Nov 292014
 

Metanoia20141118_125649

 

 

 

 

 

1. Metanoia – Umdenken, Umwenden, das innere Ruder herumwerfen – das mag wohl der Sinn des alten, heute außer Gebrauch gekommenen  Wortes Reue sein. Jesaja, Jeremia, aber auch Johannes der Täufer erhoben diese Haltung der Umkehr zum Grundmotiv. Griechisch lautet das Wort metanoia. Es dient als Übersetzung des hebräischen schuv oder teschuwa. Johannes erwartet von den Machthabern, dass sie mit der Reue, mit dem Um-Denken, bei sich selbst anfangen. Er misstraut der Macht, er bestreitet, dass Macht das Recht setzt, er verlangt, dass der Mächtige sich dem, was recht und billig ist, unterordnet. Kein König, kein Herr steht über dem Recht. Keiner darf sich zügellos über die Weisung hinwegsetzen.

2. Die Metanoia strafft gewissermaßen die Zügel beim Zügellosen. Schau sie dir an! Du siehst sie hier in diesem Bild der 1980 in Istanbul geborenen Künstlerin Yaşam Şaşmazer. Der Zügellose hat die Orientierung verloren. Er liegt platt auf der Erde. Hinter ihm die Metanoia. Sie versucht ihn aufzurichten. Aber er lässt sich fallen, er stellt sich tot. Wir betrachteten das ungleiche Gespann des Unbußfertigen und der Metanoia, als wir unterwegs zum Joseph Roth in der Potsdamer Straße waren .

3. Als Frucht der „metanoia tedesca“, der deutschen Umkehr, der deutschen Buß und Reu, wertet der italienische Politologe Angelo Bolaffi in seinem Buch Cuore tedesco den Erfolg der Bundesrepublik Deutschland – sie stelle das einzige erstrebenswerte Vorbild für die dringend gebotene Neuordnung der Europäischen Union dar: l’unico modello di riferimento che abbia dato buona prova di sé dal punto di vista della giustizia sociale e dell’efficienza economica.

4. Kommt Reue eigentlich im Euro-Wortschatz vor? Euro!  Reue! Beide Wörter klingen so ähnlich! Und doch sind sie unendlich weit voneinander weg. Ich schlug dazu das Euro-Wörterbuch des Langenscheidt-Verlages auf, als ich an der Ausstellung Metanoia  vorbeigelaufen war. Mich interessierte, wie man Metanoia ins Türkische übersetzt. Fehlanzeige! Gab es denn wirklich keinen Platz für das Wort Reue im Euro-Raum? Nein, in der Tat fehlt zwischen den Einträgen „Rettungsring“ und „Revanche“ das Wort „Reue“ im Euro-Wörterbuch.

5. Und doch wäre die tätige Reue der Rettungsring, der den Kreislauf aus Niederfallen und Revanche aufbrechen könnte.

6. Forse abbiamo bisogno di una metanoia europea. Wir brauchen wohl ein europäisches Umdenken.

Beweise:
Yaşam Şaşmazer: Metanoia.  Ausstellung in der Galerie Berlinartprojects, Berlin, Potsdamer Str. 61, 19.09.-31.10.2014
Langenscheidt Euro-Wörterbuch Türkisch. Langenscheidt Verlag KG, Berlin und München 1999, S. 481
Angelo Bolaffi: Cuore tedesco, Roma 2013, S. 254

 Posted by at 00:32

Freigabe oder Einschränkungen für Alltagsdrogen – was meinst du?

 Friedrichshain-Kreuzberg, Görlitzer Park, Rechtsordnung, Türkisches  Kommentare deaktiviert für Freigabe oder Einschränkungen für Alltagsdrogen – was meinst du?
Aug 022013
 

2013-07-18 17.43.21

Die Türkei verbietet mittlerweile den öffentlichen Alkoholverkauf ab 22 Uhr. Warum? Es gab – wie auf den griechischen Inseln – zu viel Ärger und zu viele Straftaten mit und von Betrunkenen, vor allem mit Touristen.

Mülltrennung haben sie in der Türkei jetzt auch an einigen Stellen eingeführt, außerdem werden PS-verliebte Raser auf den Straßen geblitzt und heftig zur Kasse gebeten, es werden erstmals auch Rauchverbote an vielen öffentlichen Orten ausgesprochen.

Drogenbesitz und Drogenhandel auch in kleinen Mengen bleiben in der Türkei weiterhin strafbar  und werden auch empfindlich bestraft.

Kurz, die Freiheit der türkischen Alkoholtrinker, der Autofahrer, sorglosen Müllablader, der unverbesserlichen Raucher wird fast schon so stark wie in der Bundesrepublik Deutschland eingeschränkt, aber bei weitem nicht so stark wie in den USA. Ärgerlich für viele Türken:  Der Türke darf nicht mehr „wie ein Türke“ rauchen und Auto fahren, sondern soll sich an Rauchverbote und Geschwindigkeitsbeschränkungen halten. Schlimm? Oder ein richtiger Schritt im Kampf gegen die Alltagsdrogen Tabak, Alkohol und Autowahn? Was glaubst du?

Ich sehe es so:

In der Türkei erlebten wir keinerlei Beschaffungskriminalität wie in Süditalien, keine Alltagskriminalität und keine Bettelei wie in Berlin, kein Anbaggern, keine illegalen Parkwächter wie in Italien oder in Griechenland, keine Übergriffe, keine grölenden Besoffenen usw. usw. Wir konnten im Hotel die Türen bedenkenlos offenstehen lassen. Das zwischenmenschliche Klima im öffentlichen Raum der Türkei war überall, auch in den Städten, sehr zivil, höflich, entspannt.  Ich halte dies auch für eine Folge der relativ strengen sozialen Kontrolle durch Familien und Gemeinden, für eine Folge des hohen Respekts vor Regeln, die der türkische Staat – notfalls mit Verboten und mit Strafen – durchsetzt.

Was meinst du zu folgenden Thema:

Legalize it!

Uruguay wird jetzt wohl das erste Land weltweit, in dem Cannabis legalisiert wird – gegen den Widerstand der Opposition und wohl auch gegen die Mehrheitsmeinung des uruguayanischen Volkes. Der Abgeordnete Gerardo Amarilla kündigt ein Referendum gegen das neue Gesetz, das der Drogenmafia Einhalt gebieten soll,  an (Meldung FAZ heute,  S.6).

Wird Friedrichshain-Kreuzberg bald am Görli nach Uruguay das zweite rechtlich souveräne Gebiet, das nun auch de jure offen den Cannabisverkauf erlaubt? Dann wären Uruguay und Friedrichshain-Kreuzberg die ersten Experimentierfelder für die Behauptung, dass eine Freigabe der Alltagsdroge Cannabis den kriminellen Rauschgifthändlern das Wasser abgrübe. Ich hege stärkste Zweifel, dass dem so wäre. Das ist wie beim Klimaschutz: Insellösungen, bei denen nur zwei autonome Gebiete voranschreiten,  klappen nicht.

