Fleiß und Redlichkeit: ein Poster Slam an der Komischen Oper

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Apr 162015
 

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Recht erstaunt war ich, als ich am vergangenen Samstag meinen Weg zum Hotel Maritim Pro arte in der Friedrichstraße radelte. Hart hinter der Russischen Botschaft zwang mich eine rote Ampel zum Innehalten. Ich erhob meinen Blick:

Überlebensgroß baute sich ein Mahner und Warner vor uns Rotlicht-Wartenden auf. Aus dem Bürogebäude erhob er seine Stimme von einem riesigen Plakat an der Kasse der Komischen Oper! Wollte er uns Radfahrern allen ins Gewissen reden? War dies sein Beitrag zur tagesaktuellen Lage? Schauen wir’s uns an!

Verkündet wurde am vergangenen Samstag:

Das Deutschland-Prinzip. Was uns stark macht.

EIGENVERANTWORTUNG fördern und mehr EIGENLEISTUNG von jedem fordern.“

Ich stutzte: Das sind höchst ungewohnte Töne! Gerade in der heutigen Zeit, gerade bei uns in Berlin, wo wir Bürger immer mehr und mehr von der Politik fordern und wir im Grunde von den meisten Parteien darin trainiert werden, uns als Benachteiligte, als förderbedürftige Objekte der Obrigkeit auszugeben! Wir Bürger wissen es doch: Die Obrigkeit in Deutschland und mehr noch in der Europäischen Union sorgt für uns, sie kümmert sich und schaut auf Stabilität des Geldes, sie sichert Wohlstand und europäische Einigkeit. Sie hält den Laden am Laufen.

Wozu bedarf es also noch persönlicher, individueller Tugenden?

Denken wir darüber nach! Übersetzen wir den Grundsatz der EIGENLEISTUNG ins überzeitliche Deutsch! Gemeint ist offenbar FLEISZ. Eigenleistung bedeutet schließlich nichts anderes als dass jeder sich selber anstrengen soll, statt immer nur die Hand aufzuhalten.

Und Eigenverantwortung lässt sich ins überzeitliche Deutsch zurückübersetzen als REDLICHKEIT. Eigenverantwortung bedeutet schließlich nichts anderes als dass jeder Rede und Antwort stehen kann für all das, was er tut und lässt, sagt und verschweigt.

Die Aufforderung des übergroßen Posters lässt sich in knackigem Markplatz-Deutsch also so wiedergeben:

Üb immer Fleiß und Redlichkeit
bis an dein kühles Grab.

Oder auch:
Verantwortung und Leistung sind von dir gefordert.

Wen oder was mag der Mann meinen? An Fleiß und Redlichkeit mangelt es also laut Aussage des überlebensgroßen Postermannes – nennen wir ihn mit einem deutschen Allerweltsnamen einfach Gerhard Schröder – uns Europäern oder uns Deutschen in der jetzigen Lage.

Wir sollten uns darüber unterhalten. Der Postermann hat vielleicht recht. Er hat einen Dunk versenkt, würde man im Basketball sagen, einen vortrefflichen Poster-Slam Slam-Dunk.

Bild: Aufnahme vom 11.04.2015, Berlin, Unter den Linden, Ecke Glinkastraße

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Ist die Residenzpflicht für Asylbewerber verbrecherisch? Ist Abschiebung immer Mord?

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Aug 092013
 

2013-04-09 17.20.26

Abschiebung ist Mord.“ So schreiben es die höchst munteren Lagerbewohner, deren Forderungen vom Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg offiziell unterstützt werden und deren selbstgewählte Sammelunterkunft auf dem Oranienplatz bis zur Erfüllung ihrer Forderungen geduldet wird, deutlich und nachprüfbar auf großen Plakaten.

http://www.taz.de/Aufstand-der-Fluechtlinge-2/!121445/

Wiederholt vorgetragene  Forderungen der Bewohner des Lagers sind die Aufhebung der Residenzpflicht für Asylbewerber, die sofortige Anerkennung aller Antragsteller als Asylbewerber, die sofortige Arbeitserlaubnis,  der sofortige Stopp der Abschiebungen, die Abschaffung der Sammelunterkünfte („Lager“ genannt). Begründung der Aktivisten in ihrer selbstverwalteten Sammelunterkunft, die Bürgermeisterin Herrmann wiederum nicht als Lager, sondern als „politisches Mahnmal“ bezeichnete:

„Kein Mensch ist illegal. Abschiebung ist Mord.“

http://dkpfriedrichshainkreuzberg.blogsport.de/2013/08/02/fluechtlingscamp-in-kreuzberg-zum-politischen-mahnmal-erklaert/

Mal ganz dumm ans Bezirksamt und ans Aktivistenlager zurückgefragt: Ist wirklich jede Abschiebung Mord? Spannende Frage, die man mal ausdiskutieren sollte! Denn nur mal ganz abstrakt gefragt: Wäre die Abschiebung eines im Ausland gesuchten Mörders, der in Deutschland listigerweise Asyl beantragt hat,  ebenfalls  als Mord im Sinne des Kreuzberger Aktivisten-Lagers zu werten?

Mohammed Atta, einer der maßgeblichen Drahtzieher der Anschläge vom 11.09.2001, lebte lange Jahre vor diesen Taten in Hamburg als unauffälliger, angepasster Student und plante über Monate hinweg in aller Ruhe von Deutschland aus die Anschläge, denen knapp 3000 Menschen zum Opfer fielen.

Hätte man den Mann in den Anschlagsplanungen stören sollen? Hätte man ihn aus Deutschland in sein Herkunftsland abschieben dürfen? Wäre dies in den Augen der Lagerbewohner vom Oranienplatz auch Mord gewesen? Eine rein philosophische Frage, eine unspannende Frage. Es ist schon zu spät. Blicken wir in die Gegenwart!

Denn spannender ist es zu erkennen, wie attraktiv Deutschland als Asylland neuerdings für Tschetschenen aus Russland geworden ist:

Tschetschenien : Terroristen suchen Asyl in Deutschland – Nachrichten Politik – Deutschland – DIE WELT.

Die Libanesen, die Kurden, die Palästinenser, neuerdings einige afrikanische Nationen  haben es ab den 90er Jahren vorgemacht, wie man mithilfe von klug platzierten Brückenköpfen Fuß in Deutschland fasst, um dann planmäßig eine wachsende, durch Zuzug sich und uns alle bereichernde Volksgruppe aufzubauen. Die Tschetschenen sind im Moment die Volksgruppe, die ihnen am erfolgreichsten nacheifert. Das deutsche Asylrecht bietet bereits jetzt ein Fülle von Handhaben, um sich in aller Ruhe in diesem Land einzurichten.

Durch die sofortige Aufhebung der Residenzpflicht, durch die sofortige Anerkennung aller gestellten Asylanträge, durch die Abschaffung der Gemeinschaftsunterkünfte („Lager“ genannt) wird das Sich-Einleben für alle Beteiligten einfacher. So lange diese Forderungen nicht erfüllt sind, wird das Lager bleiben. Den Segen des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg hat das Lager ja.

