„Mourir pour Dantzig?“ Frieren für Kyjiw? 5% weniger BIP, nur um die Ukraine zu unterstützen?

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Mrz 132022
 

„Mourir pour Dantzig?“ – So fragte die Weltpresse, als das Deutsche Reich sich Mitte August 1939 völkerrechtswidrig die Freie Stadt Danzig einverleibte. Die Antwort lautete: nein. Niemand wollte für Danzig sterben.

Man ließ Hitler im August 1939 gewähren und bereitete so dem Deutschen Reich den Weg, ganz Europa in den Abgrund zu treiben. Man wollte den Diktator nicht provozieren, um ihn nicht weiter zu reizen.

Frieren für Kyjiw? Sollen oder wollen wir Deutschen frieren, wenn wir Russland kein Gas, kein Öl mehr abkaufen? Sollen wir dafür sogar 5% Prozent Rückgang unseres Bruttoinlandsproduktes in Kauf nehmen? Unser Bundeswirtschaftsminister Habeck befürchtet die Gefährdung des sozialen Friedens, wenn wir ein Ölembargo gegen Russland einziehen wollten.

https://www.deutschlandfunk.de/habeck-haelt-an-importen-aus-russland-fest-warnt-vor-gefaehrdung-des-sozialen-friedens-in-deutschlan-102.html

Der Minister traut uns einfachen Bürgern offenbar nicht so ganz über den Weg. Er unterschätzt unseren Idealismus, unsere Opferbereitschaft, unseren Menschenverstand.

„Frieren für Kyiw?“ Ich meine: Aber ja doch! Eine Absenkung der Durchschnittstemperaturen um nur 3°C in Innenräumen bringt bereits erhebliche Einsparungen beim Energieeinsatz von ca. 18%! Frieren muss niemand, bei 18°C kann jeder sich wohlfühlen. Dann zieht man halt noch einen zweiten Pullover an. Was ist so schlimm daran? Man bedenke auch den erheblichen Beitrag der Absenkung der Raumtemperatur zur Abmilderung des Klimawandels, denn die Gebäudeheizung verschlingt etwa 30% des Primärenergieverbrauchs in Deutschland.

„Drehen Sie der russischen Führung den Geldhahn zu!“, lautet der klare Appell in einem offenen Brief der Bürgerbewegung Campact, der unter anderem von der Klimaaktivistin Luisa Neubauer, dem Youtuber Rezo und dem Wissenschaftler Eckart von Hirschhausen unterzeichnet wurde.“

Luisa Neubauer, Rezo und andere fordern Importstopp von russischem Öl und Gas (rnd.de)

Natürlich wäre es auch gut, die heimischen Energieträger stärker zu nutzen, statt sich von den diktatorischen Regimes der Gas- und Erdoöllieferländer (z.B. Russland und Iran) abhängig zu machen.

An erster Stelle ist hier die Steinkohle zu nennen, von der Deutschland für etwa 200 Jahre reichlich besitzt. Moderne Steinkohlekraftwerke sind mittlerweile nahezu ebenso emissionsarm wie Gaskraftwerke!

Zweitens gilt es, die bereits errichteten, voll funktionsfähigen Kraftwerke bis zum Ende ihrer Nutzungsdauer laufen zu lassen. Das gilt neben den Atomkraftwerken insbesondere auch für die hochmodernen Braunkohlekraftwerke in der Lausitz. „Bis zum Ende der Nutzungsdauer sind technische Gerätschaften zu nutzen!“ Das war ehedem eisernes Gesetz der Umweltschutzbewegung, die übrigens auch mich geprägt hat! Nur so werden Ressourcen gespart. Das gilt sowohl für Autos wie auch für Kraftwerke. Klimapolitisch ist es vermutlich besser, bestehende Kraftwerke aller Art bis zum Ende der möglichen Nutzung laufen zu lassen. Denn gerade der Neubau von Kraftwerken ist extrem emissionsträchtig. Man denke nur an den hohen CO2-Ausstoß bei der Herstellung von Beton!

Drittens können auch erneuerbare Energien einen gewissen Beitrag zur Senkung der Importabhängigkeit leisten.

