Die Metamorphosen von Richard Strauss und die Kammersinfonie von Dimitri Schostakowitsch, op. 110 a, dargeboten in einem einzigen Konzert! Morgen, 23.09.2023, um 19 Uhr in der Silaskirche in Schöneberg. Ich selbst habe die Einladung erhalten mitzuspielen. Und das werde ich tun.
„Gott will Mensch und sterblich werden“
„Gott will Mensch und sterblich werden„
Mich erreicht eine Einladung zu einem Gottesdienst unter diesem Motto, der ich mit Freuden singend Folge leisten will. Recht seltsam mutet jedoch der Titel dieser Arie an, die Georg Philipp Telemann in Töne gesetzt hat:
„Gott will Mensch und sterblich werden.„
3. Advent, Gottesdienst mit Taufe und festlicher Musik
Pfarrer Joachim Krätschell
Sonntag, 13. Dezember 2020, 10:00 – 11:00 Uhr
Ort: Kirche der ev. Kirchengemeinde Halensee, Westfälische Straße 70A, 10709 Berlin
„Gott will Mensch und sterblich werden“ Barocke Arien zum Advent
Musik von Johann Sebastian Bach und Georg Philipp Telemann
Johannes Hampel, Tenor; Franziska Ritter, Flöte; Kathrin Freyburg, Orgel und B.C.
Bild: Bilder der sterblichen Natur, hier: kleine sterbliche Menschlein auf einem Steg, hineingebaut in göttlich geschaffene Natur. Britzer Garten, Berlin-Neukölln, Aufnahme des Verfassers vom 8. November 2020
Seele, lerne dich erkennen!
Der Herbst zieht schon herein, kürzer werden die Tage, die auf Widerruf gestundete Zeit zeigt sich am Horizont. Da suchen manche wohl auch nach etwas, was tiefer eindringt als die blendende sommerliche Sonne – Töne, Klänge, Gedanken, Gefühle!
Davon erzählt die Musik, die wir euch allen in den nächsten Wochen schenken möchten.
Ich lade Euch dazu ein!
Sonntag, 27. Oktober 2019, 10 Uhr:
Gottesdienst mit Pfarrer Joachim Krätschell
„Wer nur den lieben Gott lässt walten“
Duette für zwei Frauenstimmen aus Kantaten von Johann Sebastian Bach
Elisabeth Scharnick und Cosima Becker, Gesang
Johannes Hampel, Violine
Christian Hagitte, Basso continuo
Hochmeisterkirche, Westfälische Straße 70A, 10709 Berlin-Halensee
Sonntag, 03. November 2019, 11 Uhr:
Gottesdienst mit Lektorin Astrid Witten
„Seele, lerne dich erkennen“
Arien aus dem Harmonischen Gottesdienst von Georg Philipp Telemann
Johannes Hampel, Tenor
Christian Hagitte, Blockflöte
Kathrin Freyburg, Basso Continuo
im Anschluss Pellkartoffelessen
Hochmeisterkirche, Westfälische Straße 70A, 10709 Berlin-Halensee
Sonntag, 17. November 2019, 18 Uhr:
Abendandacht. Mit geistlicher Musik aus Frankreich. Texte und Improvisationen.Claude Goudimel: Genfer Psalter (1565)
Jehan Alain: Messe modale (1923)
Johannes Hampel, Violine
Nadia Boldakowa, Violine
Ursula Hillermann, Viola
Albrecht Kleinlein, Violoncello
Frauenchor – MännerchorKathrin Freyburg, Leitung
Joachim Krätschell, Lesungen
Christian Hagitte, ImprovisationenHochmeisterkirche, Westfälische Straße 70A, 10709 Berlin-Halensee
Von Sokrates zu Jesus. Eine Wanderung mit großartiger Rundumsicht
Mich erreichte vor einigen Wochen die folgende Einladung zu einem Bibeltag in der Katholischen Akademie in Berlin – eine Einladung, der ich selbstverständlich aus vielen Gründen mit großer Wissbegierde Folge geleistet habe:
Bibeltag mit Prof. Dr. Michael Theobald am Samstag, dem 15. Dezember 2018, von 10.00-17.00 Uhr:
Von Sokrates zu Jesus.
