Wir haben Platz für – Autos oder Menschen?

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Sep 112020
 

„Derzeit werden viele Autos auf Halde produziert“, klagt ein Minister, und er hat recht. Der Markt braucht diese Autos nicht, es finden sich keine Käufer. Ein Blick auf die Straßen unserer Städte lehrt, dass die meisten Autos die meiste Zeit zwecklos herumstehen. Niemand kauft die neuen Autos, niemand braucht sie offenkundig. Es wird am Markt vorbei produziert. Es liegt hier eine klassische Fehlallokation volkswirtschaftlicher Ressourcen vor!

https://www.handelsblatt.com/dpa/wirtschaft-handel-und-finanzen-roundup-autogipfel-zusaetzliche-hilfen-fuer-unternehmen-koennten-kommen/26170046.html?ticket=ST-1766093-O10jLGOGzfBinPHx7IkN-ap5

Umgekehrt herrscht eine enorme Nachfrage nach Fahrrädern, die derzeit nicht gestillt werden kann. Der Markt will Fahrräder, keine Autos. Tja. So ist das eben in der Marktwirtschaft. Letztlich entscheiden die Käufer, was sie wollen und brauchen. Ein Eingreifen des Staates ist da nicht nötig. Staatlicher Interventionismus verstärkt sogar die vorhandene Fehlallokation.

https://www.apotheken-umschau.de/Sport/Corona-Trend-Fahrrad-fahren-statt-Auto-560431.html

Platz brauchen bei uns jetzt in Europa vor allem die obdachlosen Menschen in Moria und anderswo. Unterkunft, Nahrung, Grundversorgung für notleidende Menschen, das brauchen wir. Das ist der Bedarf. Die leer herumstehenden Autos haben doch bei uns reichlich Platz. Auch auf Halde. Tag und Nacht. Die obdachlosen Menschen in Moria wären froh, wenn sie wenigstens ein Dach (ein Autodach?) über dem Kopf hätten. Umsteuern ist angesagt.

Foto: Czeminskistr. Schöneberg, gestern: Viele leere geparkte Autos haben viel Platz, daneben gibt es auch Platz für einen Fußgänger und einen Fahrradfahrer. So wird die Ressource „städtischer Raum“ bei uns alloziert.

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„Ausstiegsszenarien“, oder: Von der Hochblüte planwirtschaftlichen Denkens bei den jetzt amtierenden Politikern

 Bundestagswahlen, Elektromobilität, Gouvernance économique, Ordoliberalismus, Planwirtschaft, Soziale Marktwirtschaft, Zählen  Kommentare deaktiviert für „Ausstiegsszenarien“, oder: Von der Hochblüte planwirtschaftlichen Denkens bei den jetzt amtierenden Politikern
Sep 302017
 

https://www.welt.de/politik/article169192391/CDU-Vize-wirft-Gruenen-planwirtschaftliches-Denken-vor.html

Ein gutes Auge für das Vorherrschen planwirtschaftlichen Denkens sowohl bei den letzten drei Bundesregierungen einschließlich der noch amtierenden wie auch bei der Partei der  Grünen beweist der aus dem Rheinländischen stammende Politiker Armin Laschet. In einem neuen Interview mit der Welt diktiert er heute in die Blöcke der Journalisten, er beobachte, dass gewisse Politiker „… nur in Ausstiegsszenarien denken: Ausstieg aus dem Diesel, Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor, Ausstieg aus der Braunkohle und der Steinkohle, eigentlich aus allen fossilen Energien.“

Das Wort „Ausstieg aus…“ könnte man Armin Laschet folgend als Markenzeichen der Wirtschafts- und Energiepolitik dieser vergangenen 12 Jahre bezeichnen. Die vielbeschworene Energiewende ist das beste Beispiel dafür. Alle diese Ausstiegsszenarien hat die jeweils amtierende Bundesregierung in den letzten Legislaturperioden auf den Weg gebracht.

Ausstieg aus der Atomkraft bis …
Aussetzung  der Wehrpflicht ab …
Ausstieg aus der Kohleenergie bis …
Kompletter Abschied vom Verbrennungsmotor bis…
Dekarbonisierung der gesamten Volkswirtschaft um … %  bis zum Jahr …

Allen diesen geplanten Ausstiegen ist gemein, dass sie zentral von oben herab weit in die Zukunft hinein verfügt werden, ohne ausreichend Raum für Diskussionen oder gar nachträgliche Änderungen durch bessere Technologien zu lassen.