 

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Die umjubelten Heldentaten der Frau mit den rosaroten Rennschuhen

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Jul 012013
 

2013-06-15 13.55.46

http://www.latimes.com/local/lanow/la-me-ln-wendy-davis-took-on-texas-bullies-on-abortion-and-won-20130626,0,5588133.story

http://www.spiegel.de/panorama/wendy-davis-aus-texas-laufschuhe-werden-zum-verkaufsschlager-a-908481.html

Großer, riesiger Erfolg für Wendy Davis, eine Abgeordnete der Minderheitenfraktion der Demokratischen Partei im texanischen Senat! Die rosaroten Laufschuhe, die sie bei ihrem Redemarathon, dem berühmten amerikanischen Filibuster trug, sind der Renner bei Amazon! Die Presse ist begeistert, der deutsche SPIEGEL stimmt mit Pauken und Trompeten, mit Bilderstrecken und Lobesergüssen in den Jubel ein. Auch  der amerikanische Präsident beglückwünscht seine Parteifreundin zu ihrem heroischen Akt, durch den sie verhinderte, dass die republikanische Mehrheit der Abgeordneten einige Einschränkungen beim Recht der Frau auf sichere, gesunde und selbstbestimmte Abtreibung durchgesetzt hätten.

Finster dreinblickende Frauen, die Frauen aus der Mehrheitspartei, der republikanischen Partei, die Abtreibungsgegnerinnen, standen hinter dem Gesetzentwurf. So zeigte sie der SPIEGEL. Fröhlich befreit jubelnde Männer, die Abtreibungsbefürworter, erhoben laut ihre Stimme und fuchtelten mit den Armen von der Zuschauertribüne herab, nachdem der Gesetzentwurf gescheitert war.

Schauen wir uns den Triumph der jubelnden Massen genauer an – vergleichen wir die geplante, aber durch Wendy Davis‘ heroischen Filibuster verhinderte  Einengung des Rechts der Frau auf gesunde, sichere und selbstbestimmte Abtreibung mit unserer Lage in Deutschland!  Das versuchte die Mehrheitsfraktion der Republikaner durch die Gesetzesvorlage durchzusetzen:

1) Eine Abtreibung des Fötus nach der 20. Woche (=etwa 5 Monate alter Fötus)  nach der Befruchtung wäre in Texas grundsätzlich verboten worden; nur bei akuter Gefahr für das Leben der werdenden Mutter wäre sie weiterhin erlaubt gewesen. Grundsätzlich gilt laut US-Bundesrecht, dass die Abtreibung bis zur Überlebensfähigkeit des Fötus außerhalb des Uterus („viability“) erlaubt ist. Nach deutschem Sprachgebrauch ging es also in Texas um die sogenannten Spätabtreibungen, wie sie etwa in China millionenfach gang und gäbe sind – es sind die Fälle, bei denen manchmal die Ärzte dann einen lebendigen Fötus auf dem OP-Tisch haben und nicht so recht wissen, wie sie mit ihm umgehen sollen. Er ist ja an der frischen Luft nur wenige Minuten lebensfähig.

Vergleich mit Deutschland: Mit dieser Gesetzesänderung wäre die Rechtslage in Texas etwas strenger als bisher in den meisten US-Staaten, aber noch bei weitem nicht  so streng wie in Deutschland geworden. In Deutschland ist bekanntlich die Abtreibung des Embryos nur bis zur 12. Woche (etwa 3 Monate)  der Schwangerschaft bei Einhaltung gewisser Beratungspflichten  straffrei und danach nur bei akuter Gefahr für das Leben der Frau zulässig. Das deutsche Recht erkennt auch dem ungeborenen menschlichen Leben grundsätzlich eine gewisse Schutzwürdigkeit zu.

2) Der Schwangerschaftsabbruch hätte nur noch in medizinischen Einrichtungen durchgeführt werden dürfen, die als Tagesklinik ausgestattet gewesen wären, nicht hingegen in rein ambulanten Praxen von niedergelassenen Ärzten.

Vergleich mit Deutschland: Der Eingriff gilt in Deutschland innerhalb der ersten drei Monate in medizinischer Sicht als unproblematisch, etwa 100.000 Abbrüche werden pro Jahr ganz überwiegend ambulant durchgeführt. Von diesen sind etwa 3% durch akute medizinische oder durch kriminologische Notlagen, also durch die Schwangerschaft als Ergebnis einer Vergewaltigung, bedingt.

Wie mag ein Fötus in der 20. oder 24. Schwangerschaftswoche die Abtreibung wohl empfinden? Zwar lernen die Winzlinge bereits in diesem Alter den Klang der mütterlichen Stimme kennen, sie erkennen den mütterlichen Herzschlag, sie reagieren auf seelische Erschütterungen der Mutter. Bewegende Zeugnisse dieser vorgeburtlichen Empfindungsfähigkeit haben mir schwangere Mütter immer wieder berichtet. Sie erleben das Kind bereits vor der Geburt als eine Art inneres Gegenüber, als ein menschliches Wesen, das irgendwie das Leben der Mutter sanft oder auch gewaltsam zu verwandeln beginnt. Durch die Abtreibung wird diese menschliche Beziehung jäh unterbrochen.

Ich persönlich habe das Gefühl, dieses zarte beginnende menschliche Leben verdient Schutz und Hege. So hat es – wie ich meine zu Recht – der deutsche Gesetzgeber auch damals bei der bitter umkämpften Neufassung des § 218 ausdrücklich niedergelegt.

In den USA steht dagegen das Recht der Frau auf ein selbstbestimmtes Leben deutlich vorne. Keine Frau soll Mutter werden, ohne dies zu wollen. Der Wille der Frau entscheidet. Das Recht der Frau auf ein selbstbestimmtes Leben, die absolute Herrschaft über den eigenen Körper behält die Oberhand über dem unerwünschten Leben des menschlichen Winzlings, der zur falschen Zeit am falschen Ort kommt. So legen es die Abtreibungsbefürworter immer wieder dar. Sie verneinen, dass dem menschlichen Leben aus sich heraus grundsätzliche Schutzbedürftigkeit zukomme. Niemand soll der Frau dreinreden, was sie mit ihrem Körper macht, schon gar kein Mann!

Aber wir müssen wieder einmal erkennen, dass moralische Vorstellungen von Land zu Land unterschiedlich  sind. Das zeigt sich etwa im Waffenrecht der USA. Es zeigt sich aber auch im Recht der Frau auf Abtreibung.

Vor wenigen Tagen, genau an dem Tag, als ich gerade von den Heldentaten der demokratischen Abgeordneten Wendy Davis mit den rosaroten Sneakern, die der Renner bei Amazon sind,  gelesen hatte,  hupte mich ein wütender Autofahrer an, weil ich beim Überqueren der Fahrbahn  für ihn nicht schnell genug die Straße räumte. Fast hätte ich ihn, der über sicherlich 140 PS verfügte,  gezwungen, sein Fahrzeug abzubremsen. Ich, der radelnde Winzling stand ihm sozusagen im Weg. Vielleicht hatte er ja eine eilige Besorgung? Ich hinderte ihn gewissermaßen daran, seine Pläne und Vorhaben zügig und straff durchzuführen.

Dennoch durfte ich mich darauf verlassen, dass der Autofahrer im Notfall abgebremst hätte. Obwohl ich der deutlich, der unvergleichlich Schwächere war, obwohl ich zur falschen Zeit am falschen Ort war, hätte er mit größter Wahrscheinlichkeit  mein Leben verschont. Er hätte die Schutzbedürftigkeit des trödelnden Radfahrers sicherlich anerkannt, zumal ja so ein Unfall mit einem Fußgänger oder Radfahrer immer mit vielen Scherereien – Schäden am Kotflügel, Polizeiärger, Versicherungen, Gerichtsverhandlung – verbunden ist.

