Götterdämmerung oder Serva padrona – wohin am Sonntag?

 La serva padrona - Die Magd als Herrin, Singspielensemble Berlin, Theater  Kommentare deaktiviert für Götterdämmerung oder Serva padrona – wohin am Sonntag?
Nov 102021
 
Che mai sarà di me…? – Was soll bloß aus mir werden?“ Ist dies das Ende aller Dinge, Götterdämmerung? Gemach! Skepsis ist angebracht. Szenenbild aus der „Serva padrona“ des Singspielensembles Berlin. V.l.n.r.: George Stark als Vespone, Johannes Hampel als Uberto, Heike Borchardt als Serpina. Foto: Photo Zentrum – Tempelhof

https://deutscheoperberlin.eventim-inhouse.de/webshop/webticket/seatmap?eventId=8346
La serva padrona – Die Magd als Herrin Tickets, So, 14.11.2021 um 19:00 Uhr | Eventbrite

Wohin kann man diesen Sonntag, 14. November 2021, gehen, wenn man Musik und Schauspiel zugleich genießen will, also gerne eine Oper besuchen möchte? Zwei Alternativen seien hier gewählt, um einer Entscheidung näherzukommen, nämlich a) die „Götterdämmerung“ der Deutschen Oper Berlin und b) die „Serva padrona“ des Singspielensembles Berlin.

Der Entscheidungspfad wird kein einfacher sein, gilt es doch, eine Vielfalt harter und weicher Kriterien zu berücksichtigen!

Hier einige Grunddaten der beiden Opernvorstellungen im direkten Vergleich:

Götterdämmerung von Richard Wagner – Uraufführung am 17. August 1876 in Bayreuth
La serva padrona von Giovanni Battista Pergolesi – Uraufführung am 28. August 1733 in Neapel

Dauer der Aufführung:
Götterdämmerung – 6 Stunden 30 Minuten / zwei Pausen
Serva padrona – 1 Stunde 12 Minuten / eine Pause

Beginn:
Götterdämmerung – 14.11.2021, 16 Uhr
Serva padrona – 14.11.2021, 19 Uhr

Zutrittsregel:
Götterdämmerung – 3G
Serva padrona – 3G

Kartenpreis:
Götterdämmerung – € 50 bis € 210
Serva padrona – € 13, ermäßigt € 7,50

Grundstimmung:
Götterdämmerung: lastend, schwer, Endzeitstimmung, schicksalsschwanger, „ewiger November“
Serva padrona: heiter, leicht, Aufbruchsstimmung, schnippisch gegenüber dem Schicksal, „ewiges April April“

Wer also in Übereinstimmung mit dem gegenwärtigen gesellschaftlichen Klima bzw. Wetter eine lastende, schwere, gleichsam deutsche, schicksalsschwangere Endzeitstimmung sucht, dem sei vorab die Götterdämmerung wärmstens empfohlen.

Wer jedoch zur Erholung – in Übereinstimmung mit dem gegenwärtigen Klimawandel bzw. dem derzeit recht launischen Novemberwetter – eine leichte, heitere, gleichsam italienische Aufbruchsstimmung sucht, dem sei vorneweg eher zur Serva padrona geraten.

Dies nur als erste Handreichung, die selbstverständlich dem komplexen Entscheidungspfad der Opern- und Theaterliebhaber nicht vorgreifen kann und will.

Zur näheren Information seien folgende Links empfohlen:

https://www.deutscheoperberlin.de/de_DE/calendar/der-ring-des-nibelungen-goetterdaemmerung.16470929

Opera a Berlino: domenica 14 va in scena La Serva Padrona di Pergolesi in versione „bilingue“ – il Mitte

Startseite (singspielensemble-berlin.de)

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Sep 172021
 

La serva padrona – Die Magd als Herrin Tickets, So, 14.11.2021 um 19:00 Uhr | Eventbrite

Zwei große Abende durften wir mit der Aufführung der Serva padrona erleben! Alle wirkten zusammen, die Theateratmosphäre knisterte, wir beflügelten einander im Spielen, im Singen! Glückes genug!