Alle Staaten der Welt müssten alle Alltagsdrogen – darunter vor allem Alkohol, Cannabis, Tabak und PS-Wahn – komplett an einem einzigen Tag freigeben. Dann könnte man sehen, ob die Freigabe der üblichen Alltagsdrogen die erhoffte Besserung bringt.

 

 Posted by at 16:14

Diejenigen, die ab 1923 integriert wurden, mussten Türkisch lernen

 Görlitzer Park, Integration, Türkisches  Kommentare deaktiviert für Diejenigen, die ab 1923 integriert wurden, mussten Türkisch lernen
Aug 022013
 

2013-07-23 11.47.57

Besonders fällt mir bei meinen Besuchen in der Türkei – gerade im Vergleich etwa zu Besuchen beim Pamukkale-Brunnen im Görlitzer Park, wo afrikanische, türkische, romanische und andere Sprachen durcheinander klingen  – eine sehr große sprachliche Homogenität auf: Wo immer man hinkommt, wird Türkisch gesprochen, auch an den herrlichen Sinterterassen von Pamukkale (siehe Bild). Die türkische Flagge ist überall mehrfach zu sehen, die türkische Sprache ist überall zu hören. Die Türkei ist noch im hintersten Pamukkale oder Urfa überall klar erkennbar. Ohne solide Türkisch-Kenntnisse wird man es in der Türkei zu keinem beruflichen oder gesellschaftlichen Erfolg bringen. Eine Erfolgsgeschichte ohnegleichen! Eine Sprache,  die um das Jahr 1000 n. Chr. von nur etwa 4000 aus Zentralasien zuströmenden Reitern und Eroberern  gesprochen wurde, ist heute die unumstrittene Staats- und Landessprache eines Volkes von 75 Millionen geworden! Auch darauf können die Türken, dieses uralte und stolze Eroberervolk, stolz sein und sind es ja auch.  Die alte Multi-Kulti-Herrlichkeit der Osmanen, wo am Hofe des Sultans Persisch, Arabisch, Griechisch, Türkisch, Lateinisch, Jiddisch, Italienisch bunt durcheinander gesprochen wurde,  ist seit langem vorbei.

Diejenigen Türken, die integriert werden, müssten Deutsch lernen.“ Mit diesen Worten wird Bundeskanzler Kohl heute aus einem 30 Jahre zurückliegenden Protokoll zitiert. Und zumindest darin hatte er recht.

Atatürk hatte auch darin recht, eine einheitliche Landessprache durchzusetzen. Er hat mit aller Macht von allen ethnischen Gruppen das vollkommene Erlernen des Türkischen verlangt und zu diesem Zweck auch 1929 das Erlernen der alten Kultursprachen Persisch und Arabisch von den Schulen verbannt sowie auch gewisse Minderheitensprachen wie das Kurdische verboten. Die verbleibenden Griechen mussten nach dem verheerenden griechisch-türkischen Krieg (1919-1922) die junge Republik verlassen, etwa 50.000 Menschen, die kümmerlichen letzten Reste der griechischen Volksgruppe, verließen nach den Pogromen des Jahres 1955 das Land. Und so traurig  endete um 1955 die  jahrtausendelange, bis etwa 1200 v. Chr. zurückreichende  griechische Siedlungsgeschichte im Gebiet der heutigen Türkei. Heute erinnert in Bodrum fast nichts mehr daran, dass es bis 1922 griechisch besiedelt war.

Diejenigen, die ab 1923 in die türkische Republik integriert wurden, mussten innerhalb weniger Jahre Türkisch lernen. Da gab es absolut kein Pardon. Atatürk erkannte hellsichtig, dass die junge Republik ohne eine kraftvoll durchgesetzte Staatssprache, eben das Türkische, keinen Bestand haben würde. Ich denke, damit traf er damals den Nagel auf den Kopf.

Moderne Republiken, moderne demokratische Staaten können ohne verbindende Landessprache nicht zusammenhalten. So war ja auch der Grundgedanke bei der Schaffung der deutschen Einheit ab 1848, dass alle Siedlungsgebiete „deutscher Zunge“ „von der Etsch bis an den Belt“ in einem staatlichen Bund zusammenkommen sollten. Die deutsche Sprache und Kultur und nichts sonst galt den Demokraten der Jahre um 1848 als das entscheidende Band der staatlichen Zusammengehörigkeit.  Aus dem Zusammenschluss aller damaligen deutschsprachigen Gebiete zu einem demokratischen Bundesstaat, aus der „großdeutschen Lösung“, wurde bekanntlich nichts. Weder das 1871 gegründete Deutsche Reich noch die ab 1848 stark umgestaltete Doppelmonarchie Österreich-Ungarn waren Volksstaaten oder Nationalstaaten im heutigen Sinne.

Zurück zur Jetztzeit! Soll Deutschland dem strahlenden Vorbild Atatürks folgen und von allen Bürgern, die dauerhaft hier leben, das Erlernen des Deutschen verlangen? Ja. Ich denke, Deutschland sollte hierin dem strahlenden Vorbild Atatürks folgen und eine einheitliche Landessprache durchsetzen, eben das Hochdeutsche. Und so wie Atatürk von allen ethnischen Gruppen der Türkei eine unbedingte Loyalität gegenüber der neuen Republik forderte, muss auch die Bundesrepublik Deutschland eine rechtsstaatlich eingehegte staatsbürgerliche Loyalität gegenüber dem Staat Bundesrepublik Deutschland fordern.  Die Türken in Deutschland werden das eingedenk Atatürks als erste verstehen. Die staatsbürgerliche Loyalität muss dem Land gelten, in dem einer dauerhaft lebt, nicht dem Land, aus dem die Großeltern oder Urgroßeltern stammen.

Freilich sollte Deutschland nicht wie die frühere Türkei andere Sprachen verbieten oder gar unterdrücken, ganz im Gegenteil: Zweitsprachen wie etwa das Spanische, Griechische, Polnische, Kurdische, Türkische, Russische sollten nach und neben dem Deutschen weiterhin gepflegt und gehegt werden. Gerade in den Familien sollten die Muttersprachen von den Müttern und Vätern an die Kinder weitergegeben werden, sofern es möglich ist und gewünscht wird. Aber Deutsch kommt in der Öffentlichkeit in Deutschland zuerst. Die Bundesrepublik Deutschland, die ja keine Komikerrepublik werden soll,  hat das Recht und wohl auch die Pflicht, eine einheitliche Landessprache im gesamten Bundesgebiet durchzusetzen.

 Posted by at 09:23

Merke dir, Fremdling, das und tue zuhause desgleichen!

 Das Gute, Etatismus, Faulheit, Geld, Tugend, Türkisches, Verwöhnt, Vorbildlichkeit, Willkommenskultur  Kommentare deaktiviert für Merke dir, Fremdling, das und tue zuhause desgleichen!
Jul 292013
 

2013-07-28 15.33.26

Wieder zurück im Lande! Erster Eindruck von Deutschland: Die Kinder und Jugendlichen und auch wir Älteren sind hierzulande anders drauf.

