Weg aus Kreuzberg, oder: Et tu, Mutlu?

 bitte!, Friedrichshain-Kreuzberg, Gute Grundschulen, Integration, Neukölln, Türkisches  Kommentare deaktiviert für Weg aus Kreuzberg, oder: Et tu, Mutlu?
Jun 262012
 

Entmischung ist das Gegenteil von Integration. UND WIEDER EINER ENTMISCHT SICH! So lautet das schlimme Wort, das ich vor mich hin murmele, wenn ich höre, dass wieder einer meiner zahlreichen besserverdienenden Kiez-Nachbarn Kreuzberg (oder auch Neukölln) verlassen hat, sobald die Kinder auf eigenen Beinen in die nahegelegene GRUNDSCHULE DER KURZEN WEGE FÜR ALLE KINDER! gehen müssten.

Schade. Ich wünsche mir weiterhin die gegenteilige Bewegung: Zuzug der selberverdienenden Familien mit Schulkindern zu uns nach Kreuzberg und Neukölln. Es ist doch alles ein soo wahnsinnig gut funktionierender Multi-Kulti-Kiez, nicht wahr?

Und dann ist’s auch schon vorbei mit meinem Bekenntnis: Ne mutlu Kreuzbergüm diyene!  Ich erinnere daran: Mutlu heißt glücklich! O glücklich, wer sich Kreuzberger nennen darf!

Güner Balci gab als Grund für ihren Wegzug aus dem gut funktionierenden Multi-Kulti-Kiez Neukölln an: „Niemand opfert seine eigenen  Kinder für die Integration.“ Sprach’s und zog weg von Neukölln nach Mitte.

Mitte entwickelt sich ebenso wie Prenzlauer Berg für Besser- und Selberverdiener mit Schulkindern immer mehr zur zugkräftigen Alternative zu den komplett entmischten oder sich weiter entmischenden Stadtvierteln Kreuzberg und Neukölln. Die taz bringt mit vollem Namen soeben ein weiteres gutes Beispiel dafür.  Lest:

http://www.taz.de/!96100/

 Posted by at 10:09
Jun 252012
 

Gestern war Johannestag. Mit einigen anderen Hörern der Gemeinde hörte ich mir am Vormittag die Geschichte an, wie dieser Name gefunden wurde, um das Herz der Väter wieder den Kindern zuzuwenden. Ein guter Spruch zur Geburt des Johannes! Eine ganze Feier rollte im Zeichen der  Namenfindung ab!

Also: Wenn einer auftritt, der das Herz der Väter wieder den Söhnen zuwendet, dann fängt etwas Neues, etwas Gutes an. Dann kommen kommen menschliche Beziehungen wieder ins Lot, und ein alter Mann – sein Name ist Zacharias – findet wieder zum Wort zurück. In  der Namenfindung für den kleinen neugeborenen Johannes entsteht Gemeinschaft im Wort. Wie kann man diesen Zustand nennen, in dem die menschlichen Beziehungen wieder ins Reine gebracht werden? Lange dachte ich darüber nach, wie man den Vorgang griffig und knackig ins  modernste Deutsch wenden könnte.

Mir fiel heute folgendes ein: Good spiritual governance. Good governance bedeut die Anwendung allgemein anerkannter Regeln und Grundsätze ins Gewirr und ins chaotische Durcheinander gestörter Beziehungen.

Der Ausgleich zwischen Vätern und Söhnen, das Öffnen der Herzen der Väter auf die Söhne hin, also der intergenerationelle Dialog, die Versöhnung der Generationen ist ein zentrales Anliegen, das in die Namenfindung des Johannes hineingelegt ist.

„Ich bin stolz auf diesen Namen, denn er enthält eine Geschichte!“, rief ich heute im Gespräch mit einigen Frauen aus.

 Posted by at 23:15

Der Schlüssel zum sozialen Erfolg: Jedem Kind ein guter Vater!

