Sollte der deutsche Staat den in Deutschland lebenden Frauen die Menschenrechte sichern?

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Juni 032024
 

„Den Großteil meiner Tage verbrachte ich damit, meiner Mutter im Haushalt zu helfen. In dieser Zeit überbot sie sich selbst in psychischen und körperlichen Grausamkeiten. Man sah mich als Hure und als Schande, als Satan und Verräterin. Meine Taten waren einer muslimischen Frau nicht würdig und das ließ man mich spüren. Es verging keine Woche ohne körperliche Gewalt. Irgendwann nahm ich es hin, so wie meine Mutter es wahrscheinlich auch hinnahm, so wie Tausende Frauen in einer ähnlichen Lage es wohl täglich hinnehmen. Manchmal schlug mein Mann mich so schlimm, dass die Verletzungen nicht von allein heilten. Dann brachten mein Vater oder mein Mann mich zu Ärzten, die sie kannten, und nahmen mich nach der Behandlung gleich wieder mit nach Hause. Die Kontrolle über mich zu haben, war meinem Vater so wichtig, dass er sich tatsächlich dazu herabließ, sich mit mir in ein Auto zu setzen. Landete ich doch einmal im Krankenhaus, ließ ich mich, so schnell es ging, entlassen, um wieder bei meinen Kindern zu sein.“

Zitat: Latife Arab: Ein Leben zählt nichts. Wilhelm Heyne Verlag, 3. Auflage, München 2024, S. 126

„Es verging keine Woche ohne körperliche Gewalt. Irgendwann nahm ich es hin, so wie meine Mutter es wahrscheinlich auch hinnahm, so wie Tausende Frauen in einer ähnlichen Lage es wohl täglich hinnehmen.“

In einer Art Sklaverei, einer häuslichen Gefangenschaft werden wohl tausende Frauen in Deutschland gehalten. Körperliche und seelische Gewalt, verübt durch Frauen und Männer, Unmündigkeit, Freiheitsberaubung durch die eigene Familie prägen ihren Alltag. Diese Frauen, von denen es offenbar viele in Deutschland gibt, dürfen die Wohnung nicht ohne Begleitung ihres Ehemannes oder eines sonstigen Mitgliedes ihrer Familie verlassen.

Es sind keineswegs Einzelfälle. Sollte man weiterhin die Augen davor verschließen? Ich meine, Staaten, die – wie etwa die Bundesrepublik Deutschland – die Würde des Menschen in ihr Grundgesetz bzw. ihre Verfassung geschrieben haben, sollten zuerst einmal auf dem eigenen Territorium die Menschenrechte für alle Frauen, alle Kinder und alle Männer sichern und wahren, ehe sie weltweit andere Staaten über Grundrechte und gendertransformierende Maßnahmen belehren.

Es ist das große Verdienst Latife Arabs, diese weitverbreitete, durch den deutschen Sozialstaat felsenfest abgesicherte, von der Öffentlichkeit stillschweigend geduldete Sklavinnenexistenz in einem durch und durch abgeschotteten Umfeld mitten in Deutschland, mitten auch in der deutschen Hauptstadt in aller Härte zu schildern.

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„Derrière chaque mère…“

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Juli 012023
 

Derrière chaque mère, aussi dévouée et heureuse soit-elle, il y une femme avec ses sentiments, ses désirs, ses rêves, ses frustrations, ses inquiétudes et ses peurs.“ Die seit 2006 in Berlin lebende Fotografin Séverine Lenglet hat recht, – und dennoch ist es gut, dass sie auf etwas häufig Verkanntes hinweist: „Hinter jeder Mutter, so hingebungsvoll und glücklich sie auch sein mag, steht eine Frau mit ihren Gefühlen, Wünschen, Träumen, Frustrationen, Sorgen und Ängsten.“

Am 29. Juni verbrachte ich einige gute, inspirierende Stunden im Centre Marc Bloch, und ich nutzte meinen Besuch dort, um auch die schöne Ausstellung mit 10 sehr unterschiedlichen Bildern von Berliner Müttern zu beschauen – und folglich auch 10 unterschiedlichen kulturellen Mutterbildern.

Aber ist das nicht etwas Selbstverständliches, was Lenglet mit ihren einfühlsamen Bildern und den erläuternden Sätzen umreißt? Ich meine – nein! Man braucht diesen oben angeführten Satz nur einmal über die Väter zu sagen: „Derrière chaque père, aussi dévoué et heureux soit-il, il y a un homme avec ses sentiments, ses désirs, ses rêves, ses frustrations, ses inquiétudes et ses peurs„, um sofort zu erkennen, wie unterschiedlich das Gewicht der Mutterrolle und das der Vaterrolle auf Frauen und Männer einwirkt: „Hinter jedem Vater, so hingebungsvoll und glücklich er auch sein mag, steht ein Mann mit seinen Gefühlen, Wünschen, Träumen, Frustrationen, Sorgen und Ängsten.“

So einen Satz würde man über die Väter nicht sagen. Oder irre ich mich?

Wir Männer stehen nämlich in aller Regel nicht hinter der Vaterrolle zurück, wir stecken nicht zurück, wir sind nicht hinter der Vaterrolle versteckt, wie allzu häufig die Frauen hinter ihrer Mutterrolle versteckt oder verdeckt sind. Das Vaterwerden hat ganz selten jene tief ins Leben eingreifende Verwandlungskraft, entfaltet nicht jene Wucht, wie es das Mutterwerden in den allermeisten Fällen für die Frauen tut.