Planzahlen sind seit langem schon aufgelegt.  Ein beliebiges Beispiel für derartige staatlich verordnete Planwirtschaft (es ist nur eines, weitere fallen einem sofort ein):

„Ziel der Bundesregierung ist es, bis 2020 eine Million Elektrofahrzeuge auf die Straße zu bringen. Bis 2030 sechs Millionen. Diese Ziele schreibt das Regierungsprogramm Elektromobilität von 2011 fest. Denn Elektrofahrzeuge verringern nicht nur die Abhängigkeit vom Öl. Lädt man die Batterien mit Strom aus erneuerbaren Energien, fahren Elektrofahrzeuge praktisch ohne Schadstoffausstoß.“

https://www.bundesregierung.de/Webs/Breg/DE/Themen/Energiewende/Mobilitaet/mobilitaet_zukunft/_node.html

Armin Laschet ist zu danken, dass er unsere Aufmerksamkeit auf die deutliche Vorherrschaft des planwirtschaftlichen Denkens sowohl bei der heute noch regierenden Koalition wie auch bei der derzeit ins Auge gefassten neuen Koalition gerichtet hat.

Auch die CDU steht offenkundig in einem Ausstiegsszenario. Sie verlässt nämlich die Düsseldorfer Leitsätze zur Wirtschaftspolitik  von 1949 und hat in den letzten 12 Jahren zu ihren ersten programmatischen Ansätzen aus dem Jahr 1946, zu dem sogenannten Ahlener Programm zurückgefunden. Dafür liefert die Politik der letzten drei Legislaturen eine Fülle an Belegen. Und der jeweilige Bundestag hat dies alles mit großen Mehrheiten abgesegnet. Brav!

Die Zeichen für Schwarz-Grün stehen auf hellstem Grün im Lichte des Planwirtschaftsgedankens!

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Jeszcze Europa nie zginęła: der Weckruf des Donald Tusk

 Cuore tedesco, Europäische Union, Gouvernance économique, Ordoliberalismus, Soziale Marktwirtschaft  Kommentare deaktiviert für Jeszcze Europa nie zginęła: der Weckruf des Donald Tusk
Aug 212015
 

 

Brauchen wir in der Europäischen Union eine straff und zentral von oben herab geführte, eine koordinierte Wirtschaft, wie der Lissaboner Vertrag ausdrücklich verlangt (§§119-144 AEUV)? Blickt man auf die amtlichen Zielvorgaben der EU-Kommission, der deutschen Bundesregierung oder etwa auch die berühmten 29 Seiten der vorerst letzten großen Einigung der Gläubiger mit Griechenland, so möchte man dies annehmen! Fast überall – von der Währungs- über die Energie- bis zur Gleichstellungspolitik – werden heutzutage Entwicklungsziele gesetzt, solidarische Hilfe wird mit strengen Auflagen verknüpft, es wird bis ins kleinste Detail hinein geplant und vorgeschrieben, was bis dann und dann zu geschehen hat.  Die gemeinsame Forderung Italiens und Frankreichs nach einer Wirtschaftsregierung, die mittels Planvorgaben, Investitionsprogrammen, über monetaristische Steuerung der Wirtschaft und über Vetorechte in die Souveränität der Einzelstaaten eingreift, ja letztlich sogar an die Stelle der staatlichen Souveränität tritt und somit auch den Euro als das erklärte summum bonum rettet,  ist das vorläufige Sahnehäubchen auf dieser immer stärker werdenden zentralistischen Wirtschaftspolitik.

Ausgesprochen unzeitgemäß muss es da klingen, was der EU-Ratspräsident Donald Tusk angesichts dieser heute vorherrschenden zentralistischen Sicht auf die Volkswirtschaften kürzlich im Interview mit der FAZ gesagt hat (17.08.2015): „Ich halte es lieber mit der ordoliberalen Schule in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg: Erhard, Eucken und Röpke. Ich halte es ganz mit Wilhelm Röpke: Europa braucht weniger Rousseau und Voltaire, sondern mehr Montesquieu.“

Verblüffend! Dass ein führender europäischer Politiker Erhard, Walter Eucken und Röpke, diese Wegbereiter der ordoliberalen sozialen Marktwirtschaft kennt, beherzigt, namentlich nennt und sich hinter sie stellt, ja sogar noch von Ordoliberalismus spricht, berechtigt zu schönsten Hoffnungen. Von deutschen Spitzenpolitikern bin ich mirs schon lange nicht mehr vermutend.

Weniger Thomas Hobbes, weniger Rousseau, mehr John Locke, mehr Montesquieu! Das heißt klare Gewaltentrennung, Einhaltung von Regeln statt zentraler Planvorgaben, Verständlichkeit statt unrealistischer Ideale, Vertrauen in die Vernunft und Einsichtigkeit jedes Menschen, Absage an den Begriff der volonté générale, dem alle sich absolut zu unterwerfen haben.

Wir sollten nie vergessen: Das ordoliberale Modell, in der Bundesrepublik Deutschland konsequent befolgt ab 1949 etwa bis zur Einführung des Euro 1999/2002, ist eines der erfolgreichsten wirtschaftspolitischen Modelle des 20. Jahrhunderts gewesen. Es ist sehr schade, dass der Ordoliberalismus in der Bundesrepublik Deutschland Zug um Zug abgebaut wird und fast schon in Vergessenheit gerät. Der Ordoliberalismus bietet sich auch heute noch gegenüber dem bevormundenden, planenden Zentralstaat (demokratisches Vorbild: Frankreich) und dem unbeschränkten Finanzliberalismus (demokratische Vorbilder: USA und UK) an. Der italienische Politologe Bolaffi nannte die wirtschaftspolitische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland gar ausdrücklich für die Europäische Union „l’unico modello che abbia dato buona prova di sé“.