 Analı babalı, Familie, Integration, Konservativ, Liebe, Männlichkeit, Migration, Sozialadel, Sozialstaat, Türkisches  Kommentare deaktiviert für Der Schlüssel zum sozialen Erfolg: Jedem Kind ein guter Vater!
Jun 242012
 

Ja mei, des ist aber schön, was die Berliner Morgenpost heute auf S. 2 berichtet: Der neue Integrationsbericht der Bundesregierung verkündet Fortschritte allenthalben,  mehr Kinder mit Migrationshintergrund erlangen die Hochschulreife. Auch hier in Berlin legen immer mehr Jugendliche das Abitur ab. Die Betreuungsquote im Kita-Alter liegt sehr hoch. Alles wird besser. Es tut gut, ab und zu solche freudigen Berichte zu lesen, die das Gegenteil dessen besagen, was die Alltagserfahrung der Menschen zu prägen scheint.

Wir brauchen Erfolgsgeschichten wie die der Familie Büyükarslan: Die Eltern kümmern sich um die Schulkarriere, schicken die Kinder selbstverständlich in Privatschulen, heuern bei Schulschwierigkeiten Nachhilfelehrer an. Mutter und Vater stehen hinter den Kindern. Sie arbeiten alle, sind leistungsbereit. Und dann klappt es auch mit der Integration.

Wie sonst auch, erweist sich nicht der soziale Hintergrund, sondern einzig und allein die Einstellung der Eltern als der entscheidende Erfolgsfaktor. Ich kenne keinen Beweis des Gegenteils, sondern Hunderte von Migrationsbiographien, die alle fast ausnahmslos darauf hinauslaufen.

Wenn das Elternhaus stützt, wenn Mutter und Vater den Erfolg der Kinder wollen, dann spielt es auch kaum eine Rolle, in welchem Alter die Kinder mit dem Deutschlernen anfangen! Wollt ihr Beispiele für die Wahrheit dieser Behauptung? Hier kommen sie: Nihat Sorgec, der Chef des Kreuzberger Bildungswerks, Dilek Kolat, die Berliner Sozialsenatorin, Kenan Kolat, der ehemalige Chef des TBB,  Enver Büyükarslan, der stolze Familienvater und Chef eines mittelständischen Unternehmens, die Journalistin Hatice Akyün – sie alle kamen erst nach Deutschland, als ihre frühe Kindheit vorbei war. Sie fingen spät mit dem Deutschlernen an. Sie waren der Theorie nach sozusagen gewaltig benachteiligt gegenüber all den Hunderttausenden von Kindern, die hier in Deutschland geboren sind und fleißig die deutsche Kita besucht haben.

Dennoch haben die genannten Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens geschafft, was viele in Deutschland geborene und erzogene Kinder nicht geschafft haben: Erfolg, Ausbildung, soziale Anerkennung. Der Grund: Sie wuchsen in behütenden und zugleich fordernden Familien auf.

Ich bleibe dabei: Der größte Risikofaktor sind die abwesenden Väter, die ihre Ehefrauen in der Obhut des deutschen Sozialstaates alleine lassen oder gar ihre Familien – oft auch mehrere parallele Familien mit vielen Kindern – bewusst ins staatliche Hilfesystem hinein planen. Das deutsche Sozialsystem wird so das größte, fast unüberwindliche Hindernis auf dem Weg zu Erfolg und Integration.

Ein intaktes Elternhaus, möglichst mit liebendem Vater (bzw. einem liebenden Ersatzvater oder Vaterersatz) und liebender Mutter, ist das Wichtigste für das Glück der Kinder. Diese Kinder werden so stark, dass sie sich auch in widrigen Umständen ihren Weg zum Glück erarbeiten werden.

 Posted by at 14:17

Vaterlosigkeit oder Fehlen des Vaters ist der Riskikofaktor Nummer 1 für männliche Jugendliche

 Analı babalı, Männlichkeit, Vaterlos  Kommentare deaktiviert für Vaterlosigkeit oder Fehlen des Vaters ist der Riskikofaktor Nummer 1 für männliche Jugendliche
Jun 212012
 

„Le père du tueur de Toulouse et de Montauban a passé quatre années en prison, avant de repartir dans son pays natal, l’Algérie.“ Le Figaro berichtet dies soeben.

Mohamed Merah, der Mehrfach-Attentäter von Toulouse und Montauban, und Anders Breivik, der Mehrfach-Attentäter von Utoya, haben vieles gemeinsam: Beide haben Massenmorde begangen, beide haben gestanden, beide zeigen keine Reue. Beide haben sich einem ideologischen Wahnsystem verschworen. Bei beiden raten die Psychiater dem Gericht teils zur Erklärung der Schuldunfähigkeit, teils zur Erklärung der Schuldfähigkeit. Dasselbe Bild übrigens wie bei dem Attentäter aus der Köthener Straße, unserem Kreuzberger Mitbürger.

