Gemeinsam lernen in der Grundschule – das ist eine Forderung, die ich immer wieder erhebe. Wenn es doch wenigstens gelänge, die Kinder ordentlich durchzumischen! Vielfalt in der Einheit, darum geht es! Aber davon sind wir weit entfernt. Die zahllosen Eltern, die ihre Kinder mit dem Auto zur Grundschule bringen, weil ihnen die Kreuzberger Stadtteilschule zu „kiezig“ ist, sind ein Beweis dafür.
So erlebte ich auch meine Zeit bei der Bundeswehr als Zeit der großen Durchmischung. Da war ich als einziger Schwabe mit lauter Franken, die „nur“ Hauptschulabschluss hatten, auf einer Stube. Und zwar Tag und Nacht. Eine der lehrreichsten Erfahrungen überhaupt! Das Militär, der „Barras“ erfüllte die Aufgabe, regionale und ständische Unterschiede zwischen den Soldaten aufzuheben. Man nannte ihn deshalb auch „Die Schule der Nation“.
Allerdings: Wer eine standortnahe, demokratische Vielfaltsschule unter einem einheitlichen Dach mit starken Leistungsanreizen auch nur anzudenken wagt, der wird sofort abgestraft, und zwar bei den nächsten Wahlen.
Es hat einige Jahrzehnte gedauert, ehe Preussen das Dreiklassenwahlrecht abgeschafft hatte. 1849 eingeführt, blieb es bis 1918 in Kraft. Es ist interessant zu sehen, dass Gesellschaften sich häufig in drei „Stände“ gliederten und dies dann auch in Schulsystemen abbildeten. Nährstand, Wehrstand, Lehrstand (Platon). Bauern, Bürger, Adlige.
Ausgerechnet ein adliger Hanseate von der Alster bezeichnete das dreigliedrige Schulsystem kürzlich als „ständisch“. Seine Name: Ole von Beust. Was der Hamburger Bürgermeister sagt, ist historisch zwar korrekt, politisch jedoch innerhalb seiner Partei derzeit noch in höchstem Maße inkorrekt. Interessantes Interview mit dem neuen bayerischen KMK-Vorsitzenden Spaenle in der taz!
Ich meine: Wir brauchen eine stärkere Leistungsbetonung. Jede kann es schaffen, wenn sie oder er sich anstrengt! Das muss die Botschaft sein. In einigen Jahrzehnten wird deshalb die vielgliedrige, tief gestaffelte deutsche Schullandschaft, die heute noch übersät ist mit allerlei Besonderheiten, überschaubarer, einheitlicher und „lesbarer“ geworden sein. Alle wollen das eigentlich. Die Grabenkämpfe drehen sich heute um Besitzstände, Wählerstimmen und Statuskennzeichen.
KMK-Präsident über Schulsysteme: „Ich verteile überhaupt niemanden“ – taz.de
Sie stärken personell also das mehrgliedrige Schulsystem. Der Hamburger CDU-Bürgermeister Ole von Beust hat dieses kürzlich als ständisch gebrandmarkt. Irrt er?Ole von Beust, den ich sonst sehr schätze, ist da der Linken auf eine jahrzehntelang ausgelegte Leimrute gegangen. Wenn ich das dreigliedrige Schulsystem für ständisch halte, habe ich den klassenkämpferischen Ansatz der anderen Seite internalisiert. Das ist politisch bedauerlich.
Wie bezeichnen Sie denn die Tatsache, dass ein Akademikerkind fünfmal bessere Chancen hat, das Gymnasium zu absolvieren, als jemand, dessen Eltern als Arbeiter gelten?
Wir haben ein vielgliedriges Schulsystem, dessen Durchlässigkeit weiter verbessert werden muss. Wir haben in Bayern da unsere Hausaufgaben zu machen. Wir können aber durchaus darauf verweisen, dass die Abkoppelung der Bildungsabschlüsse von einer bestimmten Schulart auf einem guten Weg ist. Das ist ja der indirekte Faktor für Durchlässigkeit. Ich definiere das als Handlungsfeld, wo wir eine nicht befriedigende Situation verbessern müssen.
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