In der Türkei „gehen sie den Älteren und den Eltern auch mal zur Hand“, bei uns „strecken sie die Hand hin“, um immer mehr auf die Kralle zu kriegen.

In der Türkei sind Behinderte, Alte und kleine Kinder auch in Hotels selbstverständlicher Teil des Alltags, in Deutschland wird wortreich und wohlfeil und zur eigenen Entlastung in weitschweifigen Programmen mehr „Behindertengerechtigkeit“, mehr „Generationengerechtigkeit“, mehr „Familienfreundlichkeit“ von der Politik gefordert. Klingt gut, ist aber meist nur Schall und Rauch. In Deutschland, namentlich in Berlin,  wird fast alles vom Staat erwartet.

In der Türkei praktizieren die Menschen es einfach, was sie für gut und richtig halten: fleißig und redlich arbeiten, auch für ein Gehalt, das den deutschen Sozialhilfesatz nicht erreicht, nicht lügen, nicht betrügen, das gegebene Wort halten, redlich den Lebensunterhalt für Mann und Weib und Kinder verdienen, Fürsorge füreinander, Anteilnahme, Hilfe für die Fremdlinge, denen mit größter Redlichkeit begegnet wird.  Ein Beispiel von vielen: Am Ende standen wir in Istanbul am Taksim-Platz, uns fehlten 10 Lira für die Transferfahrt mit dem Bus zum Flughafen Atatürk. Innerhalb von 30 Sekunden erhielten wir 3 finanzielle Hilfsangebote – 2 von Türken, eins von einer Deutschen, wie ich fairerweise zugeben muss.

Fazit:  Die Menschen der Türkei  leben uns Deutschen vor, was wir auch – ohne jede staatliche Hilfe – haben könnten. Die heutigen Türken, gerade die Kinder und Jugendlichen,  sind im Durchschnitt  auch einfach besser erzogen als wir.

Sehr viele politische Probleme in Berlin und Deutschland sind nämlich ein Problem mangelnder Erziehung, sind überhaupt nicht politischer Art. Es ist einfach zu viel Geld des deutschen Staates im Umlauf, das Begehrlichkeiten weckt.

Mein äußerst positiver Eindruck von den Menschen in der heutigen  Türkei umfasst übrigens alle – angefangen von Zollbeamten, den Angestellten der Turkish Airlines, Busfahrern, Bauern, „Kopftuchmädchen“, „Bikinimädchen“ am Strand, Säkularen, Muslimen, Alten, Behinderten, Unbehinderten, Kindern, Jugendlichen.

„Merke dir, Fremdling, das und tue zuhause das Gleiche!“ So epigrammatisch verknappt  Goethe. Er hatte recht.

Bild: am Taksim-Platz gestern

 Posted by at 15:01

„Wir haben den Appetit auf die Europäische Union verloren“

 Entkernung, Europäische Union, Europas Lungenflügel, Herodot, Religionen, Russisches, Sprachenvielfalt, Türkisches  Kommentare deaktiviert für „Wir haben den Appetit auf die Europäische Union verloren“
Jul 242013
 

2013-07-23 12.51.57

Selbstverständlich lasse ich auch die politischen Themen in all den Gesprächen mit den Türken durchaus zu. Warum auch nicht? Das Leben in der Türkei besteht nicht nur aus den Themen Moschee, Kinder, Küche und Kultur! In dem Land, das einen Herodot hervorgebracht hat, liegt doch nichts näher, als die unterschiedlichsten Meinungen und Geschichten auf sich wirken zu lassen, ohne blindlings den Gerüchten und dem Hörensagen zu vertrauen.

„Lesen Sie denn auch die westliche Presse? Was halten Sie denn von dem, was in unseren Zeitungen über Ihr Land berichtet wird?,“ fragten wir gestern einen türkischen Volkswirt und Historiker, mit dem wir ein längeres Gespräch führten. Seine Antwort: Ja, er lese die englischen, französischen und russischen  Zeitungen selbstverständlich. Das meiste sei aber –  aus der türkischen Binnensicht gesehen – verzerrt, vereinfacht und teilweise auch grob irreführend, was von der europäischen Presse über die aktuellen Entwicklungen berichtet werde. Es wimmle geradezu von Schreckgespenstern, aufgebauschten Sensationshaschereien. Die Normalität des türkischen Alltags jenseits der Politik werde überhaupt nicht abgebildet. Es fehle den meisten Journalisten, die über die Türkei schrieben,  an vertieften Sprach- und Landeskenntnissen.

Und wie sieht die türkische Bevölkerung den EU-Beitritt?

„Wir haben den Appetit verloren. Nach Jahren des Hingehaltenwerdens haben wir jetzt das Gefühl, nicht gewollt zu werden, wobei der Hauptgrund in unseren Augen ist, dass man ein islamisch geprägtes Land nicht in den Kreis aufnehmen will, während man bei Bulgarien und Rumänien beseipielsweise alle Augen fest zugedrückt hat, als es um die Erfüllung der Beitrittskriterien ging.“

Meine Bewertung dieser Frage aufgrund meiner reichen Eindrücke, die ich im Lande wieder einmal sammeln konnte:

In der Tat sind die Darstellungen türkischer Entwicklungen in den deutschen Medien – auch in den Qualitätszeitungen, auch in den öffentlich-rechtlichen Medien – oft  verzerrt, einseitig, ungerecht bis hin zur Böswilligkeit gegenüber der Türkei. Die Liebesgeschichte zwischen der Europäischen Union und der Türkei neigt sich auch aus diesem Grunde dem Ende entgegen, sofern es je eine war. Die Türkei orientiert sich fundamental um. Sie besinnt sich auf die eigene Stärke, die eigenen Qualitäten, zumal angesichts des schlechten Bildes, das die EU in der tiefen Krise des Währungsverbundes derzeit abgibt, ein EU-Beitritt nicht einmal mehr im materiellen Interesse der Türkei liegen dürfte. Das Bestreben der Türkei scheint sich nunmehr darauf zu richten, die eigene Volkswirtschaft weiterzuentwickeln, mehr kulturelle Vielfalt zuzulassen, das Einheitsgefühl der türkischen Nation, die sich aus den unterschiedlichsten Gruppen zusammensetzt, zu stärken, und den eigenen Einfluss und die eigene Macht im unmittelbaren Umfeld zu mehren.

Als neuer wichtiger Partner in Handel und Wirtschaft scheint Russland nunmehr geradezu prädestiniert.

Den Schaden, auch den kulturellen Schaden einer drohenden Abwendung der Türkei von der EU tragen vor allem die europäischen Länder. Das Gebiet der heutigen Türkei  ist immerhin ein Kernland der abendländischen Geistesgeschichte. Das Christentum erblühte als neue Religion in Kleinasien zuerst. Hier im Osten war jahrhundertelang das Zentrum des spätrömischen Reiches, das Griechisch, Lateinisch und Aramäisch sprach.