Und noch etwas teilen Breivik und Merah: den Verlust oder das Vermissen des Vaters. Beider Väter lebten getrennt von Mutter und Sohn. Beiden Attentätern fehlte in der Kindheit der Vater. Und dies ist ein verblüffender Grundzug fast jeder kriminellen Karriere, die ich auf Ursachen der kriminellen Karriere  abklopfe:

Den straffällig gewordenen Söhnen fehlte in den entscheidenden Kindheitsjahren die grenzensetzende, strafende und kontrollierende Vaterfigur.

Die Mütter bleiben allein  zurück, versuchen oftmals an den Söhnen den Vaterverlust durch doppelte Liebe wettzumachen.  Es entstehen die kleinen Hätschelkinder, die kleinen Paschas und Eigenbrötler, die kleinen und großen Monster, die sich alles erlauben dürfen. Mohamed Merah gab sogar an, sich an seinem Vater für dessen Fernbleiben rächen zu wollen!

Immer wieder habe ich in den letzten Monaten diese meine Hypothese mit Müttern, Sozialarbeiterinnen, Historikern, Lehrerinnen, Psychiatern und Psychologinnen besprochen. Keine widersprach mir, alle stützten meine Analyse mit beliebig vielen Beispielen aus eigener Anschauung.

Ich wage zu behaupten: das Fehlen oder das Verschwinden des Vaters, das Fehlen jedes männlichen Vorbildes ist der größte Risikofaktor für das gesunde Aufwachsen unserer männlichen Kinder und Jugendlichen, gerade hier in Kreuzberg und Neukölln. Jungen, die ihren Vater verlässlich um sich oder neben sich wissen, werden nur in sehr sehr seltenen Ausnahmefällen kriminell oder drogensüchtig.

Das häufig anzutreffende Muster, dass Mütter mit ihren Kindern im staatlichen Sozialsystem untergebracht werden, während die Väter ihre eigenen Wege gehen, ist ein kaum zu überschätzender Auslöser für das Scheitern der Kinder in Schule und Beruf.

Diese Riskofaktoren sind durch mütterliche Bespaßung und Betreuung durch Sozialarbeiterinnen und Bewährungshelferinnen nachträglich offenbar nicht wettzumachen.

Die Folgen daraus? Sind erheblich! Man müsste zum Beispiel viel mehr an den Vätern statt an sozialen Bedingungen arbeiten!

 Posted by at 16:50

Was ist besser: direkte Geldzahlungen oder Sachleistungen?

 Fernstenliebe, Flüchtlinge, Geld, Integration, Krieg und Frieden, Migration, Sozialadel, Sozialstaat  Kommentare deaktiviert für Was ist besser: direkte Geldzahlungen oder Sachleistungen?
Jun 202012
 

Soll man den Familien mit Kindern das Geld vertrauensvoll direkt in die Hand drücken, vertrauensvoll direkt Geld aufs Konto überweisen – oder ihnen stattdessen Sachleistungen wie etwa Kita-Betreuung, Bildungsgutscheine, Förderung in Familienzentren, Teilnahme an Sprachkursen und Ausflugsfahrten usw. anbieten?

Heute wie damals eine erregte Debatte, gerade im Zusammenhang mit dem Betreuungsgeld! „Wir müssen den Eltern vertrauen!“, sagen die einen. „Wir müssen vor allem in Sachleistungen, in Bildung und Betreuung investieren!“, sagen die anderen. Wer hat recht?

Gut erinnere ich mich noch an erregte Debatten in den Jahren 1990/1991. Viele Menschen guten Willens, vor allem die Grünen, empörten sich damals, dass an Asylbewerber Gutscheine statt Geld ausgegeben wurden. Das sei diskriminierend. Nicht Unterkunft, Essen, Schulbildung und medizinische Versorgung brauchten die Flüchtlinge, sondern bares Geld, um endlich eigenständig zu wirtschaften.

So kamen damals etwa 200.000 Menschen als Bürgerkriegsflüchtlinge aus dem Durchgangsland Libanon zu uns, viele auch nach Neukölln und  nach Kreuzberg, etwa nach Kreuzberg-West. Es waren die berühmten „Libanesen“. Dies war die Gründungsgemeinde unserer seither auf ein Vielfaches angewachsenen neuen arabischen, kurdischen und palästinensischen Gemeinden. Ein nachträgliches „Willkommen!“ rufe ich ihnen zu.