Ich meine: Der Pole Donald Tusk und der Italiener Angelo Bolaffi haben beide recht. Wir Deutschen sollten diesen Europäern darin folgen und unsere Ohren auch nicht weiterhin vor Montesquieu, Ludwig Erhard und John Locke verstopfen.

Quellen:
http://www.faz.net/aktuell/politik/europaeische-union/eu-ratspraesident-donald-tusk-im-interview-ueber-griechenland-13706500-p2.html
Angelo Bolaffi: Cuore tedesco. Il modello Germania, l’Italia e la crisi europea. Donzelli Editore, Roma 2013, hier bsd. S. 41, S. 235-237, S. 253-254

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Woher kommt der wirtschaftliche Mindererfolg der Eurozone?

 Europäische Union, Geld, Gouvernance économique, Soziale Marktwirtschaft  Kommentare deaktiviert für Woher kommt der wirtschaftliche Mindererfolg der Eurozone?
Aug 042015
 

Ein Blick auf die aussagefähigen Datentabellen im aktuellen Economist (August 1st 2015) bestätigt ein verblüffendes Ergebnis, das schon seit Jahren immer konsistent wieder bestätigt wird:

Die wesentlichen wirtschaftlichen Kennziffern der Eurozone, also der EU-Länder, die den Euro als amtliches Zahlungsmittel eingeführt haben, liegen deutlich hinter vergleichbar großen Wirtschaftsräumen zurück. Die Eurozone schneidet seit Jahren in Sachen Arbeitslosigkeit, BIP und Industrieproduktion schlechter als China und die USA ab. Der Abstand zwischen USA und China einerseits und der Eurozone andererseits weitet sich folglich aus.

Hier die letzten verfügbaren Zahlen:
Arbeitslosigkeit/BIP-Veränderung/Industrieproduktion der USA:
5,3%/+2,9%/+1,4%
Arbeitslosigkeit/BIP-Veränderung/Industrieproduktion Chinas:
4,0%/+7,0%/+6,8
Arbeitslosigkeit/BIP-Veränderung/Industrieproduktion der Eurozone:
11,1%/+1,0%/+1,6%

Noch erstaunlicher, geradezu krass aber finde ich:
Die Nicht-Euro-Länder der EU (etwa Großbritannien und Polen) und die europäischen Nicht-EU-Länder (etwa die Schweiz und Norwegen) schneiden in den genannten drei Kriterien ebenfalls deutlich besser ab als die Eurozone. Der Abstand der Eurozone zu den Nicht-Euro-Ländern und zu den europäischen Nicht-EU-Ländern weitet sich im Laufe der Jahre also ebenfalls zu Ungunsten der Eurozone ebenfalls aus.

Fazit:
Die Eurozone schneidet seit längerem gemessen an Arbeitslosigkeit, BIP-Wachstum und Industrieproduktion signifikant schlechter als China und USA sowie konsistent schlechter als die anderen vergleichbaren europäischen Länder sowohl innerhalb als auch außerhalb der EU ab. Die Eurozone weist schlechtere wirtschaftspolitische Kennziffern als der Rest Europas auf.

Wie ist dieser schon seit Jahren andauernde relative Mindererfolg der Eurozone gegenüber allen anderen vergleichbaren Wirtschafts- und Währungsräumen zu erklären? Woran liegt es eigentlich? Ist der Euro als solcher eine Wachstums- und Beschäftigungsbremse? Ist der Euro als solcher nachteilig für die Wirtschaft insgesamt? Oder haben die europäischen Länder Schweiz, Norwegen, Polen und Großbritannien schlechterdings fleißigere ArbeiterInnen, schlechterdings klügere Köpfe, schlechterdings bessere PolitikerInnen oder einfach besseres Wetter als wir? Steckt ein Systemfehler hinter dem Euro, oder haben die Politiker etwas falsch gemacht?

Fing uns ein Wahn? Trog uns treuer Glaube an den Euro?

Quelle:
Economic and financial indicators, The Economist, August 1st 2015, Seite 72

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„Bis hierher und von daher“: zum Begriff des Neuen in der Geschichte

 Europäische Union, Gouvernance économique, Soziale Marktwirtschaft, Staatlichkeit, Thüringer Städtekette  Kommentare deaktiviert für „Bis hierher und von daher“: zum Begriff des Neuen in der Geschichte
Dez 102014
 

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Zu den Professoren an der Leukorea in Wittenberg zählte neben Melanchthon auch zeitweilig Giordano Bruno. Von ihm sah ich im Oktober dieses Jahres, hinter dickem Panzerglas ausgestellt, hingerissen seinen handschriftlichen Stammbucheintrag „Nihil sub sole novum“ im Lutherhaus. Ich hege keinen Zweifel, das Original dieses Eintrags gesehen zu haben.