In zahlreichen Begegnungen zwischen Menschen von hüben und drüben kann es gelingen, den weitgehend verlorenen Wurzelgrund der europäischen Kulturen und Religionen, namentlich des Judentums, des Christentums und des Islams wieder fruchtbar zu machen.

Um so wichtiger ist es, den Türken mit derselben Achtung und Offenheit zu begegnen, die sie auch uns als Menschen unverändert entgegenbringen. Jeder halbwegs freundliche Gruß, den ich einem Türken entbiete, wird mir doppelter Freundlichkeit erwidert.

Bild: Blick in das Theater in der antiken griechischen Stadt Hieropolis Phrygica in Anatolien, nahe dem heutigen Pamukkale. Aufnahme vom gestrigen Tage.

 Posted by at 16:19
Jul 222013
 

2013-07-21 10.11.06

Was für eine schöne Überraschung. Mit dem Lied „Wer recht in Freuden wandern will“ auf den Lippen wanderte ich gestern von Kadıkalesi nach Turgutreis. Zwei Dinge erfreuten mich: Ich sah erstmals auf türkischen Straßen mehrere Radfahrer innerhalb weniger Minuten – und seitab der Straße lachte ein nachhaltig bewirtschafteter Öko-Bauernhof mich an. Ich trat durch das Hoftor, begrüßte den Bauern: „Euch gab es aber vor 5 Jahren noch nicht, als ich das letzte Mal hier entlang wanderte …!“, begann ich. „Ja, wir sind erst seit 1 Monat hier. Der Hof ist ganz neu! Du kannst dich ruhig umschauen!“

Ich schaute mich um: Überall sind Obstbäume gepflanzt, Gemüsebeete angelegt, Bäume, Büsche und Beete scheinen klug aufeinander abgestimmt. Nachhaltige, ressourcenschonende Landwirtschaft! Schafe weiden und blöken in einem Gatter, einige Kühe äsen im Schatten der Bäume, Hühner scharren an der Erde. Eine Art Paradies für den Wanderer, der sich bekanntlich dort nicht im Schweiße des Angesichts den Rücken krumm schuften muss!

2013-07-21 10.55.02

„Euer Hauptproblem ist wohl die Bewässerung?“, fragte ich Cem, den Besitzer des Bauernhofes nach einem Blick auf die vielen verlegten Wasserschläuche.  „Nein, im Gegenteil! Es gibt in 25 m Tiefe hier reichlich bestes Grundwasser, zumal es im Winter fast zu viel geregnet hat. Wir pumpen unser eigenes Grundwasser und leiten es über eine Bewässerungsanlage auf die Beete und Felder. Wasser ist da! Aber es gibt noch sehr sehr viel Arbeit zu leisten!“

2013-07-21 10.55.41

Bei einem Glas selbstgemachter Limonade genoss ich den herrrlichen Anblick des Öko-Paradieses, zu dem ich von Herzen Ja sagte.

Da hörte ich ein lautes „Hayir“.  Hayir heißt nein. Was war geschehen? Ein kleines Mädchen, etwa drei Jahre alt, hatte einen Stein aufgenommen und schickte sich an, ihn auf eine Beleuchtungsanlage zu werfen. Die Mutter des Kindes saß wachsamen Auges daneben, der Stein in der wurfbereiten Hand des Mädchens gefiel ihr nicht. Sie verbot dem Kind freundlich, aber bestimmt mit einem Hayir das Werfen des Steines. Hayir heißt nein.

Da fiel mir ein, was ich damals als Jugendlicher aus dem Buch „Eltern, Kind und Neurose“ von Horst-Eberhard Richter mitgenommen hatte: Die Kinder müssen das Nein lernen. Ohne das Nein der Eltern kann das Kind nicht wachsen. Vor der Geburt holt sich das Kind alles, was es braucht, aus dem Körper der Mutter – auch auf Kosten der Mutter.  Es lebt gewissermaßen in einem Paradies nach dem Motto. Hol dir was du brauchst.

Jede Schwangerschaft kostet die Mutter  einen Zahn, sagte man früher.

Anders spielt die Musik nach der Geburt, diesem ersten großen, überwältigenden Erlebnis jedes Menschen. Das Kind kann nicht alles haben, vor allem nicht  sofort haben. Von Anfang an muss das Kind nach der Geburt das aufschiebende, verbietende, grenzensetzende Nein lernen:  „Du darfst nicht Steine auf Lampen werfen. Du darfst nicht ins tiefe Wasser springen, wenn du nicht schwimmen kannst. Du darfst nicht lügen. Du darfst schwächeren Geschwistern nicht das Essen stehlen, du darfst nicht sitzenbleiben, wenn Ältere und Schwächere deinen Sitzplatz benötigen … “ Usw. usw., eine ganze Batterie an Verboten, Mahnungen, Zurechtweisungen!

Das feste Nein lernen. Das müssen wir Eltern den Kindern ermöglichen.

Ich war dankbar. Wieder hatte ich etwas einsehen gelernt, was allzu leicht vergessen wird: es gibt das Paradies nicht. Das Nein, die Mühe, der Fleiß, die Arbeit sind unerlässlich, um zusammenzuleben und gut zu leben.

Ich bot an, die Limonade zu bezahlen, aber Cem lehnte ab: „Du bist mein Gast. Komm wieder, bring deine Familie mit, wir sind immer da.“

„Ich sehe eine große Zukunft für euch. Cem, ihr habt ein riesiges Potenzial. Ich komme gerne wieder!“ So verabschiedete ich mich und wanderte weiter in der heißen Landstraße zwischen Turgutreis und Kadıkalesi, ein deutsches Wanderlied auf den Lippen.

 Posted by at 11:00

Bu otel bizim – das ist unser Hotel

 Türkisches  Kommentare deaktiviert für Bu otel bizim – das ist unser Hotel
Jul 192013
 

2013-07-19 09.44.49

Letzter Tag heute in Turgutreis. Wie es sich für arme Kreuzberger ziemt, hatten wir ein kleines, familiäres Hotel im Schutze des mächtigen Generals Turgut Reis gewählt – und obendrein das preisgünstigste am Platz. Nicht leicht ist es für die kleinen, inhabergeführten Hotels, sich gegen die „All-inclusive“-Armada der Clubs und Ketten zu behaupten, zumal in diesem Jahr viele Ausländer ohne jeden stichhaltigen Grund ausgeblieben sind.

Aber was den kleinen Pensionen und Unterkünften  an Marketingkniffen und Rundum-sorglos-Verheißungen fehlt, das machen sie hier in unserem Hotel doppelt und dreifach durch persönliche Ansprache, aufmerksamen Service und sofortige Integration der Gäste in den türkischen Alltag wett. Wir waren die einzigen Ausländer unter lauter Inländern und hatten Gelegenheit mit den Eltern und Kindern des Hauses Bekanntschaft und Freundschaft zu schließen. Ein paar gemeinsame Zeichnungen mit Acrylfarben und ein paar erlernte türkische Worte stiften Gemeinschaft.

