Für die Freiheit des Einzelnen: Vom Sinn des Dreikönigstages

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Jan. 062018
 

„Unser Einsatz für die Freiheit des Einzelnen in einer dynamischen Gesellschaft, die auf sich vertraut, die war nicht hinreichend repräsentiert in diesem Papier.“
Das ist eine gute, gelungene Formulierung, mit der die FDP im November 2017 die quälend zähen Koalitionssondierungsgespräche abbrach!

Niemand hat damals diese Wendung „Freiheit des Einzelnen“ wahrgenommen. Sie steht sperrig, unverstanden in der heutigen deutschen Parteipolitik herum.

Fast alle maßgeblichen Parteien – CDU/CSU, SPD, Linke, Grüne, AfD – denken heute den Menschen zumeist vom Staat her. Sie teilen den Menschen nach politischem Ermessen Geld, Ressourcen, Wohnraum, Chancen zu. Ob es nun die Umverteilung von Geld oder die Umverteilung von Menschen ist – immer herrscht das Gebot des staatlichen Handelns vor. Der Staat gibt den Ton an! Die Gesellschaft soll folgen.

Die einfachen Bürger werden nicht befragt, ob sie das überhaupt so wollen. Wir gemeinen Bürger werden nicht gehört, ob wir daran glauben, was die staatliche Politik uns nach eigenem quantitativem Bedünken und schwankem Spiel des Augenblicks zumisst: so und so viel Geld, so und so viele Menschen (fälschlich „Flüchtlinge“ genannt) pro Jahr, so und so viele Elektro-Autos bis 2020, so und so viel C02-Ausstoß bis 2050. Alles wird geplant, bemessen, quantifiziert! Merk auf, o Einzelmensch in deiner Freiheit:

Wer Euro-Milliarden bedenkenlos hin- und herschiebt, der schiebt auch hunderttausende Menschen (fälschlich „Flüchtlinge“ genannt) bedenkenlos hin und her. Der Parteien Zank und Hader um die Menschenumverteilungsobergrenze (fälschlich „Flüchtlingsobergrenze“ genannt) war in meinen Augen der konzeptionelle Bankrott, der finale Offenbarungseid der drei Parteien CDU, CSU und SPD. Völlig zurecht sind diesen drei Mehrheitsparteien die Wähler in Scharen davongelaufen. Sie haben, wie wir in diesem Blog vorhersagten und wünschten, deutlich an Gesamtanteil verloren.

Denn die tiefschürfende inhaltliche Auseinandersetzung unterbleibt zwischen CDU/CSU und SPD. Die Politik plant, verfügt, bestimmt, schafft an.

Wer so sehr auf quantitatives Denken setzt wie diese drei famosen Parteien, der vergisst eben genau das, worauf die vielgescholtene Dreikönigs-FDP vielleicht noch einmal zurückkommen wird: die Freiheit des Einzelmenschen. Diese Freiheit schließt die Selbstverantwortung ein, sie schließt die Möglichkeit des Scheiterns ein. Sie verzichtet im Gegensatz zur jetzt noch herrschenden Politik auf weitreichende Planungssicherheit und vertraut auf die Gestaltungsmacht der Menschen, der Unternehmen, der Akteure!

Sie wird andererseits dann und nur dann gewährleistet, wenn die staatlichen Organe rechtstreu sind und rechtstreu bleiben und den rechtlichen Rahmen auch jederzeit sichern und durchsetzen und nicht in blanke Beliebigkeit in der Zuerkennung staatlicher Mittel abgleiten, wie dies leider derzeit oft und in viel zu großem Umfang der Fall ist.

Die Freiheit des Einzelmenschen ist das A und O der freiheitlichen Ordnung. Ohne sie ist alles Zahlenwerk mit hochtrabenden Plänen für die nächsten 5, 10 oder 50 Jahre für die Katz.

Hoffen wir an diesem Epiphaniastag, dass mehr und mehr Menschen in allen deutschen Parteien des überragenden Rangs der Freiheit des Einzelmenschen gewahr werden!

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„Ich verstehe, dass Eltern Angst vor Brennpunktschulen haben“

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Sep. 202011
 

Heute erscheinen die Fotos und Namen der neuen Mandatsträger in BVV und Abgeordnetenhaus. Wie auch sonst üblich, bestimmen Juristen, Beamte, Parlamentsmitarbeiter und deren Arbeitgeber, also professionelle Politiker das Bild. Die Parlamente sind ja Goldfischaquarien mit einem sehr eigenen Milieu, das selbstverständlich bestrebt ist, einigermaßen artentreu oder sortenrein zu bleiben.

Um so leichter fällt es natürlich Parteineugründungen, dieses Aquarium kräftig aufzumischen! Bravi pirati!

Die Piraten haben eine Art Wahlkampf geführt, die eine höchst erfolgreich paradoxe Intervention am kranken Leib der Berliner Landespolitik darstellt.

Die Piraten zeigen, dass es sehr leicht ist, die Schwachstellen der Berliner Bezirks- und Landespolitik  aufzuzeigen und auszuhebeln – sofern man sich nicht innerhalb der Altparteien über Jahrzehnte hinweg als sortenreiner Goldfisch hochdienen will.

Was mich sehr freut, ist, dass auch einige Frauen und Männer der Praxis es geschafft haben, also Menschen, deren berufliches Leben nicht seit vielen Jahren im Wesentlichen aus Politik besteht. Zum Beispiel Cornelia Flader, die heute ein großartiges Interview in der Morgenpost (S. 14) abliefert und die ab sofort in der BVV Treptow-Köpenick sitzt. Die Schulleiterinnen der Brennpunktschulen verdienen unsere größte Hochachtung. Vor allem sollte man ihnen zuhören und ihrem Rat vertrauen. Das Gleiche gilt für die Lehrer und die ehemaligen Schüler der Brennpunktschulen. Sie sind für die Politik eine Goldmine!

Da ich selbst als Vater viele Monate lang reichlich Erfahrung mit Brennpunktschulen und mit verängstigten Miteltern gesammelt habe, unterstütze ich Fladers Vorschläge nachdrücklich.

Mich würde mal interessieren, ob jetzt in der BVV Friedrichshain-Kreuzberg wenigstens eine Mutter oder ein Vater sitzt, die ihre Kinder an staatliche Brennpunktschulen in Kreuzberg schicken oder geschickt haben  – oder ein Lehrer, eine Lehrerin aus einer Kreuzberger Brennpunktschule.

