Jun 192010
 

Im Tagesspiegel entfaltet sich eine interessante Diskussion. Der gestern vorgelegte „Nationale Bildungsbericht“ bemerkte zutreffend eine zunehmende Bildungskluft. Die Leser im Forum versuchen es, mögliche Ursache dafür zu benennen.

Hier beispielhaft nur eine Stimme:

Risikolage: Die Bildungskluft wächst – Wissen – Tagesspiegel
Bildungsanstrengungen? Es gibt doch Hartz IV
Wenn Jugendliche die Schule ohne Abschluss abbrechen, weil sie sowieso mal „Hartz IV werden“ wollen, muss man sehen, dass die sozialstaatliche Absicherung für Menschen ohne Qualifikationen wahrscheinlich einfach zu hoch sind.
Eine solche Verweigerungshaltung den Bildungsangeboten gegenüber wird man in einem Land, in dem jeder selber für seinen Unterhalt sorgen muss, nie und nimmer finden. Dort würden es sich Eltern auch kaum erlauben können, den Staat dafür verantwortlich zu machen, dass ihre Kinder die Landessprache lernen.

 Posted by at 09:22

  4 Responses to “Risikolage: Die Bildungskluft wächst”

  1. Individuen suchen sich ihre individuelle Lösung. Die dann das kollektive Problem noch verschlimmert.
    Sie – und dafür achte ich Sie hoch – schwimmen gegen diesen Strom. Deshalb verzeihe ich Ihnen Ihre Teil-Absage an den Sozialstaat. Bei Ihnen ist das kein Ressentiment, sondern Verzweiflung aufgrund von Erfahrung. (Da hab ich was dazugelernt.)

    Im übrigen, ceterum censeo: Bringen wir ALLE Migrantenkinder vom 3. Lebensjahr an ganztags in Kindertagesstätten und Schulen unter und lehren wir sie dort, was sie für ein integriertes und erfolgreiches Leben in Deutschland brauchen!! Die Familien machen das nicht, die Familien können das nicht. (Heroische Ausnahmen bestätigen die Regel.)

    Sie haben ein Stückchen davon auch schon mal als Einzelpunkt auf einer kleinen Liste gefordert. Ich würde es so in den Mittelpunkt stellen, dass man sieht: Es ist das A und O.

    Ich will aber auch in meiner politischen Herzensangelegenheit weder dogmatisch noch fanatisch sein. Ich spitze die Ohren, wenn jemand nüchtern und vernünftig dagegen argumentiert. Nur hab ich bisher noch keinen kompetenten Widerspruch gehört.

    Ein Einwand war: Was ich fordere, ist familienfeindlich, also darf man das nicht.
    Ein anderer Einwand: Die Migrantenkinder sind doch von vorne herein zu blöd, da hilft keine Schule.
    Ein dritter Einwand: Was, Geld für diese Brut?! Nicht von mir! Die sollen bleiben, wo der Pfeffer wächst.

    Letzteres sind dummerweise Leute, die Ihnen (teilweise) zustimmen, wenn Sie Transferleistungen an Migranten in Frage stellen.

  2. Wir mitverantwortlich – ja, dem stimme ich zu. Aber was soll ich denn noch alles veranstalten? Wir leben in einem schwarzen Loch in unserer Brennpunktschule. Die anderen, die „guten“ „bildungsnahen“ Eltern, wollen nichts von uns wissen. Das Beste wäre, sie schickten ihre Kinder zu uns. Das tun sie aber nicht.

  3. „Wenn Jugendliche die Schule ohne Abschluss abbrechen, weil sie sowieso mal “Hartz IV werden” wollen, muss man sehen, dass die sozialstaatliche Absicherung für Menschen ohne Qualifikationen wahrscheinlich einfach zu hoch sind.“

    Nein.
    Die VERZWEIFLUNG ist zu groß.
    Diese Jungs haben einfach keine Chance. Sie kriegen in ihrer Kindheit nicht genug geistig-moralische Ressourcen mit, um sich im Bildungsbereich behaupten zu können. Was bleibt ihnen dann übrig, als TROTZIG dem Scheitern ins Gesicht zu schauen und festzustellen: Na, dann werden wir eben mal Hartzer!

    Ich verstehe nicht, Herr Hampel, warum Sie Menschen, die ohne Schuld scheitern – sie haben sich ja ihre Eltern und ihr Umfeld nicht ausgesucht, die sie zu dem gemacht haben, was sie sind – warum Sie also diese jungen Leute nicht verstehen.

    Bloß weil sie ihr Elend mit Machoallüren zu überspielen versuchen?
    Weil sie, wenn sie schon als die Blöden der Nation ausgemustert werden, dies durch ein paar maskuline Gesten zu kompensieren versuchen?
    Wenigstens ein bisschen Stolz versuchen sie zu retten, und ein bisschen Lebenslust, wenn beides auch eher destruktiv herauskommt.

    Kinder können nichts dafür, wenn ihre Eltern bzw. ihre sonstige Umwelt versagen und ihnen nicht die nötigen Kompetenzen vermitteln, um sich in Schule und Arbeitswelt behaupten zu können.
    DIE KINDER KÖNNEN NICHTS DAFÜR!
    Aber was Hänschen nicht gelernt hat, kann Hans eben kaum noch nachholen. Wer in den ersten 6 Lebensjahren nicht genug Sprach- und Lern- und Weltkompetenz mitbekommen hat, ist arm dran, Herr Hampel – ist in den meisten Fällen verloren.

    Wie können wir uns weiterhin ein Bildungssystem leisten, das ca. 20% der jungen Leute zu solchen Taugenichtsen erzieht, die nicht mal einigermaßen lesen und rechnen können?

    Herr Hampel, SIE und ICH, WIR beide sind mitverantwortlich für diesen Skandal. WIR müssen die schulische und vorschulische Erziehung so verändern, dass die verlorenen 20% in Zukunft eine Chance bekommen.

    Hartz IV — hat DAMIT nichts zu tun!

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