Erzählungen vom Tod großer Männer in der Antike
Platons Darstellung vom Tod des Sokrates im Phaidon hat in der Antike gewaltigen Eindruck gemacht. Noch der vom Kaiser erzwungene Suizid des Seneca im 1. Jh. n.Chr. fand im Bericht des Tacitus eine Platon nachempfundene Stilisierung. Aus der alten Tradition der Erzählungen vom Tod großer Männer, zu denen auch die jüdischen Märtyrererzählungen aus den Makkabäerbüchern gehören, schöpften nicht zuletzt die neutestamentlichen Erzählungen vom Tod Jesu. Deren Besonderheit liegt darin, dass sie dank vieler Zitate und Anspielungen vor allem auf den Psalter in biblische Sprache gekleidet sind. Der Grund hierfür ist ihr ursprünglich liturgischer „Sitz im Leben“: Die Erzählungen dienten in den frühchristlichen Pesachfeiern der rituellen Erinnerung an Jesus.
Der Bibeltag möchte anhand der neutestamentlichen Erzählungen vom Tod Jesu auf dem Hintergrund ausgewählter paganer und jüdischer Texte einen Eindruck vom Ringen der ersten Christen um ihren Glauben an den Gekreuzigten vermitteln. Im Römischen Imperium sich zu einem wegen politischen Aufruhrs schändlich Hingerichteten zu bekennen, war ein Wagnis und zugleich eine Provokation herkömmlicher Gottesbilder. Angesichts heutiger Verharmlosung des Kreuzes lässt die Beschäftigung mit diesen Texten – gerade kontrapunktisch zur Weihnachtsseligkeit – ein wenig von der ursprünglichen Kraft des christlichen Glaubenserahnen.
Prof. Dr. em. Michael Theobald war Inhaber des Lehrstuhls für Neues Testament an der Kath.-Theol. Fakultät der Universität Tübingen und ist Vorsitzender des Katholischen Bibelwerks e.V. Die Moderation des Bibeltages hat Pfarrer Dieter Wellmann.
Bild: Caspar David Friedrich: Ostermorgen. Öl auf Leinwand, Museo Nacional Thyssen-Bornemisza, Madrid
Ein Bettler in guter Sache
Als Bettler in guter Sache poste ich nachfolgend einen Hinweis auf ein Benefizkonzert zugunsten eines Waisenhauses in Tansania.
Ich lade Euch zu einem Konzert ein, in dem sehr viel Italienisch gesungen wird. Musik aus der Zeit, als das Italienische die unbestrittene Leitsprache in Europas Musik, Theater, Philosophie und Poesie war. Von dem Sonett Petrarcas „I‘ vidi in terra angelici costumi“ in der Vertonung durch Franz Liszt bis zu den Arien Pergolesis, Caldaras und Donizettis werden die italienischen Stammzell-Linien hörbar, die sich dann feingliedrig ins Französische, Tschechische, Englische, Deutsche und Portugiesische verästeln.
Ich würde mich freuen, Euch dort begrüßen zu können. Ihr dürft diese Einladung gerne weiterleiten.
Nachstehend die offizielle Ankündigung der Hochmeistergemeinde:
Benefizkonzert 18.11.2018, 17.00 Uhr, Hochmeistersaal, Paulsborner Str. 86, 10709 Berlin
Konzert mit Liebesliedern, Arien und Gesängen aus Deutschland, Frankreich, Italien, Tschechien, England und Brasilien
Sängerinnen und Sänger der Gesangsklasse von Kathrin Freyburg präsentieren eine abwechslungsreiche Mischung aus Sologesängen und Duetten, abgewechselt mit stimmungsvollen Klängen eines Vokalensembles. Zusätzlich zur Musik erwarten Sie ein kleiner Imbiss und nette Gespräche in der Pause.
Violinen: Nadia Boldakowa und Johannes R. Hampel
Violoncello: Anne Habermann
Klavier: Mari Watanabe, Elisabeth Lindner, Niek van Oosterum
Gesangsklasse von Kathrin Freyburg
… ed era il cielo a l’armonia sì intento
Der Himmel horchte still dem holden Klingen,
Daß sich kein Blättchen regte in den Zweigen;
So süße Laute durch die Lüfte gingen.