Bruno lehnte den Begriff des radikal Neuen ab. Das, was uns als neu erscheint, erscheint eben nur so. „Von der Sonne aus betrachtet“, „im wesentlichen“, war es immer schon, ist immer, und wird auch wieder sein.

In der Weltgeschichte vermag man mit einigem Suchen mehr und mehr Spuren der Wiederkehr des Immergleichen zu erkennen. So wogt die Debatte über die verschleppte, die verschlafene EU-Reform derzeit um den Begriff des Wirtschafts-„Direktoriums“, des Directoire, wie es ähnlich bereits in den Jahren 1795-1799 in Frankreich installiert wurde.  Sinn des Directoire war es nach dem großen Terreur, durch ein mit 5 „Direktoren“, 8 „Ministern“ und 5 „Kommissaren“ besetztes Kontrollgremium den drohenden Staatsbankrott abzuwenden. Das Vorhaben scheiterte, der Staatsbankrott war so nicht abzuwenden, Napoleon ergriff die Macht; der Versuch der Lenkungswirtschaft führte zu einer Wiederauflage des Kaiser-Gedankens. Nil sub sole novum!, hätte Bruno wohl ausgerufen.

Giscard d’Estaing empfiehlt nun nachdrücklich in seinem neuen Buch „Europa“ eine Neuauflage der Directoire-Verfassung! Und er nennt das oberste Lenkungsgremium sogar ganz ausdrücklich Directoire.

Genau dieses „Directoire“ scheint auch die Keimzelle des Gedankens der „Gouvernance économique“, der „Wirtschaftslenkung“ zu sein, wie sie seit Jahren in der EU-Debatte gefordert wird und wie sie Jean-Claude Juncker offenkundig favorisiert.

In klarem Gegensatz zur Directoire-Verfassung steht der föderative Aufbau der sozialen Markwirtschaft, wie sie die Bundesrepublik Deutschland bis 1999 verkörperte. Dass der Zentralstaat lenkend und regelnd, steuernd und vorschreibend bis in die Löhne und Gehälter, bis in die Zentralbankzinsen hineinregiert, war in der Bundesrepublik früher undenkbar; erst seit wenigen Jahren ist es durch die aus französischem Geist erschaffene EU-Apparatur hoffähig geworden.

Schwenkt also die Bundesrepublik nach dem Zwischenspiel der „Sozialen Marktwirtschaft“ eines Konrad Adenauer oder Ludwig Erhard jetzt auf die wesentlich ältere Linie des Directoire, der Gouvernance économique ein? Bundesweite Mietpreisbremse, gezieltes Ankurbeln der Inflation, Aufkauf von Staatsanleihen, ABS, Quantitative Easing, Hochpuschen der Geldmenge  usw.usw.: es gibt viele Anzeichen für diese rückwärtsgewandte, diese im Wortsinn reaktionäre Wende der Finanz- und Wirtschaftspolitik. Die Keynesianer in den USA erwarten es von uns, die  hochverschuldeten Euro-Partner erwarten es von uns. Das Directoire, also der engere Führungszirkel der EU-Kommission, soll den größten Wirtschafts- und Währungsraum der Erde retten.

Lesehinweise:
„Das Direktorium“, in: dtv Atlas Weltgeschichte, München 2006, S. 299
„Die französische Verfassung von 1795“, in: Putzger Historischer Weltatlas, 103. Auflage, Cornelsen Verlag, Berlin 2001, S. 119
Valéry Giscard d’Estaing: „Le parcours. La structure institutionelle d’Europa et le Directoire“, in: ders., Europa. La dernière chance de l’Europe. Paris 2014, S. 163-174

 

 

 Posted by at 08:17
Nov 292014
 

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1. Metanoia – Umdenken, Umwenden, das innere Ruder herumwerfen – das mag wohl der Sinn des alten, heute außer Gebrauch gekommenen  Wortes Reue sein. Jesaja, Jeremia, aber auch Johannes der Täufer erhoben diese Haltung der Umkehr zum Grundmotiv. Griechisch lautet das Wort metanoia. Es dient als Übersetzung des hebräischen schuv oder teschuwa. Johannes erwartet von den Machthabern, dass sie mit der Reue, mit dem Um-Denken, bei sich selbst anfangen. Er misstraut der Macht, er bestreitet, dass Macht das Recht setzt, er verlangt, dass der Mächtige sich dem, was recht und billig ist, unterordnet. Kein König, kein Herr steht über dem Recht. Keiner darf sich zügellos über die Weisung hinwegsetzen.