Ich atmete erleichtert auf: Wie froh dürfen wir doch sein, dass unsere Rechtsordnung allen Menschen von Geburt an ein Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit zuerkennt! Ein Unbehagen bleibt dennoch: Was macht das mit einer Gesellschaft, wenn das Erreichen der Geburt so eindeutig an die Zustimmung der Mutter gebunden ist? Erscheint es dann nicht so, als „verdankten“ wir wie alle anderen Kinder letztlich dem Willen der Erwachsenen, dass wir geboren werden durften? Entsteht dann nicht der Eindruck, als lebten wir alle sozusagen von Gnaden unserer Mütter?

Diese Gedanken schossen mir bei dem und kurz nach dem Beinahe-Unfall durch den Kopf. Ich konnte ab da dem Erfolg des heroischen Filibusters keinen Jubel abgewinnen. Im Gegenteil. Der Jubel erstickt einem sozusagen im Halse.

Bild: Hier stand einmal ein Baum. 13.06.2013, Kreuzberg, Großbeerenstraße

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Mai 292013
 

2013-04-07 10.56.52

 Caroline Schlegel schreibt am 21. Oktober 1799  von Berlin nach Jena zu Tochter Auguste. «Über ein Gedicht von Schiller, das Lied von der Glocke, sind wir gestern Mittag fast von den Stühlen gefallen vor Lachen, es ist à la Voss, à la Tieck, à la Teufel, wenigstens um des Teufels zu werden.»

Nette Reaktion! Die Berliner Romantiker (Caroline Schlegel, Tieck u.a.) warfen sich zu Ende des 18. Jahrhunderts fast auf den Boden vor Lachen, als sie Schillers Lied von der Glocke lasen! Vor allem die Zeilen

Und drinnen waltet
Die züchtige Hausfrau,
Die Mutter der Kinder,
Und herrschet weise
Im häuslichen Kreise

waren damals und sind noch heute eine unerschöpfliche Quelle der Volksbelustigung. Für die Romantiker wie Caroline und Friedrich Schlegel bestand Glück im Gegensatz zum großen Erzieher und längst aus dem Dienst geschubsten Nationaldichter Schiller darin, das eigene Ich auf eine endlose Reise zu sich selbst zu schicken. Seine Majestät das ICH, nannte Sigmund Freud dies hundert Jahre später.

Und heute gilt eben mancherorts  ein Kult des Ich und ein Kult des Geldes, siehe Euro-Krise, siehe Pflegenotstand, siehe von den ich-suchenden Vätern alleingelassene Mütter! Jedes zeitenübergreifende Eintreten für Ehe und Familie, für einen naturgegebenen, kulturgeprägten  Wesensunterschied zwischen Frau und Mann wird bei uns im romantisch-aufgeklärten Berlin auch heute noch sofort mit Gelächter als ewiggestrig und altbacken abgekanzelt. Nur noch 40% der Berliner leben in Familien, die anderen 60% sind schon von den ewiggestrigen Stühlen der Familie gefallen. Durch behördliche Zusammenlegungsverbote von getrennten Wohnungen wird in Milieuschutzgebieten der Trend zum Single- oder Double-Haushalt befördert.

Ich würde freilich sagen: Es ist nicht unbedingt ewiggestrig, es ist das, was mir von den Männern enttäuschte Frauen, alleinerziehende Mütter, alleingelassene Söhne und Töchter alleinerziehender Mütter, Sozialwaisen aus vielen Kulturkreisen, Kreuzberger Sozialarbeiterinnen, Lehrerinnen  und Kinderärzte aus vielen Ländern immer wieder erzählen.

Ich bleibe dabei: Die Menschheit hat es zu allen Zeiten so empfunden, dass Frauen „anders“ als Männer sind. Es ist eine die Menschen prägende Einsicht, dass es „den Menschen“ nicht gibt, sondern eben „weiblich“ und „männlich“, wobei die Frauen stärker durch „das Weibliche“, Männer stärker durch das „Männliche“ geprägt sind und auch sein sollen. 

Wir haben in Deutschland gerade eine zu starke Anpassung der Frauen an das Männliche, ja fast eine Unterwerfung der Frauen unter das Leitbild des männlichen Machtstrebens zu besichtigen. Ich beklage das. Der gesellschaftliche Wert der Frau wird nach ihrer Teilhabe an politischer Macht und finanziellem Reichtum bemessen. Wenn die Frauen nicht die Hälfte vom Kuchen (also von Geld, Macht, Straßennamen und DAX-Aufsichtsratsmandaten ) abbekommen, gelten sie als – wie nennen sie’s doch? – benachteiligt.

Aber das wird in wenigen Jahrzehnten wieder vorübergehen, die Wertschätzung des spezifisch Weiblichen und des Mütterlichen wird in wenigen Jahren auch nach Deutschland zurückkehren. Keine Frau möchte sich doch dem Rollenbild des Mannes anpassen. Im Übrigen meine ich wie der gute Friedrich Schiller auch: Jede Frau steht  „auf einer Ebene“ mit und neben dem Mann. Sie ist ihm nicht „gleich“, aber sehr wohl gleichberechtigt und  „ebenbürtig“, sie ist ebenso viel „wert“ wie der Mann.

Aber Frauen zur völligen  Wesensgleichheit mit dem Mann umerziehen zu wollen, wie dies Platon vor 2400 Jahren forderte, wie dies die unwiderstehliche  Pippi Langstrumpf nach dem Willen ihrer Mutter Astrid Lindgren vor 60 Jahren im Scherz zur Tröstung eines kranken Kindes von Astrid Lindgren vorlebte, und wie dies auch auf Biegen und Brechen in den ehemals kommunistischen Staaten des Sowjetblocks versucht wurde, führt meines Erachtens in die Irre.

Ich halte es für falsch, die Frauen gewaltsam zur 50%-Beteiligung an politischer und wirtschaftlicher Macht umerziehen zu wollen.

Für richtig halte ich es, die Jungs, all die Oles, Tareks, Cems und Lasses zur Fürsorge und schaffenden Erwerbstätigkeit für ihre späteren Ehefrauen, ihre späteren Kinder und ihre später pflegebedürftigen greisen Eltern zu ermuntern und zu erziehen – und die Mädels, all die Mias, Fannys und Yasemins, die Meldas und Pippilottas und Astrids zur Fürsorge für ihre späteren Kinder und ihre später pflegebedürftigen greisen Eltern zu erziehen. Ich meine in der Tat: Der erwachsene, der reife, der an eine Frau gebundene  Mann soll vorrangig nicht dem eigenen Ich, sondern der Frau, dem Kind und der Familie dienen. Der Mann soll sich dem Wohle der Frau, des Kindes und der Familie unterordnen und nicht sein eigenes Ich vorne dran stellen. Daran fehlt es bei uns Männern – mich selbst eingeschlossen – allzu oft.

Die erwachsene, die reife Frau wiederum soll sich im Gegenzug dem Wohl der schwachen Menschen, also der Kinder und der Familie unterordnen.

So empfahlen es auch schon nahezu einstimmig all die guten alten Pragmatiker und nüchtern denkenden Sozialberater Moses, Jesus und Mohammed, all die Johann Peter Hebels, die Friedrich Schillers und die Gebrüder Grimm. Sie haben sich umgekuckt und gefragt: Wie halten menschliche Gesellschaften zusammen? Durch die Leistung eines Machtverbandes, also durch den geldumverteilenden Staat, oder durch das innige Band der Menschen untereinander, durch Ehe,  Familie, Freundschaft und Nächstenliebe? Antwort der genannten Männer: Der Staat kann es nicht leisten. Die Menschen leisten es!

