Deutschlands beliebtester Systemkritiker und Querdenker, der Bundespräsident Horst Köhler, nimmt sich diesmal nicht die dysfunktionale Parteienherrschaft in unserem Lande vor. Dieses Mal lässt er sich mit klaren Worten zur gegenwärtigen Finanzkrise vernehmen:
„Mehr Selbstkritik wäre gut, Menschen, die sagen: Ja, hier haben wir einiges falsch gemacht, und dafür stehen wir jetzt gerade“, sagte Köhler dem SPIEGEL. Die Wirtschaftseliten müssten wieder lernen, „was Maß und Mitte ist, was Bodenhaftung bedeutet“. Da sei „eine Menge Unaufmerksamkeit, Selbstzufriedenheit, Zynismus“ im Spiel gewesen. Besonders in der angelsächsisch geprägten Finanzbranche habe man geglaubt, „aus nichts Gold machen zu können, und das dauerhaft“.
Ich meine: Horst Köhler ist glaubwürdig. Er war selbst jahrelang als Staatssekretär im Bundesfinanzministerium und als Geschäftsführender Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF) ein Teil eben jenes Systems, das er nun mit so starken Worten anprangert. Er kennt den Laden.
In solchen Krisen gilt meist das gleiche: Sie zeichnen sich mit einem großen Vorlauf ab. Diejenigen, die warnend den Finger heben, werden nicht ernst genommen, als Kabarettisten oder Störenfriede verlacht. Dann fällt das Kind in den Brunnen. Die Warner bekommen recht. Die Systemkritiker, auch solche, die selbst das System verantwortlich mitgestaltet haben, treten nach vorne und sagen: „Lasst uns gemeinsam handeln!“
So verlangt es jetzt erneut Bundespräsident Köhler – in Worten, denen man schwerlich widersprechen kann:
Er hoffe, sagte Köhler dem SPIEGEL, die aktuelle Krise werde „einer neuen Kultur der Gemeinsamkeit im Wettbewerb“ zum Durchbruch verhelfen. Notwendig sei auch eine „wirksame Regulierung für die Finanzmärkte“, die „Wiederentdeckung von Ethos“ bei den handelnden Personen und ein „Frühwarnsystem“, das Warnungen nicht nur für Experten verständlich mache.
Ich meine: Köhler hat recht. Hätte es das gegeben, was Köhler fordert – ein Frühwarnsystem, ein Ethos der Gemeinschaft, ein klares Bekenntnis zum lauteren Wettbewerb- , dann stünden wir jetzt nicht vor dem Scherbenhaufen, als der sich die Finanzmärkte darbieten.
Ich glaube, dass die Einsichten Köhlers durchaus in andere Lebensbereiche übertragen werden können.
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