Sagt an: Haben euch die Gutscheine geschadet? Fühltet ihr euch diskriminiert, als man euch kein Bargeld in die Hand drückte, sondern euch nur Obdach, Kleidung, Essen, Schule für die Kinder und medizinische Versorgung gratis gewährte?

Ich meine: nein, es war nicht diskriminierend. Heute empfangen die damaligen Bürgerkriegsflüchtlinge selbstverständlich keine Gutscheine für Nahrung und Lebensunterhalt, sondern leben überwiegend als Sozialhilfeempfänger in Wohnungen, erhalten vom Staat bares Geld zum menschenwürdigen Leben, haben zu großen Teilen die Staatsbürgerschaft erhalten und werden nicht mehr mit Gutscheinen benachteiligt. Zurückgegangen ins Herkunftsland ist nach dem Ende des Kriegs im Mai 1991 fast niemand von den Flüchtlingen. Doch werden gern Bräute zum Heiraten aus der früheren Heimat nachgeholt.

Das eigenständige, selbstverantwortliche Wirtschaften mit dem in bar bar ausgezahlten Geld des Staates ist längst Realität geworden. Das bedeutet also: Statt das Geld nur für Lebensmittel auszugeben, können die Eltern das Geld für Lesestoff, für Vorlesebücher, für Sportvereine und für Sprachunterricht ausgeben. So wollten es die Benachteiligtenanwälte damals.  Und so ist es gekommen.

Leidenschaftlich fordert auch heute wieder das Deutsche Institut für Menschenrechte, den Flüchtlingen keine Gutscheine, sondern mehr bares Geld auszuzahlen. Denn nur so könnten sie das Geld beispielsweise für Lesestoff für die Kinder statt für Lebensmittel ausgeben. Zitat aus dem Tagesspiegel von heute:

„Das Menschenrechtsinstitut kritisiert neben der geringen Höhe der Zuwendungen – die nicht nur für Asylbewerber, sondern auch für Bürgerkriegsflüchtlinge und in Deutschland nur „Geduldete“ gelten – auch das sogenannte „Sachleistungsprinzip“ als Verstoß gegen Menschenrechte. Das AsylbLG schreibt vor, vorrangig kein Geld, sondern etwa Lebensmittelpakete an die Flüchtlinge zu geben. Damit verhindere es aber, dass sie an Lebensmitteln sparten, um dafür zum Beispiel ihre Kinder mit Lesestoff zu versorgen.“

Die vielen Lesebücher, die man mit dem bar ausgezahlten staatlichen Geld kaufen kann, sprechen nach dem Willen des Instituts für Menschenrechte eindeutig dafür, den Hilfesuchenden nicht Unterkunft, Essen, Sicherheit und medizinische Betreuung anzubieten, sondern bares Geld.

http://www.tagesspiegel.de/politik/fluechtlinge-in-deutschland-selbst-zum-leben-zu-wenig/6772480.html

Ich meine: Das bare Geld ist und bleibt ein Magnet allerersten Ranges für Menschen aus wirtschaftlich schwachen Gebieten, bei uns Wohlstand und Versorgungssicherheit zu suchen.

Allerdings zeugen die Ratschläge des Instituts für Menschenrechte von einer großen, ja fast grotesk zu nennenden Realitätsferne. Wieso sollten Menschen ohne jede deutsche Sprachkenntnisse ihr Geld in Vorlesebüchern für Kinder anlegen? Sie tun es nicht.

Ich sage: Nein. Die Asylbewerber und Kriegsflüchtlinge brauchen vorrangig kein bares Geld, sondern vorrangig Unterkunft, Kleidung, Essen, medizinische Versorgung, Integrations- und Sprachkurse. Sie brauchen vor allem Sachleistungen. Geldleistungen des Staates in bar zur komplett eigenverantwortlichen Bestreitung des Lebensunterhaltes sind ein Übel, sind kontraproduktiv.

Vor allem aber müssten die Asylbewerber  vom ersten Tag an arbeiten müssen und arbeiten dürfen, ihr Bargeld müssten und sollten sie ausschließlich durch legale Arbeit verdienen dürfen, etwa durch 1-Euro-Jobs.