Beim Betrachten der zehn, bei aller Strenge doch sehr sprechenden Mutterbilder fällt mir auf, jenseits aller Unterschiedlichkeit, wie sehr die Mütter doch in Beziehung zu ihren Kindern stehen; nie sind die Mütter von den Kindern abgewandt, die Kinder bleiben alle stets bezogen auf ihre Mutter. Es ist leibliche Nähe, Berührung, Schutz, Fürsorge, die überdeutlich aus allen diesen Mutter-Kind-Bildern hervorstrahlen. Es ist ein „inniges“ Band, das ausweislich dieser Fotos Mütter und Kinder aneinander knüpft.

Ich stelle mir gerade vor, wie anders doch eine Fotoausstellung über Berliner Väter des Jahres 2023 aussähe.

La série « Femmes » est exposée au Centre Marc Bloch (Friedrichstraße 191 – 10117 Berlin) jusqu’à l’été 2023. 

https://cmb.hu-berlin.de/zentrum/neuigkeit/photographier-les-femmes-podcast-avec-severine-lenglet

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Raffaello Sanzio – Nunc est hora

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Apr. 042020
 

Raffaello Santi: Madonna Solly (um 1502), Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin, im Original gesehen am 13.03.2020, 17.10 Uhr

In dieser Zeit des Stillehaltens, dieser „staden“ Zeit, wie man auf Bairisch sagt, fanden wir gestern die Muße, eine Rundfunksendung des SWR zu hören, die schon auf den 6. April 2020 vorausweist, den Tag, an dem sich der Todestag des Malers Raffaello Sanzio zum 500. Mal jährt. Ihr Titel lautete „Der Maler Raffael – Superstar der Renaissance.

https://www.swr.de/swr2/wissen/der-maler-raffael-superstar-der-renaissance-swr2-wissen-2020-04-02-100.html?fbclid=IwAR2mN66NsOzeWYg7_b0NoeVFwwK4_arTLkYg-cTb19lxCRCm3HdtVQnV0tk

Diese Rundfunksendung ist als höchst gelungen anzusehen, denn sie preist uns einen derzeit unzugänglichen, vom Firnis der Vermarktung und der Rühmung oft überdeckten Maler nicht als höchst vollkommen, sondern als Werdenden an, sie erregt eine unwiderstehliche Bestrebung, die Zeichnungen und Gemälde Raffaels im Original zu genießen, uns auf den Weg zu ihnen zu machen – einerlei ob sie nun in Berlin, Dresden, Rom, Paris oder London hängen!

Und doch: alle diese Zeichnungen und Gemälde sind im Original unseren Augen bis auf weiteres verschlossen. Wir werden der schmerzhaften Einsicht gewahr: Das Schöne, die Schöne ist nicht immer verfügbar, auch das Schöne ist endlich, ist — sterblich!

Und um die sechste Stunde ward eine Finsternis„, so singt es der Evangelist in der Matthäuspassion Bachs. Da überfällt mich eben noch die Erinnerung an jene Stunde gegen 18 Uhr, die „sechste Stunde“, als die Raffael-Ausstellungen im Kulturforum nach unserem letzten Rundgang die Pforten geschlossen hatten. Von der Matthäuskirche läutete unter scharf pfeifendem Wind „die sechste Stunde“, unheilschwanger verkündete ein riesiges herabhängendes Poster die Wahrheit: „Nunc est hora“.

Ich dachte unwillkürlich an die Formel der Marienanrufung „… nunc et in hora mortis nostrae“, kaum jemals schien sie mir passender als gerade – jetzt! Dies war ein kostbares mystisches Nu. Das Nu!

Jetzt und auch in der Stunde unseres Todes! Eine großartige Wendung, eine machtvolle Fügung, dieses „et“. Es besagt: Nur jetzt ist es jetzt. Es könnte auch das letzte Jetzt sein. Sei also jederzeit bereit das Jetzt bis zum letzten Tropfen zu genießen, als schlössen sich die Tore des Schönen für immer! Sei im Nu!

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März 262019
 

Der EUREF-Campus in Schöneberg, nach eigener Aussage die „kreativste Energiewende-Werkstatt Deutschlands“. Aufnahme vom 10. März 2019

„Ziel der Bundesregierung ist es, bis 2020 eine Million Elektrofahrzeuge auf die Straße zu bringen. Bis 2030 sechs Millionen. Diese Ziele schreibt das Regierungsprogramm Elektromobilität von 2011 fest. Denn Elektrofahrzeuge verringern nicht nur die Abhängigkeit vom Öl. Lädt man die Batterien mit Strom aus erneuerbaren Energien, fahren Elektrofahrzeuge praktisch ohne Schadstoffausstoß.“

So schrieb es die CDU-SPD-Bundesregierung wörtlich im Jahr 2011 fest. Am 1. Januar 2019, also gut 7 Jahre später, waren bereits 83.175 Elektroautos in Deutschland zugelassen. In einem Jahr müssen nun also in Deutschland noch etwa 900.000 E-Autos zugelassen werden, also pro Tag etwa 2.400 neue E-Autos zusätzlich. Wird dies zu schaffen sein? Hoffen wir, dass der Plan erfüllt werde und Deutschland oder vielmehr die CDU-SPD-Bundesregierung wenigstens ein einziges ihrer selbstgesteckten, in Mehrjahres- und in Mehrjahrzent-Plänen festgeschriebenen Ziele erreichen möge!