Mich erreicht eine Einladung zu einem öffentlichen Konzert, bei dem Petrarcas Sonett „I‘ vidi in terra angelici costumi“ erklingen soll, gesungen in der Vertonung als Lied mit Klavierbegleitung durch Franz Liszt:
Una serata musicale. Benefizkonzert mit Liedern, Arien und Gesängen
Zugunsten des Waisenhauses Huruma in Iringa (Tansania)
Sonntag, 18. November 2018, 17.00 Uhr
Hochmeistersaal, Paulsborner Str. 96, 10709 Berlin
Eintritt frei
Oft bedaure ich es, dass nicht alle Menschen außerhalb Italiens die Gedichte Petrarcas im Original genießen können. Doch kann man verlangen, dass alle Menschen Italienisch lernen sollten, nur um die Sonette Petrarcas genießend-lauschend einschlürfen zu können? Nein, dies zu verlangen wäre unstatthaft, zumal es auch in anderen Sprachen verfasste Gedichte gibt, die die Fülle des Wohllautes nachahmen, welche Petrarca bei der verzückten Betrachtung der weltlichen Geliebten und dem Umherschauen in der geliebten Welt in Worte goss.
Nicht zuletzt gibt es Übersetzungen von Petrarcas Gedichten! Diese hier, gefertigt von Carl Förster, scheint mir durchaus geeignet, Petrarcas Sonett Nr. CLVI I’vidi in terra angelici costumi in seiner ätherisch schwebenden Schönheit wiederzugeben:
Ich sah auf Erden Engelsitte walten
Und Himmelsschönheit, sonder Gleichen beyde,
Daß die Erinn’rung Schmerz mir bringt und Freude;
Denn, was ich seh‘, sind Schatten, Traumgestalten.
Ich sah zwey Lichter thränend sich entfalten,
Die tausendmahl die Sonn‘ erfüllt mit Neide,
Und hörte Wort‘, erpreßt von schwerem Leide,
Die Berg‘ aufregen, Ströme könnten halten.
Lieb‘, Einsicht, Muth und Schmerz und frommes Neigen
Zu süßem Einklang weinend sich umfingen,
Süßer, als alle, so auf Erden steigen.
Der Himmel horchte still dem holden Klingen,
Daß sich kein Blättchen regte in den Zweigen;
So süße Laute durch die Lüfte gingen.
Nachweis:
Übersetzung durch Carl Förster, in: Petrarca, Francesco: Italienische Gedichte. Band 1, Wien 1827, S. 174
http://www.zeno.org/Literatur/M/Petrarca,+Francesco/Lyrik/Canzoniere/Sonette/Einhundert+zwey+und+zwanzigstes+Sonett%3A+%5BIch+sah+auf+Erden+Engelsitte+walten%5D
Bild:
Kein Blättchen regt sich in den Zweigen vor dem herbstblauen Himmel. Aufnahme vom Fenster des hier Schreibenden, jetzt, hier, heute
Oh! Sonntags locken Blockflöten Trommeln zum Sommerkonzert!
Dieses Konzert ist wirklich für Kinder und Kindgebliebene aller Altersstufen zu empfehlen:
Sommerkonzert der Musikgruppen der Katholischen Kirchengemeinde St. Bonifatius in Berlin-Kreuzberg
Sonntag, 01. Juli 2018, 18.00 Uhr
Programm: Joseph Haydns lustige „Kindersinfonie“, Blockflötenensemble, einige Kinderlieder, einige Kirchenlieder zum Mitsingen, Triosonaten von Telemann und Vivaldi, Vogelgezwitscher!
Dauer: höchstens 60 Minuten. Eintritt frei.
Ich werde selbst bei dieser Gelegenheit Violine spielen.
Ort: Großstadtkathedrale St. Bonifatius in der Yorckstraße 88, Kreuzberg
„Veni Emmanuel!“ Adventskonzert am Sonntag in St. Bonifatius
Eine einhüllende Dunkelheit wird zerspalten durch den Ruf den Ruf: „Veni Emmanuel!“ Es wird Licht. Der dämmrige Kirchenraum wird bespielt, er erwacht zum Leben. Hirtenfeuer flackern auf! Empfindungen der Einkehr und der Heimkehr erwarten uns morgen bei dem gemeinsam gestalteten Adventskonzert, zu dem ich als Musikant eingeladen worden bin und zu dem ich euch einlade. Kommt, denn alles ist bereitet!