Wenn das wieder nicht der Fall ist, dann kann ich nur sagen: Ihr in der BVV seid auch nur ein Aquarium unter vielen anderen. Ihr seid keineswegs repräsentativ für die Bürgerschaft.

Interview – „Ich verstehe, dass Eltern Angst vor uns haben“ – Berlin – Berliner Morgenpost – Berlin

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Sep. 192011
 

Die Kinder sind begeistert vom gestrigen Wahlergebnis! Sogar Wladimir Kaminer ist glücklich, dass mehr Menschen mit gefärbten Haaren gewählt wurden (Berliner Zeitung heute S. 17).

Echte Piraten im Parlament! Action! Spannend! Das sagt ja schon der Name. Wann kommen Indianer? (Dass die echten Piraten in Somalia und anderen failing states eine riesige Bedrohung darstellen, nicht vor Mord und Menschenhandel zurückschrecken, braucht niemand zu wissen.) Es ist, als säße nun Pippi Langstrumpf in der BVV und schösse mit Lakritz auf den langweiligen Bürgermeister im grauen Anzug!

Aber auch Umweltschutz kommt immer gut an bei den Kindern! Und die Grünen findet der Kreuzberger, hier bloggende Vater sogar rasend nett! Alles in Butter! Nettigkeiten, Geschenke, Umweltschutz!

Jetzt zur CDU! „Was will eigentlich die CDU“?, fragt mich ein neunjähriges Kind. Ich antworte: „Die CDU will, dass die Menschen frei sind und selbst für ihr Glück arbeiten. Weißt du, … die Politik, der Staat kann die Menschen nicht glücklich machen.“

„Arbeiten“! Lange Gesichter! So etwas Langweiliges auch!

Ich erkläre (obwohl der salbaderische Sermon schon zu lange ist): „Der Staat soll euch nicht Lakritze oder kostenloses W-LAN oder Gratis-BVG schenken, sondern ihr sollt euch alle abstrampeln, damit ihr einmal selber für euch und eure Familien euer Essen verdienen könnt. Ihr sollt Kochen, Radfahren, Schreiben, Basteln, Singen, Tanzen, Rechnen lernen. Die CDU will, dass alle sich selber abstrampeln wie gute Fahrradfahrer und sich dabei an die Verkehrsregeln halten.“

Sehr langweilig, sehr down-to-earth! Mit diesem kargen trocken Brot fängt man keine Mäuse!

Um wieviel schöner ist es doch, den Menschen eine saubere Umwelt, eine grüne Wirtschaft, eine gemütliche Stadt für alle, ein kostenloses Schulessen, lebenslang dauerhaftes Wohnrecht überall, bezahlbare Mieten überall, ein unreguliertes Internet, kostenloses W-LAN zu versprechen! Lakritze, Lakritze, ick hör dir trapsen.

Der Erfolg der Piraten ist eine Riesenklatsche für die Altparteien SPD, CDU, Linke, FDP und Grüne. Wohl bekomm’s. Das habt ihr euch selber zuzuschreiben, oh Altparteien. Mit eurem Überbietungswettbewerb fordertet ihr die Piraten ja geradezu heraus, euch noch einmal zu toppen.

Beweis: Keine Partei hat es im Wahlkampf auch nur gewagt, größere Klassen vorzuschlagen. Dabei liegt es doch auf der Hand: Es gibt derzeit auf dem Berliner Markt keine Lehrer, und im Haushalt gibt es sowieso kein Geld, um Lehrer anzulocken. Ergo …?

Um etwa eine von allen ersehnte Unterrichtsgarantie zu bieten, hätte es genügt – wie in diesem Blog vorgeschlagen – die Klassenfrequenzen berlinweit um 2-3 Schüler zu erhöhen und von den Schülern mehr Disziplin und Fleiß einzufordern. Aber das habt ihr euch nicht getraut.

Das ist nur EIN Beispiel von Dutzenden anderen, die man zum Beweis der Mutlosigkeit der Berliner Altparteien anführen könnte! Jetzt habt ihr Altparteien die Quittung für einen  zaghaften Kuschelwahlkampf bekommen.

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Die neue Strenge kommt!

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Sep. 062011
 
Viel Geld für Marketing-Agenturen und Kommunikationsberater aus dem Fenster zu werfen ist nicht nötig. Alle Wahlkämpfer erhalten im Wahlkampf kostenlose Schulung in Wähleransprache, nehmen teil an der mobilen „Na-wo-drückt-euch-der-Schuh?“-Talkshow, Lob und Tadel werden gleichermaßen verteilt.
Ein paar Stimmen von Wählern: „Werdet erkennbar! Hebt euch klar ab von den Linken! Was sind eure Werte? Werdet kantiger! Wo sind eure Vorschläge zur Finanzkrise? Was haltet ihr von Tugenden wie Sparsamkeit, Tüchtigkeit, Redlichkeit, Fleiß?“
Hornstraßenfest, vergangenenes Wochenende. Ein Hobbypolitiker einer kleinen Kreuzberger  Volkspartei versucht sich in Wähleransprache. Zwei Schülerinnen (12 und 15 Jahre alt, nennen wir sie Asja und Leyla) beschweren sich, dass sie jetzt plötzlich jeden Tag Hausaufgaben hätten. „Die Lehrer sind so streng, verlangen Hausaufgaben! Früher war das anders! Können Sie unsere Beschwerde an Angela Merkel weitergeben, ja?“ Der Wahlkämpfer half zunächst einmal dem Mädchen, eine coole Schirmmütze mit dem Logo der in Kreuzberg kleinsten Volkspartei überzustreifen.

Die kuscheligen Altparteien hätten gesagt: „Ich werde eure Beschwerde weiterleiten.“ Aber der Wahlkämpfer sagte: „Eure Lehrer haben recht. Setzt euch am Nachmittag zwei oder drei oder vier Stunden hin, erledigt die Hausaufgaben, lernt was, dann helft Mutti und Vati im Haushalt.“ Schlimm, so was zu sagen?  Nö.