Am Anfang hatte der vierjährige Junge Scheu, mit mir zu sprechen. Doch ich beruhigte ihn mit einem „Hepimiz insaniz“ – „Du brauchst keine Angst vor mir zu haben, wir sind doch alles Menschen“. Und schon zeigte er uns alle seine soeben gemalten Bilder: einen Frosch, ein Haus, einen Baum und eine Sonne.

So ist das in unserem Hotel. Es heißt Blue Hotel und liegt in der Turgut Özal Caddesi.

Erstaunlich: Viele Zimmer der 20 Zimmer und der Swimmingpool sind frei, wir haben also  in der Türkei jede Menge Platz zur freien Entfaltung der Persönlichkeit. Das Foto zeigt das Schwimmbecken des kleinen Hotels am heutigen Freitag um 10 Uhr vormittags.

www.hotelblueturgutreis.com

 Posted by at 17:59

„Weißt du, das ist hier so: hier bietet man den älteren Menschen seinen Platz an!“

 Europas Lungenflügel, Gedächtniskultur, Griechisches, Herodot, Türkisches, Vorbildlichkeit  Kommentare deaktiviert für „Weißt du, das ist hier so: hier bietet man den älteren Menschen seinen Platz an!“
Jul 162013
 

2013-07-13 20.27.15

Große Freude herrscht in mir über die zahlreichen Begegnungen mit Menschen hier in der Türkei. Kaum stelle ich eine Frage oder zeige meine Ratlosigkeit, bieten mir die Umstehenden Hilfe an. So läuft es. So läuft es gut. Manches Ungewohnte muss man Kindern aus Berlin freilich erklären, so z.B. das Maß an Höflichkeit und Freundschaftlichkeit gegenüber Älteren, gegenüber Fremden und auch der Respekt der Menschen untereinander. So sehe ich immer wieder, dass in den Sammeltaxen, den berühmten dolmuşlar, älteren Menschen wie selbstverständlich Platz angeboten wird. Das kenne ich aus dem heutigen Deutschland fast nicht mehr, obgleich uns selbst noch in unserer Kindheit eingeschärft wurde, wir sollten den Älteren, den Frauen und den Behinderten stets unseren Platz anbieten. Lang ist’s her, hier ist es noch Wirklichkeit!

Am Abendhorizont hier im türkischen Turgutreis, wo der gleichnamige osmanische General herstammen soll, sind die griechischen winzigen Inseln Pserimos, Kalymnos und Leros zu sehen. Wir sind also an der jahrtausendelang hin- und herwandernden Scheidelinie zwischen Asien und Europa, zwischen dem antiken „Persien“ bzw. Kleinasien und „Hellas“ Nicht weit von hier, in Bodrum, dem alten Halikarnassos, wurde Herodot geboren.

 Posted by at 06:09

Türkei neu erzählen! Deutschland neu erzählen! Familie neu erzählen!

 Familie, Migration, Türkisches  Kommentare deaktiviert für Türkei neu erzählen! Deutschland neu erzählen! Familie neu erzählen!
Mai 212013
 

2013-05-05 13.47.06

So liebe Landsleute/Vatandaşlar, heute abend kucken wir um 20.15 Uhr aber SAT.1! Ausgestrahlt wird der Film: Almanya – Willkommen in Deutschland.

Türkei neu erzählen! Deutschland neu erzählen! Familie neu erzählen!

Schaut euch diesen großartigen Film an! Da findet ihr noch ein glasklares Bekenntnis zur eigenen Herkunft, zur eigenen Familie, zum  eigenen Heimatland! „Der deutsche Pass ist doch nur ein Stück Papier.“

Noch vor wenigen Jahrzehnten, etwa bis 1968, galt die Familie in Deutschland genau so viel sie wie unseren Almanya-Türken noch heute gilt, sofern sie nicht bereits durch das deutsche Sozialversicherungssystem verwöhnt und verdorben sind.

Die Familie, begründet in der Ehe zwischen Mann und Frau und im Mutter-Kind-Verhältnis, galt bis 1968 auch den Deutschen als die entscheidende soziale Sicherung, während heute die Mehrheit der Deutschen offenkundig dem STAAT und dem staatlichen SOZIALSYSTEM oder schlimmer noch der SOZIALPOLITIK  diese Funktion zuschreibt.

Die Familie, also das Zusammenleben von mindestens zwei durch Abstammung verbundenen Generationen in einem Haushalt wird durch die Gesellschaft und die Sozialpolitik nach und nach planmäßig ersetzt und durch die utopischen Verheißungen der Sozialpolitik nach und nach abgeschafft. Baupolitik, Stadtplanung und Finanzpolitik werden auf die Bedürfnisse der jungen, allein oder zu zweit lebenden Berufstätigen zugeschnitten. Die Hochschätzung des unterscheidend Weiblichen, also des Mütterlichen, jahrtausendelang in fast allen Kulturen und Religionen gehegt und gepflegt, wird beseitigt, die „Nur-Mutter“ wird nicht ernst genommen.

Folge: Die Versingelung der Bundesrepublik, die Abschottung der Generationen voneinander schreitet nachweisbar  voran. Bereits heute leben laut dem neuesten, dem achten Familienbericht der Bundesregierung nur noch 40% aller Berliner in Familien, während in den arg rückständigen Bundesländern Bayern und Baden-Württemberg immerhin noch etwa 60% in Familien leben.

Der Staat soll durch geeignete Betreuungseinrichtungen die Fürsorge für die Alten jenseits der 65 und für die Kinder ab dem Alter von 2 Jahren möglichst weitgehend übernehmen, so dass möglichst alle arbeitsfähigen Frauen und alle arbeitsfähigen Männer der Wirtschaft möglichst bruchlos zur Verfügung stehen.  Sollte eine Frau oder ein Mann bewusst zugunsten der Fürsorge für die Älteren oder für die Kinder auf Berufstätigkeit verzichten, werden sie belächelt und verspottet. Denn eine Sprechblase lautet: „Gerade angesichts des demographischen Wandels kann  es sich die Volkswirtschaft nicht leisten, auf den Arbeitseinsatz aller arbeitsfähigen Frauen und aller Männer zu verzichten.“

Dieses kindliche, fast schon religiös zu nennende Vertrauen der Deutschen in den Homo oeconomicus, in den STAAT, in die POLITIK und in das vom STAAT verteilte GELD  halte ich für ein Grundübel.

Der Film Almanya lehrt demgegenüber die zeitüberdauernde, überragende Bedeutung der Familie als der Keimzelle der Gesellschaft. Übrigens habe ich mit etlichen Männern gesprochen, die ganz offen sagen: „Erst dadurch, dass ich heiratete und Vater wurde, habe ich den Ausstieg aus der geradezu schicksalhaft vorgezeichneten Kriminalität geschafft.“ Heirat und Vaterschaft sind also für sehr viele Männer ein wesentlicher, ja DER entscheidende Schritt zum Erwachsenwerden.