2012 wiederum hat der SPD-Linke-Senat stolz und selbstbewusst unsere Heimatstadt Berlin zum „Schaufenster der Elektromobilität“ ernannt. Schützenhilfe wollte dem damaligen rot-roten Senat offenkundig Politiker Burkard Dregger leisten, indem er ein Elektroauto als Dienstwagen anforderte. Doch aus der gutgemeinten Schützenhilfe für das rot-rote Schaufenster der Elektromobilität wurde nichts. Aber lest selbst:

„Als der Fraktionsvorsitzende der CDU im Abgeordnetenhaus, Burkard Dregger, einen BMW i3 mit Elektromotor als Dienstwagen bestellen wollte, bekam er eine Absage des zuständigen Innensenators Andreas Geisel (SPD). Zur Begründung gab die Fachaufsicht des Innensenators an, dem Elektro-BMW fehle eine Standheizung. Den Chauffeuren sei es nicht zuzumuten, in der kalten Jahreszeit in einem ungeheizten Wagen zu sitzen, wenn sie auf ihren Fahrgast warten“ (Quelle: BZ, 10.01.2019). Berlins Regierender Müller in der SPD-Grüne-Links-Koalition fährt übrigens weiterhin einen gepanzerten Mercedes der S-Klasse mit über 400g CO2-Ausstoß/km.

Was schließen wir daraus? Erstens: Wir müssen uns deutlich mehr abstrampeln, wenn wir unseren Regierenden aller Parteien Planerfüllung melden wollen! Zweitens: Weder auf der Makroebene noch auf der Mikroebene klappt die Planwirtschaft mit der Elektromobilität. Drittens: SPD, Grüne, CDU und Linke nehmen sich da gegenseitig nichts. Denn alle regierenden Parteien im Bund und im Heimatland Berlin setzen im Bereich der Elektromobilität und der Energiewende ganz auf nationale (nicht europäische) Planwirtschaft. Das ganze Denken in hochfliegenden „Plänen“, reklameartig aufgeblasenen „Schaufenstern“, ist aber offenkundig auf Sand gebaut. Die Ziele werden nicht erreicht, selbst zarteste Versuche der Planerfüllung-Stachanowisten verlaufen sich im Sande.

Was tun? Ich meine, vorerst bleibt dem klimabewussten Bürger nur übrig, sich aufs Fahrrad oder in die öffentlichen Verkehrsmittel zu setzen, – wie dies etwa die regierende Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo vormacht. Sie fährt auch im Dienst Fahrrad und hat einen finanziellen Anreiz für alle 52 000 städtischen Angestellten ausgelobt, die das Fahrrad auf dem Weg zur Arbeit nutzen und das Auto stehen lassen. Le Parisien schreibt am 27.09.2018: „A partir de janvier 2019, la mairie proposera une gratification financière à ses agents qui choisiront le vélo pour leurs trajets domicile-travail.“ 

Anne Hidalgo nimmt gleich auch den ganzen heißen Dampf aus all den aufgeblasenen Schaufenstern und hohlklingenden Welterlösungsplänen heraus: Die Donna moderna zitiert sie am 6. März 2019 mit folgenden Worten: „Inutile aspettare che il mondo si metta d’accordo – cambiamolo noi!“

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„Ripulire prima le case, poi interi quartieri!“

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März 212019
 
Soham El Wardini, Bürgermeisterin von Dakar (Senegal) sendet Zeichen der Ermutigung und der Zuversicht beim Dakar Triathlon 2018

Die Frauen, die Städte sind gefordert und übernehmen die Führung! Botschaft der Bürgermeisterin beim Klimagipfel Paris 2018

Tiefen Eindruck hinterlässt in mir beim Lesen heute die Bürgermeisterin von Dakar, Soham El Wardini. In der italienischen Zeitschrift Donna moderna spricht sie über das Thema Umweltverschmutzung und Klimawandel in der von ihr regierten Stadt. Doch klagt sie nicht, nein, sie packt sofort an, sie lässt es nicht beim Reden bewenden!

Eine der ersten Aktionen ihrer Amtszeit nach der gewonnenen Wahl 2018 war es, einen Millionenbetrag für Besen und Putzmittel auszugeben, diese Besen und Putzmittel an die Bürgerinnen und Bürger zu verteilen und sie zu einer Gemeinschaftsaktion zu überzeugen: „Bisogna ripulire le case, poi interi quartieri“ – „Ein jeder kehre erst vor seiner Tür, und rein wird dann das ganze Stadtquartier!“ In einer ersten Phase geht es erst einmal darum, den ganzen Dreck und Müll vor der Haustür wegzuschaffen. Dazu muss man wissen, dass Dakar nach Mexiko City als die zweitschmutzigste Stadt der Welt gilt. Wild abgelagerter, häufig auch angezündeter Müll ist die Hauptursache der Umweltbelastung in Dakar.

In einer zweiten Phase geht es um Aufklärung, Bildung und Erziehung der Jugendlichen und der Frauen hin zu ökologisch verantwortlichem Handeln. Das Motto lautet: „Pulire è bene, ma non sporcare è meglio.“ „Gut ist es zu putzen, besser ist’s, nichts zu verschmutzen.“

Umweltschutz, Klimaschutz fängt in den Städten an! Soham El Wardini (Dakar), Anne Hidalgo (Paris), Yvonne Aki-Sawyerr (Freetown, Sierra Leone), diese drei mutigen Bürgermeisterinnen, von denen die Donna moderna berichtet, zeigen auf ihre Weise in ihren Städten, dass frau und man etwas tun muss und tun kann! Solche Bürgermeister, solche Politiker, die Zeichen der Hoffnung, des tätigen Gemeinsinns setzen, brauchen wir in der Europäischen Union mehr und mehr! Auch uns in Berlin täte dieser vorbildliche Gemeinsinn gut.

