Deutsches Sozialsysteme, die Viele

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Feb 252024
 

Ein unendlich weit verzweigtes Netz an Abhängigkeiten, Verästelungen, ein undurchschaubares Gewirr an Verzweigungen und Verregelungen, Verriegelungen und Lückenbildungen, ein schier unentwirrbarer Knaul, ein Chaos bei Bürgergeld und Sozialleistung – so stellt Andreas Peichl, Leiter des ifo-Zentrums für Makroökonomik und Befragungen sowie Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität München, nach eingehender Betrachtung das deutsche Sozialsystem dar.

In einem Interview mit dem Tagesspiegel führte er am 06.01.2024 viele Beispiele an, so unter anderem dieses:

„Es heißt, in manchen Konstellationen würde ein zusätzlich selbst verdienter Euro am Ende sogar ein Minus auf dem Konto bedeuten. Stimmt das?
Ja, und es ist nicht einmal selten. Beim Wohngeld gibt es komplizierte Berechnungswege mit Mietstufen und Haushaltstypen, und das Einkommen wird nach einer umständlichen quadratischen Formel angerechnet. Im Ergebnis gibt es einen großen Bereich mit einer sogenannten Transferentzugsrate von 100 Prozent, und sogar Fälle mit mehr als 100 Prozent. Da wird es endgültig absurd.“

Sagten wir „das deutsche Sozialsystem„?

Das ist seinerseits erneut irreführend. Es müsste heißen: Deutsches Sozialsysteme, die Viele.

Deutsches Sozialsysteme, die Viele, das erinnert zwanglos an jene berühmte Ygramul, die Viele. In einem alten Gedicht heißt es:

„.. gibt es jenen tiefen Abgrund / dort haust Ygramul die Viele, ..“

Über diese Ygramul, die Viele schrieb Michael Ende dereinst:

„Über der Finsternis des Tiefen Abgrundes, von einem Rand zum anderen gespannt, hing ein ungeheures Spinnennetz. Und in den klebrigen Fäden dieses Netzes, die dick wie Seile waren, wand sich ein großer weißer Glücksdrache, schlug mit Schwanz und Klauen um sich und verstrickte sich doch nur immer rettungsloser.“

Zitatnachweise:

Chaos bei Bürgergeld und Sozialleistungen: „Es blickt wirklich niemand mehr durch“ (tagesspiegel.de)

Michael Ende: IV. Ygramul, die Viele, in: ders., Die unendliche Geschichte. 4. Aufl., dtv, München 1990, S. 73-85, hier bsd. S. 75 und S. 79

Bild: ein weit verzweigtes Netz an Abhängigkeiten, Verästelungen, ein undurchschaubares Gewirr an Verzweigungen vor dem ehemaligen Gasometer in Schöneberg, Aufnahme vom 25.02.2024

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Wie spricht man eigentlich das italienische Wort „pera“ aus?

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Feb 182024
 

Aus Italien erreichte mich soeben folgendes Rätsel:

Was ist die richtige Aussprache von „pera“, pèra mit offenem E wie Pèroxid, oder péra mit geschlossenem E wie in Péter?

Il blogger schöneberghese risponde:

La pronuncia corretta di pera dipende dal contesto.

La pèra era nel passato una tasca („Tasche, Ranzen“), una bisaccia („Satteltasche“). 

Pèra („er/sie möge sterben“), nel senso di muoiacrepi è il congiuntivo presente di perire.

Vedi per esempio il coro finale nella Dalinda del Donizetti: „Pera, pera, figlio suo, figlio suo, che orror!“

La péra („die Birne“) è un frutto carnoso commestibile.

A voi la scelta!

Francamente, io preferisco di gran lunga la péra alla pèra pesante del passato, per non parlare delle maledizioni di tipo pèra, pèra!