Die Familie, also das dauerhafte Zusammenleben von mindestens zwei durch Eltern-Kind-Abstammung verbundenen Generationen unter einem Dach, die unlösbare Eltern-Kind-Beziehung ist das große, das unverzichtbare Tragwerk jeder Gesellschaft, die noch ein Interesse an Selbsterhaltung hat. Die Schule lehrt ja derzeit ausschließlich die selbstbewusste frühe Einübung und das frühzeitige Ausüben von Sexualität als Selbstzweck. Familiengründung, Kindererziehung, Kochen, Hauswirtschaft und ähnliche olle Kamellen werden praktisch nicht mehr unterrichtet, stattdessen lernen die Mädchen und Jungen ab Klasse 6  Sex – pur und möglichst früh – sowie den sachgerechten Umgang mit Verhütungsmitteln – Motto: „Ich will’s romantisch – Mach’s mit!“

Ich meine dagegen, wir Eltern sollten die Kinder und Jugendlichen ermuntern und darauf hinerziehen, dass sie wieder vermehrt und eher, also in früheren Jahren heiraten, dann vermehrt Kinder zeugen und wieder in den Kindern einen Segen des Erwachsenenlebens sehen.

Nicht zuletzt im eigenen, übrigens auch im  materiellen, auch im finanziellen Interesse sollten wir das tun.

Denn wie sagt Goethe:

Am Ende hängen wir doch ab
Von denen, die wir machten.

 

Almanya – Willkommen in Deutschland – Film.

http://www.bmfsfj.de/RedaktionBMFSFJ/Abteilung2/Pdf-Anlagen/Achter-familienbericht,property=pdf,bereich=bmfsfj,sprache=de,rwb=true.pdf

 Posted by at 11:42

„MEHR STAAT!“ – „HILF UNS, OH STARKER STAAT!“

 Gute Grundschulen, Kinder, Sozialstaat, Staatlichkeit, Türkisches  Kommentare deaktiviert für „MEHR STAAT!“ – „HILF UNS, OH STARKER STAAT!“
Mai 172013
 

2013-05-05 13.44.47

„Mit viel weniger Geld im Bildungssektor, mit schlechterer Ausstattung und in größeren Klassen haben wir in der Sowjetunion weit bessere Ergebnisse in der Grundschule erzielt! Alle Kinder lernten in der Sowjetunion  in ein bis zwei Jahren lesen und schreiben – sie konnten einfach mehr als die Grundschulkinder in Berlin.“ So höre ich es sinngleich und wortähnlich von vielen Miteltern, die selbst noch in der Sowjetunion eingeschult wurden.

„Mit viel weniger Geld und in größeren Klassen haben wir in der Türkei bessere Ergebnisse in der Grundschule! Alle Kinder lernen in der Türkei in ein bis zwei Jahren lesen und schreiben – sie können einfach mehr als die Grundschulkinder in Berlin.“ So berichten es mir Berlinerinnen. Der Kreuzberger Bürger Cem Özdemir wiederum, der selbst in Baden-Württemberg beschult wurde, vergleicht türkische und deutsche Grundschulen und schreibt in seinem Türkei-Buch (S. 187) lapidar und politisch höchst inkorrekt über die türkischen Grundschulen: „Über die Unterrichtsform allgemein kann gesagt werden, dass sie größtenteils als Frontalunterricht angelegt ist. Die Schüler lernen wesentlich schneller lesen und schreiben als in Deutschland und müssen in den Folgejahren in allen Fächern viel auswendig lernen.“ (Hervorhebung durch dieses arme Kreuzberger Blog).

Das Staunen und der Ärger der Eltern mit Migrationserfahrung über die bundesdeutsche Grundschulerziehung kennt keine Grenzen – er ist kulturen- und grenzenüberschreitend, er ist ein multikulturelles Faktum, das offenbar kein bundesdeutscher Bildungsforscher zur Kenntnis nimmt. Riesige Summen werden stattdessen für die Bildungsforschung, für Bildungsreformen, für Bildungsforscher und für Bildungsforscherkongresse ausgegeben, um endlich den Stein der Weisen oder den Nürnberger Trichter zu finden, damit irgendwann auch in der Bundesrepublik Deutschland die Grundschulkinder wieder in 3 oder 4 Jahren lesen und schreiben lernen.

Mit viel weniger Geld und in größeren Klassen hatten wir in der DDR bessere Ergebnisse in der Grundschule als nach der Wende! Alle Kinder lernten in der DDR in ein bis zwei Jahren lesen und schreiben – wir in der DDR  konnten und lernten  einfach mehr als die Grundschulkinder in der Nachwendezeit.“ So vernehme ich es nahezu wortgleich von zahlreichen Miteltern, die in der DDR eingeschult wurden.

Sind das alles nur rückwärtsgewandte Nostalgiker? Hört euch um, fragt selber!

Und was verlangen meine lieben Mit-Deutschen angesichts der Bildungsmisere an den Grundschulen, wo sehr viele Kinder auch nach 8 Jahren nicht richtig lesen und schreiben lernen? Na klar: Noch mehr Geld, noch mehr Staat, noch mehr Betüttelung! Lest DAS hier:

Umfrage: Deutsche wollen höhere Steuern für Reiche und mehr Staat – SPIEGEL ONLINE.

Vielsagende Umfrage!

Was meist unterschlagen wird: Der Anteil der Sozialausgaben und der Anteil der Bildungsausgaben am Gesamthaushalt und auch am BIP steigt ohnehin seit Jahren und wird auch fast automatisch in den nächsten Jahren weiter steigen. Ebenso steigt auch das kindliche Vertrauen der deutschen Bürgerinnen und Bürger in die Heilkräfte der Politik, von den deutschen und europäischen Politikern kräftig genährt, können die europäischen Politiker doch absahnen, die eigene Macht stärken und mehr vom schuldenfinanzierten Kuchen verteilen. Die Bürger flehen: HILF UNS AUS ALLER NOT, oh STARKER, LIEBER, GUTER STAAT!

Passt doch alles gut zusammen. Am besten bei uns im herrlichen, bis zur Halskrause verschuldeten  Bundesland Berlin.

Bild: So schön blühen jetzt gerade die Blumen im herrlichen Tiergarten-Park in Berlin!

Zitat: C. Özdemir, Die Türkei, Weinheim 2008, S. 187

 Posted by at 09:16

„Erwidere eine üble Tat mit etwas Besserem!“

 Das Gute, Positive Kommunikation, Türkisches  Kommentare deaktiviert für „Erwidere eine üble Tat mit etwas Besserem!“
Apr 182013
 
Ich finde die vom TBB erwirkte Rüge der UN-Stelle gegen Deutschland sehr ärgerlich. Die Vorstellung des TBB, dass der Staat seine Bürger gerichtlich  vor seiner Meinung nach gefährlichen Meinungen schützen müsse, führt zur Gesinnungssschnüffelei, zu Duckmäusertum, zur Schere im Kopf. Sie ist einer freiheitlichen Demokratie unwürdig. Der TBB fährt eine sehr gefährliche Strategie, nämlich die, die Türkei selbst und das Ausland zunehmend gegen Deutschland in Stellung zu bringen.  Das Ganze scheint darauf hinauszulaufen, dem deutschen Staat seine Unfähigkeit nachweisen zu wollen, die türkische Volksgruppe zu schützen, so dass dann irgendwann  die Türkei, also die Schutzmacht der türkischen und der muslimischen Volksgruppe, sich einmischen müsse. Dem sollten alle besonnene Menschen entgegenwirken!
Diese nationalistische Strategie des TBB kann nur Zwietracht und Unfrieden säen, statt endlich einmal etwas Positives dagegen zu stellen, wie es der Prophet in Sure 41, Vers 34 ausdrücklich anempfiehlt. "Erwidere eine üble Tat mit etwas Besserem!" Warum nicht mal statt über Sarrazin zu hetzen und petzen mit Sarrazin friedlich und freundlich diskutieren - ? Wie wär's mit einem nachgeholten Geplauder im Hasir? Man isst sehr gut dort!