Erkenntnis: Die Lehrer und Lehrerinnen Kreuzbergs sind ein paar Jährchen weiter als die lahme Politik. Der Wind hat sich längst gedreht. Die Kreuzberger Lehrer lassen schon lange nicht mehr mit sich Schlitten fahren. Sie haben zwar die Hoffnung auf eine sinnvolle Bildungspolitik fast schon aufgegeben, aber sie halten die Kinder zum Lernen und Arbeiten an.

Die neue Strenge hat an Berlins Schulen Einzug gehalten.

Ich meine: Die Kinder sollten nach dem Unterricht durchaus jeden Tag noch Hausaufgaben erhalten. Wieso sitzen die Jugendlichen Stunden um Stunden mit der Wasserpfeife in den Kneipen, chillen am Bordstein?

Ins gleiche Horn wie das Hornstraßenfest stößt der Tagesspiegel-Bericht über eine Podiumsdiskussion in Wedding.

„Ohne Härte und Zwang geht es nicht.“ Na endlich fällt der Groschen. Gute Diskussion mit Schülern in einem Weddinger Gymnasium. Das sage ich aufgrund von 3 Jahrzehnten Erfahrung mit Kreuzberger und Berliner Völkerschaften, mit Kitas und Schulen schon lange.

Übermorgen, Donnerstag, 8. September,  genau zu diesem Thema unsere öffentliche Veranstaltung: „Wie schafft sich Kreuzberg bessere Schüler?“ Wirtschaft Stresemann, 19.30 Uhr, Stresemannstraße 48, Kreuzberg

Integration an Schulen: Ohne Härte geht es nicht – Schule – Berlin – Tagesspiegel

 Posted by at 12:45
Juni 272010
 

Hier im Bundesland Berlin herrscht eine unfassbare, eine überbordende, eine nur mit den besonderen geschichtlichen Umständen erklärbare Staatsverliebtheit und Staatsverquicktheit. Alle Berliner Parteien sind mehr oder minder in ihr befangen! Bei jedem sozialen Problem, das irgendwo auftritt, wird sofort laut und vernehmlich nach dem Fürsorgestaat gerufen: egal ob erhitzte Atmosphäre, vereiste Gehsteige, vermüllte Parks, versiffte Grillroste, vergeigte Bildungstests … stets richtet ein anderer (die  Klimaerwärmung, das saukalte Wetter, der Bürger, der Senat) das Chaos an, und der Staat soll hinterherputzen und hinterherwischen. Der Staat wächst zur generellen Problemwegputzmaschine heran!

Es gibt leider noch keine Partei in Berlin, die dieses Problem im Geiste der Subsidiarität angegangen wäre. Schade, schade! Es treibt mich fast zur Verzweiflung, es treibt mich geradezu zum lärmenden, lauten Protest!

Neuestes Beispiel: Die zunehmenden psychiatrischen Störungen bei Kindern und Jugendlichen. Ich halte diesen Trend – der statistisch belegt ist – für zutreffend beobachtet. Ich selbst sehe über die Jahrzehnte hin ebenfalls immer mehr auffällige, vernachlässigte Kinder, die irgendwie verrückt spielen. Kinder, die ihren eigenen Stiefel leben, ihre eigenen Nägel wundkauen, die ihre Eltern als Hoteliers betrachten und ansonsten ihre Tage an der Playstation vergeigen.

Wer ist SCHULD daran?  Die Antwort im Bundesland Berlin lautet stets: der STAAT. Der Staat liefert nicht genügend Schulstationen, nicht genügend Psychiater, nicht genügend Lehrer, er wischt die Toiletten der Schüler nicht oft genug sauber (die Blasenentzündung!), sodass die armen Kinder ständig klagen und jammern, schreien und beißen müssen. Der STAAT ist also an allem schuld, da er nicht genug ANGEBOTE für seine unglücklichen Bürger bereitstellt.

Lest hier nur den neuesten Anklageerhebung gegen den STAAT im heutigen Tagesspiegel:

Schule: Immer mehr psychische Auffälligkeiten bei Grundschülern – Schule – Berlin – Tagesspiegel
Immer häufiger kommen in die Psychiatrie-Ambulanz des Klinikums Erst-, Zweit- und Drittklässler, die aufgrund von Lernstörungen und sozialen sowie psychischen Auffälligkeiten in der Schule scheitern. Und immer mehr solcher „Problemkinder“ würden produziert, warnen Ärzte, Lehrer und Psychologen. Durch die für viele Kinder zu frühe Einschulung im Alter von fünf Jahren, durch Streichung von Förderklassen, durch Mangel an Lehrern und weiterem pädagogischen Personal.

Was sind also gemäß den Fachleuten die Ursachen der schweren Störungen bei den Kindern?

a) die für viele Kinder zu frühe Einschulung im Alter von fünf Jahren
b) die Streichung von Förderklassen
c) der Personalmangel

Dieser Diagnose ist nicht zuzustimmen. Ich halte sie für grundfalsch. Die Ursache all dieser Störungen bei den Kindern ist nicht ein Versagen des Staates, sondern ein Versagen der Familien. Und an die Familien müssen wir herantreten. Die Familien tragen zweifellos die Hauptverantwortung für die psychische Gesundheit, für das Gedeihen der Kinder.

Wir haben sehr, sehr viele versagende, scheiternde, zerbrechende, sich abschottende Familien. Das halte ich für die mit Abstand wichtigste Ursache des Kinderelends.

Diese Ursache muss benannt werden! In einem zweiten Schritt muss diskutiert werden, wie die Lage zu verbessern ist.

Die staatlichen Hilfsangebote können nicht beliebig erweitert werden. Die Versorgung der Familien durch den Staat entmündigt. Die Familien müssen ertüchtigt werden, gesunde, lebensfrohe, glückliche Kinder zu erziehen – ohne weiteren Eingriff des Staates.

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Besti flokkurin

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Mai 312010
 

So heißt die Spaßpartei, die auf Anhieb den Sprung ins isländische Parlament schaffte und mit 34,7% die stärkste Fraktion stellt. „Wir versprechen, kein Versprechen zu halten.“ Das ist kaum glaubwürdig, da in sich widersprüchlich. Der Wähler belohnt es dennoch. Niederschmetternd für die Altparteien!