 Posted by at 12:00

Thema in der Sekundarschule: Soll man pünktlich zur Schule kommen?

 Pflicht  Kommentare deaktiviert für Thema in der Sekundarschule: Soll man pünktlich zur Schule kommen?
Jun 182012
 

Soll man pünktlich zur Schule kommen? Soll man Hausaufgaben machen? Soll man lernen? Wichtige Fragen, die jahrelang in der Berliner Sekundarschule behandelt werden müssen!

Oder soll man sich darauf verlassen, dass der Staat ohnehin alles bezahlt,dass man letztlich in Deutschland nicht arbeiten muss, wenn man keine Lust hat? Viele junge Deutsche in Berlin beschließen, alles treiben zu lassen. Und niemand hindert sie daran. Der Staat lässt niemanden fallen, man kann prima leben ohne sich anzustrengen oder zu arbeiten. Es gibt auch einen großen Chor an Anwälten, Politikern, Benachteiligtensprechern, die umständlich nachweisen, dass niemand erwarten dürfe, dass die Schüler sich anstrengten. Denn sie seien ja so benachteiligt.

Ein sehr merkwürdiges, heute weithin vergessenes Wort ist Pflicht. Pflichten der Schüler, Pflichten der Eltern. Dabei gab es früher einmal eine recht ausgefeilte zivilgesellschaftliche Pflichtenlehre, die sich meist an Ciceros De officiis anschloss, soweit sie nicht religiös begründet war.

Der Grundgedanke der alten Pflichtenlehren war einfach: Damit Gesellschaften überleben könnten, sei eine Grundeinstellung des Fleißes, der Tüchtigkeit nötig. Man dürfe sich nicht darauf verlassen, dass immer andere für einen sorgten. Als Erwachsener solle man daher sich seinen Lebensunterhalt durch eigene Arbeit verdienen. Deshalb solle jeder Mensch im Laufe seiner Kindheit und Jugend Pflichten für sich und für andere übernehmen lernen.

Ein überzeugender Gedanke, wie ich meine, der aber hier in Berlin weitgehend vergessen ist.  Das große Wort lautet hier: Ansprüche des Einzelnen an den Staat.

Diese und andere Fragen brennen vielen Lehrern auf den Nägeln, so auch der famosen Frau Freitag, die uns griffig und fröhlich in ihrem Blog unterhält.

http://www.tagesspiegel.de/berlin/schule/interview-mit-kult-lehrerin-frau-freitag-ist-berlinerin/6758154.html

 Posted by at 14:47
Jun 182012
 

„Bei der Flüchtlingshilfe nimmt Deutschland laut UNHCR-Bericht eine Sonderstellung ein. Die Bundesrepublik beherbergt mehr geflohene Menschen als jeder andere westliche Industriestaat. Insgesamt leben derzeit nahezu 572.000 Menschen in Deutschland, die unter anderem vor bewaffneten Konflikten oder Verfolgung in ihren Heimatländern geflohen sind – mehr als doppelt so viele als beispielsweise in Frankreich, Großbritannien oder den USA.“

So berichtet es soeben die SZ. Und ist dies nicht ein Grund, auf unser Land stolz zu sein?

Ich fahre Tag um Tag am Denkmal für die ermordeten Juden Europas vorbei.  Welches andere Land steht so offen zu den schändlichen Massenverbrechen, die in seinem Namen begangen worden sind? Welches andere Land bekennt sich so offen und deutlich sichtbar zu Schuld, Scham und Leid wie Deutschland? Keines. Und auch deshalb dürfen wir auf dieses Land stolz sein.

 Posted by at 12:19
Jun 142012
 

Einen der genialsten Husarenritte durch die Dilemmata europäischer Erinnerungsdiskurse ritt kürzlich der unvergleichliche Stefano Benni in der „Geschichte von Inclinatus und seinem Denkmal“. Er erzählt darin, was mit einem Denkmal und seiner Inschrift im Laufe der italienischen Nachkriegsgeschichte geschieht. Ein italienischer Widerstandskämpfer – oder war es nur Zufall, dass er zum Widerstandskämpfer wurde? – soll angemessen geehrt werden.