Quelle: Luisa Nannipieri: 3 Sindache paladine dell’ambiente. In: Donna moderna. 6 marzo 2019, p. 40

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„Lautes Lesen, das sich wie ein Singsang anhört“

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März 082018
 

Die hebräische Bibel, so schreibt es zutreffend Eckhard Nordhofen, ist „kein Lesebuch, sondern in den meisten Passagen eine Rezitationsvorlage.“ Die der Bibel angemessene Darbietung sei somit nicht das stumme Nachlesen, sondern das Vorlesen, „lautes Lesen, das sich nicht wie normales Sprechen anhört, sondern eher wie ein Singsang„. In diesem Singsang, schreibt Nordhofen, werde die Heiligkeit des „Namens“ hörbar gemacht.

Und „der Name“ ,“ha-schem“ ist eben genau dasjenige Seiende oder vielmehr dasjenige Werdende, welchem die Bibel das Merkmal der „Einzigkeit“ beilegt. Der Einzige ist das Einzigartige, zu dem kein aussprechbarer Name hinreicht.

Gute weiterführende Anmerkungen sind dies. Ich denke sie stumm durch im Anblick der Katharina von Alexandrien, dieser großartigen Frau aus Ägypten. Stark, klug, mutig gegenüber männlicher Vorherrschaft, unbeugsam, unerschrocken, nicht dem Willen des Mannes untertan, von hoher philosophischer und theologischer Bildung, so stand sie gestern vor mir in der Hauptkirche St. Katharinen am Hamburger Hafen.

Ihr, dieser vorbildlichen, gewaltlosen Vorkämpferin der Frauenrechte sei mein heutiger Internationaler Frauentag, der 8. März gewidmet. Unser Bild zeigt sie in St. Katharinen in einer figürlichen Darstellung, mutmaßlich aus Süddeutschland, 15. Jahrhundert.

Zitat:
Eckhard Nordhofen: Corpora. Die anarchische Kraft des Monotheismus. Freiburg 2018, S. 125

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„Ich kann ja kaum salber de Fingerla biegn“

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Dez. 242015
 

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Der gute alte San Nicola di Bari, der seine letzte Ruh in Apulien fand, also der gute alte Nikolaus aus dem asiatischen Myra, hat mir – in schlichtes, ökologisch verantwortbares Packpapier verpackt – über die vergangenen 24 Tage 24 Gschenkla aus dankbar Hand einer fränkischen Botin zukommen lassen. Heute – als hätt‘ er’s geahnt – lässt er mir nun das letzte Gschenkla, sein Bändchen „Inmitten der Nacht“, zukommen. In aller Frühe schon lese, summe und singe ich mich darin fest, während mein eigener Sohn noch im Nebenzimmer wie ein Murmeltier schläft. Besonders gefällt mir folgende Zwiesprache zwischen einer Frau und einem Mann:

Ufm Berga, da giht dar Wind,
da wiegt de Maria ihr Kind
mit ihrer schlohengelweißen Hand,
se hatt och derzu keen Wiegenband.

Maria: Ach Joseph, liebster Joseph mein,
ach hilf mer wiegen mei Knabelein!

Joseph: Wie kann ich dr denn dei Knabla wiegn!
ich kann ja kaum salber de Fingerla biegn.

Maria: Schum schei, schum schei.

Rätselhaft! Was mag das Ganze bedeuten? Warum sagt und singt Joseph das? Ist es ihm zu kalt? Hat er rauhe rissige Hände von all der männlichen Hobelei und groben Zimmermannsarbeit? Oder sind ihm die Finger durchgefroren und klamm? Oder hält er die Erstversorgung des neugeborenen Kindes für reine Frauensache? Erklärt sich Joseph hier außerstande, den erbetenen Dienst zu leisten? Und was ist das überhaupt für eine Sprache? Etwa Hochdeutsch?

Wir können es nicht wissen! Denn das Lied ist uns schriftlich aus dem fernen Jahr 1841 bezeugt, die Verfasser, die ersten Sänger sind schon längst nicht mehr unter uns. Sie haben uns dieses geheimnisvolle Lied hinterlassen. Um die Wahrheit des Liedes zu erfahren, müsste man es singen, gleich heute abend!

Anyway, be it as it may be, wie soll ich’s dir sagen, come te hi a ddisce? Ti ringrazio tanto, Marie, tu si benedette mmenze a le femmene, e benedette ié u frutte de u vendre tu!

Quellen:
„Auf dem Berge, da wehet der Wind“ – Schlesien. In: Erk-Irmer, Die deutschen Volkslieder mit ihren Singweisen, Heft 6, Krefeld und Wesel 1841. Zitiert nach: Inmitten der Nacht. Die Weihnachtsgeschichte im Volkslied. Herausgegeben von Gottfried Wolters mit Holzschnitten von Alfred Zacharias. Möseler Verlag, Wolfenbüttel 1957, Seite 55, sowie Originaltext ibidem auf Seite 78

https://it.wikipedia.org/wiki/Dialetto_apulo-barese

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Was blüht uns nach dem Griechenlandpaket III ?

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Aug. 182015
 

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Mit größter Eilbedürftigkeit wird der Bundestag morgen aus dem Urlaub zusammengerufen; Rettungspaket Nr. III für Griechenland soll durchgewunken werden. Was verschlägt’s dabei, dass Johannes Singhammer, der Bundestagsvizepräsident, verlangt, dass stets alle EU-Dokumente vor der Abstimmung im Bundestag ins Deutsche übersetzt werden sollen! Johannes Singhammer will offenbar, dass alle Abgeordneten  verstehen, wofür oder wogegen sie stimmen. Ist das ein so unrealistisches Wunschdenken?