Viel ernster zu nehmen: TOP 09, die neugegründete Partei des guten böhmischen Bürgers, des Fürsten Karl zu Schwarzenberg. Er verlangt Ehrlichkeit, Transparenz, Redlichkeit, Fleiß, Sparsamkeit, Verantwortung. Zu versprechen hat er wenig. Aber der Mann imponiert mir seit Jahrzehnten dank Geradlinigkeit, Lauterkeit, Humor und diplomatischen Geschicks. Ich werde mich um Aufnahme in diese Partei bewerben. Als EU-Bürger darf ich sehr wohl Mitglied in Parteien anderer Länder werden.

In Kreuzberg gibt die Obrigkeit des Bezirksamtes 18.000 Euro für Mediation in der causa nächtliche Ruhestörung auf der Admiralbrücke aus. Phantastisch – die Politik verabschiedet sich aus ihrem Kerngeschäft, der Abwägung widerstreitender Interessen. Stattdessen wird wieder mal jemand mit einem Pöstchen, einem Pilotprojekt versorgt. Darin sind sie groß, unsere Berliner Politiker! Kreuzberg behält seinen Ruf als Kita für Große.

Anderes Kita-Projekt: die Z-Brücke über den Landwehrkanal. Niemand braucht sie, für niemanden bringt sie Verbesserungen. Aber 1,3 Millionen werden dafür ausgegeben. Wer profitiert nun wieder davon? Ein Streitschlichter? Oder soll die Z-Brücke zur Spaß- und Feierbrücke umgewidmet werden? Dort schläft niemand.

 Posted by at 14:58
Jan. 112010
 

Einer, der sich gut auskennt in der Politik, ist mein Vater. Ihn fragte ich als kleiner 10-jähriger Bub nach dem Unterschied zwischen SPD und CDU/CSU.  Seine Antwort lautete: „In vielem stimmen sie überein.“ Das schockierte mich, denn die Schwarzen und die Sozen bekämpften einander erbittert. Warum, wenn sie doch in vielem übereinstimmten?

Mein Vater fuhr fort: „Aber der Unterschied ist: Die SPD will mehr Gleichheit, mehr Gerechtigkeit, mehr Verantwortung des Staates. Die Union will mehr Freiheit, mehr Verantwortung des einzelnen, der unteren Ebenen. Die Union hat kein so starkes Vertrauen in die Regelungskraft des Staates, sie hat mehr Vertrauen in die Verantwortung der einzelnen Menschen. Die SPD verlangt mehr vom Staat. Der Staat soll es richten.“ Das verstand ich einigermaßen, war aber doch der Meinung, dass irgendwann eine der beiden Parteien „recht bekommen“ würde. Ich glaubte als Kind, dass sich irgendwann herausstellen musste, dass entweder die SPD oder die CSU recht hatte.  Irgendwann würde nur noch eine Partei übrigbleiben, glaubte ich, und der ganze Streit hätte endlich ein Ende.

Heute glaube ich das nicht mehr: Ich glaube, dass die Demokratie sogar auf dem streitigen Gegeneinander von nicht austauschbaren Positionen beruht. Ferner glaube ich, dass weiterhin die Union und die SPD durch ein unterschiedliches Verständnis dessen geprägt sind, was der Staat leisten und nicht leisten kann.

Man kann dies wunderbar zeigen an den Integrationsvorstellungen für die Stadt Berlin, wie sie Bürgermeister Wowereit kürzlich entfaltet hat: Mehr Beratung, mehr Förderung, mehr Fürsorge und Unterstützung der Bürger durch den Staat. Mehr Geld für Quartiersmanagement und Stadtteilmütter.  Das Zusammenwachsen der Stadt Berlin sieht Wowereit nunmehr als Kernaufgabe seines Senats. Im nächsten Doppelhaushalt stellt er deshalb erhebliche Mittel bereit. Der Tagesspiegel kommentierte:

Wowereit ist als neuer stellvertretender SPD-Vorsitzender zuständig für Stadtpolitik; da kann er, wenn er noch mehr will, es sich nicht so leicht machen. Statt fatalistischer Äußerungen wie jener, er würde seine Kinder auch nicht in Kreuzberg zur Schule schicken, braucht Wowereit hier jetzt Erfolge. Er weist zurecht auf sinnvolle Projekte wie das Quartiersmanagement hin; aber das reicht nicht. Das beitragsfreie letzte Kitajahr ist wichtig, aber zu wenig. Er kündigt an, mehr Ausbildungs- und Arbeitsplätze zu schaffen; er sagt aber nicht, wie das gehen soll.

Ich hingegen sehe das Zusammenwachsen der Stadt Berlin als Kernaufgabe von uns Bürgern. Zu diesem Zweck vertrete ich das Leitbild von der „Zusammenwachsenden Stadt“. Dieses Leitbild müssen die Bürger mit Leben füllen. Deshalb sage ich nicht nur: „Ich würde meine Kinder in Kreuzberg in die Schule schicken“, sondern ich tue dies auch.

Die Parteien können uns beim Zusammenwachsen helfen, aber sie können es uns nicht abnehmen. Auch Armin Laschet weist letztlich allen Bürgern diese Verantwortung zu: Jedem Bürger obliegt es, den Aufstieg zu erarbeiten. Der Staat kann allenfalls helfen, aber er kann es nicht selber für die Bürger machen.

So widerspreche ich also all jenen, die von einer immer stärkeren Angleichung der beiden großen Volksparteien sprechen. Im Bundesland Berlin trifft dies zwar in gewissem Sinne zu. Ja, wir beobachten hier sogar die Kuriosität, dass die CDU einige Jahre noch staatsverflochtener, noch staatsverquickter war als die SPD. Mit schädlichen Folgen für das Selbstverständnis dieser Partei.

Aber grundsätzlich bin ich überzeugt: Die CDU lässt das Gemeinwesen von unten nach oben wachsen. Die SPD greift von oben her ordnend und ausgleichend ein.

Ich bin für die Konturierung der Gegensätze, nicht für den weitgehenden programmatischen Ausgleich zwischen den Volksparteien. Darüber lesen wir heute im SPIEGEL:

Gefahr von der Basis – SPIEGEL ONLINE – Nachrichten – Politik
Die Tatsache, dass so viele Wähler schwanken, hängt auch mit der in der Öffentlichkeit konstatierten völligen Austauschbarkeit von Positionen der großen Parteien zusammen. Die Tatsache, dass sich gerade in der Großen Koalition die politischen Partner doch letztlich thematisch sehr nahe waren, machte ein Umschalten der Wähler zu einer anderen Partei eher möglich.