Fonti citate:

  • Newsletter Dizione.it, 18 febbraio 2024
  • Gaetano Donizetti: Dalinda. Dramma in tre atti. Napoli, 1838. Riduzione per canto e pianoforte a cura di Eleonora Di Cintio. Ricordi, Milano 2022, Rondò finale, pp. 253-256

Foto: Spuntano i primi crochi lungo il sentiero del parco Hans Baluschek, 18 febbraio 2024

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Braucht Deutschland erneut einen antifaschistischen Schutzwall?

 Das Böse, Das Gute, Faschismus, Mären  Kommentare deaktiviert für Braucht Deutschland erneut einen antifaschistischen Schutzwall?
Feb 132024
 

„Es gilt viele Mauern abzubauen“ – der fröhliche kühne Luftzug der Freiheit war in den Jahren 1989 bis etwa 1998 zu spüren. Wer erinnert sich noch daran? Dieses Mauergemälde an der East Side Gallery, ob es heute wohl noch zu sehen ist? Ob die Menschen es heute noch verstünden?

„Spiegami un po‘ la politica tedesca…! C’è un rischio che la destra vinca?“ Erklär mir doch mal die deutsche Politik! Droht ein Sieg der Rechten?

So fragte mich ein freundlicher Italiener bei einer meiner langgestreckten Bahnfahrten.

Meine Antwort fasse ich – hier in deutscher Sprache – so zusammen:

Ich bemerke heute eine damals – beim Fall der Berliner Mauer – unvorstellbare, mir unfassbare Verzagtheit im Denken, im Fühlen der deutschen Gesellschaft.

Wo ist da der Wagemut, wo ist der Glauben an etwas Gutes, wo ist die Zuversicht abgeblieben? Es fehlt in Deutschlands Politik jede versöhnliche Geste, es fehlt heute in Deutschland schmerzhaft an Mauereinreißern, an Brückenbauern.

So weit ungefähr meine Darstellung gegenüber einem italienischen Bahnreisenden.

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Feb 122024
 

„Ci sono momenti in cui ciò che si colloca ai lati della nostra vita e che pare le farà da sfondo in eterno – un impero, un partito politico, una fede, un monumento, ma anche semplicemente le persone che fanno parte della nostra quotidianità – viene giù in modo del tutto inaspettato, e proprio mentre mille altre cose c’incalzano. Quel tempo fu così. Giorno dopo giorno, mese dopo mese, a fatica si aggiunse fatica, a tremore tremore. Per un lungo periodo mi sembrò di essere come certe figure dei romanzi e dei quadri che stanno ferme su una rupe o sulla prua di una nave fronteggiando una tempesta che però non le travolge e anzi nemmeno le sfiora.

„Es gibt Zeiten, in denen all das, was an den Randzonen unseres Lebens steht und den unerschütterlichen Hintergrund zu bilden scheint – ein ganzes Reich, eine politische Partei, ein Glaube, ein Denkmal, oder auch einfach nur die Menschen, die zu unserem Alltag gehören – völlig unerwartet zusammenstürzt, während tausend andere Dinge auf uns eindrängen. So war es auch in dieser Zeit. Tag für Tag, Monat für Monat türmte sich Mühsal auf Mühsal, folgte Erschütterung auf Erschütterung. Lange Zeit fühlte es sich an, als wäre ich wie so manche Gestalten in Romanen, auf Gemälden, die reglos auf einer Klippe oder am Bug eines Schiffes stehen und einem Sturm die Stirn bieten, der sie allerdings nicht hinwegfegt, sondern sie ganz im Gegenteil auch nicht ansatzweise streift.“

Eine der bezauberndsten, ja verzauberndsten Begegnungen, die ich in den letzten Wochen erfahren durfte und noch darf, ist diejenige mit Elena Greco, geboren im August 1944, aufgewachsen in einem der armen Außenbezirke Neapels. Über sechs Jahrzehnte hinweg spannt sie den Bogen ihrer Ich-Erzählung; der unbestechlichen Autorin Elena Ferrante weiß ich es sehr zu Danke, dass sie diese Erzählungen getreulich aufgezeichnet hat, und zwar so, dass am Wahrheitsgehalt der berichteten Ereignisse sich jeder Zweifel verbietet.