Rassismus-Vorwürfe: SPD, Grüne und Linke loben UN-Rüge im Fall Sarrazin – Berlin – Tagesspiegel.

 Posted by at 22:23

Aus Heinrichs des Vierten Canossa-Gang wird Öttingers Ankara-Gang

 Anbiederung, Der Westen, Islam, Türkisches, Was ist deutsch?, Was ist europäisch?  Kommentare deaktiviert für Aus Heinrichs des Vierten Canossa-Gang wird Öttingers Ankara-Gang
Feb 232013
 

„Ich möchte wetten, dass einmal ein deutscher Kanzler oder eine Kanzlerin im nächsten Jahrzehnt mit dem Kollegen aus Paris auf Knien nach Ankara robben wird, um die Türken zu bitten, Freunde, kommt zu uns.“

Mit diesen Worten wird der schwäbisch-deutsche EU-Kommissar Öttinger in unseren historisch so hochbedeutsamen Tagen überall in der EU und der Türkei beifällig zitiert. Ein kühner Spruch, mit dem der mächtige Politiker tief in die Bilderwelt der europäisch-kleinasiatischen Geschichte hineingreift! Denn das „Heranrobben auf den Knien“ ist jedem Geschichtskundigen als die Haltung geläufig, mit der der fränkisch-deutsche König Heinrich IV. sich dem damals amtierenden Bischof von Rom, dem mächtigen Papst Gregor VII., diesem bei Freund und Feind als „Zuchtrute Gottes“ gerühmten, kraftvollen Vollblutpolitiker unterwarf. Damit erkannte er in der Frage der Bevollmächtigung zur Ämtereinsetzung – also im berühmten „Investiturstreit“ – zunächst einmal die Vormacht des Römers an.

Der Gang nach Canossa! Wann war das? Im Jahr 1076, also in einem Jahrzehnt, das für die europäisch-kleinasiatische Geschichte bis heute von überragender Bedeutung ist! Warum?

Jedes türkische Schulkind kennt und verehrt Alp Arslan, jedes türkische Schulkind kennt und verehrt die Schlacht von Manzikert (1071), in der es dem turkstämmigen Seldschukenherrscher gelang, den griechisch-byzantischen Kaiser Romanos IV. entscheidend zu schlagen. Diese Schlacht von 1071 gilt in der monumentalischen Geschichtsschreibung der Türken als der Beginn der unaufhaltsamen Islamisierung des damals christlichen anatolischen Kernlandes. Von diesem Jahrzehnt an stiegen die Turkstämme nach und nach zur unbestrittenen Führungsnation der islamischen Welt auf und rangen den christlichen Herrschern Land um Land ab, so auch das ehedem christliche, heute aber zu 90% islamische Ägypten.

Das Jahr 1071 kann heute als einer der Ursprünge der Furcht des Abendlandes vor islamischer Eroberung gelten. Seit damals, seit diesem Jahrzehnt 1070-1080 breitete sich die Angst vor Islamisierung und Eroberung erneut aus. „Wenn wir im Abendland nicht aufpassen und uns weiterhin dauernd gegenseitig die Schädel einschlagen, werden uns die Türken erobern.“ So die damals weitverbreitete Furcht, die unter anderem auch zu den 6 Kreuzzügen führte, die heute in der gesamten islamischen Welt als abschreckendes Beispiel der typisch abendländischen  Grausamkeit und Herrschsucht gebrandmarkt werden.

Der in türkischer Sicht glorreiche Höhepunkt dieser islamischen Landnahme ist selbstverständlich das Jahr 1453, in dem es gelang, den Sitz des kleinen verbliebenen Römischen Reiches, das damals griechisch-christliche Konstantinopel, mit einer multiethnischen Streitmacht  zu erobern. Für das Abendland ein grundstürzendes Ereignis!

Nahezu immer aber boten die islamischen Herrscher ihren militärischen Gegnern an, dass die Gegner sich freiwillig unterwerfen sollten und dafür nicht getötet würden. Ein Übertritt zum Islam wurde dabei nicht notwendig zur Bedingung der Unterwerfung gemacht, Zwangsislamisierungen waren nicht die grundsätzliche Regel. Den Christen stand es wie den Juden meist frei, als Untertanen zweiter Klasse weiterhin ihr Leben zu führen, wenngleich viele den Übertritt zum Islam wählten, um den zahlreichen Benachteiligungen zu entgehen. Aber bei den Osmanen erreichten viele Christen hohe Stellungen am Hofe des Kalifen.

Der CDU-Politiker Günter Öttinger schlägt also keine „privilegierte Partnerschaft“, sondern eine symbolische Unterwerfung in Freundschaft vor. Sein Vorschlag verdient sorgfältige Prüfung. Ich  meine: Wenn die Mehrheit der Deutschen, die Mehrheit der Franzosen und Europäer einen derartigen kniefälligen Ankara-Gang in Freundschaft wünscht – warum nicht? Die Tür der freundschaftlichen Unterwerfung ist immer offen! Sollten wir Europäer uns nach Öttingers Vorschlag der Türkei unterwerfen – etwas, was Romanos IV. damals starrsinnig ausschlug? Bedenken wir: Die Türkei hat eine junge, wachsende Bevölkerung mit vielen Kindern – sie hat also genau das, was den schrumpfenden Gesellschaften in der EU, vor allem natürlich Deutschland am meisten und am schmerzhaftesten fehlt.

Schluss mit diesem holzschnittartig-groben, verzerrenden historischen Rückblick!

Springen wir in die Analyse der Gegenwart! Sprechen wir über die Demographie! In der Türkei zählt die Familie noch sehr viel. Die Türkei hat also das, was bei uns fehlt: ein starkes Bewusstsein für den unverzichtbaren Rang von Ehe und Familie. In der Türkei strecken die Bürger nicht Tag und Nacht die Hände nach dem Staat und nach dem Sozialsystem aus wie bei uns, sondern die Familien halten zusammen. Der türkische Mindestlohn liegt unterhalb der deutschen Grundsicherung nach dem SGB! Die Menschen arbeiten trotzdem: Kinder, Frauen, Männer, alle sind notfalls bereit, sich zugunsten der Familie abzurackern oder gar als ganze Dörfer ins ferne Ausland zu übersiedeln, um von dort aus die dringend benötigten, aus allen erdenklichen Quellen stammenden Gelder nachhause zu überweisen. Sie sind sich nicht zu schade, im Ausland zu arbeiten für „Löhne, von denen man nicht anständig leben kann“, wie unsere deutschen Mitte-Links-Sozialpolitiker nicht müde werden zu verkünden.