 Posted by at 17:50
Dez. 292009
 

Eins der aufschlussreichsten Interviews der letzten Tage: Volker Ratzmann von den Grünen und Thomas Heilmann von der CDU in der Berliner Morgenpost vom 27.12.2009. Und so fängt es an:

Parteien – CDU und Grüne loten Bündnisoptionen aus – Berlin – Printarchiv – Berliner Morgenpost
Berliner Morgenpost: Herr Heilmann, Herr Ratzmann, hätten Sie sich früher in der Schule doof gefunden? Der eine mit Aktenkoffer und Lederschlips. Der andere mit Palästinensertuch und langen Haaren?

Volker Ratzmann: Ich bin in der Tat mit Lederjacke und Palästinensertuch durch die Gegend gelaufen. Wir hatten generell wenig Junge Unionler in unserer Schule.

Thomas Heilmann: Ich bin das fünfte Kind von sechsen, da war die Kleiderfrage schnell geklärt – immer das vom großen Bruder. Das war damals noch nicht Nachhaltigkeit, sondern einfach nur sparsam. Ich komme aus Dortmund, der Hauptstadt der SPD. Da ist Interesse für Positionen der CDU zumindest nicht Mainstream. Bis heute liebe ich weder Aktenkoffer noch Schlipse, obwohl ich heute Krawatten manchmal beruflich bedingt trage.

Schön, dass die Gesprächspartner am landläufigen Image der Parteien kratzen!

Wir brauchen darüber hinaus vielleicht bisweilen mehr Mut, Parteien inhaltlich aus einer Art Grundformel abzuleiten. Ich selbst versuche das immer wieder innerhalb meiner Partei, der CDU.

Ich greife dabei gern auf die Entstehung der CDU zurück: „Die CDU war eine Art Alternative Liste, eine Sammlungsbewegung, die sich klar von den bestehenden Altparteien wie etwa Zentrum und DVP abgrenzte. Ebenso stand sie in schroffem Gegensatz zur verbotenen Partei der NSDAP. Sie wollte keine Partei alten Typs werden, sondern fasste sich als Union, als Bündnis der Unabhängigen auf. Daran müssen wir anknüpfen. Wir müssen zur Alternative werden.“

Was ist der gemeinsame Nenner dieser Alternativen Liste?  Antwort: Das „Christlich-Demokratische“. Ein klares Bekenntnis zu den christlichen Grundwerten der Freiheit des Einzelnen, zur unendlichen Würde der Person, zur Verantwortung des Einzelnen für Familie und Gesellschaft, zu den Werten der Demokratie, des Rechtsstaates – das alles findet man in den Gründungsdokumenten der neugegründeten Alternativen Liste (genannt CDU) wieder und wieder. In den entscheidenden 8-10 Jahren von 1947-1957 waren es diese Werte, die die den Grundstein für die noch heute bestehende Ordnung der Bundesrepublik legten.

Ich glaube, wir Christdemokraten müssen viel ruhiger, viel gelassener, viel überlegener in die ganze Tiefe des Freiheitsbegriffes eintauchen, in die ganze Breite des Verantwortungsbegriffes uns hineinstrecken. Diese beiden Begriffe müssen wir glaubwürdig und überzeugend erzählen können. Damit steht und fällt der Erfolg der CDU/CSU.

Die Grundformel der CDU, die steckt meines Erachtens im Namen „Christlich-Demokratische Union“. Das Christliche, das Demokratische, der Unions-Gedanke – das sind für mich die Säulen, die bilden für mich das Grundgefüge dieser Partei. Diese drei Säulen, die gilt es zu erklären und stets wieder neu begreiflich zu machen.

Von hier aus werden sich dann mühelos Anknüpfungen zum Klimaschutz, zum Umweltschutz, zu einzelnen Themen wie dem Radfahren, dem gemeinsamen Lernen, zur aktiven Friedenspolitik ergeben. Die CDU könnte die Grünen auf den urgrünen Politikfeldern stellen und sie mit dem Kuss der Spinne umarmen.

Dazu braucht es Mut. Dazu braucht es Kraft im Denken. Dazu braucht es nicht zuletzt viele neue Menschen, die die Partei mit diesem Wissen vertreten.

 Posted by at 22:28

Leitbild Friedrichshain-Kreuzberg: Der zusammenwachsende Bezirk

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Nov. 262009
 

Immer wieder habe ich es meiner eigenen Partei und auch den anderen Parteien ins Gesicht gesagt: „Ihr habt kein Leitbild für unseren Bezirk, ihr bosselt hier herum, ihr werkelt da an einem Schräubchen. Ihr kocht euer Süppchen!“ Aber keine der hier in Friedrichshain-Kreuzberg vertretenen Parteien lässt erkennen, dass sie wirklich an einem guten, umfassenden Modell  bezirklichen Lebens arbeitet, in dem alle sich wiederfinden können. So kommt es immer wieder zum großen Zusammenprall der getrennten Milieus, zum gähnenden Abwinken, zum erregten Disput, in dem jede der Untergruppen ihre und nur ihre Interessen durchzudrücken versucht.

Keine Partei hat es bisher verstanden, die beiden Bezirkshälften im Wahlkampf zu thematisieren oder gar das Zusammenwachsen von Kreuzberg und Friedrichshain als Ziel auszugeben. Dies gilt auch für die Partei, der ich angehöre. Meine Analyse des Wahlausgangs blieb in diesem Punkt unwidersprochen. CDU-intern habe ich ein Papier vorgelegt, in dem ich von „schweren strategischen Fehlern“ sprach, die „wir alle gemeinsam zu verantworten haben“. Wie erwartet, kam das Papier nicht gut an. Es liegt in der menschlichen Natur, die Fehler bei anderen zu suchen. Nicht jeder bringt die Größe auf, eigene Fehler zuzugeben, wie dies etwa Konrad Adenauer tat und wie es erst vor wenigen Wochen wieder Bundespräsident Horst Köhler eingefordert hat.

Aber die Bezirks-CDU hat zum wiederholten Male bundes- und berlinweit die schlechtesten Wahlergebnisse eingefahren. Dafür muss es Gründe geben, und diese Gründe sind in der Partei selbst zu suchen. Ich habe diese Gründe zu benennen versucht.

