Sep 192008
 

Nachdem ich heute Unter den Linden den bösen Slogan hörte „Schmidt muss weg. Lauterbach auch!“, muss ich aber nun endlich einige gute Nachrichten aus den Volksparteien zusammentragen. Niemand sollte sie – die Volksparteien  – so in Grund und Boden schreiben, wie das in den letzten Tagen in einigen Blättern, in den Medien geschah. Und leider war auch dieses Blog nicht frei von allerlei kritischen Betrachtungen.

Nein – nein – nein, es ist vieles sehr gut in den Volksparteien Berlins. Beweise? Hier kommen sie:

Beweis 1: Tamara Zieschang, stellvertretende Ortsvorsitzende einer Volkspartei,  setzt sich in Berlin-Mitte für  konkrete Belange von Bürgern ein: gegen Drogenhandel am Weinbergspark, für eine Schule in fußläufiger Nähe, für eine neue Kunsthalle. Bitte mehr davon, Frau Zieschang! Der Tagesspiegel berichtet:

Politik als Dienstleistung? Nicht nur, aber auch. Wer sich als Bürger in Mitte engagiere, der mache in der Bezirksverordnetenversammlung „parteiübergreifend“ eine Erfahrung, sagt Tamara Zieschang: Ablehnung. „Was wollen denn diese Bürger hier? Die sollen sich bitte mal schön hinten anstellen.“ Politik – das bedeutet für Zieschang, die Interessen der Bürger aufzunehmen und umzusetzen, ob es nun um eine Schulgründung geht oder um Verkehrsberuhigung im Kiez.

Graswurzeldemokratie

Beweis 2: In unserem Heimatbezirk führt eine Volkspartei eine Mitgliederbefragung zu den Bundestags-Direktkandidaten durch:

Die SPD Friedrichshain-Kreuzberg und die Abteilungen der SPD im Prenzlauer Berg werden ihren Bundestagskandidaten in einer gemeinsamen Mitgliederbefragung bestimmen. Im Zeitraum vom 14. Oktober bis 12. November 2008 werden drei Kandidaten sich und ihr Programm in sechs Veranstaltungen vorstellen, bei denen die Mitglieder ihr Votum abgeben können.

„Jetzt haben die Mitglieder das Wort“, sagte der Kreisvorsitzende der SPD Friedrichshain-Kreuzberg, Dr. Jan Stöß. „Wir haben drei starke Kandidaten, die gut zu unserem bunten, vielfältigen Wahlkreis passen. Durch das Mitgliedervotum wird jedem Mitglied eine Stimme gegeben und Politik aus dem Hinterzimmer herausgeholt. Ich freue mich auf spannende Diskussionen und einen inspirierenden Wahlkampf,“ so Stöß weiter.

Ich meine: So etwas sollte man nicht vorschnell als „Kampfkandidatur“ bezeichnen. Ich spreche lieber von „Wettbewerbsdemokratie“.  Bitte mehr davon! Und die Chancen gegen den bekannten grünen Meister Ströbele? Was sagt einer der drei Kandidaten, Björn Böhning?

„Wenn man keine Chancen sieht, braucht man nicht anzutreten. Ich sehe gute Möglichkeiten für die SPD, diesen Wahlkreis zu holen, der vielfältiger ist, als es die Grünen je sein werden.“

Gut gebrüllt, Björn Böhning, toi toi toi!

Beweis 3: Christoph Wegener, ein weithin unbekanntes Parteimitglied einer Volkspartei, erklärt, am heutigen Abend, während wir dies schreiben, gegen den eigenen Landesvorsitzenden bei der Bewerbung um den Platz des Direktkandidaten antreten zu wollen. Er begründet dies mit „parteischädigendem Verhalten“ seines Vorsitzenden.

Vor zwei Tagen erklärte überraschend der 41-jährige Unternehmer Christoph Wegener, er trete gegen Schmitt an. Wegener begründete seine Kandidatur mit Schmitts Verhalten in dem beispiellosen Machtkampf um die Parteiführung in der Berliner CDU. „Leuten, die parteischädigend agieren, müssen Alternativen zur Seite gestellt werden“, sagte Wegener.

Dies werte ich als Beweis: Innerparteiliche Demokratie ist stark, sie kann sich auch auf vermeintlich aussichtslosem Platz behaupten, kann mindestens ein Zeichen setzen. Bitte mehr davon, Frau Zieschang, Herr Böhning und Herr Wegener! Und toi toi toi. Wir sind gespannt auf die Ergebnisse.

Es ist leicht zu rufen: „Schmitt muss weg. Rot-rot muss weg! Weg mit dem Chaos! usw.“ Ich halte nichts von solchen „Weg mit …“-Sprüchen. Besser, fruchtbarer ist es zu fragen: Was wollen wir? Welche Alternativen gibt es? Welche Personen stehen für welche Alternativen?

Das ist echte Demokratie!

Unser Foto zeigt die Demonstranten, die da heute riefen: „Schmidt muss weg. Lauterbach auch.“

 Posted by at 18:28

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