Na, habt ihr ihn erkannt? Den alten Mann von gestern, der für jeden von uns mit 20.000 Euro in der Kreide steht, den alle anpumpen wollen, und den jeder mit seiner Leierkastenmelodie nervt: „Gib, gib, gib mehr!“ Richtig, es ist der alte Spendier- und Kümmereronkel – Vater Staat! Etwa 60 Milliarden Staatsschulden hat das Bundesland Berlin zu unser aller Wohl angehäuft – weil die Kinder ja so unersättlich sind.
Heute kam schon wieder eine neue Forderung: 4 Milliarden Euro bis 2030 fordert der ADAC für neue Straßen, neue Tunnels unter der Berliner Innenstadt, neue Autobahnen, neue S-Bahn-Trassen – und, ach wie niedlich! – 25 Millionen Euro für 100 km neue Fahrradstraßen. Zitat aus der Berliner Zeitung:
100 Kilometer Fahrradstraßen wären nötig, um Konflikte zwischen Rad- und Autofahrern zu verhindern – zum Ausgleich könnten auf parallelen Hauptstraßen die Fahrradspuren wieder verschwinden.
Aha! Das Auto holt sich seine Hauptstraßen zurück! Damit noch mehr Menschen, noch mehr Grundschüler aus Angst vor dem Autoverkehr das Fahrrad zuhause lassen und lieber ins Auto steigen.
Allen Prognosen, wonach der Autoverkehr in Berlin wie in den letzten Jahren schon weiter abnehmen dürfte, entgegnet der ADAC:
„Der Fahrspaß wird bleiben.“
Das bedeutet: Die Leute wollen weiter ihren Spaß haben, sie wollen weiter das Auto für ihre Freizeit nutzen. Sie wollen weiter ihre Kinder mit dem Auto zur Grundschule bringen. Jeden Morgen sehe ich das gleiche Bild: Vor allen Grundschulen meines direkten Wohnumfeldes bilden sich lange Schlangen mit wartenden, an- und abfahrenden Autos, mit parkenden Autos. Die Kinder huschen zwischen den Autos zur Grundschule. Ausgerechnet im armen Kreuzberg, wo es doch so viele Hartz-IV-Empfänger gibt?
Und wir haben keinen Platz in einer wohnortnahen, für uns bequem erreichbaren Grundschule bekommen, weil die Autobesitzer aus lauter Fahrspaß ihre Kinder lieber mit dem PKW in die Volkschule bringen! Da stimmt etwas nicht!
Unser Bild zeigt heute mal zur Abwechslung die in vier Reihen parkenden Autos vor der Charlotte-Salomon-Grundschule, aufgenommen heute. Das gleiche Bild zeigt sich vor allen anderen Grundschulen in Kreuzberg-West. Mit einem Fahrrad kommt man zum Glück noch leicht durch.
Durch das Autofahren geht die Erfahrung der Nähe verloren. Freundschaften können nicht so leicht entstehen, weil die Kinder so weit entfernt wohnen. Man kann nicht mehr auf den Straßen spielen. Schon die Grundschulwege werden sehr gefährlich – oder allzu weit.
Ich meine: Dieser Lebensstil mit dem vielen überflüssigen Autofahren ist teuer, er verringert Lebensqualität, vor allem für Kinder. Der Autoverkehr bindet Ressourcen, die anderswo dringendst benötigt werden! In der Bildung, in der Kranken- und Altenpflege, in der Freizeitgestaltung von Jugendlichen.
Es gibt kein Geld für Lesebücher in der Grundschule! Aber die Eltern verfahren jeden Monat Hunderte von Kilometern, um ihre Sprösslinge in der Grundschule abzusetzen. Da stimmt etwas nicht!
Der ADAC will Berlin untertunneln
ADAC-Chef Müller dagegen ist von einer weiteren Zunahme des Autoverkehrs überzeugt. Der Fahrspaß wird bleiben.
Mein Tag wurde komplettiert durch eine weitere Fahrrad-Diebstahls-Meldung aus meinem Wohnhaus:
Da haben wir’s! Die Eltern fahren Auto, weil die Fahrräder so leicht gestohlen werden! Was bleibt ihnen anderes übrig?
Sorry, the comment form is closed at this time.