Verschiedene Politiker, verschiedene Generationen können sich weder auf eine äußere Gestaltung noch auf eine Inschrift einigen. Am Schluss bleibt ein kitschiger Springbrunnen übrig, ein lädiertes Artefakt, das keinerlei Widmung mehr enthält. Die Erinnerung hat keinen Text mehr. Das Heldengedenken fällt aus.

Genau um diese Erzählung herum wird morgen ein kleiner Workshop am Italienzentrum der Freien Universität stattfinden:

„Eh, quante storie …!“

Welche Rolle sollen Empathie, Erzählen und  Sprachmitteln in der Sprachdidaktik spielen?

In diesem Workshop wollen wir  das Sprachmitteln als fundamentale, gleichwohl  weithin vernachlässigte Grundhaltung des Fremdsprachenunterrichts in Erinnerung rufen, üben und festigend weitertragen.

Zunächst werden wir anhand einfachster Übungen im bloß zeigenden, vorsprachlichen Handeln diese Grundhaltung des Erzählens und Sprachmittelns leibhaftig verdeutlichen.

Im zweiten Teil werden wir anhand von Stefano Bennis Storia di Inclinato e del suo monumento anspruchsvollere Fragen der Sprachmittlung in etwa auf Abiturniveau bearbeiten. Welche unausgesprochenen, sprachmittelnden  Voraussetzungen sind zum Textverständnis nötig? Welche produktive Rolle  können heiße Eisen – etwa aus Religion und Erinnerungspolitik – für die Sprachmittlung  spielen? Muss Mündlichkeit in der Sprachdidaktik neu gewichtet werden?  Ist übersetzendes Erzählen, übersetzendes Spielen zwischen den Sprachen ein notwendiges Mittel des Lehrens und Lernens?

Materialien:

Selbstbildnis Albrecht Dürers  „Do der gelb fleck ist vnd mit dem finger drawff dewt do ist mir we“ (1528)

Werner Herzog:  Jeder für sich und Gott gegen alle (1974)

Stefano Benni: Storia di Inclinato e del suo monumento, in: Stefano Benni, Pane e tempesta, Giangiacomo Feltrinelli, Milano 2009, Seite 101-114

Stefano Benni: Die Geschichte von Inclinatus und seinem Denkmal, in: Stefano Benni, Brot und Unwetter. Roman. Aus dem Italienischen von Mirjam Bitter. Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 2012, S. 116-131

 Posted by at 15:16
Jun 142012
 

EWIGER
RUHM
DEN HELDEN.
DIE GEFALLEN IN KÄMPFEN
FÜR UNSERE
SOWJETISCHE
HEIMAT.

Soweit las ich murmelnd-sprachmittelnd an einem kalten Februartag des Jahres 2012 die russische Inschrift auf dem Obelisken des sowjetischen Ehrenfriedhofes in Brandenburg an der Havel.

Zaudernd schritt ich weiter. Dann las ich die entsprechende deutsche Inschrift:

DEN
VEREHRTEN
SÖHNEN
DER
GROSSEN
H  IMAT

An dem Unterschied zwischen den beiden Sprachfassungen zeigen sich Unterschiede im Umgang mit der Vergangenheit. Für die Deutschen ist Heimat etwas Unwirkliches geworden. Es fehlt in dem Wort offenbar ein Buchstabe. Sie können das Wort gewissermaßen nicht mehr buchstabieren. Es wird zwar nicht geleugnet, dass von etwa 1000 bis 1933 und von etwa 1945 bis heute auch einiges Gute in Deutschland geschehen sein könnte, jedoch herrscht vielfach die Meinung vor, dass man sich nicht zu Begriffen wie Heimat und Patriotismus bekennen dürfe. „Patriotismus – nein danke!“, so lautet der Button, den die Grüne Jugend gerade jetzt zur EM mit großem Erfolg vertreibt. Nur in Deutschland ist so etwas denkbar.