Das Singspielensemble Berlin. V.l.n.r.: Ursula Hillermann (unten, Violine), Johannes Hampel (Uberto), Eva Vo (unten, Violine), Gerardo Colella (Dirigent und Regisseur), Heike Borchardt (Serpina), Jürgen Grunewald (unten, Bratsche), George Stark (Vespone), Andreas Bährle (unten, Cello). Leider nicht auf dem Foto: Daniel Merkel (Kontrabass), Regina Knobel (Cembalo)

Viele versuchten umsonst, das Ernsteste ernsthaft zu sagen,
hier spielt es endlich, hier im Gelächter sich aus!

La serva padrona – Die Magd als Herrin Tickets, So, 14.11.2021 um 19:00 Uhr | Eventbrite

In der Tat, Pergolesi tänzelt und tändelt um die Abgründe der Kleinheit des Herzens, der Ichbezogenheit des Mannes herum. Was ist das doch für ein Typ, den ich da zu singen und zu spielen hatte! Dieser Uberto! Verlangt alles von anderen, nichts von sich selbst!

Mit List, Tücke, Hingabe, Zärtlichkeit erreicht es seine Ziehtochter Serpina, ihn für sich zu gewinnen. Sein Herz öffnet sich, sein Geldbeutel auch. Hä? Was lernen wir daraus? Nichts!

Von r.n.l.: George Stark (Capitan Tempesta/Vespone), Heike Borchardt (Serpina), Johannes Hampel (Uberto)

Und damit kommen wir auch schon zu den Grenzen dieses Stückes. Es belehrt uns nicht. Es führt uns in eine Offenheit der Deutung. Wir in der Truppe waren uns selbst nicht einig, ob es hier um echte Gefühle gehe oder doch nur um List, Täuschung und Eigennutz. Vielleicht ist es eine Mischung aus allem. Vielleicht sollte man das Ganze nicht tierisch ernst nehmen. Jedenfalls war es schön, hinreißend, ich fühlte mich vollkommen hineingetragen, hineingezogen in ein Spiel, das über die Begrenztheit des Ichs hinausgeht.

Wenn Schiller sagt, der Mensch sei nur da Mensch wo er spiele, so wage ich zu sagen: Der Mensch ist nur da ganz Mensch, wo er singt und spielt, wo er lacht und weint, wo er scherzt und trauert, wo er sich der Unabgeschlossenheit seines Schicksals stellt, wo er die Unplanbarkeit des Lebens als den Freiraum nutzt und genießt, in dem er zu Entscheidungen hingezogen oder vielmehr hingesogen wird, die er schließlich als seine eigenen empfindet.

Und noch etwas füge ich hinzu: Wir spielten die Dienerin als Magd in einer zweisprachigen Fassung, die wir selbst erstellt hatten, wobei wir Arien und Duette im italienischen Original sangen, die Dialoge der Rezitative hingegen in unserer eigenen Übersetzung, angereichert mit Improvisationen, mit komödiantischen Elementen darboten. Das ganze Stück funktionierte also nur im Zusammenspiel zwischen zwei unterschiedlichen europäischen Sprachen: Italienisch und Deutsch. Im Kleinen gelang es uns also, ein perfektes Zusammenspiel zweier Kulturen zu inszenieren; denn nur im Verständnis des Italienischen konnte sich das Deutsche weiter entfalten. Umgekehrt bedurfte das Italienische vor einem des Italienischen unkundigen Publikum unbedingt der Übersetzung, Verdolmetschung, Verdeutlichung durch Geste, Handlung, Mimik und schließlich auch durch die eingefügten deutschen Dialoge. Man könnte es so sagen:

Viele versuchten umsonst, Europa im Großen zu gründen,
hier gelang es im Kleinen, die Länder Europens zu einen.