Und die Elektromobilität? E-Autos sind derzeit etwas für die Besserverdienenden wie etwa Umweltminister, CEOs von Industrieunternehmen und Professoren. Hübsches Angebergeraffel, Zweitautos, Spielzeug für die Reichen, Gesinnungsausweis! Mit der extrem spendablen Förderung von E-Autos (6000.- pro Stück) vergrößert sich derzeit der PKW-Fuhrpark nur noch. Nie rollten mehr private PKWs über deutsche Straßen als gerade jetzt! Unbegreiflich, dass die Ampel-Bundesregierung das Planziel von 15 Millionen neuen E-Autos in den Koalitionsvertrag geschrieben hat. Das ist staatliche Geldverbrennung und Ressourcenverschwendung. Die Grünen mischen da ganz vorne mit.

Ich meine: Jeder kann etwas tun, um die exorbitant hohen Zahlungen an das Putin-Regime zu vermindern. Ein bisschen Frieren für Kyjiw – das tut niemandem weh. Ein Gas- und Ölembargo gegenüber einem Aggressorstaat wie Russland scheint mir durchaus verkraftbar. Man muss es nur richtig anpacken!

Die Politik sollte umsteuern – hin zu einer Verringerung der Abhängigkeit von importierten fossilen Energieträgern. Heimische Energieträger sollten stärker genutzt werden, insbesondere erneuerbare Energien, Steinkohle, heimische Braunkohle, bestehende Kraftwerke aller Art.

Und die Wirtschaftspolitik sollte die sinnlose Ressourcenverschwendung der planwirtschaftlichen Wirtschaftslenkung eindämmen, Rechenstift und Zahlenwerke zur Hand nehmen. Das geschieht meines Erachtens viel zu wenig.

Mourir pour Dantzig? Das verlangt niemand.

Frieren für Lviv, Kyjiw und Czernowitz? Ja, das ist machbar und sinnvoll.

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Der harte Taler der Träume klingt auf den Fliesen der Welt

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Mrz 122022
 
„Putins Freunden den Geldhahn abtreten – Ölembargo jetzt!“ Auf der Demonstration vor der Russischen Botschaft, 6. März 2022

Mit russischen, ukrainischen und deutschen Beratern tagte vergangenen Sonntag mein kleines Küchenkabinett. Gemeinsam beschließen wir, ein Plakat anzufertigen. Eine klare Botschaft für die Demo vor der Russischen Botschaft muss her – nur welche?

Vielleicht diese zwei Zeilen aus dem Band „Mohn und Gedächtnis“?

„Vorm Zelt zieht die Hundertschaft auf, und wir tragen dich zechend zu Grabe.
Nun klingt auf den Fliesen der Welt der harte Taler der Träume.“

Oder diese:
„Löwenzahn, so grün ist die Ukraine.
Meine blonde Mutter kam nicht heim.“

Ich bat: „Bedenkt: der Dichter, Paul Antschel, stammt aus dem heute ukrainischenЧернівці, dem damaligen טשערנאָװיץ oder auch dem heutigen Czernowitz.“ Ich denke sie an, ich schlage die Glocke des großen Dichters. Doch unerbittlich fällen die Freunde das Urteil: „Zu blumig, zu wolkig für eine Demo!“

„Also – was? Übersetzt ihr bitte mal diese zwei Verse das ganze Gemenge in zwei knappe Forderungen!“, bat ich die redlichen Freunde.

Sie rieten hin, sie rieten her, Ratschluss stand fest, verkündet ward es:

„Putins Freunden den Geldhahn abdrehen – Ölembargo jetzt!“

Quellennachweis:
Paul Celan: „Marianne„, „Espenbaum, dein Laub blickt weiß ins Dunkel„, in: ders., Mohn und Gedächtnis, in: ders., Die Gedichte. Neue kommentierte Gesamtausgabe in einem Band. Mit den zugehörigen Radierungen von Gisèle Celan-Lestrange. Herausgegeben und kommentiert von Barbara Wiedemann. suhrkamp taschenbuch. Erste Auflage 2020, Suhrkamp Verlag, Berlin 2020, S. 34 und S. 36

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Das allrussische Großmachtsreich strebt mit aller Gewalt nach Westen

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Mrz 122022
 
Die Rote Fahne mit Hammer und Sichel auf einem russischen Panzer in der Ukraine. Screenshot RAI News 24, 12.03.2022

Welthistorische Erinnerungen tauchen auf, wenn ich in verschiedensten europäischen Sprachen – darunter Russisch, Ukrainisch, Italienisch – die Berichterstattung über den imperialistischen Zerstörungskrieg Russlands gegen die Ukraine verfolge und mir ein Gesamtbild zu verschaffen suche! Mit geballter Wucht rollen in diesen Augenblicken die russischen Panzer auf Kyiw zu. Sie sollen offenkundig das allrussische Reich, von dem schon die russischen Zaren und die russischen Bolschewiki träumten, mit Geschützdonner und Bombardierungen wiederaufbauen.

