Okt 132008
 

Als Beobachter betrachten wir die Politik nicht als Handelnde, sondern als Hörende. Was meine ich damit? Da uns bei den meisten politischen Vorgängen die vertiefte Sachkenntnis fehlt, beurteilen wir die Geschehnisse nach den Äußerungen der Beteiligten. Bei der globalen Finanzkrise fand ich auffallend, dass die in den letzten sechs Monaten häufig getroffenen Voraussagen und Warnungen zumeist in den Wind geschlagen wurden. Wie wurde doch Horst Köhler wegen seiner Tirade gegen den Finanzmarkt, den er als Monster bezeichnete, belächelt! Dieses Blog berichtete am 19.05.2008. Ich selbst hielt damals seine Warnung für zu emotional, zu effekthascherisch. Geradezu entlehnt aus der Fibel eines linksradikalen Stamokap-Verfechters! Und doch – Horst Köhler und andere haben recht behalten. „Heute würde ich sagen, ich hätte das noch energischer aufgreifen sollen“, zitiert ihn heute die FAZ.

Wir hätten Horst Köhler Glauben schenken sollen. Glaubwürdig ist eine Warnung sicherlich immer dann, wenn sie unseren Erwartungen widerspricht, und wenn der Warnende keinen egoistischen Nutzen daraus ziehen kann, wenn wir seinen Warnungen folgen. Dies gilt insbesondere dann, wenn Parteien im Spiel sind. Eine linke, äußerst kapitalismuskritische Äußerung eines CDU-Politikers verdient genauso ernst genommen zu werden wie die Gewerbe-Ansiedlungsbemühungen eines Wirtschaftssenators der Linken.

Die Erschütterungen auf dem Finanzmarkt bringen die gewohnten Links-Rechts-Denkmuster erneut durcheinander. Davon können wir alle maximalen Proft ziehen. Profitmaximierung in diesem Sinne ist angesagt. Abschließend ein Ausschnitt aus einem Interview des Tagesspiegels mit Gewerkschaftschef Sommer:

„Wir hatten leider Recht“

Angela Merkel und Peer Steinbrück rühmen sich heute, sie hätten weltweite Regulierungen der Finanzmärkte bereits beim G-8-Gipfel in Heiligendamm angemahnt.

Sommer: Wir Gewerkschaften haben bereits vor dem G-8-Gipfel ein Gutachten über die Gefahren des Finanzmarkts vorgelegt, Vorschläge zur Regulierung unterbreitet und darüber auch mit Peer Steinbrück und Angela Merkel gesprochen. Die Erkenntnis, was sich da zusammenbrauen könnte, ist in dieser Zeit auch bei ihnen gewachsen. Allerdings kam die Erkenntnis bei ihnen sehr spät an und bei den Angloamerikanern überhaupt nicht. Denn regulierende Maßnahmen konnten weder auf europäischer noch auf OECD- Ebene durchgesetzt werden. Wäre das gelungen, wäre uns diese Krise erspart geblieben.

 Posted by at 19:47

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