Sonntag, 17. Dezember 2017, 18.00 Uhr, St.-Bonifatius-Kirche, 10965 Berlin-Kreuzberg, Yorckstr. 88C
Rufina Kalschnee: Sopran
Klara-Maria Kalschnee: Mezzosopran
Instrumentalensemble der St. Bonifatius-Kirche
Stefano Barberino: Orgel
Leuchtet, ihr strahlenden Nachtkerzen des Gesanges!
Höre! Hannah Arendt, die 1906 im niedersächsischen Linden geborene große deutsche Philosophin sagt:
„Im Deutschen gerade liegt das Volkslied aller Dichtung zugrunde, wenn auch in der eigentlich großen Dichtung so transformiert, daß es kaum noch kenntlich ist. So klingt die Stimme der Dienstbotengesänge durch viele der schönsten deutschen Gedichte.“
Höre! Unwillkürlich kommen dir diese Worte dieser großen jüdischen Philosophin in den Sinn! Denn soeben erreicht dich eine Einladung zu einem verheißungsvollen Konzert, das die 1975 in New York verstorbene große US-amerikanische Philosophin Arendt sicherlich besucht hätte, wenn sie denn noch lebte und zufällig gerade in Berlin weilte:
Samstag, 30. September 2017 – 19 Uhr
Gemeindesaal der Jesus-Christus-Kirche Berlin-Dahlem, Thielallee 1-3
Freier Eintritt
Deutsche Volkslieder in Melodie und Geschichte
Projekt-Chor Roland Bader
Mitglieder des früheren Chors der St. Hedwigs-Kathedrale, des Karl-Forster-Chores und Gäste
Leitung und Moderation: Roland Bader
Am Flügel Michael Cohen-Weißert
Die Texte der Lieder liegen offen vor mir. Ich nippe kurz an den Worten wie an einem schäumenden Kelche:
Brüder reicht die Hand zum Bunde Ännchen von Tharau ist’s die mir gefällt rede Mädchen allzu liebes das mir in die Brust die kühle hat geschleudert mit dem Blicke diese wilden Glutgefühle wie sanft sich die Quelle durch die Wiese windet nicht wandle mein Licht dort außen im Flurbereich ich wollt meine Lieb ergösse sich all in ein einzig Wort abends wenn ich schlafen geh in einem kühlen Grunde da steht ein Mühlenrad
Das ist ja jene bunte, abendlich strahlende, wilde und betörende Klanglandschaft, welche einst in deutscher Sprache erklang und erscholl, welche einst Hannah Arendt, Heinrich Heine, der Sänger und Schubert-Herausgeber Max Friedlaender, der Zeichner und Komponist Felix Mendelssohn, der Philosoph Walter Benjamin so beredt priesen und rühmten. Kehrt doch wieder alle alle! Ihr sollt auferstehen und leben!
Wer kennt die Namen dieser Dichterinnen und Dichter heute noch? Kennst du sie wohl? Adelheid Wette, Wilhelm Ganzhorn, Heinrich Heine, Georg Friedrich Daumer, Adalbert von Chamisso, Fanny Hensel, Johann Gottfried Hientzsch, Joseph von Eichendorff?
Nun, nach dem einen ist immerhin noch (noch!) eine Universität in Düsseldorf benannt, nach einem anderen immerhin noch (noch!) eine Gasse am voll durchkommerzialisierten Potsdamer Platz in Berlin, noch nach einer anderen eine Grundschule in Kreuzberg, und nach einem anderen ein voll im Gentrifizierungswahn lebender Kiez in Kreuzberg.
Aber wer kennt diese Lieder noch? Wer singt sie noch? Seid ihr alle verweht, vergessen, verschollen? Nein! Kehrt doch wieder!
Bild: Romantisches Abendlicht im Natur-Park Schöneberger Südgelände, 29.09.2017, 18.30 Uhr
Zitat Hannah Arendts hier wiedergegeben nach:
Beatrix Brockman: Scherben im Bachsand. Der Nachlass der Lyrikerin Eva Strittmatter kommt in die Akademie der Künste nach Berlin. In: Ars pro toto. Das Magazin der Kulturstiftung der Länder, 3-2015, S. 25-29, hier S. 26
Ziemlich beste Freunde
Ein bemerkenswertes Zwiegespräch entfaltete sich vergangenen Sonnabend zwischen den zwei wohl berühmtesten Schriftstellern unserer Zeit. Lassen wir sie doch am Frauenplan im Hause des Geheimen Rathes zusammentreffen. Als Gesprächspartner wählen wir den Kanzler Müller; Berichterstatter sei in diesem kleinen Phantasiestück Johann Peter Eckermann.