Stolz und aggressiv wie eh und je flattert heute, in diesen Augenblicken, die sowjetische Rote Fahne von diesem russischen Panzer. – Reib dir die Augen, sieh ihn dir an: da rollt doch die „Allrussische“ Union der Sowjetrepubliken heran. Wer dächte da nicht an das riesige Monumentalgemälde „Feierliche Eröffnung des II. Kongresses der Komintern“ von Isaak Brodski, das Lenin herrscherlich am 19. Juli 1920 bei der Rede zeigt, in der er die berühmten Worte sprach: „Jawohl, die Sowjettruppen stehen in Warschau! Bald werden wir Deutschland haben!“

Dies war zwar eine glatte Lüge, wie so viele andere Lügen Lenins und der anderen sowjetisch-allrussischen Führer, die in seiner Nachfolge standen und stehen. Denn damals standen die russischen Panzer VOR Warschau, nicht IN Warschau. Und sie wurden zurückgeschlagen, sie nahmen Warschau nicht ein, sondern wurden in der Schlacht bei Warschau im August 1920 geschlagen, zerstreut und in den Rückzug getrieben. Józef Klemens Piłsudski vertraute übrigens damals nicht auf Diplomatie, Friedensappelle oder Handelssanktionen, sondern auf das letzte Mittel, das in solchen Situationen weiterhelfen konnte: eine schlagkräftige Armee, ein strategischer Schlachtplan, Entschlossenheit, Kampfwillen, Überlebenswillen seines Volkes.

Aber hier stellt sich nun die Frage: Wird ein Putin oder wer auch immer – hierin dem „allrussischen“ Vorbild Lenins folgend – bald sagen können: Unsere Panzer rollen auf Kiew zu – bald werden wir Polen haben?

Bitwa Warszawska – Wikipedia, wolna encyklopedia

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Мир Украине! Свободу России!

 Holodomor, Krieg und Frieden, Petrarca, Russisches, Ukraine  Kommentare deaktiviert für Мир Украине! Свободу России!
Mrz 012022
 

„Friede für die Ukraine! Freiheit für Russland!“ Starke, erhebende, erschütternde Momente bei der großen Kundgebung am Sonntag auf der Straße des 17. Juni gegen den verbrecherischen Angriffskrieg Russlands in der Ukraine! Gut die Einsicht, dass nur ein diktatorisches System einen solchen Angriffskrieg lostreten kann, wie ihn am 24. Februar Russland gegen die Ukraine vom Zaun brach.

Ohne Freiheit für die Bürger Russlands selbst, ohne Rechtsstaatlichkeit in Russland selbst wird Russland keinen dauerhaften Frieden für seine Nachbarn zulassen, scheint mir. Erschütternd die Erzählungen, die mir im Zusammenhang der Demo von Russen und Ukrainern zugetragen werden, – von anonym verbrannten russischen Soldaten, die diesem russischen Krieg zum Opfer gefallen sind, von Flugzeugladungen voller russischer Leichen, die irgendwie und irgendwo anonym in der Ukraine aufgesammelt werden und dann heimlich nach Russland geflogen werden. „Niemand darf davon erfahren.“ – „Die jungen russischen Wehrpflichtigen werden zu einem Manöver gekarrt, und am nächsten Morgen sind sie in einem gepanzerten Transportfahrzeug und müssen schießen, müssen töten.“

Viele Reden waren zu hören, einige sehr bewegend! Beachtlich fand ich insbesondere die Rede der ukrainischstämmigen Olexandra Bienert. Sie bezeichnete diesen Krieg Russlands nicht als die wahnsinnige Tat eines Verrückten, sondern als „imperialistischen Krieg“. Sie stellte ihn in eine Reihe anderer imperialistischer Kampagnen des russischen Großreichs, in eine Reihe mit den zahlreichen staatlich orchestrierten Massenmorden, die die kommunistisch geführte Sowjetunion im Gebiet der Ukraine beging, – wobei der Holodomor zweifellos einen traurigen Tiefpunkt ukrainischer Geschichte darstellte.

Über all dem schrie laut Petrarca: „Ich gehe durch die Welt und rufe ‘Friede, Friede, Friede’.

“I’vo gridando: pace, pace, pace.”

 Posted by at 15:39