Diese uralten Einsichten werden schon nicht völlig falsch gewesen sein. Es ist jahrtausendealtes Menschheitswissen, das nicht schon deswegen falsch ist, weil es seit Jahrtausenden immer wieder neu entdeckt wird.  Das spezifisch Weibliche, das spezifisch Mütterliche – das übrigens auch Männer in sich und an sich pflegen und hegen sollten – droht derzeit im öffentlichen Diskurs Westeuropas und der USA völlig unter die Räder der Gender-Debatte (siehe Judith Butler, Luce Irigaray, Jean Baudrillard  e tutte quante) zu geraten. Alles droht unter das Diktat des Wirtschaftlichen, unter den Vorrang der Macht eines anonymen Diskurses und des Geldes zu geraten.

Ich meine: Wir sollten das Weibliche und das Mütterliche, das Hegend-Pflegende in den Frauen und auch in uns Männern retten.

Zum Nachlesen: Friedrich Schiller: Das Lied von der Glocke. In: Friedrich Schiller, Sämtliche Werke. Erster Band. Gedichte. Dramen, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1987 [=Lizenzausgabe der Werkausgabe des Hanser Verlags], S. 429-442 , hier S. 433

Kreuzberg Berlin Das Lied von der Glocke Park am Gleisdreieck Morgen des 20 Februar 2013 – YouTube.

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Thema in der Sekundarschule: Soll man pünktlich zur Schule kommen?

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Jun 182012
 

Soll man pünktlich zur Schule kommen? Soll man Hausaufgaben machen? Soll man lernen? Wichtige Fragen, die jahrelang in der Berliner Sekundarschule behandelt werden müssen!

Oder soll man sich darauf verlassen, dass der Staat ohnehin alles bezahlt,dass man letztlich in Deutschland nicht arbeiten muss, wenn man keine Lust hat? Viele junge Deutsche in Berlin beschließen, alles treiben zu lassen. Und niemand hindert sie daran. Der Staat lässt niemanden fallen, man kann prima leben ohne sich anzustrengen oder zu arbeiten. Es gibt auch einen großen Chor an Anwälten, Politikern, Benachteiligtensprechern, die umständlich nachweisen, dass niemand erwarten dürfe, dass die Schüler sich anstrengten. Denn sie seien ja so benachteiligt.

Ein sehr merkwürdiges, heute weithin vergessenes Wort ist Pflicht. Pflichten der Schüler, Pflichten der Eltern. Dabei gab es früher einmal eine recht ausgefeilte zivilgesellschaftliche Pflichtenlehre, die sich meist an Ciceros De officiis anschloss, soweit sie nicht religiös begründet war.

Der Grundgedanke der alten Pflichtenlehren war einfach: Damit Gesellschaften überleben könnten, sei eine Grundeinstellung des Fleißes, der Tüchtigkeit nötig. Man dürfe sich nicht darauf verlassen, dass immer andere für einen sorgten. Als Erwachsener solle man daher sich seinen Lebensunterhalt durch eigene Arbeit verdienen. Deshalb solle jeder Mensch im Laufe seiner Kindheit und Jugend Pflichten für sich und für andere übernehmen lernen.

Ein überzeugender Gedanke, wie ich meine, der aber hier in Berlin weitgehend vergessen ist.  Das große Wort lautet hier: Ansprüche des Einzelnen an den Staat.

Diese und andere Fragen brennen vielen Lehrern auf den Nägeln, so auch der famosen Frau Freitag, die uns griffig und fröhlich in ihrem Blog unterhält.

http://www.tagesspiegel.de/berlin/schule/interview-mit-kult-lehrerin-frau-freitag-ist-berlinerin/6758154.html

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Mai 252012
 

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Gestern sprachen wir von der Selbstbindung des Menschen an einen sittlichen Wert, an ein Ideal. Ein typischer Satz dieser Selbstbindung lautet: „Ich möchte ein Vorbild für andere sein.“ Gesagt hat ihn meines Wissens zu ihrem Amtsbeginn die Berliner Sozialsenatorin Dilek Kolat. Eine tiefe Einsicht in die Berliner Sozialverhältnisse spricht aus diesem Satz. Offenkundig kennt die Senatorin ihre Pappenheimer. Denn was der Berliner Sozialklientel fehlt, sind nicht selbsternannte Interessenvertreter, sondern glaubwürdige persönliche Vorbilder. Alle wollen immer das beste für die Mündel des Berliner Vulgärsozialismus herausholen, gigantische Summen werden Jahrzehnt um Jahrzehnt von der Berliner Sozialpolitik in den Märkischen Sand gesetzt, sie versickern im schwarzlochischen System des Berliner Syndroms aus Bedürftigkeitsleistungen, Jammerarien der Dauerbenachteiligten, Verfettung, Immobilismus, Frechheit, Faulheit, blankem Sozialbetrug, systematischer Staatsausplünderung, Kriminalität und Dreistigkeit. Jeder, der in Neukölln oder Kreuzberg wohnt oder länger gewohnt hat, wird aus eigener Anschauung beliebige Beispiele beisteuern können.

„Ich möchte ein Vorbild sein.“ Ein großartiger Satz, durch den sie sich mir nachhaltig und sehr positiv leuchtend eingeprägt hat.

Nur aus dieser sittlichen Selbstverpflichtung kann auch die Berechtigung erwachsen, von anderen etwas abzuverlangen.

Pflichten der Eltern!“ Na endlich, endlich traut sich eine führende Berliner Sozialpolitikerin mal etwas zu den Pflichten der Bürger zu sagen. Das gab’s zu meinen Lebzeiten noch nie. Steht jetzt eine Zeitenwende in der Politik bevor, nachdem jahrzehntelang die Berliner Landes- und Bezirkspolitik die Wähler nur verhätschelt und verwöhnt hat?

Über einen der Vereine, denen ich angehöre, erreicht mich folgende Einladung:
‚“Freitag 01.06.2012 um 14.30 Uhr wird Frau Senatorin Dilek Kolat in einem
kurzen Vortrag ihre Sicht von den Pflichten der Eltern in Verbindung mit der
Integration an Schulen darlegen, mit anschließender Diskussion.
Die Veranstaltung findet in der Aula der Rudolf-Wissell-Grundschule in der
Ellebeker Straße 7-8 in 13357 Berlin-Wedding (Gesundbrunnen) statt.“

Ich wünsche die Wende, die sich in einem solchen Vortrag anzukündigen scheint. Der Sozialstaat leistet zu viel, was wir uns nicht leisten können. Jetzt sind die Bürger am Zug.

Eltern brauchen Vorbilder.

 Posted by at 23:29
Mai 252011
 

„Immer sind die anderen schuld.“ Dies ist das Ergebnis unserer langjährigen philosophisch-politischen Betrachtungen.

Ich habe noch von keiner der 5 großen Berliner Parteien das Anerkenntnis gehört:  „OK Jungs. Wir geben es zu. Wir waren dabei. Wir haben mitgemacht und haben kräftig davon profitiert.“

In meinen kühnsten Entwürfen hab ich mir mal gewünscht, dass eine Partei oder alle Parteien den Mut fänden, etwa folgendes zu erklären:

Mitschuld an Schulden eingestehen – um Vertrauen werben!

Wir vertrauen dem Menschen und wir bitten um das Vertrauen der Menschen. 