Und so lesen wir gleich hinein in die nachträglich angefertigten Notizen des getreuen Eckermann, wobei wir noch vorausschicken, dass der soeben behandelte Gegenstand nichts anderes als die Ode auf den 5. Mai von Alessandro Manzoni gewesen war.
[…] »Euer Exzellenz«, sagte ich, »sprechen große Dinge aus, und ich bin glücklich, Ihnen zuzuhören.« – »Manzoni«, sagte Goethe, »hilft uns zu guten Gedanken.« Er wollte in Äußerung seiner Betrachtungen fortfahren, als der Kanzler an der Pforte von Goethes Hausgarten uns entgegentrat und so das Gespräch unterbrochen wurde. Er gesellte sich als ein Willkommener zu uns, der freilich nicht allein kam, sondern zwei Schriftsteller mitbrachte, die soeben aus dem herzoglichen Theater nachhause kehrten und sich ganz offenkundig in einem angeregten Gespräch über die soeben gesehene Vorstellung befunden hatten.
„Seien Sie uns willkommen in unserer bescheidenen Oberbühne“, grüßte Goethe, der selbst weniger und weniger ins Theater ging. Die drei Männer kamen über das Büstenzimmer in den länglichen Saal, wo die Rouleaus niedergelassen waren und auf dem Tische am Fenster zwei Lichter brannten. Der Kanzler stellte beide in knappen Worten vor: der erste war der aus St. Peter-Ording stammende Autor Michael Hohlbeck, eine angenehme, fast jugendliche Erscheinung von wohl 58 oder 60 Jahren, gepflegt locker mit offenem Hemdkragen erscheinend, aber nicht abgerissen gekleidet, wie es in den Berliner Salons seit Jahren üblich geworden; der andre, Bodo Cimetière, soeben erst aus Reggio Calabria zurückgekehrt, wo er einige Nachforschungen zu seinem jüngsten Roman angestellt, trug noch einen Panama Jenkins, der ihm leider doch etwas Stutzerhaftes verlieh; auf unglückliche Weise verstärkt wurde dieser Eindruck dadurch, dass die Herstellermarke STETSON deutlich an einer geckenhaft flatternden Banderole abzulesen war.
Wir setzten uns um den Tisch, der Hausherr schenkte in die bereitstehenden Gläser reichlich aus der bereits geöffneten Flasche „Würzburger Stein“ ein und fragte Hohlbeck: „Sie kommen aus dem Theater? Wurde da heute nicht Ihre „Unterwerfung“ gegeben? Ich habe Ihren Roman mit Gewinn gelesen, und möchte wohl wissen, wie unser Schauspieldirektor Ihre vielfach verwinkelte, tolldreiste Geschichte in ein Theaterstück umgemodelt hat?“
„Nun, ich war selbst äußerst gespannt, habe den Theatermachern aber völlig freie Hand gelassen“, wich Hohlbeck aus, indem er sich eine Zigarette ansteckte und an seinem Weinglas nippte. Einen kurzen Moment herrschte Schweigen. Goethe zeigte eine Regung von Ungeduld und forderte uns auf, mehr zu erzählen.
