Darf man Amtsgeschäfte mit dem Fahrrad statt mit Dienst-BMW erledigen?

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Feb 182012
 

„Im Sommer sah man Woelki Amtsgeschäfte mit dem Fahrrad erledigen, er fährt gerne mit U- und S-Bahn …“ – so berichtet es heute der Tagesspiegel auf Seite 19 über den Berliner Erzbischof Rainer Maria Woelki. Diese Haltung gefällt mir. Von Jesus selbst wird ja auch immer wieder berichtet, dass er hinauf „ging“ oder „wanderte“ nach Jerusalem. Die Evangelien sind geradezu geprägt vom Wandern, vom Zu-Fuß-Gehen zwischen der ländlichen Heimat im Norden und der fernen, schwierigen, bis heute so geschichtsgeplagten Großstadt Jerusalem. Hätte Jesus einen PS-starken Dienstwagen benutzt, so hätten sich die Dutzenden von Reisebegegnungen und Pilgergesprächen, aus denen die Evangelien bestehen, nie und nimmer ergeben.  Von Sänften und Tragen, von stolzen PS-starken Mobilen wird nichts berichtet, die waren der reichen Oberschicht vorbehalten. Nur einmal nutzte Jesus in symbolischer Absicht den reisewegerleichternden jungen Esel, der allerdings auch nur – mit zweifelhaftem Rechtsanspruch – entliehen, kein Privatbesitz war.

Und kaum eine Lehre des Jesus ist so eindeutig bezeugt wie die Warnung vor dem Reichtum: „Eher geht ein Reicher durch ein Nadelöhr …!

Dass eine Frau oder ein Mann heute alle ihre Amtsgeschäfte zu Fuß erledigt, ist kaum denkbar, selbst heute, wo die braven BVG-MitarbeiterInnen für bessere Bezahlung streiken und uns sanft zum Wandern und Radfahren, auf den rechten Pfad der Demut also zwingen. Aber das Fahrrad, die Busse und die Bahnen, die Eisenbahn und die Economy-Klasse des Flugzeugs reichen doch während der streikfreien Zeiten in den allermeisten Fällen für einen povero cristiano vollkommen aus.

Ich sehe im Verzicht auf den Privat-PKW, in der Bevorzugung von Fahrrad, Bussen und Bahnen ein kleines, wenn auch untrügliches Zeichen der Öffnung des Menschen zu den Menschen hin. Ich selbst bin dankbar, dass wir – meine Familie und ich – kein Auto mehr haben. Das Fahrrad, Busse und Bahnen ermöglichten mir schon tausende von kleinen und kleinsten Gesprächen, aus denen sich in meinem Geist nach und nach ein lebendiges Bild der Stadt ergibt.

Ein lebendiges Bild der Menschen in unserer Stadt! Genau das wünsche ich von Herzen auch dem Berliner Erzbischof, der heute in einer Messe in der fernen, schwierigen, geschichtsbeladenen Großstadt Rom zum Kardinal erhoben wird. Er sei immer auf gutem Wege!

Berliner Erzbischof : Woelki wird von Papst Benedikt zum Kardinal ernannt – Berlin – Tagesspiegel
Er wohnt mittendrin im Kiez, in einer Dachgeschosswohnung in der Osloer Straße in Wedding. Im Sommer sah man Woelki Amtsgeschäfte mit dem Fahrrad erledigen, er fährt gerne mit U- und S-Bahn und für Fernreisen lieber mit dem Zug als mit Chauffeur und Dienstwagen. Seine Bescheidenheit und Offenheit hat sich bis nach Polen herumgesprochen, wo ihn Zeitungen dafür loben, dass er die Brötchen beim türkischen Bäcker kauft.

Quellenverzeichnis:
Claudia Keller: Der Kardinal aus der Osloer Straße, in: Der Tagesspiegel, 18.02.2012, S. 19

Hier geht’s zum Live-Ticker zum BVG-Streik!

Hier geht’s zur Geschichte mit dem entliehenen Esel!
Neue Jerusalemer Bibel. Einheitsübersetzung mit dem Kommentar der Jersualemer Bibel. Neu bearbeitete und erweiterte Ausgabe. Deutsch herausgegeben von Alfons Deissler und Anton Vögtle. In Verbindung mit Johannes M. Nützel. Herder Verlag, Freiburg, Basel, Wien 2007, S. 1447 (=Markus 11, 1-11)

Warnung vor dem Reichtum:
Neue Jersualemer Bibel, ebenda, S. 1412 (=Matthäus 19, 21-26)

Bild:

Das Fahrradparkhaus am Bahnhof Brandenburg/Havel, gesehen am 15.02.2012 (so etwas bräuchten wir in Friedrichshain-Kreuzberg aber auch … !)