Ich werde zusammen mit allen, die mitmachen wollen, das Leitbild „Der zusammenwachsende Bezirk“ ausarbeiten und dann bei der nächsten Gelegenheit zur Abstimmung stellen.

 Posted by at 23:18
Nov. 222009
 

Ein echter Meister der falschen Fährten, ein brillanter Taktiker des Wahlkampfs und der Parteiarbeit war  – Konrad Adenauer. Mit der Bundesrepublik Deutschland brachte er mit anderen zusammen eins der größten Experimente auf den Weg! Die Verabschiedung des Grundgesetzes, die Saarfrage, die Wiederbewaffnung, die Westbindung – das alles waren gewaltige Vorhaben, die zum Teil gegen bestehende Mehrheiten, gegen den Rat der Fachleute, gegen Widerstände in der eigenen Partei durchgesetzt wurden! Dennoch wurde er 1957 bekannt mit dem treuherzigen Slogan: „Keine Experimente!“ Gemeint war natürlich: „Keine zusätzlichen Experimente mehr!“  Schlau, schlau!

Seine neugegründete Partei, die CDU, erreicht in den ersten Wahlen zum Deutschen Bundestag aus dem Stand heraus fast soviel Stimmen wie die Unionsparteien 2009 einsammeln konnten (1949: 31%, 2009: 33,8%). Die CDU ist DIE große Erfolgsgeschichte in der deutschen Parteienlandschaft. Dabei war sie ausdrücklich als Union gegründet worden, also als Bündnis verschiedener Kräfte, die sich zunächst von den „Altparteien“ absetzen wollten.

Ich lese immer wieder mit großem Gewinn in den Protokollen des CDU-Bundesvorstandes 1950-1953. Mann, was war die CDU doch damals für eine wagemutige, kluge, nach vorne denkende Partei! „Es musste alles neu gemacht werden“, unter dieses Motto stellen die Herausgeber die internen Besprechungsprotokolle. Die meisten wichtigen Themen, die wir heute noch besprechen, wurden dort schon erörtert: z. B. der Parteienüberdruss, die ständige Suche nach Mehrheiten, der Einfluss der neuen Medien auf den Wahlkampf (damals: der Lautsprecherwagen).

Daneben bieten diese zum großen Teil wörtlichen Protokolle eine Methodenlehre der Politik! Greifen wir aus gegebenem Anlass eine Frage heraus: Wie soll sich eine Partei „im Feindesland“ verhalten? Was kann sie tun, wenn sie erkennbar eine Mehrheit der Bevölkerung gegen sich hat? Die junge CDU stand tatsächlich mitunter in dieser Position, und zwar beispielsweise im Saarland! Das Saarland wollte unter seinem beliebten Ministerpräsidenten Johannes Hoffmann weg von Deutschland, erlangte sogar für 2 Jahre die staatliche Selbständigkeit. Die CDU blieb außen vor, trat vor 1953 gar nicht an. Adenauer sagte am 26. Januar 1953 etwa folgendes: „Die Leute an der Saar wollen uns nicht … Es ist doch tatsächlich so. Die Leute haben ein vergnügtes Leben; sie haben keine Evakuierten, sie haben keinen Lastenausgleich, und es geht ihnen gut.“ Wieso hätten die Saarländer für Deutschland stimmen sollen? „Vaterlandsverräter“ scholl ihnen entgegen!

Was sagt Adenauer dazu? Er hielt solches Geschimpfe für einen schweren Fehler! „Ich komme zu der Auffassung, Herr Kaiser, daß es ein schwerer Fehler von uns gewesen ist – ich weiß, Herr Altmeier wird anderer Aufassung sein -, daß wir von Anfang an die Leute diffamiert haben, die sich losgetrennt und dem Saarregime zugestimmt haben.“ Adenauer fährt fort, damit habe man das Tischtuch zerschnitten. Man habe den Saarländern die Rückkehr nicht erleichtert. „Nun wollen wir nicht das Tischtuch zwischen uns zerschneiden, sondern sehen, wie wir die Sache allmählich wieder in Ordnung bringen. Das wäre höchstwahrscheinlich viel klüger gewesen, als die Leute einfach zu diffamieren, die – und das kann kein Mensch bestreiten – die Mehrheit dort sind.“

Wir halten fest: Adenauer besaß die Größe, eigene Fehler offen einzugestehen und daraus für die Zukunft zu lernen. Er erkannte, dass Mehrheiten nicht mit der Brechstange, nicht mit Schimpfen zu holen sind. Er sah ein, dass das trotzige  Beharren auf dem eigenen Standpunkt – sofern er eine Minderheitenposition darstellt – eher die Wähler noch stärker gegen die Partei aufbringt. Schließlich erkannte er den Zeitfaktor an: „Das Übrige müssen wir der Entwicklung an der Saar überlassen.“

Das genaue Lesen einiger Seiten aus den Protokollen vermag sicherlich dem einen oder anderen Politiker in der Ratlosigkeit des heutigen Politikbetriebes Anregungen zu verschaffen. Die 50er Jahre waren eine Zeit äußerster Wagnisse, nur dank der fundamental richtigen Einsichten und der überlegenen Strategien von Politikern wie etwa Adenauer oder Kurt Schumacher konnte diese großartige Aufbauleistung gelingen.

Quelle: Adenauer: „Es mußte alles neu gemacht werden.“ Die Protokolle des CDU-Bundesvorstandes 1950-1953. Bearbeitet von Günter Buchstab. Klett Cotta Verlag, Stuttgart 1986, hier: S. 412-413

 Posted by at 00:15

Gähnen oder aufwachen? Habt ihr nicht mehr zu bieten?

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Aug. 212009
 

Kurt Biedenkopf, Oswald Metzger, Vera Lengsfeld, Horst Köhler … diese und viele andere stehen für eine mögliche neue Debatte um Werte und Projekte der Unionsparteien. Diese und andere Leute sollte die CDU fördern – und fordern! „Was können wir als Partei tun? Wie können wir die Leute ansprechen, ehe sie uns vom Stuhl kippen vor Langeweile?“

Unser alter Blog-Freund, Franz Walter, meldet sich in Spiegel online einmal wieder zu Wort. Harte Fakten hält er der CDU vor die Nase, denen man wohl kaum widersprechen kann. Hier ein paar Befunde:

Konservative ohne Ideen: Merkels CDU steuert ins Vakuum – SPIEGEL ONLINE – Nachrichten – Politik
Zweitens: Auf Werte über 40 Prozent ist die CDU zuletzt bei den Bundestags- und Landtagswahlen allein noch bei den über 60-Jährigen gekommen. Doch selbst in diesem Altersbereich sinken die Anteile der CDU seit den achtziger Jahren kontinuierlich.