Must they understand what they are asked for? Must they realize what they take a vote on? Das ist die Frage! Tja… Ich meine, höchstes Misstrauen ist sicherlich immer dann angebracht, wenn immer wieder besondere „Eilbedürftigkeit“ und besondere „Dringlichkeit“ verkündet wird, wenn keine Zeit für das Verstehen der komplexen, selbst für Muttersprachler kaum verständlichen Dokumente eingeräumt wird, wenn querstehende Kühe im Stall mit der Pike zurechtgerückt werden, um eben mal wieder die Heilige Europäische Währungsunion zu retten.

Erstaunlich querstehend, wenngleich derzeit außerhalb des Stalls weidend: Christian Lindner, der dynamisch-flexible Bundesvorsitzende der FDP: „Ehrlich wäre ein Schuldenschnitt außerhalb des Euro„, sagt er im Tagesspiegel, 16. August 2015, S. 3.

Was blüht uns sonst noch, nach dem Griechenlandrettungspaket Nummer III? Ich meine: Dieses Paket ist als eine Art Generalprobe für weitere Rettungspaketsondereinsätze  anzusehen. Nach und nach spielt sich so eine Rettungsroutine ein, Griechenland mit seinen unerheblichen 2% Anteil am BIP der Eurozone ist eine Art Testlauf für kommende Schwergewichte. Welche anderen Länder stehen auf der Liste?

Was blüht uns sonst noch? Die Prinzessin Leonore von Este, Schwester des Herzogs Alfonso II. von Ferrara, sagt bei Goethe zu Torquato Tasso sinngemäß ungefähr folgendes:

Willst du genau erfahren, was uns blüht,
So frage nur bei klugen Frauen an.
Denn ihnen ist am Meisten dran gelegen,
Daß alles, was uns blüht, bedacht sei.

Richten wir die Frage also an die kluge, moderne europäische Frau von heute, die donna moderna europea, wie der Italiener sagt!

„Dopo la Grecia altri paesi rischiano di fallire?“, fragt ganz unverblümt  die italienische DONNA MODERNA am 28. Juli 2015. „Riskieren nach Griechenland auch andere Länder  den Staatsbankrott?“ Antwort: Ja! An erster Stelle nennt die „Moderne Frau“ Italien, dann der Reihe nach Portugal, Irland, Zypern, Belgien und Spanien. Allerdings nimmt die Donna moderna Belgien und Irland von dem Krisenszenario aus; die Donna moderna meint, Irland und Belgien seien nicht mehr von der Zahlungsunfähigkeit bedroht.

Bleiben derzeit also Italien, Portugal, Zypern und Spanien als mögliche Kandidaten für weitere Rettungspakete. Sie sind nach Einschätzung der DONNA MODERNA weiterhin gefährdet.

Fazit: Griechenlands Rettungspaket III, an dessen Abnicken durch die Parlamente keine Zweifel bestehen, könnte der Auftakt für eine ganze Serie weiterer Rettungspakete werden, in deren Genuss dann neben – erneut – Griechenland auch weitere Länder kommen dürften, an erster Stelle Italien. Nach und nach wird die Rettung zum zeremoniellen Ritus. Es spielt sich ein außervertraglicher Mechanismus ein, auf den sich dann selbstverständlich alle Länder der Eurozone, große wie kleine, berufen dürfen. Warum sollte man Ländern wie Italien, Deutschland, Spanien oder Frankreich das verweigern, was man Griechenland und anderen Ländern bereits mehrfach zugebilligt hat?

Quellenangaben:

Ehrlich wäre ein Schuldenschnitt außerhalb des Euro„. Interview mit FDP-Chef Christian Lindner. In: Der Tagesspiegel. Rerum cognescere causas. 16. August 2015, S. 3

Adriano Lovera: „Dopo la Grecia altri paesi rischiano di fallire?“ In: Donna moderna. Il settimanale che ti facilita la vita. Anno XXVIII, Nr. 31, 28 luglio 2015, S. 46-47

J. W. Goethe: Torquato Tasso. Ein Schauspiel. 2. Aufzug, 1. Auftritt

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Oh gioia: Freude, der Götterfunke, das Weltenlächeln

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Aug. 302014
 

Aus dem fernen New Hampshire, einem der 13 Gründerstaaten der USA, erreichte uns vor einigen TagenHl. Katharina 2014-01-03 10.28.03 hier in Kreuzberg eine Leserzuschrift zum Lächeln des Bamberger Engels. Dort in den USA wird offenbar das alte, das lächelnde, das glaubende Europa geschätzt, gewürdigt und geliebt!

 

 

 

 

 

 

 

 

Lest selbst:

Ciò ch’io vedeva mi sembiava un riso
de l’universo; per che mia ebbrezza
intrava per l’udire e per lo viso. 6

Oh gioia! oh ineffabile allegrezza!
oh vita intègra d’amore e di pace!
oh sanza brama sicura ricchezza! 9

Dante, aus dessen Paradiso unser Leser mitten im amerikanischen New Hampshire zitiert, schildert eine strahlende, von innen herausbrechende Freude. Der Leser schreibt:

„Das Lächeln des Bamberger Engels ist von unglaublicher Kraft, Ausdruck überbordender Freude.“

Der Bamberger lachende Engel entstand wohl etwa zur selben Zeit wie die Divina Commedia Dantes, und auch zur selben Zeit wie die Statue der Hl. Katharina von Alexandrien im Magdeburger Dom. Doch ist der Gesichtsausdruck Katharinas verhaltener, ruhiger, gefasster, dennoch nicht weniger sprechend als das selige Aufscheinen des Weltenlachens im Bamberger Engel.

Carl Streckfuß übersetzte diese Stelle (La Divina Commedia, Paradiso, Canto XXVII, Verse 4-9) mit folgenden Worten:

Ein Lächeln schien zu sein des Weltenalles,
Das, was ich sah, drum zog die Trunkenheit
Durch Aug’ und Ohr im Reiz des Blicks und Schalles.