Wir bekennen uns darum als Berliner Partei XYZ ausdrücklich und feierlich zu unserer wesentlichen Mitschuld an dem heutigen Zustand des Landeshaushaltes.  Denn auch die Berliner Landesregierungen und die Bezirksregierungen mit [setze deinen Parteinamen ein!] XYZ-Beteiligung haben die bekannten, seit 1989 absehbaren Fehlsteuerungen nicht verhindert, sondern waren ein tragender Teil davon. Allzu leichtfertig sind wir mit öffentlichem Geld umgegangen. Wir haben staatliche Mittel im Übermaß verteilt und zu viele ungedeckte Sicherheiten und Bürgschaften auf die Zukunft ausgeschrieben. Wir erklären hiermit entschlossen unseren Abschied vom alten Muster der staatsverquickten Verteilungspolitik, wie sie sich in beiden Hälften der Stadt Berlin auf so unverantwortliche Weise seit dem Mauerbau am 13. August 1961 über Jahrzehnte hinweg herausgebildet hat.

Die alte Verteilungspolitik, die bekannte Günstlingswirtschaft, der bürgerverhätschelnde „Staatssozialismus“, an dem die Stadt heute noch leidet, ist nicht mehr der Weg der Berliner Partei XYZ.

Stattdessen werden wir die Bürger ermutigen, ihr Schicksal im Geist der großartigen friedlichen Revolution von 1989 in die eigene Hand zu nehmen. Wir wollen, dass die Menschen für ihr Wohlergehen selber arbeiten statt weiterhin wie gewohnt die Segnungen und Vergünstigungen des bemutternden Staates einzufordern. Wir setzen unser Vertrauen nicht vorrangig in die Regelungsmechanismen des Staates, sondern in die Kreativität, den Fleiß und die Tatkraft der Menschen.

Die Bürger sollen sich ihre Stadt vom verwöhnend-ohnmächtigen und deshalb bis zur Halskrause verschuldeten Staat zurückholen. Leistung, Gemeinsinn, Redlichkeit, die persönliche Verantwortung des Einzelmenschen und der Familien, der Respekt voreinander, die Fürsorge der Menschen füreinander, die jüdische, christliche, muslimische und atheistisch-humanistische Nächstenliebe, die Einhaltung der Regeln des zivilen Zusammenlebens: zu diesen Tugenden und Grundwerten bekennen wir uns hiermit als die XYZ-Partei Berlins. Aus diesen grundlegenden Elementen wird die lebendige, die starke Bürgergesellschaft unserer gemeinsamen, zu unserem Glück nicht mehr geteilten Stadt zusammenwachsen.  

Daran glauben wir. Dafür arbeiten wir. Dafür treten wir im Dienst des Gemeinwohls an. An diesen Werten wollen wir gemessen werden.

Ob wohl irgendeine Partei in Berlin sich finden wird, die ein derartiges Bekenntnis ablegt? Mich würde es sehr freuen! Die Berliner würde es auch freuen!

Und diese Partei – die es leider nicht zu geben scheint – würde auf einen Satz 7-8% zulegen. Sie würde mit Sicherheit in die nächste Stadtregierung gelangen.

Also – Berliner Parteien! Gebt euch einen Ruck! Warum nicht einmal eigene Schuld an Schulden eingestehen, wenn’s der Machterweiterung dient?

 Posted by at 21:20

„Sie haben die Aufgabe, Deutsch zu lernen“

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Nov 182010
 

Spannendes Gespräch mit meinem Mit-Kreuzberger Cem Özdemir auf S. 4 der FAZ heute!  Sein Schwäbisch ist weit besser als meines, da er im schwäbischen Kernland aufwuchs, ich nur im benachteiligten Zonenrandgebiet zu Bayern. Aber sollte ich deswegen gleich um „Benachteiligtenförderung“ betteln, wie das in Berlin Hinz und Kunz machen?

Scherz beiseite! Im Ernst:  Als große Gefahr sehe ich es an, wenn die Grünen jetzt zunehmend plötzlich ihre Karte „Verantwortung“ und „Pflicht“ von der Umweltpolitik auf die Bürger insgesamt ausdehnen. Musterbeispiel sind dafür Sätze wie: „Die Bürger haben die Pflicht, Plastikflaschen zurückzubringen. Die Bürger haben die Pflicht, sparsam (=“energieeffizient“), sauber (=“umweltverträglich“) und anständig (=“nachhaltig“) zu leben. Die Bürger haben die Pflicht, richtig gutes Deutsch zu lernen.“ Beispiel:

Im Gespräch: Cem Özdemir, Bundesvorsitzender der Grünen: „Unsere Leitkultur ist das Grundgesetz“ – Inland – Politik – FAZ.NET
Die Amtssprache in Deutschland ist Deutsch. Das gilt selbstverständlich auch für Zuwanderer und ihre Kinder. Sie haben die Aufgabe, Deutsch zu lernen – zum Schutz ihrer Kinder, damit sie sich zurechtfinden.

Das ist doch genau jenes bürgerliche Pflicht- und Verantwortungsethos, das Städte wie Stuttgart, Genf, Zürich, Hamburg, Lübeck, Kaisari oder Konya so reich und blühend gemacht hat!

Das passt nicht zu Berlin. In Berlin würde es eher heißen: „Der Staat hat die Pflicht, durch Förderkurse, staatliche Finanzierung, Programme wie etwa die soziale Stadt oder die Kiezlotsen und Stadtteilmütter allen Zuwanderen im Laufe von 50-100 Jahren das Erlernen der rudimentären Bruchstücke des Deutschen zu bezahlen und soziale Teilhabe zu schenken.“

Wenn die Grünen sich von dem linken Steuerungswahn abwenden, wonach der Staat allen sozialen Aufstieg und soziale Gerechtigkeit über Generationen bezahlen soll, dann wird es gefährlich.

Nicht für die Stadt Berlin, aber für die sogenannten „bürgerlichen Parteien“.

 Posted by at 16:09

Renate Künast ist die grüne Gefahr für …

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Nov 112010
 

Renate Künast ist die große grüne Gefahr für die Berliner sogenannten „bürgerlichen“ Parteien CDU und FDP. Haben sie es schon begriffen?

Wenn Künast jetzt von der sie unterstützenden Presse mit solchen Aussagen wie „Berliner, strengt euch an!“ zitiert wird, ist dies als auch als frontaler Angriff auf die sogenannten „bürgerlichen“ Parteien zu werten. Kein CDU-Mann hat sich meines Wissens bisher getraut, eine derart richtige, obgleich harte Forderung ans Wahlvolk heranzutragen.

Das würde in letzter Konsequenz bedeuten, dass nicht der rot-rote Senat an allem schuld ist, was in dieser Stadt falsch läuft!

Berliner, strengt euch an!“ – das ist das bürgerliche Arbeitsethos in Reinkultur.

Wenn das käme, wenn diese gefährliche Haltung sich durchsetzte, dass es auf die Anstrengung der einzelnen ankommt, wäre dies fast schon der Abschied vom liebenden allgütigen Versorgungsstaat, dem die großen Berliner Parteien (also SPD, Linke, CDU, Grüne) im Andenken an selige Mauerzeiten bisher gehuldigt haben.

Das entspricht ja schon fast meinem eigenen Spruch: „Wir müssen uns alle mehr abstrampeln!“ Mit diesem Spruch könnte ein CDU-Mann zum Beispiel vors gemeine Wahlvolk treten, wie selbstverständlich auf dem Fahrrad sitzend.

Oder wie es der Berliner IHK-Chef Eric Schweitzer mal gesagt hat: „Wir müssen uns alle mehr anstrengen!