Drittens: Bei den unter 45-jährigen Wählerinnen und Wählern erreicht die CDU keine 30 Prozent mehr. Je höher die Bürger dieser Jahrgänge qualifiziert und gebildet sind, desto geringer fällt gar die Präferenz für die Christdemokraten aus.

Viertens: Keine andere Parteianhängerschaft ist derart stark durch die Gruppe von Arbeitslosen dominiert wie die der CDU. Nur die Hälfte der christdemokratischen Wähler steht aktiv im Beruf. Als vitaler Träger dynamischer Marktreformen taugt das CDU-Lager daher schon sozialstrukturell nicht.

Wir schaut es bei den Grünen aus? Genau umgekehrt! Sie haben den höchsten Erwerbstätigenanteil, die jüngste Wählerschaft, die am höchsten Gebildeten.

Was tun? Ich plädiere für einen Parteienwandel – wobei jeder natürlich in seiner Partei beginnen muss.  In Berlin braucht die Union möglicherweise andere Impulse als in Augsburg. Wo ich zur Zeit bin, um meinen kranken Vater zu pflegen – der seit 50 Jahren Mitglied der CSU ist. Aus den vielen Streitgesprächen mit ihm rührt mein tiefes Einfühlungsvermögen in Wohl und Wehe der Christdemokraten. Schon als Bub habe ich die eine oder andere Veranstaltung der CSU besucht. Folgerichtig trat ich als Student zunächst einer anderen Partei bei: den Grünen. Auch heute bin ich nicht Mitglied der CSU. Das wäre zuviel des Triumphs für meinen alten Vater, dem ich aber in zahlreichen anderen Punkten fast widerwillig recht geben muss.

Hier in Augsburg plakatieren die Christsozialen  mit dem Spruch: „Deutschland braucht jetzt eines: Sicherheit.“ Nur als Text, keine alte oder junge Frau mit oder ohne Dirndl-Dekolleté drauf, kein alter oder junger Mann in Lederhosen oder am Laptop.

Der unschuldige Betrachter fragt sich: Na und? Habt ihr nichts anderes zu bieten?

HABT IHR NICHT MEHR ZU BIETEN?

Was würde meine Berliner Parteifreundin Vera Lengsfeld dazu sagen? Vermutlich dieses: „Gähn, gähn.“

Aber es gibt ja noch andere, die mehr wagen. Sogar bei der Union.

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Mai 092009
 

„Väterpartei“ gegen „Partei der Töchter und Söhne“. Mit dieser Formel versuchte ich am 19. April in einer Diskussion mit Wolfgang Schäuble und Jürgen Trittin die verschwiegene Verwandtschaft zwischen CDU/CSU und den Grünen zu fassen – mit ausdrücklicher Zustimmung von Jürgen Trittin. Die Grünen sind entsprungen aus der Unfähigkeit der Unionsparteien, einen geordneten Übergang der Macht an die nachwachsende rebellierende Generation innerhalb der Partei zu vollziehen. Nachdem die widerborstigen Töchter und Söhne nicht gewonnen worden waren, blieb der Union nur übrig, die anderen, die braven Söhne, die buchstäblich schon in Anzug und Krawatte geboren werden, still und unauffällig nachrücken zu lassen. Nur wenige Male gelang eine echte Rebellion innerhalb der Unionsparteien: als Ludwig Erhard den Bundeskanzler Adenauer verdrängte oder verdrängen ließ – und ein zweites Mal im Jahre 1999, als Generalsekretärin Merkel mit ihrem Brief an die FAZ dem Kanzler Kohl ausdrücklich die Gefolgschaft aufkündigte. Sie tat dies, indem sie ausdrücklich darauf hinwies, dass auch Parteien – wie Jugendliche in der Pubertät – sich von den großen Vaterfiguren lösen müssten, wobei sie namentlich das „Schlachtross“ Helmut Kohl anführte.

Entscheidend bleibt: Die Grünen sind eine Akademikerpartei „aus gutem Hause“. Ihr erstaunlicher Erfolg speist sich aus der zur Dauergeste erstarrten, moralisch begründeten Rebellion gegen ein Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell, deren Produkt sie sind und bleiben.

Der gegenwärtig stattfindende Parteitag der Grünen liefert reichlich Belege für diese These. Lest etwa folgenden Abschnitt aus dem Tagesspiegel:

Die Botschaft, die die Grünen von ihrem Wahlparteitag aussenden wollen, ist klar: Die krisengeschüttelte Welt spricht grün. Selbst alte Industriebranchen, wie die Auto- oder Chemieindustrie sind derzeit stark interessiert an einer energiesparenden Produktion. Grüne Themen haben Konjunktur. Oder wie es der realo-intellektuelle Fraktionschef Fritz Kuhn sagt: „Grün ist eingedrungen in den hegemonialen Diskurs der Republik“.

Man lese den letzten Satz zweimal: „Grün dringt in das Sinnen und Trachten der herrschenden Alten ein.“  So lässt sich die Wendung „hegemonialer Diskurs“ in gemeinverständliches Deutsch übersetzen. Die Rebellion wird verkleinert zur Infiltration der Diskursordnung. Man versuche einmal diesen Satz Fritz Kuhns sich auf einem Parteitag der Union vorzustellen – und man wird erkennen, welch riesige Kluft zwischen den Unionsparteien und den Grünen klafft.

Ein Unionspublikum wird den Satz Fritz Kuhns nicht verstehen. Denn in der Aufbauleistung der Nachkriegsjahre hatten die Väter keine Zeit, den italienischen Theoretiker Antonio Gramsci oder den Diskursanalytiker Michel Foucault zu lesen. Der Satz würde verpuffen. Ohne Abitur und ohne mindestens ein paar Semester Hochschulstudium wird niemand den Verhandlungen der Grünen folgen können. Dies schränkt – soll ich sagen glücklicherweise? – ihre Wählerbasis ein.