2. Die Metanoia strafft gewissermaßen die Zügel beim Zügellosen. Schau sie dir an! Du siehst sie hier in diesem Bild der 1980 in Istanbul geborenen Künstlerin Yaşam Şaşmazer. Der Zügellose hat die Orientierung verloren. Er liegt platt auf der Erde. Hinter ihm die Metanoia. Sie versucht ihn aufzurichten. Aber er lässt sich fallen, er stellt sich tot. Wir betrachteten das ungleiche Gespann des Unbußfertigen und der Metanoia, als wir unterwegs zum Joseph Roth in der Potsdamer Straße waren .

3. Als Frucht der „metanoia tedesca“, der deutschen Umkehr, der deutschen Buß und Reu, wertet der italienische Politologe Angelo Bolaffi in seinem Buch Cuore tedesco den Erfolg der Bundesrepublik Deutschland – sie stelle das einzige erstrebenswerte Vorbild für die dringend gebotene Neuordnung der Europäischen Union dar: l’unico modello di riferimento che abbia dato buona prova di sé dal punto di vista della giustizia sociale e dell’efficienza economica.

4. Kommt Reue eigentlich im Euro-Wortschatz vor? Euro!  Reue! Beide Wörter klingen so ähnlich! Und doch sind sie unendlich weit voneinander weg. Ich schlug dazu das Euro-Wörterbuch des Langenscheidt-Verlages auf, als ich an der Ausstellung Metanoia  vorbeigelaufen war. Mich interessierte, wie man Metanoia ins Türkische übersetzt. Fehlanzeige! Gab es denn wirklich keinen Platz für das Wort Reue im Euro-Raum? Nein, in der Tat fehlt zwischen den Einträgen „Rettungsring“ und „Revanche“ das Wort „Reue“ im Euro-Wörterbuch.

5. Und doch wäre die tätige Reue der Rettungsring, der den Kreislauf aus Niederfallen und Revanche aufbrechen könnte.

6. Forse abbiamo bisogno di una metanoia europea. Wir brauchen wohl ein europäisches Umdenken.

Beweise:
Yaşam Şaşmazer: Metanoia.  Ausstellung in der Galerie Berlinartprojects, Berlin, Potsdamer Str. 61, 19.09.-31.10.2014
Langenscheidt Euro-Wörterbuch Türkisch. Langenscheidt Verlag KG, Berlin und München 1999, S. 481
Angelo Bolaffi: Cuore tedesco, Roma 2013, S. 254

 Posted by at 00:32

Das große Lalula-Blablabla der EU-Wirtschaftspolitik: ein „Textbuchbeispiel“

 Europäische Union, Gouvernance économique, Soziale Marktwirtschaft  Kommentare deaktiviert für Das große Lalula-Blablabla der EU-Wirtschaftspolitik: ein „Textbuchbeispiel“
Okt 212014
 

„Was die beiden [Michel Sapin und Emmanuel Macron, A.d.Bloggers] da im Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vorgeschlagen haben, ist im Grunde ein Textbuch-Beispiel für die wirtschaftspolitische Koordination in einer Währungsunion. Alle Teilnehmer stimmen ihre Wirtschaftspolitik so ab, dass sie für den Euroraum insgesamt optimal ist.“

„Ohne eine demokratisch legitimierte europäische Wirtschaftsregierung ist eine Haushaltskoordinierung unmöglich.“

via Wirtschaftspolitik: Koordination funktioniert in Europa schlecht – SPIEGEL ONLINE.

Diese frisch zupackenden, sachlich zutreffenden Sätze Wolfgang Münchaus  sind  „Textbuchbeispiele“, wie es in Schrägdeutsch heißt, für das, was in der EU-Finanz- und Wirtschaftspolitik falsch läuft. Das beginnt schon bei der Sprache. Was heißt „Textbuch-Beispiel“? Gemeint ist sicher „Lehrbuchbeispiel“, also zu englisch „textbook example“. Englisch „textbook“ heißt ja zu deutsch Lehrbuch. Schon hier beginnt die begriffliche Verwirrung, das ganze Kauderwelsch der EU-Politik.

Wirtschaftsregierung“ wiederum ist eine irreführende deutsche Übersetzung des französischen „Gouvernance économique“ bzw. des englischen „Economic governance“ und lässt sich zutreffend mit staatlicher  „Wirtschaftslenkung“ oder auch durch und durch politisierter „Lenkungswirtschaft“ übersetzen.

Eine staatliche Wirtschaftslenkung, also das bewusste, direkte Steuern aller gesamtwirtschaftlichen Vorgänge und Stellwerte durch die Politik beobachten wir seit Jahrhunderten bis zum heutigen Tage  in Frankreich. Wir haben folglich einen exorbitanten Staatsanteil an der französischen Wirtschaft, wir haben eine direkte Einflussnahme der gewählten französischen Regierung auf alle wesentlichen Investitionen, Löhne, Vergütungen, auf das Bankwesen usw. usw. Das ist die französische Lenkungswirtschaft, – „la gouvernance économique“.