O Lust! O unnennbare Seligkeit!
O friedenreiches, lieberfülltes Leben!
O sichrer Reichtum sonder Wunsch und Neid!

Wir danken Dante, danken dem einsamen Leser in New Hampshire für die Zuschrift, danken den unbekannten Bildhauern des 13. oder 14. Jahrhunderts von Bamberg und Magdeburg, danken dem vorzüglichen Übersetzer Carl Streckfuß – und wir beschließen diesen durchsonnten Nachsommertag mit einem überbordenden Lächeln ins Weltall hinein.

 Posted by at 21:43
Aug. 062014
 

2014-05-01 08.43.28

Familienpolitik beginnt bereits vor der Geburt eines Kindes. Die Reproduktionsmedizin leistet viel. Aber sie ist teuer. Die Erfüllung des Kinderwunsches darf keine Kostenfrage sein.“ Diese Aussage stammt von Manuela Schwesig, der amtierenden Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, zitiert hier nach der Süddeutschen Zeitung, Magazin, Nummer 10, 7. März 2014, S. 40.

Wir dürfen das so verstehen: am Geld darf der Kinderwunsch nicht scheitern. Moderne Familienpolitik erfüllt den Frauen den Kinderwunsch, koste es, was es wolle, denn die moderne Politik wird den Frauen genug Geld geben, damit sie sich ihren Wunsch nach einem Kind erfüllen können.

Ein zentrales Heils- und Glücksversprechen der heutigen Fachpolitiker (hier beispielhaft der Bundesfamilienministerin) ist es, dass jeder Wunsch, auch der sehnlichste Wunsch so manchen Paares – der nach einem Kind – erfüllt werden kann.  Die wohltätige Politik durchdringt von vor der Zeugung an alle Lebensbereiche, der Bürger braucht gewissermaßen nur seine Ansprüche anzumelden und die Hand hinzuhalten. „Ach, wenn wir nur ein Kind hätten“, seufzte die Königin bei den Gebrüdern Grimm noch. Heute dagegen ist dieser Märchenwunsch Wahrheit geworden, denn wir haben ja die Familienpolitik und die Reproduktionsmedizin – und Geld in Hülle und Fülle.

„Sicherheit und ein stabiler Euro. So will ich Europa.“ Mit diesen und verwandten Wahlsprüchen errang die derzeit am erfolgreichsten beworbene Partei, die CDU, einen großartigen Wahlsieg. Betrachte das Bild genau: Du siehst eine junge, selbständige Frau, die voller Tatkraft aus dem Innenraum der Wohnung hinaus ins Berufsleben tritt. Das  Kind hockt wie ein Attribut auf der Hüfte der Frau, hindert sie nicht, erringt aber auch nicht die Aufmerksamkeit der Frau. Die Frau und das Kind wissen sich in Sicherheit. Der stabile Euro sichert den Rahmen. Europa ist sicher, denn der Euro ist stabil. Statt der veralteten Familie früheren Typs, bestehend aus Vater, Mutter, Kindern,  spannt die moderne Politik das zentrale Heils- und Sicherheitsversprechen auf: Europa und der Euro sorgen für euch alle. Der Euro, Europa, die Politik sichern Frieden, Wohlstand, Sorglosigkeit.

Auch hier, bei der äußerst erfolgreichen CDU, trifft die Politik sehr weitreichende, bis ins Privateste hineinreichende Versprechungen. Der Mensch braucht sich kaum mehr anzustrengen, die Politik sichert durch das Geld, durch den Euro, Stabilität und Sicherheit im Leben von Frau und Kind. Das männliche Element der früheren Ikonographie, der Mann, der Familienvater wurde ersetzt durch den Euro. Der Euro ist das Wichtigste, die Währung sichert Einheit und Geborgenheit.

Die Politik – ob nun Familienpolitik oder Finanzpolitik im Zeichen des Euro – hat die interpersonellen Bezüge, das tägliche mühselige Ringen um Einkommen, um Zusammenhalt der Familie, das harte Arbeiten von Weib und Mann für den Lebensunterhalt und die Erziehung der Kinder, wie es jahrtausendelang den Alltag der Familien prägte, ersetzt. Man muss nur das Kreuzchen an der richtigen Stelle machen.

Die Politik und ihre Reklame verspricht die Erfüllung jedes Kinderwunsches, jedes kindlichen Wunsches. Der Euro sichert im Zeichen  des „Ich will es so“ Stabilität, Frieden und Geborgenheit für alle. Ohne Sorge – sei ohne Sorge, wie es in Ingeborg Bachmanns Gedicht „Reklame“ so schön heißt.

Merke auf: Zwei subtile Botschaften, die die Politik Tag um Tag auf uns unmündige Bürger niedergehen lässt. Wir brauchen diesen Botschaften nur zu vertrauen. Ohne Sorge – sei ohne Sorge.

Bild: “Sicherheit und ein stabiler Euro. So will ich Europa.” Wahlplakat in Eisenach am Fuße der Wartburg, aufgenommen am 1. Mai 2014.

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Der vierfache Kirchenaustritt des Apostels Petrus, oder: Jesu Christi Kreuzigung lebt fundamental aus dem Zeugnis der Nichtchristen

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Apr. 172014
 

Ich habe soeben in meiner Kreuzberger Hinterhofkammer die Arie „Erbarme Dich“ aus Bachs Matthäuspassion recht erbärmlich gespielt und gesungen (Nr. 47). Ich habe gespielt auf meiner krummen Fiedel und gesungen auf meinem ungebildeten Brummbaß. Erbärmlich gefiedelt, erbärmlich gebrummt, wie gesagt.