Ich habe sogar hier in unserem kleinen schönen Randbezirk einen Lesezirkel gegründet, in dem wir Erfahrungen, Sorgen, Nöte aus der Lektüre miteinander teilen und das ganze tragische Geschehen vor unseren Augen abrollen lassen. Freilich ohne eingreifen zu können! Wir teilen als Leser das bittere Gefühl zu spät zu kommen, nichts mehr ändern zu können, zumal die vier Bände dieser Lebensbeschreibungen schon wohlgeordnet vorliegen.

„Ach, lassen wir sie handeln, wie sie handeln müssen! Sie sind alle unlösbar ineinander verstrickt, es ist doch ein unentwirrbarer Knaul, vergleichbar einer Tetralogie des Dionysos-Theaters“, entfuhr es mir einmal in tiefem Mitleiden. -„Ein Knaul? Nein, kein Knaul ist es, es ist ein wohlgeordnetes Ganzes, das sich freilich nur einem Gott in der Überschau zu erschließen vermöchte – nicht uns!“, erwiderte mir lächelnd eine Mitleserin.

Und so lasse ich es denn beruhen; diese Figuren – Lila, Lenù, Pietro, Nino, Dede, Elsa, und wie sie alle heißen – gleichen in der Tat Gestalten der attischen Tragödie, in die wir uns hineinversetzen mit Haut und Haar – und von denen wir doch getrennt bleiben, auf immer andere; hierher, nur hierher mögen wohl die folgenden Verse Goethes passen:

„Und sie scheinen uns nur halb beseelet,
Dämmernd ist um sie der hellste Tag,
Glücklich, dass das Schicksal, das sie quälet,
Sie doch nicht verändern mag.“

Zitatnachweis:
Elena Ferrante: Storia della bambina perduta. L’amica geniale. Volume quarto. Edizioni e/o, Roma 2014, 15a ristampa 2018, p. 354-355; deutsche Übersetzung des kleinen Bruchstückes vom hier schreibenden Johannes Hampel

Bild:
Das Eismeer. Gemälde von Caspar David Friedrich. Gesehen am 23. Januar 2024 in der Kunsthalle Hamburg

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Verlust und Gewinn, morgendlich

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Feb 052024
 

Früh ist es, da schleicht ein einsamer Wanderer an diesem kahlen Baum vorbei. Zauber der Stille im Innehalten! Wer hat denn dieses feine Geäst so zart, so ausgeglichen in die aufleuchtenden Wolken gezeichnet? Wer führte die Hand des Zeichners? Wer erkannte, dass hier ein Maler am Werke war, bei dem selbst ein Caspar David Friedrich in die Schule hätte gehen können?

Mehr noch: Wog diese einzige, greifbare, vergängliche Zeichnung des Morgens nicht alle Trauer über die Verluste auf, über den verlorenen steinigen „Ostseestrand“, den verbrannten „Hafen in Greifswald“, die hingeraffte „Augustusbrücke“, die zu Asche zerstobene „Abendstunde“ – alles Werke, die am 6. Juni 1931 im Münchner Glaspalast in Flammen aufgingen?

Ja, es ist noch nicht alles zu Ende. Immer wieder erhebt sich die Sonne. Es gibt Grund zu hoffen. Mit diesen Gedanken griff der Wanderer in seinen Rucksack, holte den Schlüssel zur Haustür hervor, öffnete die Tür. Jetzt – war er da. War angekommen im Tag.

Hinweis:
Florian Illies: FEUER. In: ders., Zauber der Stille. Caspar David Friedrichs Reise durch die Zeiten. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2023, S. 13-77, hier bsd.: S. 13-14

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„Sermo potius quam oratio dicitur“. Note sulla traduzione erasmiana di Giovanni 1,1

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Feb 042024
 

Traduzione dal tedesco del post del 18 novembre 2016:

Per la comprensione della formula erasmiana „in principio erat sermo“ come traduzione del noto Ἐν ἀρχῇ ἦν ὁ λόγος, l’uso ciceroniano del vocabolo sermo mi sembra abbastanza decisivo. Cicerone e, in misura minore, Cesare erano la linea guida vincolante di un buon uso esemplare del latino per gli umanisti come Erasmo. Nell’opera di Cicerone, sermo si riferisce a una conversazione, o a un discorso sciolto, fluente, gentile, non violento, in lingua naturale, come diremmo oggi. Mentre il discorso retorico, l‘oratio abilmente realizzata – sia in tribunale, sia nell’assemblea del popolo, sia in senato o durante le celebrazioni – suscita passioni, cerca di influenzare e sopraffare l’ascoltatore, il sermo filosofico coltiva un’interazione socievole; Il sermo cerca lo scambio, non la vittoria; l’incontro, non la sopraffazione; il dialogo, non il monologo (unius oratoris lucutio); la comunione nella parola, non l’unione forzata in una volontà collettiva. Cicerone scrive, ad esempio, nel suo Orator ad Brutum:

Mollis est enim oratio philosophorum et umbratilis nec sententiis nec verbis instructa popularibus nec vincta numeris, sed soluta liberius; nihil iratum habet, nihil invidum, nihil atrox, nihil miserabile, nihil astutum; casta, verecunda, virgo incorrupta quodam modo. Itaque sermo potius quam oratio dicitur. Quamquam enim omnis locutio oratio est, tamen unius oratoris locutio hoc proprio signata nomine est.

Cicero, Orator ad M. Brutum, 64

Il sermo lascia quindi all’interlocutore la sua libertà di scelta; l‘oratio mira ad accattivare, influenzare, incantare e persuadere – per cui ogni mezzo è giustificato, compresi gli insulti, le lodi, l’istigazione all’odio, il balbettio supplichevole.

Cicerone attribuisce la suddetta libertà di scelta in particolare al dialogo filosofico, non al discorso pubblico impreziosito.

Ora, con la sua proposta di traduzione di Giovanni 1 „In principio erat sermo“, Erasmo attribuisce anche questa libertà di scelta all’azione creatrice di Dio; viceversa, la frase del prologo di Giovanni acquista un nuovo e profondo significato in quanto questa libertà di dialogo viene attribuita anche all’uomo. Erasmo, che conosceva e venerava Cicerone, trasferisce il discorso informale del dialogo filosofico al dialogo di Dio con la creazione, al dialogo della creatura con Dio, al dialogo tra gli esseri umani.

Un concetto così ampio di libertà nettamente separa Erasmo da Lutero. Lutero non conosceva e non riconosceva la libertà in questo senso ampio e globale. La formula di Lutero era servum arbitrium; Erasmo, invece, ha abbracciato la causa del liberum arbitrium, la libertà del libero arbitrio. Questa è la fede erasmiana nella libertà, che lo distingue profondamente da Lutero, con la sua dipendenza assoluta e fatale dell’uomo dalla volontà di Dio.

Ma noi andiamo ancora oltre: con la formula „In principio erat sermo“, Erasmo rifiuta la dipendenza dell’uomo dal destino. La comunità di destino diventa una comunità di dialogo. Il dialogo divino da cui emerge il mondo non è già con Dio, ma piuttosto verso Dio (πρὸς τὸν θεόν), e quindi ci rende liberi. Ci libera dalla schiavitù della colpa. Livella la differenza abissale tra Dio e l’uomo. „Spianate nella steppa la strada“, questo versetto di Isaia (40,3), riferito a Cristo, significa: c’è un dialogo tra Dio e l’uomo, e colui che apre la strada a Dio, per la fede erasmiana nella libertà, non può che essere Gesù. In lui, attraverso di lui e con lui, si verifica l’emergere di un nuovo modo di pensare la libertà, che non esisteva in questa forma radicale prima del Vangelo di Giovanni, e che da allora è stato abbandonato tante volte.

Vangelo secondo Giovanni, Novum testamentum graece, ed. Erasmiana, 1,1-13

Foto:
Un dialogo. Affresco a Castel Roncolo presso Bolzano, foto del blogger chi scrive, 12/08/2016

 Posted by at 20:02