Wir hatten auch in Deutschland  staatliche Wirtschaftslenkung erklärtermaßen und ganz offen unter dem Reichsbankpräsidenten und späteren Wirtschaftsminister Hjalmar Schacht. Die „Wirtschaftslenkung“/die „gouvernance économique“ war das erklärte Leitbild der zentralistischen deutschen Wirtschaftspolitik in den Jahren 1933-1945 sowie in der DDR von 1949 bis 1989. Und genau das wollen wir Deutschen heute eben nicht mehr! Oder ist jemand anderer Meinung?

Genauer gesagt: Viele zumindest wollen es nicht! Sie kämpfen dagegen. Sie wollen weder Lenkungswirtschaft noch Wirtschaftslenkung.

Bei der amtierenden Bundesregierung hingegen weiß man es nicht. Es ist nicht so klar, was die aktuelle deutsche Bundesregierung eigentlich will. Sie sagt es uns Bürgerinnen und Bürgern ja nicht. Sie schwört in tiefer Gläubigkeit auf den Euro, ja, gewiss, sie bezeichnet diejenigen, die an dem pseudoreligiösen Schwur auf den Euro zweifeln, als eine „Schande für Deutschland“  … aber reicht das Glaubensbekenntnis zum Euro und die Verteufelung aller Euro-Skeptiker aus?

Ein Blick zurück lehrt: Die westdeutsche Wirtschaftspolitik wandte sich nach dem Zusammenbruch der staatlichen Strukturen des Jahres 1945 vom Leitbild der Lenkungswirtschaft ab – sie ergriff das Leitbild der sozialen Marktwirtschaft, ersonnen bereits in den 40er Jahren von Ludwig Erhard, Wilhelm Röpke und anderen, ab 1949 übernommen von Konrad Adenauer und der CDU der „Düsseldorfer Leitsätze“.

Die Wirtschaft der DDR und auch der UDSSR hingegen befolgte weiterhin den Grundsatz der staatlichen Wirtschaftslenkung.

Die Bundesrepublik Deutschland, ja die EU insgesamt muss sich vermutlich bald entscheiden, ob sie die Wirtschaftslenkung nach französischem Vorbild übernehmen will oder doch eher beim Modell der sozialen Marktwirtschaft bleibt.

Eine Klärung der Begriffe kann ein erster Schritt zu dieser Entscheidung sein. Und alle Wirtschaftspolitiker der Euro-Zone sollten mindestens Französisch, Deutsch und Italienisch lernen, um einigermaßen zu verstehen, was da abgeht in den drei größten Volkswirtschaften der Euro-Zone. Lasst uns miteinander reden! Ein offenes Wort zur rechten Zeit schadet nicht.

 

 Posted by at 14:08

Wieviel Bauchspeck braucht der gesunde Mensch? Das Vabanquespiel der europäischen Wirtschaftspolitiken

 Europäische Union, Gouvernance économique, Soziale Marktwirtschaft  Kommentare deaktiviert für Wieviel Bauchspeck braucht der gesunde Mensch? Das Vabanquespiel der europäischen Wirtschaftspolitiken
Aug 302014
 

Dem Befund des damals amtierenden französischen Wirtschaftsministers Arnaud Montebourg, zitiert in der Monde vom 25. August 2014, dass das gegenwärtige Kabinett Merkel – gerade noch im Zaum gehalten vom Sozialisten Gabriel – eine „rechtsextremistische“ Finanz- und Wirtschaftspolitik betreibe, mussten wir unsere Zustimmung versagen.

Immerhin mag es das Bundeskabinett lehren, wie es sich anfühlt, aus berufenem Munde eines Freundes bei tiefgreifenden Meinungsunterschieden in der Finanzpolitik nicht bloß als „rechtspopulistisch“, „neofaschistisch“  oder als „Europafeind“, sondern so locker vom Hocker als „rechtsextremistisch“ bezeichnet zu werden. Die CDU soll also rechtsextremistisch sein! Ein Kommentar hierzu verbietet sich. Jeder möge seine Worte wägen.

Richtig ist zweifellos, dass die Wirtschaftspolitiken der wichtigsten Eurozonenländer Deutschland, Frankreich und Italien, die zu dritt bereits zwei Drittel der Wirtschaftsleistung der Eurozone erbringen,  einander seit vielen vielen Jahren konträr entgegenlaufen; das „quantitative easing“, also das „quantitative Lockern“, wie es der führende und mächtigste Wirtschaftspolitiker der Eurozone, der italienische EZB-Chef Draghi, derzeit im Frankfurter Tower vorbereitet, ist ja das genaue Gegenteil des soliden Wirtschaftens der berühmten schwäbischen Hausfrau, die wieder und wieder sagt: Wir können auf Dauer nicht mehr ausgeben als wir einnehmen.

