Einen schmerzhaft treffenden Blick wirft Bettina Röhl (geb. 1962) heute in der Berliner Zeitung auf die 68er-Bewegung, auf die Rote Armee Fraktion und nicht zuletzt auf ihre eigene Kindheit. Wohlversorgt, verwöhnt, verhätschelt und erfahrungsarm – so kennzeichnet sie die bis heute meinungsprägende Generation, aus der – um nur einige führende Gestalten zu nennen – ihre Mutter Ulrike Meinhof (geb. 1934), Bernd Rabehl (geb. 1938), Gudrun Ensslin (geb. 1940), Rudi Dutschke (geb. 1940), Andreas Baader (geb. 1943), Daniel Cohn-Bendit (geb. 1945), Joschka Fischer (geb. 1948) hervorgingen.
Ihnen allen war damals mindestens einige Jahre lang gemeinsam: eine gesicherte, materiell gut ausgestattete Jugend ohne echte Sorgen; der scharfe Protest gegen die sie nährende Gesellschaft und gegen den sie unterhaltenden Staat, in dem sie sorgenfrei aufwuchsen; die Solidarisierung mit den imaginierten Armen und Entrechteten, zu denen man keinen Kontakt hatte; das Ja zum Sozialismus; das Nein zur eigenen Familie; eine glühend geglaubte linke Ideologie, die gegen jede empirische Erfahrung abgedichtet war; das Ja zur bewaffneten Gewalt; die Ignoranz gegenüber den Verhältnissen in der Sowjetunion, der Führungsmacht der sozialistischen Staatenwelt; die Bejahung der gewaltsamen Revolution. „Leute mit null Ahnung hatten den Anspruch, die Welt umzuerziehen.“
Ich halte die zunächst einmal verblüffende, insgesamt bittere Analyse Bettina Röhls für höchst bedenkenswert.
Sympathie für Mao Tse Tung, für Lenin, Rosa Luxemburg, und für Trotzkij, für die glorreiche russische Oktoberrevolution von 1917, für Che Guevara und Fidel Castro (wenn auch nicht – mehr – für Stalin) und all die anderen Edelrevolutionäre gibt’s heute immer noch auf Schritt und Tritt in den westlichen Staaten zu bestaunen. Warum eigentlich?
Was die heute noch lebenden Führer jener Tage dazu sagen werden? Sicher haben einige von ihnen umgedacht. Aber die meisten finden sich allem Anschein nach immer noch toll.
Lesehinweis:
„Leute mit null Ahnung hatten den Anspruch, die Welt umzuerziehen.“ Berliner Zeitung, 7./.8. April 2018, S. 1 und Magazin, S. 1-2
„Straßenschlacht wennn’s dunkel wird – nicht nur auf der Demo. – Wehrt euch“. Unser Bild zeigt einen gezettelten Anschlag auf der Ohlauer Straße/Reichenberger Straße, Kreuzberg, aufgenommen durch den hier Schreibenden am 13. April 2013, direkt vor der besetzten Gerhart-Hauptmann-Grundschule.
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