Jun 272010
 

Hier im Bundesland Berlin herrscht eine unfassbare, eine überbordende, eine nur mit den besonderen geschichtlichen Umständen erklärbare Staatsverliebtheit und Staatsverquicktheit. Alle Berliner Parteien sind mehr oder minder in ihr befangen! Bei jedem sozialen Problem, das irgendwo auftritt, wird sofort laut und vernehmlich nach dem Fürsorgestaat gerufen: egal ob erhitzte Atmosphäre, vereiste Gehsteige, vermüllte Parks, versiffte Grillroste, vergeigte Bildungstests … stets richtet ein anderer (die  Klimaerwärmung, das saukalte Wetter, der Bürger, der Senat) das Chaos an, und der Staat soll hinterherputzen und hinterherwischen. Der Staat wächst zur generellen Problemwegputzmaschine heran!

Es gibt leider noch keine Partei in Berlin, die dieses Problem im Geiste der Subsidiarität angegangen wäre. Schade, schade! Es treibt mich fast zur Verzweiflung, es treibt mich geradezu zum lärmenden, lauten Protest!

Neuestes Beispiel: Die zunehmenden psychiatrischen Störungen bei Kindern und Jugendlichen. Ich halte diesen Trend – der statistisch belegt ist – für zutreffend beobachtet. Ich selbst sehe über die Jahrzehnte hin ebenfalls immer mehr auffällige, vernachlässigte Kinder, die irgendwie verrückt spielen. Kinder, die ihren eigenen Stiefel leben, ihre eigenen Nägel wundkauen, die ihre Eltern als Hoteliers betrachten und ansonsten ihre Tage an der Playstation vergeigen.

Wer ist SCHULD daran?  Die Antwort im Bundesland Berlin lautet stets: der STAAT. Der Staat liefert nicht genügend Schulstationen, nicht genügend Psychiater, nicht genügend Lehrer, er wischt die Toiletten der Schüler nicht oft genug sauber (die Blasenentzündung!), sodass die armen Kinder ständig klagen und jammern, schreien und beißen müssen. Der STAAT ist also an allem schuld, da er nicht genug ANGEBOTE für seine unglücklichen Bürger bereitstellt.

Lest hier nur den neuesten Anklageerhebung gegen den STAAT im heutigen Tagesspiegel:

Schule: Immer mehr psychische Auffälligkeiten bei Grundschülern – Schule – Berlin – Tagesspiegel
Immer häufiger kommen in die Psychiatrie-Ambulanz des Klinikums Erst-, Zweit- und Drittklässler, die aufgrund von Lernstörungen und sozialen sowie psychischen Auffälligkeiten in der Schule scheitern. Und immer mehr solcher „Problemkinder“ würden produziert, warnen Ärzte, Lehrer und Psychologen. Durch die für viele Kinder zu frühe Einschulung im Alter von fünf Jahren, durch Streichung von Förderklassen, durch Mangel an Lehrern und weiterem pädagogischen Personal.

Was sind also gemäß den Fachleuten die Ursachen der schweren Störungen bei den Kindern?

a) die für viele Kinder zu frühe Einschulung im Alter von fünf Jahren
b) die Streichung von Förderklassen
c) der Personalmangel

Dieser Diagnose ist nicht zuzustimmen. Ich halte sie für grundfalsch. Die Ursache all dieser Störungen bei den Kindern ist nicht ein Versagen des Staates, sondern ein Versagen der Familien. Und an die Familien müssen wir herantreten. Die Familien tragen zweifellos die Hauptverantwortung für die psychische Gesundheit, für das Gedeihen der Kinder.

Wir haben sehr, sehr viele versagende, scheiternde, zerbrechende, sich abschottende Familien. Das halte ich für die mit Abstand wichtigste Ursache des Kinderelends.

Diese Ursache muss benannt werden! In einem zweiten Schritt muss diskutiert werden, wie die Lage zu verbessern ist.

Die staatlichen Hilfsangebote können nicht beliebig erweitert werden. Die Versorgung der Familien durch den Staat entmündigt. Die Familien müssen ertüchtigt werden, gesunde, lebensfrohe, glückliche Kinder zu erziehen – ohne weiteren Eingriff des Staates.

 Posted by at 13:53

  One Response to “Wider die Institutionengläubigkeit (2)”

  1. WIE wollen Sie die Familien ändern?

    Durch Streichen von staatlichen Transferleistungen ändern sie doch nicht die Fehler der Familien. Sie machen’s nur noch schwieriger für die Familien, das zu tun, was sie vernünftigerweise tun sollten.

    Appelle nützen natürlich auch nichts. Die gehen in ein Ohr rein und kommen aus dem andern wieder heraus.

    Also, haben Sie noch andere Pfeile im Köcher?

    Wie wollen Sie die Familien ändern?!

    Es ist schon richtig, wenn Sie geradezu lächerlich oberflächliche Ursachenanalysen aufspießen. Wir müssen an den Kern des Problems ran, und das ist das Gute an Ihrem Insistieren, dass Sie das versuchen.

    Wir beschreiben aber wohl den Kern verschieden. Ich würde die kapitalistische Gesellschaft mit ihrem exzessiven Individualismus, exzessiven Materialismus, exzessiven Hedonismus, exzessiven Verdrängungswettbewerb verantwortlich machen.

    Sie machen nur einfach den Sozialstaat verantwortlich. Aber der Sozialstaat steht bei uns in der Verfassung, und ich halte viel davon, dass wir verpflichtet sind, jedes Mitglied unserer Gesellschaft mit einem anständigen Minimum auszustatten, egal, ob die Person etwas leistet oder nicht. Ich sehe das Problem eher darin, dass der brutale Wettbewerb bei gleichzeitiger verführerischer Konsumwelt dazu führt, dass ein Teil der Gesellschaft nicht mehr mitkommt und sich nicht mehr anstrengt, weil es sich erstens nicht lohnt – ein Teil MUSS ja Verlierer sein in einem Wettbewerb, oder?! – und weil man ja immerhin noch Stütze beziehen kann.

    Sie sehen nur den letzten Punkt, ich sehe AUCH den ersten Punkt: dass die Gesellschaft „Versager“ regelrecht PRODUZIERT.

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