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Chaos bei der Berliner S-Bahn? – Interessiert mich als Radfahrer nur begrenzt …

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Jul 172009
 

16072009.jpg Gestern abend hatte ich einen Termin in der Nähe des S-Bahnhofs Wollankstraße. Ziel: irgendwo in Pankow.  Früher war ich dorthin einmal in einer Kombination aus S1 und Fahrrad gefahren. Zeitaufwand von zuhause bis zum Treffpunkt in Pankow: 50 Minuten. Geldaufwand: 2,10 für BVG-Einzelkarte, 1,40 für Fahrradkarte. Macht 3,50 Euro. Und zurück noch einmal dieselbe Summe.

Gestern war es mir zu ungewiss, da die Berliner S-Bahn derzeit sehr unregelmäßig fährt. Ich beschloss, die gesamte Strecke zu radeln. Ich ließ mir auf dem Tourenplaner BBBike die schnellste Verbindung ermitteln.  Länge: 9,8 km. Errechnete Dauer bei 25 km/h Reisegeschwindigkeit: 31 Minuten. Tatsächlicher Zeitaufwand für mich: 40 Minuten, bedingt vor allem durch unüberwindliche Staus der Autos in der Friedrichstraße und der Chausseestraße. Ansonsten: Der Routenplan erwies sich als vortrefflich. BBBike ist eine tolle Sache für unbekannte Strecken! Ich erreichte als erster den Treffpunkt, ehe die anderen Teilnehmer dann mit ihren Autos kamen. Ein gutes Gefühl!

Ich genoss – ohne Zeitdruck – die Nachhausefahrt. An einer roten Ampel hatte ich Gelegenheit, das Foto oben zu schießen. Nebenbei: Ich halte stets bei Rot – auch deswegen genieße ich das Radfahren im warmen Sommerwind Berlins. Das Gute bei diesen west-östlichen Fahrradfahrten ist: Man lernt die Geographie der Stadt wirklich gut kennen. Die mentale Schere, die oftmals noch Ost- und West-Berlin trennt, wird buchstäblich weggestrampelt. Durch Strampeln auf dem Velo – deutsche Einheit vollenden! So gelingt deutsche Einheit.

Online-Debatte – Was sagen Sie zum Chaos bei der Berliner S-Bahn? – Debatte – Meinung – Berliner Morgenpost

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Mrz 132008
 

Beim Bäcker kaufte ich die BZ von heute. Dort las ich auf S. 7, dass Herr Ströbele dem BZ-Reporter Gunnar Schupelius in Anschluss an eine rbb-Fernsehsendung namens Klipp und Klar nicht sein Fahrrad ausleihen würde, da er, Schupelius, Repräsentant der BZ sei. Und die BZ möge er, Ströbele, nicht. Herr Schupelius verspürt Ärger, und macht diesem unter dem Titel Der gerechte Zorn von Gunnar Schupelius Luft. Wir Leser werden aufgefordert, zu der Causa „Nichtverliehenes Fahrrad“ Stellung zu nehmen. Gerne komme ich dieser Aufforderung nach und schreibe an die im Blatt angegebene E-mail-Adresse:

Sehr geehrter Herr Schupelius,

ich kann Ihren Ärger, Ihre Enttäuschung gut nachvollziehen. Ständig als Vertreter eines namhaften Organs der Boulevardpresse eingeordnet zu werden, muss kränkend auf Sie wirken. Gleichwohl sollten Sie das ganze nicht allzu persönlich nehmen.

Sehen Sie es doch bitte auch von der anderen Seite: Die Begründung des von Ihnen der Unhöflichkeit Beschuldigten hob nur auf Ihre Zugehörigkeit zu „Berlins grösster Zeitung“ ab, nicht auf Sie als Person. Wären Sie kein BZ-Reporter, hätte er Ihnen doch wohl sein Fahrrad geliehen. Nur so ergibt seine Begründung einen Sinn. Ich wage zu vermuten: Er mag Sie eigentlich – wenn Sie nur nicht zu der Zeitung gehörten, die er nicht mag. Ströbele war ehrlich, weil er zu seinen Gefühlen stand und nicht alles mit einer Friede-Freude-Eierkuchen-Soße überkleisterte. Er verzichtete auf den billigen Sieg zu sagen: Ja, ich leihe Ihnen mein über zehn Jahre altes Aluminiumfahrrad, das mich schon lange begleitet und das ich auch nicht aufgeben werde. Was wäre das für ein Popularitätsschub gewesen! „Grüner Bundestagsabgeordneter verleiht sein Fahrrad an BZ-Reporter.“ Ein hübscher Aufmacher!