Quantitative easing heißt: Wir müssen wachsen. Dazu wir müssen den Gürtel erheblich weiter schnallen. Denn der Bauchspeck der Wirtschaft, des  staatlichen Geldsegens wächst und muss wachsen, damit die gesamte Wirtschaft – gezogen von den Ausgaben des Staates – wächst. Dies ist die Grundhaltung der beiden staatszentrierten, politikfokussierten Volkwirtschaften Italien und Frankreich. In Frankreich gilt der Grundsatz: Der Staat, die Politik rettet alle. Der Staat zieht alle mit. Es hat so lange funktioniert, es wird auch weiter funktionieren. Denn Frankreich gibt’s schon sehr lange und wird es auch – ob mit oder ohne den Euro der Deutschen – weiter geben, Italien gibt es schon lange, mindestens 1000 Jahre, und wird es auch weiter geben – ob mit oder ohne Euro, „la moneta tedesca“, con il suo „maledetto tasso di cambio“, wie das Enrico Letta in seiner Amtszeit als Ministerpräsident an die Presse gab.

Solides Wirtschaften im Sinne der schwäbischen Hausfrau sagt: Wir haben aufgeblähte üppige Staatshaushalte, die Eurozone-Staaten sind insgesamt zu hoch verschuldet – wir müssen den Gürtel enger schnallen. Denn der Bauchspeck des staatlichen Geldsegens ist zu üppig. Wir – die Eurozone – haben Beweglichkeit auf dem Weltmarkt verloren. Mehr staatliche Ausgaben – etwa durch das 350-Mrd.-Programm des frisch installierten christdemokratischen Kommissionspäsidenten Juncker – werden den aufgeblähten Bauchspeck nicht schrumpfen lassen, im Gegenteil.  Nur durch mehr Produktivität der Unternehmen, durch mehr Erfolg der Unternehmen auf dem Markt werden wir wachsen. Die Unternehmen treiben durch ihren Erfolg auf dem Weltmarkt den Erfolg der Eurozone.

Welche der Alternativen ist besser? Leben Dicke länger? Die Medizin sagt: Ein bisschen Übergewicht schadet nicht. Aber: Die Staatsverschuldung liegt prozentual in  der Eurozone mittlerweile höher als in den Nicht-Euro-Ländern der EU. Sie sind ein bisschen verfettet, unsere lieben Musterschüler, die Eurozonenländer, ein bisschen unbeweglich auf dem Weltmarkt. Die Euro-Zonen-Länder kommen nicht aus der Negativentwicklung heraus, im Gegensatz zu USA und Großbritannien. Deflation droht der Eurozone. Wir haben in einigen Eurozonen-Ländern Rezession, also mindestens zwei aufeinander folgende Quartale schrumpfender Wirtschaftsleistung. Wollen wir das? Das ist die Frage. Letztlich müssen diese Frage die Völker der EU, nicht die Fürsten der EU entscheiden.

Ich denke, diese Fragen sollte man in aller Freundschaft aussprechen und einer Lösung entgegenführen. Die EU beruht schließlich nicht auf dem Euro oder einer Wirtschafts- und Währungsunion, die notfalls auch gegen geltendes Recht durchzusetzen wäre. Sie beruht auf dem Gedanken der Gemeinschaft des Rechts und der Freiheit im Dienste des Friedens. Freiheit, Recht, Frieden, Wohlstand für alle, soziale Marktwirtschaft (nicht gelenkte Staatswirtschaft) – das sind die Grundpfeiler, das ist erklärtermaßen das Wurzelwerk einer gesunden, lebendigen, starken Europäischen Gemeinschaft.

Wenn die Wirtschafts- und Währungsunion jedoch als Selbstzweck um den Preis des ständigen Unfriedens und Haders zwischen den Staaten, um den Preis der andauernden, schleichenden Rechtsbeugung und des langfristigen Wohlstandsverlustes durchgesetzt wird, dann gehen darüber letztlich Recht und Freiheit der europäischen Völker zugrunde. Wollen wir das?

 Posted by at 09:29

Ma … stanno rottamando anche alla bundesbank il modello tedesco della soziale marktwirtschaft?

 Soziale Marktwirtschaft, Trasformismo europeo  Kommentare deaktiviert für Ma … stanno rottamando anche alla bundesbank il modello tedesco della soziale marktwirtschaft?
Jul 302014
 

Ma Jens Weidmann da falco è  diventato un voltagabbana? Me lo chiedo già da tempo.

Prima dell’introduzione del tanto osannato euro nessun direttore della buba avrebbe mai osato intervenire a favore di salari più alti. L’indipendenza della banca centrale dalla politica e la famosa tarifautonomie erano  indiscutibili! Erano i capisaldi dell’erfolgsmodell tedesco della soziale marktwirtschaft.

L’economia dell’eurozona, già indebolita da anni di recessione, carenze politiche e difetti strutturali, sta scivolando nel baratro della „Wirtschaftslenkung“ centralizzata, un’economia in balia dei giochi politici – il contrario della marktwirtschaft. Addio, economia di mercato!

Le continue ingerenze della Bce nella tarifautonomie secondo me sono un segnale d’allarme. Assistiamo ad un nuovo capitolo del „trasformismo europeo“, cioè il tentativo della rottamazione dei principi dell’economia di mercato a favore di un’economia centralizzata e governata dalle autorità finanziarie e politiche.