„Die ganze Handlung des Romans wird in ein Lazarett verlegt“, schaltete sich unvermittelt der Kanzler ein, „ein genialer Schachzug, wie er eigentlich nur einem so bedeutenden Theatermann wie unserem guten ***** einfallen konnte. Der Held des Romans erlebt die gesamte Handlung wie in einem Fieberwahn. Ihn plagt eine hartnäckige Fußpilzerkrankung, und während um ihn herum in ganz Frankreich ein islamischer Präsident das Leben grundhaft umgestaltet, erfährt unser Held im Krankensaal jede nur erdenkliche Zuwendung durch seine Pflegerin und einen Kollegen von der Académie!“
Goethe setzte, als hätte ihn ein bislang versteckter Groll ergriffen, sein Glas ruckhaft heftig auf und begann also mit sich allmählich steigerndem Unmut: „Die heutigen Schriftsteller schreiben alle, als wären sie krank und die ganze Welt ein Lazarett. Alle sprechen sie von dem Leiden und dem Jammer der Erde und von den Freuden der Zukunft, und unzufrieden, wie schon alle sind, hetzt einer den andern in noch größere Unzufriedenheit hinein. Das ist ein wahrer Mißbrauch der dramatischen Kunst, die uns doch eigentlich dazu gegeben ist, um die kleinen Verhältnisse des Lebens kraftvoll zu steigern und den Menschen mit der Welt bekannter zu machen, ja ihn letztlich zu ermutigen, die Welt, wie sie nun einmal ist, kräftig wirkend und strebend zu verändern. Aber die jetzige Generation fürchtet sich vor aller echten Kraft, und nur bei der Schwäche ist es ihr gemütlich und poetisch zu Sinne; echte Dramen, wie sie uns Schiller mit seinem Wallenstein geschenkt, werden schon lange nicht mehr geschrieben.“
Hohlbeck, Cimetière, der Kanzler und ich wussten darauf vorderhand nichts darauf zu erwidern. Wir saßen stumm da und sagten nichts. »Euer Exzellenz«, sagte ich endlich, um das betretene Schweigen zu brechen, »sprechen etwas Wahres aus, und wir sind glücklich, Ihnen zuzuhören.«
»Ich habe ein gutes Wort gefunden,« fuhr Goethe fort, »um diese Herren zu ärgern. Ich will ihre Schauspiele die ›Lazarett-Dramatik‹ nennen; dagegen die echt ›tyrtäische‹ diejenige, die nicht bloß Schlachtlieder auf offener Bühne singt, sondern auch den Menschen mit Mut ausrüstet, die Kämpfe des Lebens zu bestehen.«
Goethes Worte erhielten meine ganze Zustimmung. Cimetière, der Kanzler und Hohlbeck hingegen erkannten wohl, dass mit dem Alten heute Abend kein einvernehmlicher Diskurs mehr zu führen war.
Wir tranken, nachdem wir uns mit stummen Blicken ausgetauscht, unseren Würzburger Stein aus, wussten das Gespräch auf unbedeutende Zeitung zu lenken, etwa das Verbot der Pferdedroschken, das die neue Berliner Stadtregierung am Pariser Platz einzuführen gedachte, sowie auch den Literaturpreis, den Cimetière von der Leipziger Buchmesse soeben erhalten hatte. So konnte nicht der Eindruck entstehen, der Abend habe mit einem Mißklang geendet.
Wir verabschiedeten uns artig mit einigen französischen Wendungen, verließen den länglichen Saal, gingen die Stiege hinab und nahmen die am Frauenplan bereitstehende Pferdedroschke, um jedes möglichst rasch nachhause zu gelangen, während Goethe oben noch seinem Würzburger Stein beim Schein der beiden am Fenster herabbrennenden Kerzen zusprechen mochte.
Hinweis:
Das vorstehende frei erfundene „Phantasiestück“ verwendet freizügig unterschiedlichste Stoffe aus folgenden Quellen:
Johann Peter Eckermann: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Mit erläuterndem Register besorgt von Hans Jürgen Meinerts. Im Bertelsmann Lesering 1960, S. 190-192 (=Einträge vom 23. Juli 1827 / 24. September 1827)
Unterwerfung. Nach dem Roman von Michel Houellebecq. Regie: Stephan Kimmig. Deutsches Theater, Berlin, Aufführung gesehen im Dezember 2016
Michel Houellebecq: Soumission, Flammarion, Paris 2015
Bodo Kirchhoff: Widerfahrnis. Eine Novelle, Frankfurt 2016, hier insbesondere S. 174
Foto:
Ein Blick aus dem Saal im Wohnhaus Goethes auf den Garten, Weimar, Radtour vom 19.07.2015
Zwingt die Saiten in Cythara
Zwingt die Saiten in Cythara
Und lasst die süße Musica
Ganz freudenreich erschallen
Wer dächte nicht an diese schönen Verse aus Bachs Kantate „Schwingt freudig euch empor“, wenn er eine so nette Einladung wie die folgende erhält? Ich jedenfalls zögere nicht, die mir zugesandte Einladung zu veröffentlichen!
