Handschrift – du holde Kunst, ich danke dir!

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Jan 242019
 
Abschnitt der Inhaltsangabe (fabula) zum Gefesselten Prometheus des Aischylos, unbekannte Entstehungszeit. Enthalten bereits in der ältesten vorhandenen Handschrift, die uns den Gefesselten Prometheus überliefert, dem Codex Mediceus M (Handschrift) aus dem 9./10. Jahrhundert. 2019 durch den hier Schreibenden erneut handschriftlich entnommen der 1972 im englischen Oxford erschienenen Druckausgabe der Tragödien des Aischylos (ed. Denys Page, Oxonii 1972)

Gestern begingen wir den Tag der Handschrift. Anlass, mich ungescheut hier an dich, die Handschrift, zu wenden!

Welche Lust bereitet es mir, nach Jahren des Handschrift-Fastens mit dem Füllfederhalter zu schreiben, die Feder Zeile um Zeile hinwandern zu lassen über das leicht angerauhte Papier meiner Tages-Kladde! Die Mühsal des Kindes nachzuempfinden, das über die harte Schulbank gebeugt mit der Bewegung der Hand sich unauslöschlich einprägt den Schlüssel zum ungeheuren Schatz, den die Menschheit sich mit einer winzigen Anzahl Zeichen geschaffen hat.

Was wären wir ohne dich, o Handschrift! Wir wären unendlich ärmer. Wir stünden vor der Geschichte der letzten 3000 Jahre wie vor den milliardenjahrealten Granitsteinen. Dann gölte, dass –

Gebirgesmasse blieb‘ uns edel-stumm
Wir fragten nicht woher und nicht warum.

Wir bissen uns die Zähne am Granitgestein der Vergangenheit aus. Wir hätten keinen Aischylos, keinen Platon, keinen Thukydides, keine Bibel. Keinen Koran, keinen Newton, keine Hildegard von Bingen, keine Sappho, keinen Messiah von Händel mit dem Berliner Figuralchor am kommenden Sonntag um 19.30 Uhr im Kammermusiksaal der Philharmonie! Denn komponiert wurde und wird mit der Handschrift. Händel hat so komponiert, Bach auch, Mozart auch.

Wir hätten die Prometheus-Hymne von Goethe nicht. Denn Goethe schrieb sie eines uns unbekannten Tages im Zeitraum ab Oktober 1773 bis vielleicht 1775 von Hand. Gäbe es die Handschrift nicht, hätte Goethe die Prometheus-Hymne mit Sicherheit ganz anders gedichtet. Wir wären um so vieles ärmer! Wir wären um so vieles stummer!

Handschrift, du holde Kunst,
In wievielen trüben Stunden,
Hab ich durch dich beglückt mich erst empfunden,
Aufgerichtet, gewärmt, geborgen!
In dich hinein, da flossen alle Sorgen,
Du nahmst sie alle auf, du gabst sie weiter,
In dir entstand die Himmelsleiter,
Durch dich erst sprach zu uns der Raum,
In dir gewann Gestalt der Traum.
Handschrift, du ew’ge Kunst, du Schenkerin der Menschheit –
ich danke dir.

Der oben handschriftlich wiedergegebene griechische Text lautet übersetzt: „Das Bühnenbild der Handlung liegt im Skythenland am Kaukasischen Gebirg; der Chor wiederum wird durch Okeaniden-Nymphen gebildet. Aisch“[ylos?] (Handschrift bricht unvollendet ab)

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ÖPNV, Ökologie und Logistik intelligent vernetzen – das Beispiel eines Moskauer Boten

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Jul 302018
 

Ein gutes Beispiel für die intelligente Verknüpfung von Leihfahrrädern, rad- und schienengebundenem öffentlichem Nahverkehr und Zu-Fuß-Gehen liefert Ivan, der unermüdliche internetbasierte Laufbote aus Moskau, neben Paris, Rom, Berlin, Madrid, London, Mailand, Lissabon, Athen usw. eine der großen europäischen Metropolen. Thema dieses beispielsetzenden Videos ist die Frage:

Wie viel verdient eigentlich ein Laufbote, der seine Aufträge ausschließlich über eine Internetplattform erhält?