Sei es drum! Niemand hörte ja zu. Folgende Gedanken kommen mir im Nachhören und Nachsummen von Bachs Arie:

Es heißt bei Matthäus, Kapitel 26, Vers 75: „Und er ging hinaus und weinte bitterlich.“ Genau danach kommt diese  Arie „Erbarme Dich“.

Christliche Kirche heißt nichts anderes als Gemeinschaft mit Jesus Christus. Wer mit Jesus nichts zu tun haben will, wer ihn, den Menschen Jesus, bewusst verleugnet – „Ich kenne des Menschen nicht!“ – der kündigt, wie der Apostel Petrus, diese Gemeinschaft auf. Er erklärt wie Petrus, der berühmte Felsen der Kirche,  öffentlich seinen Austritt aus der Kirche. Er stellt sich wissentlich und willentlich drei Mal außerhalb der Mahlgemeinschaft, zu der er sich noch wenige Stunden vorher inbrünstig bekannt hat: Und wenn alle sich von dir abwenden – ich doch nie und nimmer (Mt 26,33).

Einen nicht nur dreifachen, sondern einen vierfachen Kirchenaustritt des felsenhaften Petrus schildert Matthäus in seinem Passionsbericht.  Denn wenn Petrus so bitterlich bereut hätte, wie er dies ja offensichtlich gemäß seinen reichlich fließenden Zähren getan hat, dann wäre er doch wohl am nächsten Tag wieder als Beistand Jesu in der Verhandlung erschienen. Er hätte ihm beim Tragen des Kreuzes geholfen. Er tat es nicht. Alle Jünger, alle Freunde haben ihn offensichtlich vor Pilatus alleine gelassen. Matthäus ist hier glasklar und beinhart: Keiner der männlichen Jünger war offenkundig bei der Verhandlung oder auf dem Weg zur Kreuzigung auch nur in der Ferne anwesend. Nur „viele Frauen“ waren Zeuginnen – freilich nur aus der Ferne. Darin kommen Matthäus, Markus und Lukas überein. Sie halten fest, dass einige Frauen „von fern“ der Kreuzigung beiwohnten. Alle anderen, alle Späteren, auch wir, sind auf das Zeugnis der Nichtchristen, auf das Zeugnis der „Heiden“ angewiesen.

Der erste der Nichtchristen, der erste der Heiden, der zum Träger der Botschaft von der Kreuzigung wurde, war der römische Hauptmann mit seinem trockenen, beinharten und glasklaren  „Das ist ein Mensch/das ist der Mensch – Ecce homo“. Er wusste sicher nicht, wen er da hatte kreuzigen lassen; auch das Vergehen konnte ihm sich nicht erschließen. Für die Römer war Jesus vermutlich einer unter vielen anderen Unruhestiftern und Verbrechern. Aber der römische Soldat sagt eben das genaue Gegenteil des Petrus. Petrus, der Felsen, auf dem die Kirche erbaut ward,  sagte: „Ich kenne doch den Menschen überhaupt nicht. Nerv mich nicht!“ –  Der heidnische Römer sagte: Ich kenne den Menschen in Jesus. Ich erkenne den Menschen in diesem Gekreuzigten.

Wir gehen einen Schritt weiter auf diesem Kreuzweg: Christentum ist ohne das Zeugnis der Nichtchristen von Jesus und ohne das Zeugnis der Frauen von Jesus nicht denkbar. Ohne das weitertragende Zeugnis der Nichtjünger Jesu und der Frauen wüssten wir nichts Genaues von der Kreuzigung. Es gäbe kein Christentum ohne das Zeugnis der Nichtchristen und ohne das Zeugnis der Frauen. Es gäbe keine Nachfolge Jesu ohne des Zeugnis derer, die ihm eigentlich nicht nachgefolgt sind und ihm weiterhin nicht nachfolgen wollen.

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Dünn, smart und geil – so muss die erfolgreiche Frau heute sein

 Donna moderna, Frau und Mann  Kommentare deaktiviert für Dünn, smart und geil – so muss die erfolgreiche Frau heute sein
März 112014
 

Soeben erst wieder aus den beschneiten Fichtenwäldern von der finnischen Seite Kareliens in die frühlingshaft erwärmte, märkische Metropole im Sand eingeflogen, nimmt der Kreuzberger Blogger in der gewohnten U6 vom Kurt-Schumacher-Platz zum Mehringdamm gleich wieder den harten, großstädtischen, scharfen Beat der kategorischen Imperative wahr, die heute buchstäblich aus allen Rohren auf unsere Jugendlichen einprasseln:

Sei smart, sei geil, sei dünn!“

Das ist es, was heute ausschließlich von den jungen Mädchen oder besser den jungen Frauen ab dem Alter von 13 Jahren verlangt und erwartet wird. Und genau dieses Ideal wird in der Moderatorinnenszene verlangt und Tag um Tag vor Millionen von jungen Frauen verkündet.  Es beginnt im Kinderfernsehen, etwa im KiKa,  und zieht sich durch bis in die Zielgruppe ab 65. Von früh in der U-Bahn bis spät in die Late-Night-Shows ist dies die Botschaft.

Die beliebte und erfolgreiche Moderatorin Katrin Bauerfeind bringt dieses durch Kommerz, Reklame und Industrie verfügte neue Weiblichkeitsideal in der U-Bahn-Werbung der U6 völlig eindeutig auf den Punkt. Im Alter von nun doch immerhin schon 31 Jahren spricht sie von ihren nagenden Ängsten, diesen kategorischen Imperativen nicht mehr genügen zu können:

„Man könnte ja immer geiler, smarter, dünner und besser sein.“

via Moderatorin: Katrin Bauerfeind: Angst vor dem Scheitern – B.Z. Berlin.

