Fülle von Beobachtungen gesammelt und können es sich aus der errungenen Stellung heraus leisten, auch recht hart mit ihren Standesgenossen ins Gericht zu gehen. Hätten sie Ähnliches bereits zu Beginn ihrer Karriere vom Stapel gelassen, sie wären gar nicht erst so weit gekommen. Schade für das Ganze!

Wird Peter Gauweiler noch je einmal in ein Parlament kommen in diesem Leben? Ich bezweifle es. Würde ich eines Besseren belehrt – dann machte ich einen Luftsprung.

Trotzdem gut, dass es noch tapfere, aufrechte Menschen wie ihn gibt.

Ich selbst habe übrigens in diesem Blog etwas eingeführt, was euch merkwürdig anmuten mag: Ich nenne bei Politikern fast nie die Parteizugehörigkeit. Ist es euch aufgefallen? Denn jeder Politiker muss für das einstehen, was er sagt. Verantwortung ist immer persönlich.

 Posted by at 15:34
Feb. 182009
 

In der BBV ging es gestern um die Marchlewskistraße – benannt nach Julian Marchlewski, zusammen mit Rosa Luxemburg ein Herausgeber der ersten polnischen sozialdemokratischen Zeitschrift.

So musste ich danach unbedingt zur Diskussionsveranstaltung mit Vera Lengsfeld, Halina Wawzyniak, Manfred Scharrer, Manfred Wilke hechten! Ich kam etwas zu spät, kriegte aber doch noch das meiste mit. Beachtlich fand ich das Podium: alle sprachen zur Sache, niemand bemühte sich, einen billigen Punktgewinn auf Kosten anderer einzufahren, und sogar im Publikum regte sich die eine oder andere Stimme, die die Bereitschaft zu erkennen gab, eigene Positionen und Vorurteile zu überdenken.

Allerdings waren im Publikum diese nicht so festgelegten Stimmen in der Minderheit. Egal, auch Rosa Luxemburg vertrat eine winzige oppositionelle Splittergruppe innerhalb der damaligen Arbeiterbewegung, sie gewann bei den Wahlen sogar noch weniger Stimmen als selbst die CDU in Friedrichshain-Kreuzberg – trotzdem sprechen wir heute noch über sie.

Halina Wawzyniak sagte auf die Gretchenfrage nach Revolution und Sozialismus sinngemäß: „Einen Sozialismus, wie ich ihn wünsche, hat es bisher noch kein einziges Mal gegeben.“ Das hat Dubcek fast wortgleich 1968 damals in Prag verlauten lassen. „Einen  Sozialismus, wie wir ihn wollen, hat es bisher noch nicht gegeben.“ Ganz oft habe ich das schon gehört: „Das war alles kein Sozialismus, wie wir ihn wollen, was wir bisher erlebt haben! Wir müssen es endlich einmal richtig probieren!“

Man könnte auch sagen: Das war alles kein realer Sozialismus, sondern … ja was?  –  ein irrealer Sozialismus, das alles, was in 60 Ländern weltweit schon ausprobiert worden ist. Aber fast alle Sozialisten sind bisher mit genau diesem Versprechen aufgetreten: WIR machen jetzt aber alles ganz anders – besser!

Was würde Karl Marx zu so einer Aussage sagen? Vermutlich würde er entgegendonnern: „Abstrakt-idealistisches Denken, undialektisch, man kann einen Begriff nicht von seiner Wirklichkeit trennen.“ Was würde Rosa Luxemburg dazu sagen? Mir fällt ihr Ausspruch ein. Er steht in ihrer Artikelserie Sozialreform oder Revolution? aus der Leipziger Volkszeitung von 1898. Sinngemäß lautet er: „Man kann im Geschichtsbüffet nicht heiße Würstchen und kalte Würstchen auswählen.“ So glaube ich im Gefolge Rosa Luxemburgs: Entweder man ist für den Sozialismus, das schließt ein, das man ihn in seinen bisherigen Erscheinungsformen grundsätzlich bejaht, so unvollkommen diese auch gewesen sein mögen.

Oder man lehnt den bisherigen Sozialismus ab – und dann wird man es sehr schwer haben zu begründen, weshalb die Wähler einem Zutrauen entgegenbringen sollten, dass es diesmal besser klappt.

Meine Vermutung: Die Linke macht noch einmal den Prozess durch, den die SPD vor ihrem Godesberger Programm durchlief – das Sich-Lossagen vom Klassenkampf, von der Diktatur des Proletariats. Sie könnte zu einer sozialdemokratischen Partei vor Godesberg werden, etwa im Sinne der Sozialreformer wie Eduard Bernstein, gegen die Rosa Luxemburg so erbittert kämpfte.

Solange sie aber an Karl Marx, an Rosa Luxemburg festhält, wird man auch annehmen dürfen, dass sie zum gegebenen Zeitpunkt die „Umwälzung aller Verhältnisse“ herbeiführen will. Man kann das Systemwechsel nennen oder auch Revolution.

Aber sind Karl Marx und Rosa Luxemburg für Die Linke noch maßgebliche Vorkämpfer? Die Frage blieb gestern in meinen Augen unbeantwortet.

Manfred Scharrer hob in aller Deutlichkeit hervor: Luxemburg bekämpfte auf Biegen und Brechen die neu entstandene Weimarer Republik. Sie wollte den Bürgerkrieg.

Vera Lengsfeld: „Für mich ist Freiheit der übergeordnete Wert, Gerechtigkeit ist mir zu unklar.“

Es war spannend, ein Abend, der geprägt war durch große Fairness auf dem Podium und eine hochinteressante Zusammenstellung an klugen Menschen. Bitte mehr davon!

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