Warnung! Künast hat eine evangelische Grundschule besucht, sie kennt also das protestantische Arbeitsethos und das christliche Liebesethos von Kindesbeinen an in- und auswendig. Da könnte die Christenunion was abgucken. Fast ist man versucht, den bekannten Spruch Wagners aus Goethes Faust abzuwandeln:

Ich hab es oftmals rühmen hören:
Eine Grüne könnt‘ einen Christdemokraten das Fürchten lehren.

Künast kann das säkularisierte Arbeits- und Liebesethos buchstäblich herunterbeten – ohne jedoch die hartgesottene linksgrüne Kerntruppe zu vergraulen. Große politische Klasse, lest Künasts Interviews!

Renate Künast hat also sehr gute Chancen, mehr Stimmen als Wowereit einzusammeln.

Guter Move war auch, dass sie nicht zu den Anti-Atom-Demonstrationen hinfuhr. Das hätte Stimmen in der Mitte gekostet. Andererseits kein Bekenntnis zum Rechtsstaat! Das würde ebenfalls Stimmen kosten – bei der linksgrünen Stamm- und Sturmtruppe.

Besser stillhalten, niederducken, rumlavieren und keinem Aal was zuleide tun.  Gut gemacht, Renate!

Berliner, strengt euch an! – Berliner Zeitung

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Sep 302010
 

Oft wird zur Behebung sprachlicher Defizite eine Kita-Pflicht für Vorschulkinder gefordert. (Ich selbst forderte sie sogar einmal für Politiker – zur Erlernung einer gepflegten Streitkultur.)

Dabei besuchen Berlins Kinder bereits jetzt zu etwa 93% die Kita mindestens 1 Jahr vor der Grundschule. Soeben wies auch in der BVV Friedrichshain-Kreuzberg die Bildungsstadträtin Monika Herrmann darauf hin, dass die Kinder vor der Einschulung in aller Regel sehr viele Stunden in der Kita verbingen.

Eventuelle sprachliche oder sonstige Benachteiligungen lassen sich also nicht durch die Einführung der Kitapflicht beheben. Da müsste man schon genauer schauen und fragen: Warum schaffen wir es in den Kitas nicht, alle Kinder zur echten Schulreife zu bringen? Was läuft falsch?

Ich selbst wagte mich mutig heute zum allerersten Mal ans Friedrichshain-Kreuzberger BVV-Mikrophon! Ich lauschte einigen Experten bei einer Veranstaltung zum Thema „Eltern als Teil der Schulgemeinschaft„. Ich hob in einer kurzen Wortmeldung hervor, dass die Kommunikation zwischen Familie und Schule vielfach gestört oder unterbrochen sei und fuhr fort:

„Die Familien sind das erste, das bestimmende Umfeld der Erfahrung der Kinder. Die Familie legt das Fundament für den gesamten Bildungsgang des Kindes. Die Schule tritt später hinzu. Weit entfernt davon, ein schwaches Subsystem der Gesellschaft zu sein, prägt die Familie das gesamte Erfahrungsfeld der Kinder in den ersten Lebensjahren.

Viele Lehrer berichten mir, sie müssten die Defizite ausbügeln, mit denen die Kinder in die Schule kämen. Das sei weitgehend eine Überforderung.

Das System Schule und das System Familie sprechen oft nicht zueinander. Sie passen irgendwie nicht zusammen. Selbst ich als Vater habe oft Mühe zu begreifen, was in der Schule geschieht. (Zustimmendes Gelächter der Anwesenden).

Wir sollten nicht die kulturellen Unterschiede zwischen Kindern zu sehr betonen. Im Grunde werden alle Kinder mit sehr ähnlichen Grundbedürfnissen geboren: Sie brauchen Liebe. Sie müssen sich angenommen fühlen, wollen Wertschätzung und Aufmerksamkeit.

Ebenso wichtig für das Wachsen ist das Regelsetzen. Kinder müssen sich freikämpfen, müssen Freiheit erlernen, müssen sich ändern können, aber sie brauchen auch feste Grenzen.

Für diese Grunderfahrungen sind die Familien verantwortlich. Wenn sie dieses Aus- und Abwägen der unbedingten Liebe und der festen Grenzsetzung nicht hinbekommen, werden es die Schulen sehr schwer haben, dies auszugleichen.

Deshalb sollten wir Familien stärken, aber auch stärker in die Pflicht nehmen. Insbesondere die Väter sollten sich nicht so einfach aus dem Staub machen. Hier haben wir das Recht, die stärkere Beteiligung vor allem der Väter einzufordern.“

In der Diskussion der Flüstergruppen wandte ein Lehrer  mir ein: „Das stimmt zwar, was Sie sagen, aber wir dürfen als Schule nicht belehrend von oben herab wirken. Da müssen wir aufpassen.“

Nun, ich meine allerdings: Die Schule wirkt in jedem Falle belehrend. So lehrt sie etwa die Rechtschreibung von oben herab. Schule soll und muss sogar normensetzend auf Kinder einwirken! So verlangt die Schule die vielbeschworene Toleranz gegenüber anderen Religionen und Nationen von den Kindern – von oben herab. Sie verlangt, dass man Regeln einhält, dass man etwa kein Altöl ins Grundwasser schütten darf.

Ich meine, dass die Schule oder die Gesellschaft überhaupt sehr wohl fordernd und belehrend auf die Schüler und die Eltern einwirken soll. Gerade dann, wenn es entscheidend um das Gedeihen der Kinder geht. Man verlangt, dass die Kinder die Zähne putzen. So kann man auch verlangen, dass die Kinder nicht zu viel Süßes essen und nicht so viel vor dem Fernseher hocken, sondern stattdessen wandern, schwimmen, kochen, singen und radfahren.

Vor allem kann und darf die Gesellschaft und die Schule von den Vätern verlangen, dass sie ihren Pflichten gegenüber den Kindern nachkommen und sich nicht aus dem Staub machen.

Ich bin überzeugt, dass die Kinder vom ersten Tag an die liebende Zuwendung, die Anwesenheit der Eltern brauchen, und dass die Gesellschaft dies auch von den Eltern einfordern darf.

Die heutige Veranstaltung „Eltern als Teil der Schulgemeinschaft“ brachte viele wertvolle Anregungen. Sie sollte als Auftakt, als Ansporn zu Taten dienen!

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„Der Papa werd’s scho richten, dös khert zu seinen Pflichten…“

 Das Gute, Entkernung, Faulheit, Integration, Migration, Neukölln, Pflicht, Sozialadel, Sozialstaat, Tugend, Verwöhnt  Kommentare deaktiviert für „Der Papa werd’s scho richten, dös khert zu seinen Pflichten…“
Sep 022010
 

Ein wunderbares Phänomen in meiner Kindheit war Helmut Qualtinger auf einer 45 U/min-Platte. Darunter das herrliche Lied, dessen Refrain ich oben zitiere.

Genau dieser herrliche Gesang  kommt mir in den Sinn, wenn ich die Berliner Bildungsdebatte verfolge. Bei allen Missständen wird sofort nach dem Staat geschrien. Der Papa Staat ist für alles zuständig. Der Herr Papa!