Die Sänger, Musiker, Schauspieler laden euch herzlich zu ihrem Adventskonzert am Samstag, den 10. Dezember 2016 um 19:30 Uhr in der Kirche St. Bonifatius, Yorckstr. 88/89, 10965 Berlin, ein.
Zusammen mit dem Konzertorganisten Stefano Barberino am Piano, der Sopranistin Sandra Barenthin, der Altistin Irina Potapenko, dem Tenor Claudio Stirpe, dem Schauspieler Sebastian Zett, mit Ivan Hampel (Violine) u.a. wollen sie euch mit (vor-)weihnachtlichen Melodien auf die (Vor-)Weihnachtszeit einstimmen.
Der Eintritt ist frei, Spenden sind herzlich willkommen.
Kommet zuhauf, denn:
Auch mit gedämpften, schwachen Stimmen
Wird Gottes Majestät verehrt.
Denn schallet nur der Geist darbei,
So ist ihm solches ein Geschrei,
Das er im Himmel selber hört.
Marmorstirn. Cremona. In aller Frühe
„Singst du mir ein Lied zum heutigen Geburtstag?“
Ja, ich singe Dir ein Lied zu deinem heutigen Geburtstag, – ein Reiselied, das ein anderer geschrieben hat!
Hier ist es:
Wasser stürzt, uns zu verschlingen,
Rollt der Fels, uns zu erschlagen,
Kommen schon auf starken Schwingen
Vögel her, uns fortzutragen.
Aber unten liegt ein Land,
Früchte spiegelnd ohne Ende
In den alterslosen Seen.
Marmorstirn und Brunnenrand
Steigt aus blumigem Gelände,
Und die leichten Winde wehn.
Marmorstirn, Marmorstirn? Was steckt hinter diesem Wort? Zweifellos – die Fassade. Marmorstirn ist ein anderes Wort für Fassade. Fassaden sind Stirnseiten von Gebäuden aus Marmor, wie hier diese Fassade des Domes in Cremona.
Marmorstirn und Brunnenrand, in diesen beiden Worten fügte Hugo sein Italien-Erlebnis zusammen. Siehst du es? Der Stein wird so leicht, dass Vögel ihn forttragen könnten.
Wir besuchten ihn am vergangenen Sonntag in aller Frühe in voller Nüchternheit. Die Marmorstirn lächelte uns entgegen. Sie war geöffnet. Die Türen standen offen und wir traten ein.
„Non ricordate più le cose passate,
Non pensate più alle cose antiche!
Ecco, faccio una cosa nuova:
proprio ora germoglia, non ve ne accorgerete?“
scholl die Stimme uns laut und deutlich aus den alten geöffneten, ewig jungen Mauern entgegen. Schaut nicht in die Vergangenheit, sondern blickt nach vorne! Diese alte Fassade lädt dazu ein, mutig und froh nach vorne zu schauen.
Ja! Schau hier, ich mach was Neues! Wir dürfen aufschauen, dürfen und sollen nach vorne schauen. Jeder Tag mit dieser Wahrheit ist ein Geburtstag, ein ganz schöner wie der deine heute, hier und jetzt. Das bedeutet kein Vergessen oder Verleugnen dessen, was vergangen ist. Wie könnten wir all das Schöne, all das Schreckliche der Vergangenheit vergessen?
Aber wir lassen das Licht des Kommenden herein, das gerade jetzt aufkeimt, wir erwarten, wir eilen, wir gehen nach vorne!
Bemerkt ihr dies nicht?
„aber die Liebe ist die größte unter ihnen…“ – μείζων δὲ τούτων ἡ ἀγάπη.
„aber die Liebe ist die größte unter ihnen…“
μείζων δὲ τούτων ἡ ἀγάπη.
Der Beethoven-Elternchor ruft, da muss ich hin! Und da werde ich auch hin!
Abendgottesdienst zum Valentinstag
am 14.02.2016 um 18 Uhr
in der Dorfkirche Lankwitz
(Alt-Lankwitz (Dorfaue) 12247 Berlin)
Ein Gottesdienst bei Kerzenschein
mit besonderer Musik für alle,
die mit uns nachdenken möchten
über ihre junge oder alte Liebe,
über das Verliebtsein
und über die Sehnsucht des Menschen
nach Liebe.
Pfn. Miehe-Heger und Team
mit dem Elternchor der Beethovenoberschule
unter der Leitung von Katrin Pinkert