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Mai 052009
 

Ich habe meine gesamte Kindheit und Jugend in Bayern verbracht. Wie oft stritt ich mich damals in den 80-er Jahren mit meinem Vater und dessen Altersgenossen! „Halte dich von den Grünen fern – die sind alle kommunistisch unterwandert!“, so versuchten mich „die Väter“ immer wieder davon abzuhalten, eigene Wege zu suchen. Ich hielt das damals alles für üble Verleumdung. Selbstverständlich war ich widerborstig, selbstverständlich war ich ein Produkt meiner Erziehung. Zur CSU ging „man“ in meinen Kreisen nicht, die war nach dem fast einhelligen Urteil meiner Altersgruppe rückwärtsgewandt, konservativ-verstockt, machtversessen und obendrein kommunistenfresserisch veranlagt. „Man“ wählte die Grünen. Ich zog während des Studiums nach Kreuzberg. Das Bild blieb ähnlich: allerdings war das Feindbild hier nicht die CSU, sondern eine zuverlässig als Feindbild dienende Altparteienkoalition aus SPD, CDU und FDP. Aber selbst diese Parteien waren nicht verlässlich genug: Man wusste damals in den 80-er Jahren nicht, wann der nächste Bestechungs- oder Bauskandal hochging. „Man“ war in meinen Kreisen fest überzeugt: „Hier in Berlin kann man eigentlich nur die AL, also die Grünen, wählen.“ Alle anderen Parteien galten als Klientelparteien, die in hohem Maße korrumpierbar erschienen.

Eine unschöne Alternative tat sich auf. Hier: kommunistisch unterwandert! Dort: eine korrupte Betonkopfriege!

Was war dran an den Vorwürfen der Gegenseite, dass die Bundesrepublik kommunistisch unterwandert sei? Heute wird von einem Besuch der Bundeskanzlerin im Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen berichtet:

Merkel: „Auch in der Freiheit braucht man Mut“
Der kultur- und medienpolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, Christoph Waitz, hatte Merkel im Vorfeld aufgefordert, „endlich auch die Stasi-Vergangenheit des Deutschen Bundestages und aller Ministerien“ erforschen zu lassen. Inoffizielle Mitarbeiter seien nicht nur ein ostdeutsches Phänomen gewesen. Waitz rief die Kanzlerin in einer Mitteilung dazu auf, ein Forschungsprojekt anzuschieben, das die Verstrickung westdeutscher Politiker zwischen 1949 und 1990 untersucht.

„Auch in der Freiheit braucht man Mut“ – dieser Satz gefällt mir. Hier kann jeder sich fragen, ob er heute, jetzt, genug Mut aufbringt, auch einmal tapfer gegen die Mehrheitsmeinung zu stehen! Innerhalb seiner Partei, innerhalb der Gruppe seiner Altersgenossen, innerhalb der Öffentlichkeit, innerhalb seines ganz privaten Umfeldes. Der Konformitätsdruck ist auch in einer freien Gesellschaft wie unserer stark – ihm zu widerstehen ist schwer. Leicht ist es, über andere zu urteilen. Die Frage: „Wie hätte ich gehandelt?“ ist nur hypothetisch.

Schwieriger ist es, sich die echte Frage zu stellen: „Wie handle ich jetzt? Was ist das Richtige jetzt, in diesem Augenblick, für mich und für die Menschen, für die ich Verantwortung trage?“

Wie stark war die Stasi damals in der BRD vertreten? Ich lernte in den achtziger Jahren tatsächlich einmal zufällig einen DDR-Agenten kennen. Er vertraute mir an, dass er für die Auslandsaufklärung der DDR arbeite. Systematisch sammle er Material, liefere Informationen an die Zentrale. „Und so wie mich gibt es Tausende, überall in den Institutionen, den Behörden und Schulen. Wir arbeiten an der Zerstörung der Bundesrepublik von innen her. Auspacken, uns anvertrauen dürfen wir nicht. Wer auspackt, spielt mit seinem Leben. Der wird umgelegt. Ich sitze in der Falle. Ein Autounfall ist schnell ins Werk gesetzt.“ Ich vergaß diese Episode nahezu, hielt sie für übertrieben. Sie passte nicht in mein Weltbild. Ich konnte damals nicht zugeben, dass die Väter mit ihren lästigen und, wie ich fand, dummen Warnungen vor einer kommunistischen Unterwanderung des Staates Bundesrepublik Deutschland vielleicht doch nicht ganz unrecht hatten.

In Kreuzberg begegnete ich damals immer wieder dem mittlerweile verstorbenen Bundestagsabgeordneten Dirk Schneider. Ich erlebte ihn als machtbewussten Redner in Versammlungen, begegnete ihm, wie er seinen Einkaufskorb trug, bei Kaiser’s Ecke Großbeerenstraße. Ein nicht unfreundlicher Mann, der aus seinen Sympathien für den anderen, den – wie er meinte – besseren deutschen Staat kein Hehl machte. Nach dem Mauerfall kam heraus: Auch er stand im Sold des MfS.

Es ergibt sich für mich aus allem, was ich weiß, folgendes Bild: Die Bundesrepublik Deutschland war bis 1989 in der Tat durch ein Netz von aktiven Mitarbeitern des MfS durchzogen, von denen die meisten nach der Vereinigung unbehelligt weiterlebten. Sie wirkten für die Zersetzung der Bundesrepublik von innen heraus. Das böse Wort „Unterwanderung“ traf in weiten Teilen für die Bundesrepublik vermutlich zu.

Wie viel Wahrheit verträgt unsere bundesdeutsche Gesellschaft?  Soll man alles auspacken und anpacken – wie die SPD so hübsch formuliert?

Die Frage, so meine ich, hat die bundesdeutsche Gesellschaft bisher so beantwortet: Ungefähres andeuten, dunkles Raunen – ja. Aber systematische Aufarbeitung – nein.

Um so wichtiger sind Besuche in Hohenschönhausen und anderen Orten. Um so wichtiger ist es, jederzeit im eigenen Umfeld dafür einzutreten, dass eine derartige Unterhöhlung des Vertrauens, ein derartiger Zerstörungsversuch der Institutionen nicht wieder Platz greift. Mit dem Mut, der Freiheit möglich macht.

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