Mit solchen Reden wie „Patriotismus – nein danke!“ überantwortet man die Deutschen und alle in Deutschland lebenden Migranten auf alle Ewigkeit der ewigen Schande des Nationalsozialismus. Die Grüne Jugend stellt sich gewissermaßen feierlich in den ewigen Dienst des Hitlergedenkens. „Wir alle waren es, wir sind in alle Ewigkeit schuldig.“

Für die Russen hingegen dürfte über den Systemwechsel hinweg der Begriff des Heldischen, der Heimat und des Patriotismus Geltung behalten haben. Der 9. Mai ist der Tag des Sieges, der Tag der Befreiung, die große Parade auf dem Roten Platz ist bis zum heutigen Tag der zentrale Anknüpfungspunkt für russischen Patriotismus, den eigentlich niemand antastet. Was auch immer zwischen 1917 und 1953 geschehen sein mag, am Begriff der russischen Nation, der russischen Heimat halten alle fest. Die Verbrechen der Sowjetunion werden zwar nicht geleugnet, doch werden sie ausschließlich Stalin und dem Stalinismus angelastet. „Wir Russen waren es nicht, es waren alles nur die Stalinisten.“ „Wir Russen haben das Siegen in unseren Genen!“, diese Aussage wurde über einen Wahlkämpfer des Jahres 2012 berichtet, der dann auch die Wahlen mit großen Vorsprung gewann.

 Posted by at 14:48
Jun 142012
 

Bei einer sehr traurigen Veranstaltung in der Köthener Straße freute ich mich, auch einen berühmten Kreuzberger Politiker und Landtagsabgeordneten zu sehen, der bis vor kurzem in genau dem Einzugsbereich der staatlichen Grundschule wohnte, zu der auch ich gehöre und in die auch mein Kind und viele andere  Kinder unseres gemeinsamen Kreuzberger Kiezes gingen.  Wir hätten uns damals sicherlich begegnen können, wenn mein berühmter Kieznachbar zufällig grundschulpflichtige Kinder in dieselbe normale staatliche Pflichtschule unseres gemeinsamen Schul-Einzugsbereiches geschickt hätte. Denn ich unterstütze die Forderungen  nach „Eine gemeinsame Grundschule für alle! Eine Grundschule der kurzen Wege!“ Es wäre toll, wenn ein Kreuzberger Abgeordneter des Berliner Landtags seinen Einfluss für unseren gemeinsamen Wohnkiez hätte geltend machen können. Denn die Fanny-Hensel-Grundschule ist eine der besten, wahrscheinlich sogar die beste Kreuzberger Grundschule, die ich kenne. Sorry, Charlotte-Salomon-Schule, sorry Glassbrenner-Schule, sorry Clara-Grunwald-Schule, ihr seid schon auch alle sehr gut!

Gefreut hat mich auch, dass Özcan Mutlu MdA endgültig und unwiderleglich aufräumt mit der Vorstellung, in Kreuzberg zögen nur Besserverdienende zu. Das Gegenteil ist mindestens ebenso richtig. Sehr viele besserverdienende Familien mit Kindern ziehen aus unserem gemeinsamen Einzugsbereich in Kreuzberg weg, sobald die Kinder das schulpflichtige Alter erreicht haben.

Viele Türken, Polen, Italiener sind froh, wenn sie unserer vielgerühmten Kreuzberger Mischung – oder besser Entmischung – entkommen können, sobald ihre Kinder das schulpflichtige Alter erreichen. „Das ist nicht Deutschland hier in Kreuzberg“, diese Klage habe ich sehr oft von Kreuzberger Polen, Arabern, Türken, Libanesen, Kurden gehört. Und dann sah ich sie sehr zu meinem Bedauern wegziehen. Zu Dutzenden!

Dass gerade jetzt vor kurzem auch der berühmte Abgeordnete aus unserem Kreuzberger Multi-Kulti-Kiez, aus unserer an sich wahnsinnig netten Gegend weggezogen ist, bedaure ich. Aber ich verstehe ihn ebenso wie all die anderen Türken, Kurden, Deutschen, Libanesen und Palästinenser, die vor ihm weggezogen sind.

Der Tagesspiegel berichtete die zutreffenden Aussagen meines ehemaligen Kreuzberger Kieznachbarn:

Ein paar Hausnummern weiter runter in der Straße hat bis vor wenigen Monaten der Grünen-Abgeordnete Özcan Mutlu gewohnt. „An sich eine nette Gegend, allerdings hat sie sich entmischt“, sagt Mutlu. Familien mit etwas besseren Jobs seien weggezogen.

Es stimmt schon, was der Politiker der Grünen diagnostiziert: In Kreuzberg hat eine große Entmischung der Bevölkerung stattgefunden und geht auch noch weiter. Viele Besserverdiener ziehen weg.

Und jetzt liegt eine riesige schwarze Wolke über unseren Herzen.

 Posted by at 12:27