Jens Weidmann: Bundesbank-Chef begründet Forderung nach höheren Löhnen – SPIEGEL ONLINE.

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Marktwirtschaft oder Wirtschaftslenkung: Die Unternehmer und der Kommissar

 Soziale Marktwirtschaft, Subsidiarität  Kommentare deaktiviert für Marktwirtschaft oder Wirtschaftslenkung: Die Unternehmer und der Kommissar
Nov 112013
 

Marktwirtschaft oder Wirtschaftslenkung? Gute, treffende Gegenüberstellung zweier gegensätzlicher Standpunkte heute in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung S. 19! Einerseits der liberale EU-Kommissar Olli Rehn: Er vertritt eindeutig den Standpunkt der Wirtschaftslenkung oder „Wirtschaftsregierung“ von der Brüsseler Zentrale aus. Auffälligerweise fasst er den Euro-Raum als „eine große offene  Volkswirtschaft“ auf! Ein großer Irrtum, wie ich meine, eigentlich die ganz große Fehleinschätzung, an der die EU leidet: denn der Euroraum besteht aus den 17 Volkswirtschaften der Teilnehmerländer, die irrtümlich meinen, sie bildeten eine Volkswirtschaft. Dennoch lohnender Artikel: der Kommissar, ein studierter Volkswirt, wünscht eine Senkung der deutschen Handelsüberschüsse, wünscht eine Stärkung der Binnennachfrage – insbesondere durch Senkung der Abgabenbelastung. Also weniger Staatseinnahmen! Hier schimmert die parteipolitische Zugehörigkeit Rehns durch – denn er entstammt der finischen Zentrumspartei, die als liberal einzustufen ist. Der Staat soll also weniger einnehmen, der Bürger soll mehr konsumieren, die Unternehmen sollen mehr investieren! Fromme Wünsche, löbliche, gutgemeinte Vorsätze des EU-Kommissars, der zu Unrecht in Italien von einem amtierenden Minister zur persona non grata erklärt wurde!

Ganz anders dagegen die 6 deutschen Unternehmerinnen und Unternehmer Böllhoff, Moritz, Oetker, Ostermann, Selter und Timmermann. „Die EU steht heute für 7 Prozent der Weltbevölkerung, 25% des Weltsozialprodukts und 50% der weltweiten Sozialausgaben.“ Sie verlangen Marktwirtschaft statt Wirtschaftslenkung, Abbau der Marktzugangshindernisse, Mobilität, Flexibilität. Die Unternehmerinnen verlangen unter Punkt 7, dass die EU sich wieder an die von den Staaten geschlossenen Verträge hält. Sie verlangen,  dass das EU-Vertragsrecht ernst genommen werde.  „Kompetenzen müssen nach dem Subsidiaritätsprinzip aufgeteilt und auch wieder an dezentrale Einheiten zurückverlagert werden.“ Die Unternehmerinnen wollen die Eurozone retten, indem sie die EU in einen offenen, flexiblen Wirtschaftsraum umgestalten.

Wer hat  recht, die deutschen Unternehmerinnen oder der europäische Kommissar? Beide Standpunkte sind ganz offenkundig unvereinbar. Die Kommission wünscht eine straffere Lenkung der 17 Eurowirtschaften von Brüssel aus, mehr Durchgriffsrechte des EU-Kommissars in die nationalen Haushalte, mehr Zentralität, wie dies ja auch die Bundeskanzlerin und der Bundesfinanzminister Schäuble verschiedentlich in den letzten Monaten verlangt haben. Die sechs deutschen Unternehmer dagegen wünschen mehr Rechtsstaatlichkeit, mehr Rechtssicherheit, weniger Staatseingriffe, mehr Subsidiarität, besseren Marktzugang für schwächere Volkswirtschaften (man könnte an die afrikanischen Länder denken).

Spannende Debatte! Wollen wir einheitliche Steuersätze im ganzen Euroraum, einheitliche Sozialstandards in ganz Euro-Land, einheitliche Mindestlöhne in ganz Euroland? Erst dann würde die Währungsunion funktionieren! Das heißt, Deutschland müsste runterkommen von den hohen Sozialleistungen und sich den anderen Euro-Ländern anpassen. Und umgekehrt.

Ich meine: Letztlich muss und soll es das EU-Volk entscheiden. Wenn die heutigen 28 europäischen Volkswirtschaften der EU sich zu einer einzigen Volkswirtschaft mit Einheitswährung, Demokratie, zentraler Wirtschaftslenkung,  Rechtsstaatlichkeit, einheitlichen Sozialstandards und einheitlicher Rechtsordnung und einheitlichen  Mindestlöhnen zusammen schließen wollen – nur zu.  Europa ist das, was die Europäerinnen und Europäer daraus machen.

 

http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/aufruf-sieben-forderungen-an-eine-eu-der-zukunft-12657119.htmlb

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