Dass Vater und Mutter unbedingt Vollzeit arbeiten müssen und die Kinder dem Staat am besten rund um die Uhr anvertraut werden, wie das bei uns in Deutschland von Teilen der Politik und Teilen der Bevölkerung offen gefordert wird, wäre in der Türkei undenkbar. Die Familien bilden die Keimzelle der türkischen Gesellschaft, so wie der gütige Staat, die gerechtigkeitschaffende Politik, das versorgende Sozialsystem zunehmend die Keimzelle und die entscheidende Stütze der deutschen Gesellschaft bilden.

Ich meine: Wir können  von den Türken sehr viel lernen – vor allem Familiensinn, Treue, Selbstachtung für das eigene Land, Treue zur Republik.

Selbstunterwerfung unter andere Staaten, Selbstaufgabe der eigenen Herkunft und der eigenen Muttersprache, ständige Selbst-Anklage, Preisgabe der familiären Bindungen zugunsten des vulgärsozialistischen Versorgerstaates – dies von uns Deutschen zu lernen würde ich den Türken niemals empfehlen.

Diese typisch deutsche – jedoch weniger europäische – Auto-Immun-Schwäche wäre bei den Türken ebenso krankhaft wie sie bei uns Deutschen krankhaft ist.


EU-Beitritt der Türkei – „Auf Knien nach Ankara robben“: Günther Oettingers Türkei-Spruch löst Irritationen aus – weiter lesen auf FOCUS Online: http://www.focus.de/politik/ausland/eu-beitritt-der-tuerkei-auf-knien-nach-ankara-robben-guenther-oettingers-tuerkei-spruch-loest-irritationen-aus_aid_924109.html

 Posted by at 14:00

„Ach der deutsche Pass – das ist doch nur ein Stück Papier!“

 Integration, Migration, Türkisches  Kommentare deaktiviert für „Ach der deutsche Pass – das ist doch nur ein Stück Papier!“
Dez 122012
 

„Wir haben jetzt sogar den deutschen Pass!“ „Ach der deutsche Pass – das ist doch nur ein Stück Papier! Eigentlich sind wir Türken!“ So ein herrlicher Dialog zwischen Alt und Jung zu Beginn des großartigen Films „Almanya – Willkommen in Deutschland“.

„Ich bin ein Türke mit deutschem Pass.“ So Kamuran Sezer gestern knapp und bündig in einem Gastbeitrag für den Tagesspiegel!

http://www.tagesspiegel.de/meinung/andere-meinung/gastbeitrag-die-deutsche-demokratie-ist-schwach/7507468.html

Was Kamuran Sezer da sagt, scheint mir bezeichnend für sehr viele Türken, ja für die meisten Türken  in Deutschland. Sie sehen sich vorrangig „durch das Blut“, also ethnisch bestimmt, sie würden keinen Augenblick daran zweifeln, dass sie „eigentlich“ Türken sind und nur mehr oder minder zufällig in Deutschland wohnen. Weder sie noch ihre Eltern sind nach Deutschland gezogen, um irgendwann einmal Deutsche zu werden oder ihre türkische Identität nach und nach zu „verschleifen“ oder gar zu verlieren. Sie sehen sich als Mitglied ihrer klar umrissenen Volksgruppe. Die offizielle Politik der türkischen Verbände, etwa des TBB,  beruht genau darauf und lässt sich so formulieren: „Wir werden als Volk in Deutschland diskriminiert. Wir wollen Gruppenrechte für die nationale türkische Minderheit in Deutschland.“

Ein klares Signal dafür ist und bleibt das Heiratsverhalten und die Wahl der Vornamen. Fast alle Türken in Deutschland heiraten Deutsch-Türken oder holen gezielt Türkei-Türken aus der ewigen Heimat und geben ihren Kindern türkische Vornamen.  So ist die türkische Volksgruppe diejenige, die alle anderen Volksgruppen innerhalb Deutschlands in ihrem Wachstum weit in den Schatten stellt. Der türkische Staat dürfte hocherfreut sein, dass die türkische Volksgruppe in Deutschland so stark anwächst, verschafft sie ihm doch – neben den dringend benötigten Geldüberweisungen der vergleichsweise sehr reichen Almancilar  –  erheblich wachsenden Einfluss in der Innenpolitik Deutschlands. Mit der verlangten Abschaffung der Visumspflicht, mit der angestrebten Doppelstaatsbürgerschaft und dem angestrebten EU-Beitritt der Türkei würde sich das Wachstumspotenzial der türkischen Volksgruppe erneut deutlich steigern – denn es ist anzunehmen, dass der unvergleichlich höhere Lebensstandard in Deutschland mehr Menschen aus den Armutsgegenden der Türkei nach Deutschland holt. In vielen Berliner Grundschulklassen stellt das türkische Volk bereits jetzt die Mehrheit, mit all den Chancen und Möglichkeiten, die das für die nicht-türkischen Minderheiten mit sich bringt.

Bilden wir weitere Sätze dieses Typs!

„Ich bin eigentlich ein Grieche mit deutschem Pass“ – „ich bin eigentlich ein Kurde mit deutschem Pass“ – „ich bin eigentlich ein Tscherkesse mit türkischem Pass“ – „ich bin eigentlich  ein Russe mit deutschem Pass“ – „ich bin eigentlich eine Kurdin mit türkischem Pass“ – „Ich bin  kein Deutscher, sondern habe nur einen deutschen Pass.“

Wichtig scheint mir: jeder darf sich in der Bundesrepublik Deutschland frei zu seiner ethnischen Herkunft bekennen, wenn er will. Jeder darf sagen, dass der deutsche Pass nur ein Stück Papier ist, und dass er sich „eigentlich“ als Grieche, als Tscherkesse, als Türke, als Kurde fühlt. Damit habe ich kein Problem. Ich hätte ein Problem damit, wenn ich oder meine Söhne eines Tages hören müssten: „Ihr Deutsche seid jetzt in der Minderheit. Bu memleket bizim – das ist  unser Land. Ih Schweinefleisch! Jetzt bestimmen WIR!“
Was wir von den dauerhaft in Deutschland lebenden Menschen verlangen können, ist, dass wir auch als zukünftige Minderheit weiterhin mit unserer Sprache Deutsch akzeptiert werden, dass wir weiterhin das essen dürfen, was wir bisher gegessen haben, ferner dass die anderen Volksgruppen sich bemühen, neben ihrer Muttersprache (Kurdisch, Türkisch, Russisch, Arabisch oder was auch immer) Deutsch zu lernen, und dass die Familien sich selbst ernähren, also vom eigenen Verdienst statt von Zuwendungen des Sosiamts leben sollten.

 Posted by at 11:30