Nov 242024
 

DIE POSAUNENSTELLE
tief im glühenden Leertext,
in Fackelhöhe,
im Zeitloch:

hör dich ein mit dem Mund.

Dies ist ein Gedicht Paul Celans aus der postum veröffentlichten Sammlung „Ilana“.

Unter Posaunenstelle ist hier und heute, am Totensonntag des Jahres 2024, wohl die üblicherweise mit Posaunen unterlegte Textstelle

Tuba mirum spargens sonum
per sepulcra regionum

zu verstehen.

Hör dich ein mit Mund – Hier meinen wir ein besonderes, ein hörendes Sprechen zu vernehmen. Hören mit dem Mund, das geschieht beim innehaltenden Singen, in dem der gesamte Trakt aus Mund, Rachen und Hals ein Schlot wird, in dem alles versinkt und zugleich hervorquillt. Inalare la voce – die Stimme einatmen, so formulierten das die alten Meister des Belcanto.

Zitat:

Paul Celan: DIE POSAUNENSTELLE, in: ders., Sammlung „Ilana“, in: ders., Die Gedichte. Neue kommentierte Gesamtausgabe in einem Band. Mit den zugehörigen Radierungen von Gisèle Celan-Lestrange. Herausgegeben und kommentiert von Barbara Wiedemann. Suhrkamp Verlag, Berlin 2020, S. 570, sowie dazugehörender Kommentar S. 1235-1236

Bild (von oben nach unten): Drüsiger Götterbaum (Ailanthus altissima), Hopfen (Humulus lupulus), Eschen-Ahorn (Acer negunda), gesichtet heute im Cheruskerpark an der Turnanlage vor dem EUREF-Campus. Bestimmt durch die App Flora incognita



 Posted by at 21:46