Sehenswert, nicht zuletzt, weil es zeigt, welche vielversprechenden Geschäftsmöglichkeiten sich für Internet-Start-ups im Bereich der intelligenten Logistik bieten! Die Uhr läuft ab für all die schweren, in zweiter Reihe parkenden Diesel-Lieferfahrzeuge, welche unsere Straßen verstopfen! Kleine, wendige, wieselflinke, voll digitalisierte, klimafreundliche Logistik-Prozesse treten an ihre Stelle!

Das Video zeigt auch, wie Moskau, die Partnerstadt Berlins,  das Problem der Leihfahrräder gelöst hat, während die Berliner Bezirke immer noch schwerfällig und entscheidungsarm an Bergen regellos abgehalfterter Fahrräder herumlaborieren.

 

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Feb 192012
 

Der arme Blogger bleibt begeistert von den Kolumnen der Tagesspiegel-Autorin Hatice Akyün! Vorbildlich finde ich das klare Bekenntnis der Berlinerin zu ihrer Vaterstadt Duisburg – Zugehörigkeit auch in schwierigen Zeiten, davon lebt das Gemeinwesen. Ob man nun aus Duisburg, Augsburg, Bamberg oder Rostock stammt – diese Vaterstädte haben uns geprägt, peinlich ist es, wenn wir uns bemühen, diese Herkunft aus der deutschen Provinz zu überwinden.

Pflege der Zugehörigkeit, Pflege der eigenen Geschichte, Weitergabe der Weisheit – auch im Streit – der Väter und Mütter. Nur so entsteht Heimat. Auch ihren ständigen Dialog mit ihrem Vater mag ich. Kein Abrechnen mit der Schuld des Vaters, keine „Ich-weiß-es-besser-als-du“-Haltung, die mir bei uns Wohlstandskindern in Deutschland so häufig unangenehm aufstößt, die wir die eigene moralische Überlegenheit aus der Gnade der späten Geburt glauben ableiten zu dürfen.

Sie schafft es, in einem kleinen Absatz die griechischen Ursprünge der Demokratie und türkische Volksweisheiten zu nennen. Eine sehr schöne Versöhnungsleistung der früher verfeindeten Völker!

Manche dieser kristallisierten Gespräche erinnern mich an eigene Gespräche mit Kreuzberger Vätern, mit all den Schustern, Schneidern, Müllwerkern und Handwerkern, denen keine Wege zur weiterführenden Schule offenstanden und die nun oft erkennen müssen, dass die hochfliegenden Söhne die Türen nicht nutzen, die ihnen weit offenstehen.

Einen weiteren vorbildlichen Menschen lernte ich heute erneut kennen: Otto Lilienthal. Setzte sich für die Arbeiter seiner Dampfkessel- und Maschinenfabrik Otto Lilienthal ein, erarbeitete kühne, weitreichende Gedanken, bosselte, werkelte, schuf, schrieb und arbeitete unermüdlich! Er glaubte an die Kraft des Gedankens, er vertraute seinen Kräften und den Kräften der Natur. Ein großer Deutscher! Das Bild zeigt den „Fliegeberg“ in Berlin-Lichterfelde, den ich heute mit eigener Kraft erklomm. Ein vorbildliches Technikdenkmal, von denen es leider viel zu wenige gibt in Deutschland.

Hatice Akyüns Kolumne: Sauerlands Abwahl: Von Duisburg lernen – Meinung – Tagesspiegel
Duisburg hat als Autokennzeichen DU. Das bedeutet für mich, zuerst darüber nachzudenken, was ich für Duisburg tun kann, und nicht, was Duisburg für mich tun kann.

 Posted by at 21:19