Applaus, Applaus, Applaus! Für die Musik, das Theater, den Gesang, die Menschen, Mann und Weib, Witz, Gelächter, Körper, Geld und Geist!

Zitatnachweise (Plagiatejäger – hier wird euch geholfen!):

Schiller, Friedrich: Ueber die ästhetische Erziehung des Menschen. [2. Teil; 10. bis 16. Brief.] In: Friedrich Schiller (Hrsg.): Die Horen, Band 1, 2. Stück. Tübingen, 1795, S. 88

Hölderlin, Friedrich: „Sophokles.“ In: ders., Gedichte. Stuttgart u. a., 1826, S. 122
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„Alle schick im Hause Uberto?“ oder: das Trio vor dem Sturm

 La serva padrona - Die Magd als Herrin, Singen, Singspielensemble Berlin, Theater  Kommentare deaktiviert für „Alle schick im Hause Uberto?“ oder: das Trio vor dem Sturm
Sep 022021
 
Das Trio vor dem Sturm: Heike Borchardt als Serpina, Johannes Hampel als Uberto, George Stark als Vespone

Mich erreichte im Frühling eine Anfrage, bei einer neuen Opernproduktion des Singspielensembles Berlin in der männlichen Hauptrolle mitzuwirken. Und welcher Sänger würde da zögern? Auf dem Spielplan steht:

Giovanni Battista Pergolesi / Gennarantonio Federico: La serva padrona / Die Magd als Herrin

La serva padrona – Die Magd als Herrin Tickets, So, 14.11.2021 um 19:00 Uhr | Eventbrite

Ein herrlicher duftiger Spaß, eine Erkundung der Tiefenschichten der männlichen, der weiblichen – nein: der menschlichen Psyche!

Worum geht es da?

Die Oper spielt in einem vornehmen Haushalt eines Edelmannes in einer italienischen Stadt, um 1730. Der alternde und mittlerweile sehr bequeme Junggeselle Uberto hat vor vielen Jahren die kleine Tochter verarmter Verwandten gnädig bei sich aufgenommen. Als Gegenleistung dient sie, zusammen mit dem Hausknecht Vespone, dem edlen Herrn als Magd.

Serpina ist mittlerweile zu einer reizenden Frau herangewachsen. Im Gegensatz zum armen Vespone, der arg unter ihrem Joch zu leiden hat, ist sie durchaus nicht auf den Mund gefallen. Sie besinnt sich ihrer aristokratischen Vorfahren und strebt nach Höherem. Doch im niederen Stand eines Dienstmädchens muss sie sich dafür etwas ganz Besonderes einfallen lassen…  Wird es ihr gelingen?

Arien und Duette singt das Singspielensemble Berlin in italienischer Originalfassung aus dem Jahr 1733. Die Dialoge spielt es deutsch in einer taufrischen Übersetzung aus dem Jahr 2021.

Es singen und spielen:

Serpina: Heike Borchardt
Uberto: Johannes Hampel
Vespone: George Stark

Streichorchester: Ursula Hillermann, Eva Vo, Andreas Bährle, Jürgen Grunewald, Daniel Merkel
Klavier: Regina Knobel
Neue Prosaübersetzung ins Deutsche und für den Gebrauch als Singspiel eingerichtet: Johannes Hampel

Künstlerische Gesamtleitung: Gerardo Colella

Samstag, 11. September 2021, 19 Uhr

Sonntag, 12. September 2021, 19 Uhr

Zugang nur mit Nachweis über „geimpft oder genesen oder getestet“

Testmöglichkeit vor Ort

Unkostenbeitrag 10 Euro

Restkarten an der Abendkasse/Einlass ab 18 Uhr

Neue Bühne Friedrichshain, Boxhagener Str. 18, 10245 Berlin

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