Wir haben nunmehr hier hin Neukölln, Kreuzberg, Wedding und anderen Bezirken massiv abgeschottete, in sich geschlossene Gemeinden, die keinen Anlass sehen, ihren Kindern sehr frühzeitig vernünftiges Deutsch oder ein Minimum an Disziplin, Fleiß und Respekt vor nichtmuslimischen Lehrerinnen beizubringen. Über sie sagt Astrid-Sabine Busse, Schulleiterin einer Grundschule in Neukölln:

„Sie bleiben einfach untereinander. Man muss sich ja hier auch gar nicht integrieren. Man nimmt das Viertel in Besitz, und man lässt sich pampern. Ich seh doch an den Bescheiden für die Lebensmittelzuschüsse, wie viel Geld in Wahrheit in diesen Familien  ist, alles Sozialhilfe; wenn viele Kinder da sind, ergibt das 3000, 3500 Euro. … Wissen Sie, wie viel Sozialhilfe jeden Monat allein an die Eltern meiner Schule ausgegeben wird? 400 000 Euro.“

Diese Feststellungen muss ich leider aus eigener persönlicher Erfahrung bestätigen. Es ist so. Der deutsche Staat hat eine unfassbare, grenzenlose Anspruchshaltung herangezüchtet- nicht nur bei den eingesessenen, den autochthonen Deutschen selbst, sondern auch bei jenen ursprünglich etwa 200.000 Menschen arabischer Muttersprache, die vor etwa 20 Jahren sich unter rätselhaftem Verlust ihrer Pässe und Dokumente aus dem Libanon aufmachten, um ihr ganzes Glück bei uns zu finden. Und sie haben es ja gefunden, sowohl materiell als auch sozial. Denn sie können ganz nach eigenen Vorstellungen ihren eigenen Stil leben. Und der Herr Papa Staat zahlt für alles.

Für alle Missstände wird sofort der Staat angeklagt und in Haftung genommen. Eine groteske Situation.

Die Kinder dieser Menschen bilden heute an einigen Neuköllner und Kreuzberger Schulen im sozialen Brennpunkt bereits die absolute Mehrheit der Kinder und haben begonnen, die verbleibenden Türken der dritten Generation aus Neukölln und Kreuzberg zu verdrängen. Die deutschen Eltern lehnen es – mit ganz wenigen Ausnahmen – ab, ihre Kinder in diese Schulen im sozialen Brennpunkt zu schicken.

Aber unaufhörlich erschallt der Ruf nach mehr Staat. „Der Papa werd’s scho richten …“

 Vergleichstest – Berliner Migrantenkinder scheitern an Deutsch-Test – Berlin Aktuell – Berliner Morgenpost – Berlin
„Die Ergebnisse zeigen, dass wir mit unserer Einschätzung richtig lagen“, sagt Jürgen Schulte, Sprecher der Initiative „Grundschulen im sozialen Brennpunkt“. Jetzt müsse die Bildungsverwaltung die Voraussetzungen schaffen, damit auch die Schulen mit einem hohen Anteil an Schülern nicht deutscher Herkunftssprache die Anforderungen erfüllen können. Die Grundschulen benötigten mehr Personal, stattdessen gebe es in diesem Jahr an den Brennpunktschulen aber sogar weniger Lehrer zur Förderung der benachteiligten Schüler als in den Jahren zuvor.

Zitatnachweis: Thilo Sarrazin, Deutschland schafft sich ab, München 2010, S. 323

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Sep 012010
 

Ich habe meinen Sohn 4 volle Jahre lang in eine Schöneberger Kita und in eine Kreuzberger Grundschule geschickt, in denen der Anteil muslimischer Kinder nichtdeutscher Herkunftssprache bei mindestens 80% lag. Manche erklärten mich für verantwortungslos. „Du willst doch deinen  Sohn nicht bei DENEN so verheizen!“, warf mir eine Freundin vor, Mitglied der Linkspartei.

Verheizen! Was für ein Wort! Bin ich elitär, weil ich jahrelang gegen den Strom geschwommen bin und alle anderen Eltern gebeten habe, ebenfalls ihre Kinder zu unseren muslimischen Migranten zu schicken?

Ich glaubte fast schon an eine Verschwörung der linken und grünen Eltern gegen meine Araber, gegen meine Türken, gegen meine Muslime, überhaupt eine Verschwörung der linken und grünen Politiker gegen uns Migranten, weil sie – wie bekannt – ihre eigenen Kinder nie und nimmer  zu uns in die NDH-Eliteschule mit 90% Anteil muslimischer Kinder schicken würden.

In der aktuellen zitty Berlin berichtet die Sängerin Judith Holofernes  auf S. 20 von ihrer „Heidenangst„, ihren Sohn in eine stinknormale örtliche Schule mit über 90% NdH-Anteil zu schicken. Und die Kreuzberger Bildungsstadträtin sagt auf S. 23 ebenfalls über uns Eltern: „Sie haben eine Heidenangst, eine falsche Entscheidung zu treffen …“

Heidenangst – was ist das?  Angst vor den Heiden? Ich würde eher sagen: Angst der Heiden vor den deutschen Muslimen. Sogar Güner Balci will ihren Sohn nicht seiner Integration in die deutsche muslimische Kindermehrheit „opfern“ und hat ihren und meinen Heimatbezirk Kreuzberg verlassen. Sie will ihren Sohn halt nicht in die ganz normale Kreuzberger muslimische Mehrheit integrieren. Schade!

Hierauf kann ich nur sagen: Habt doch keine solche Heidenangst vor den deutschen muslimischen Kindern! Ihr werdet eure kleinen Söhne nicht auf Lebenszeit vor Prügeleien, vor Mobbing, vor Isolation, vor Peniskontrollen und Angespucktwerden durch ältere Mädchen beschützen können. Da müsst ihr, da müssen eure Kinder schon durch, wenn es euch ernst mit der Integration ist. Wenn ihr da durchgeht, könnt ihr zu wunderbaren Freundschaften, zu wunderbaren Erlebnissen des Annehmens und des Angenommenwerdens gelangen.

Wir haben das alles auch durchgemacht.

Lasst euch doch nicht entmutigen! „Der Mensch ist von Natur aus ängstlich“ (Sure 70,19). Wenn ihr oder eure Kinder angegriffen werdet, gedenkt der Worte des Propheten und rezitiert sie laut:

Ihr wart verfeindet, und er stiftete Freundschaft unter euch, damit ihr Geschwister wurdet (Sure 3, 103).

Der arme Kreuzberger Blogger und Radfahrer Johannes Hampel bittet somit in aller Unterwürfigkeit seine Mitbürger Raed Saleh, Michael Müller, Birgit Homburger,  Lamya Kaddor, Güner Balci, Judith Holofernes und Sigmar Gabriel, ihre eigenen Kinder, Patenkinder, Nichten und Neffen, Freundes- und Enkelkinder für mindestens 3 Monate in eine ganz normale staatliche Kita oder Grundschule mit ganz normalen 90% muslimischen deutschen Kindern nichtdeutscher Herkunft zu schicken. Es hülfe sehr!

Ich rege hiermit ein Integrations-Pflichtjahr für nichtmuslimische Schüler deutscher Herkunft in unseren ganz normalen Berliner staatlichen Grundschulen an. Alle nichtmuslimischen Grundschüler deutscher Herkunft sollten demnach mindestens ein Schuljahr in einer normalen staatlichen Schule mit den üblichen 50-90% muslimischer Kinder nichtdeutscher Herkunft ableisten, etwa im Neuköllner Rollbergviertel, im Soldiner Kiez oder in Kreuzberg SO 36. Auf dass unser gemeinsames Vaterland Deutschland, unsere gemeinsame Heimatstadt Berlin  zusammenwachse!