Und da Sie schon die nette biblische Wendung des „gerechten Zorns“ verwenden: Paulus rät im Epheserbrief, „die Sonne nicht über dem Zorn untergehen zu lassen“ (4,26) – er ermahnt also, sich von Gefühlsaufwallungen nicht fortreißen zu lassen, denn „im Zorn tut der Mensch nicht das, was vor Gott recht ist“ (Jak 1,20). Bei nüchternem Gemüt sehen die Dinge bald anders aus. Ich bitte Sie also: Suchen Sie das Gespräch mit Ihrem Widersacher, bringen Sie die Beziehung ins Reine! Immerhin haben Sie ihn ja doch öffentlich recht schroff der Unhöflichkeit, der Verbohrtheit und Rechthaberei bezichtigt. Bitten Sie ihn um Verzeihung hierfür! Das wäre ein echtes Zeichen der Großmut, deren Mangel Sie bei Ihrem Gegner beklagen.

Aber um das Ganze zu einem versöhnlichen Abschluss zu bringen: Ich leihe Ihnen mein Rad! Ich habe in diesem Blog öffentlich mein Zweitrad jedem angeboten, der während des BVG-Streiks im Regen steht. Dieses Blog berichtete am 05.03.2008. Morgen ist es noch frei. Versprochen ist versprochen! Klipp und klar.

Sie finden mich heute um 19 Uhr bei der Gründung der ADFC-Stadtteilgruppe Friedrichshain-Kreuzberg im Restaurant Max & Moritz, Oranienstraße. Kommen Sie, hören Sie, berichten Sie, leihen Sie ein Fahrrad von mir!

Ich schließe hier – denn die Sonne geht unter.

Mit besten Grüßen

Johannes Hampel

 Posted by at 19:01
Mrz 052008
 

In den Morgenzeitungen herrscht helle Aufregung: Die Berliner Verkehrsbetriebe BVG sind in einen unbefristeten Ausstand getreten. Die Not ist riesig: „Jetzt muss ich eine halbe Stunde zu meinem Arbeitsplatz gehen, und eine halbe Stunde zurück. Dadurch habe ich 1 Stunde mehr Arbeit am Tag“, klagt eine Postmitarbeiterin. „Jetzt müssen die Schüler auch mal eine kurze Strecke zu Fuß gehen oder aufs Rad umsteigen“, äußert sich ungerührt, ja geradezu erbarmungslos die Sekretärin einer Spandauer Oberschule. O Jammer, o Schrecken! Doch – es herrscht nicht nur Weltuntergangsstimmung. So schreibt die Berliner Zeitung heute:

Aber es gibt auch Streikgewinner. „Die Nachfrage nach Pkw ist definitiv gestiegen“, freut sich Sebastian Grochowski von der Autovermietung Rent-a-Car. „Der BVG-Streik ist für uns eine Chance, den Berlinern zu zeigen, dass wir da sind, wenn wir gebraucht werden“, sagt Bernd Dörendahl, Vorsitzender der Innung des Berliner Taxigewerbes. Der ADAC ruft seine Mitglieder dazu auf, Fahrgemeinschaften zu bilden. Der Senat müsse für die Dauer des Streiks die Parkraumbewirtschaftung aussetzen. Allerdings gibt es morgen keine Knöllchen: Dann streiken auch die Ordnungsämter Berlins.

Vortrefflich – in diesem Chaos gibt es also auch einen Hoffnungsschimmer. Wenig gesprochen wird bisher vom Rad. Vielleicht weil es heute endlich einmal schneit? Ja, der Märzenschnee treibt gerade jetzt in dicken Flocken gegen die Fenster unserer Kreuzberger Wohnung. Oder weil es sich noch nicht herumgesprochen hat, dass man das Fahrrad wirklich das ganze Jahr hindurch nutzen kann und folglich jederzeit einsatzbereit halten sollte? Ich freue mich schon auf meine Tour heute – wie üblich dauert sie nur wenige Kilometer, von Kreuzberg in das Stadtviertel Tiergarten – ich könnte eigentlich auch zu Fuß gehen. Aber das würde ja eine halbe Stunde dauern. Das sei ferne von mir! Wie so viele in unserer hektischen Metropole bin ich auf die schnellste, effizienteste und sicherste Beförderung angewiesen. Ich bin auch nicht besser als die anderen. Und deshalb setze ich weiterhin voll auf das Rad.

Für alle Fälle habe ich sogar noch ein älteres, nicht so schnelles Ersatzrad im Keller. Streikopfer, meldet euch – ich verleihe es tageweise. Unentgeltlich, zum Zeichen des mitmenschlichen Erbarmens mit den unschuldigen Leidtragenden des Streiks.

Wie heißt es doch: „Der BVG-Streik ist für uns eine Chance, den Berlinern zu zeigen, dass wir da sind, wenn wir gebraucht werden.“ Wenn Fahrräder reden könnten!

 Posted by at 08:19