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Julia K., Bascha M. …. e tutte quante … darf frau heute auch ein paar Pfunde zuviel haben?

 Donna moderna, Familie, Mutterschaft, Rassismus, Sexismus  Kommentare deaktiviert für Julia K., Bascha M. …. e tutte quante … darf frau heute auch ein paar Pfunde zuviel haben?
Feb. 242014
 

„Jedes Lebensjahr mehr bringt für die Frau einen Punkteabzug!“ So beredt klagte einmal Bascha Mika, die bekannte taz-Chefin, die jetzt zur FR wechselt, wozu wir armen Kreuzbergerinnen ihr von Herzen alles Gute wünschen.

In der Tat, die alte oder auch alternde Frau hat es schwerer, sich auf dem Markt zu behaupten, als der alte oder alternde Mann. Dies zu leugnen wäre sexistisch verblendet.

Freundinnen, dennoch gibt es ein Kriterium, das bei Frauen noch verheerender auf die Karrierechancen wirkt als das Lebensalter: starkes Übergewicht. Eine Frau mit starkem Übergewicht schafft es heute nicht mehr in die Öffentlichkeit; sie kann notfalls Rüschenblusen tragen, sie darf ruhig mehrfache Mutter oder (schlimmer noch) eine jener übel beleumundeten  Nur-Hausfrauen-und-Mütter sein, aber sie wird sich mit 10 oder 20 kg sogenanntem „Übergewicht“ gegen die Phalanx der ewig knabenhaften, nahezu alterslosen, kein Gramm zuviel aufweisenden Top-und-Gala-Frauen nie durchsetzen. Das herrliche Gala-Interview mit Julia K. (41), die sich erfolgreich vom weiblich-mütterlichen Erscheinungsbild zum mädchenhaft-knabenhaften Erscheinungsbild herunterfastete, spricht Bände.

Leserinnen, Freundinnen, ich kenne keine übergewichtige Frau in Deutschland, die nicht an diesem Stigma litte. Ich kenne sogar einige Mädchen oder Frauen, die durch diesen öffentlichen Gleichschaltungsdruck schwer krank, ja lebensbedrohlich krank geworden sind.

Beliebiger Tatsachenbeweis dieses, wie ich meine, pathologischen Befundes: SCHROT&KORN, unsere bei Weib&Mann beliebte Öko-Zeitschrift, Ausgabe März 2014! Ich nahm sie vorgestern  beim Einkauf für WEIB&KIND beim Kreuzberger Bio-Markt in der Obentrautstraße mit. Man sollte annehmen, dass im Öko- und Naturkost-Bereich doch auch einmal eine normalgewichtige Frau abgedruckt würde …? Oder ein dicker backender Vati oder eine dicke backende Mutti mit mehreren Kindern? Pustekuchen! Im gesamten Heft gibt es nur schlanke und ranke, nur – nach barocken Kriterien – leicht untergewichtige Frauen. Sicher, es gibt auch mal alternde oder alte Frauen mit Fältchen. Das wäre ja noch schöner, wenn sogar bei uns Ökotussis nur glattgesichtige faltenlose Hungerharken abgebildet würden.

Aber es gibt keine einzige Frau mit Übergewicht, keine dicke, keine nach barocken Kriterien „normalgewichtige“ Frau mit weiblichen Rundungen im redaktionellen und auch nicht im werblichen Teil des Heftes.

Wirklich keine einzige? Haben alle Frauen in den Zeitschriften das Idealgewicht? NEIN! Es gibt eine dicke, mütterliche Frau in diesem Heft: Eine namenlose, nach quasi-amtlichen Kriterien stark übergewichtige, glücklich am Herd kochende Schwarzafrikanerin lächelt uns auf S. 111 von SCHROT&KORN mütterlich&fürsorglich zu. Sie wirbt für „Faires Bio-Palmöl“ von RAPUNZEL.  „Wir machen Bio aus Liebe“. Und SIE kocht offensichtlich mit Wonne aus Liebe zu ihren Kindern und Enkelkindern! Was wohl die BVV-Friedrichshain-Kreuzberg zu so einer sexistischen Werbung sagen würde, wenn jemand sich erdreistete, sie auf einer der vier bezirklichen Werbeflächen anzubringen? Eine Werbung für Bio-Palmöl, die sich dem rassistischen und sexistischen Gleichschaltungsdruck, der heute auf den dicken Frauen in der Öffentlichkeit lastet, widersetzt?

HERRLICH! Die schwarze Afrikanerin oder die Afro-Europäerin oder die Negerin oder die Afro-Deutsche oder die Mohrin (sind doch eh alles rassistische Ausdrücke)  darf das alles noch. Sie darf noch lächelnd kochen, sie darf noch ein paar Pfunde zuviel haben.

Nicht eine Bascha Mika, nicht eine Julia Klöckner und … und … und … alle … tutte quante!

Es gilt für Frauen im Lichte der Öffentlichkeit (nicht für Männer) das eherne Gesetz der medialen Gleichschaltung: DU DARFST NICHT ZUVIEL WIEGEN! Du darfst nicht mütterlich sein. Du darfst nicht einmal mütterlich erscheinen! Sonst wirst du nicht gewählt. Du schaffst es nicht in die GALA, nicht in die BUNTE, nicht in die SCHROT&KORN.

Ist doch eh alles eine Soße – oder eine mediale Pampe, was heute den armen europäischen Frauen abverlangt wird. O Afrikanerinnen, ihr habt es da besser!

 

 Posted by at 12:13