Nach Ableistung dieser Integrations-Dienstpflicht der nichtmuslimischen Kinder deutscher Herkunft für die Muslime und an den Muslimen wären die Kinder bzw. deren Eltern frei in der Schulwahl.

Diese selbstauferlegte Dienstpflicht zur Integration in die muslimische Mehrheit haben wir selbst 4 Jahre lang abgeleistet. Ich versichere euch: Es hilft allen. Es hilft euch, hilft euren Kindern, hilft unserem Land. Es verleiht all euren Parteiausschlussanträgen und Empörungsanfällen erst die rechtschaffene Glaubwürdigkeit.

Ihr habt doch nichts gegen deutsche Muslime? Ihr seid doch keine Angsthäsinnen und Angsthasen?

Noch einmal: Kommt zu uns! Habt keine Angst! Habt doch keine solche Heidenangst vor den deutschen Muslimen!

Quellenangabe: Der Koran für Kinder und Erwachsene. Übersetzt und erläutert von Lamya Kaddor und Rabeya Müller. C.H. Beck Verlag, München 2008, hier: S. 197

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„Regeln? Sind doch nur für Angsthasen!“

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Aug 182010
 

16082010023.jpg Nach 1-2 Tagen habe ich mich schon wieder auf Berliner Verhältnisse eingestellt. Es ist hier 20 Grad kühler, die Umweltprobleme sind in Deutschland um den Faktor 20 kleiner, die Wassermelonenpreise sind hier um den Faktor 10 höher. Der gefühlte Staubgehalt der Luft ist um den Faktor 100 niedriger.

Ein wesentlicher Unterschied zwischen dem Spazierengehen in Nikolina Gora („Nikolsberg“) und Kreuzberg springt mich sofort an: Es begegnen einem in Russland auf den Bürgersteigen fast keine Radfahrer. Ich muss sagen: Die allseits beliebten Berliner Gehwegradler fehlten mir in Russland geradezu. Traurig!

Wie anders hier in Kreuzberg! Erst gestern lachten wir herzlich: Mein achtjähriger Sohn nahm sich auf dem Gehweg in der Hagelberger Straße, einer breiten, asphaltierten, kaum von Autos befahrenen Straße, die Freiheit, sein Fahrrad von der Parkposition zu schieben und es umständlich hin- und herschiebend zu wenden. Er versperrte somit für einige Augenblicke mit seinem Rad den Gehweg. Zwei Radfahrerinnen von etwa 25 Jahren radelten in seinem Rücken fröhlich plaudernd auf dem Bürgersteig auf ihn zu. Selbstverständlich gingen sie davon aus, dass der fahrradschiebende Junge ihnen, den doch etwa 15 Jahre älteren Damen, ehrerbietig Platz machen würde. Allein – er nahm sie nicht wahr, da er keine Augen im Rücken hat! Offenkundig hatte er sich noch nicht wieder darauf eingestellt, dass hier in Kreuzberg jederzeit von allen Seiten und in allen Geschwindigkeiten Radfahrer die Gehwege benutzen.

Mit Vorliebe dann, wenn die Straßen breit und wenig befahren sind; noch lieber dann, wenn direkt daneben Radwege oder Radstreifen sorgsam angebracht sind.

Was tun? Die beiden Gehwegradlerinnen schienen gestern wenig erbaut, nahmen das unerwartete Verkehrshindernis aber dann doch gelassen und mit Humor.

„Das ist offenbar ein selbsternannter Hilfspolizist. Er möchte euch Gehwegradlerinnen erziehen“, rief lachend ein Mann, der die lustige Szene beobachtete. „Wir haben verstanden“, rief eine der beiden Radfahrerinnen lachend. Und sie radelten nebeneinander auf dem Gehweg weiter, fröhlich plaudernd.

Ich fasse das so auf: Die Radlerinnen wussten offenbar, dass sie etwas Verbotenes taten. Da aber die Verbotsübertretung ohne jede Folgen bleibt, wird das Verbot als nichtexistent angesehen. Die Verkehrsregeln gelten offenbar für die Radfahrerinnen nicht. Sie werden ignoriert.

Und weiter geht’s in derselben Tonart: Ein erster längerer, beruflich veranlasster Weg führte mich gestern von Kreuzberg nach Steglitz. Auf etwa 9 km Fahrt beobachtete ich wieder die vertraute allbezirkliche Rotlichtmissachtungsquote von mindestens 50% bei den Radfahrern – aber umgekehrt eben auch etwa die Hälfte aller Radfahrer, die bei Rot anhielten.

Ist das Glas nun halb voll oder halb leer? Es kommt darauf an. Am besten ist: Nicht drüber nachdenken!

Die Schulkinder merken jedenfalls schon von Anfang an, dass der Radverkehr in Berlin nicht so abläuft, wie es ihnen in der schulischen Verkehrserziehung beigebracht wird.  Sie lernen im Straßenverkehr sehr früh, dass man sich über über staatliche Regeln des Zusammenlebens ohne weiteres hinwegsetzen darf.

Was im Straßenverkehr hundertfach zu beobachten ist, kann für andere Bereiche nicht falsch sein: Gehäuftes Ignorieren der roten Ampel, Alkohol für 12-Jährige, Graffiti an Schulwänden, Zuspätkommen im Unterricht, kleinere Ladendiebstähle, das Überklettern der Zäune im Prinzenbad, kleine und große Lügen … das alles sind gleichermaßen wichtige außerschulische Lernerfahrungen für unsere Schulkinder. Diese Vergehen haben eines gemeinsam: Sie schädigen keinen anderen Menschen direkt und unmittelbar. Sie „sind doch nicht so schlimm“.

Unsere Schulkinder lernen im Straßenverkehr, vor allem im Fahrradverkehr, Tag um Tag sehr eindrücklich, dass man sich folgenlos über die Regeln, welche die Erwachsenen in der Schule verkünden, hinwegsetzen darf – oder kann – oder sogar muss! Der berüchtigte „Gruppenzwang“ setzt ein. „Wer hält denn schon bei Rot an!“ „Wer bezahlt denn schon an der Kasse! Doch nur die Angsthasen!“

Verkehrsregeln sind doch nur etwas für Angsthasen„, so erklärte mir diese Zusammenhänge vor einigen Wochen fröhlich lachend  der zehnjährige Wilhelm, ein Kreuzberger Schulkamerad meines Sohnes.

Die konsequente Nichteinhaltung der Verkehrsregeln, ja der Regeln des Zusammenlebens überhaupt, ist ein entscheidender Baustein für die spätere Karriere Wilhelms (dessen Namen wir verändert haben), die ihn – wie bereits jetzt seine älteren Brüder – mutmaßlich vor das Jugendgericht bringen wird, sobald er die Strafmündigkeit von 14 Jahren erreicht hat. Die zu erwartenden Folgen kann man dann nachlesen in Büchern wie etwa „Das Ende der Geduld“ von Kirsten Heisig.

Den erwachsenen Gehwegradlerinnen von der breiten, wenig befahrenen, gut asphaltierten Hagelberger Straße gilt mein herzlicher Dank, dass sie mir gestern erneut diese Einsicht vor Augen gerückt haben.

Übrigens: Meiner angestammten Leidenschaft, dem Fahrradfahren, habe ich selbstverständlich auch in Russland gefrönt. Dort oben seht ihr die zwei Fahrräder aus alten Zeiten, mit denen wir in den vergangenen Tagen die landschaftlich berückend schöne Gegend rings um das russische Nikolsberg erkundeten.

Mehr dazu bald in diesem Blog!

 Posted by at 10:49