Sowohl in den Wirtschaftsdaten wie in den Bildungsdaten bei den internationalen Vergleichstests stehen fast immer die unionsgeführten Bundesländer besser da als die SPD- bzw. durch die linken Parteien geführten. Wer ist schuld? Was kommt zuerst? Die Henne oder das Ei? Wählen erfolgreiche Menschen eher Union? Oder macht die CDU bzw. die CSU die erfolgreichere Politik? Schwierig, schwierig!
Der sächsische Kultusminister Roland Wöller kann oder will im Interview im heutigen Tagesspiegel auf S. 4 auch keine überzeugende Antwort geben, räumt sogar einen gewissen Nachholbedarf seiner Partei ein.
Ansonsten halte ich das Interview aber für äußerst beachtlich und lesenswert.
Ich selber meine: Die CDU/CSU kann und sollte sich vorrangig über ein unterschiedliches Staatsverständnis von allen anderen Wettbewerbern absetzen. Demnach gründet sich christdemokratische Politik auf der überragenden Rolle der Person, auf der unbeschränkten Würde und der Freiheit jedes einzelnen Menschen, während SPD, Linke und Teile der Grünen von der überragenden Lenkungsrolle des Staates ausgehen.
Was heißt das? Beispiel Integration: Für SPD, Linke und einen Teil der Grünen ist Integration eine Leistung des fürsorglichen Lenkungsstaates. Bester Beleg: das gestern verabschiedete Integrationsgesetz Berlins. Integration ist nach Absicht des Gesetzes vorrangig eine Von-oben-Leistung des Staates, der übergeordneten Einheiten also, da die Menschen prinzipiell ungleich sind und ungleich bleiben. Ungleichheit ist ungerecht. Diese Ungerechtigkeit muss der Staat beseitigen, indem er die strukturell Benachteiligten gezielt fördert. Da die Migranten über Generationen hinweg „strukturell benachteiligt“ sind, werden sie auch über Generationen hinweg eine „strukturelle Förderung“ benötigen.
Die letzte Verantwortung für das Gelingen des individuellen Lebens lastet auf dem Staat. Die SPD, die Linke und Teile der Grünen würde ich deshalb gerne als staatslastige Parteien bezeichnen. Der Staat muss Integration leisten!
Anders die CDU. Für die CDU ist Integration vorrangig eine Von-unten-Aufgabe der einzelnen Menschen, der Familien, der Gemeinden, da die Menschen prinzipiell gleich frei und mit gleicher Würde begabt sind. Ungleichheiten kann der Staat von oben her nicht abschaffen. Jeder Mensch soll seinen Weg finden, um vorhandene Startnachteile wettzumachen. Ungerechtigkeiten sind weniger im System bedingt als im Fehlverhalten einzelner Menschen, einzelner Teile des Systems. Letzte Verantwortung lastet bei den Bürgern, nicht bei den staatlichen Strukturen. Insofern sehe ich die CDU und die FDP als bürgerlastige Parteien. Die Bürger sind es selbst, die vorrangig Integration leisten müssen. Bester Beleg: Alles, was Badr Mohammed zur Integration in der taz geschrieben hat (siehe dieses Blog: Mohammed hat recht).
Beide Sichtweisen haben etwas für sich. Letztlich muss jede Bürgerin und jeder Bürger seinen Interessen, ihren Überzeugungen und Einsichten folgen. Es lässt sich wissenschaftlich nicht nachweisen, ob die linken Parteien oder die CDU „recht haben“, ob man eher dem Staat oder eher dem Bürger „über den Weg traut“.
Und die Grünen? Sind irgendwo dazwischen! Richtig wütend wurde vor kurzem eine grüne Politikerin, als ich gezielt stichelnd in die Runde warf: „Ach ihr Linken seid doch alle soo staatsfixiert!“ Aber hallo! Da bekam ich aber was zu hören!
Ich würde sagen: Die CDU und wohl auch die FDP haben einen personalen Begriff der Verantwortung, die linken Parteien und Teile der Grünen legen einen strukturellen Begriff der Verantwortung zugrunde.
Beide Ansätze haben was für sich.
Sachsens Kultusminister Roland Wöller: Noch immer entscheidet Herkunft über Chancen – Politik – Tagesspiegel
Unionsregierte Länder sind in der Regel Pisa-Sieger, in der Bildungsdebatte aber ist die Union eher defensiv. Gibt es so etwas wie christdemokratische Bildungspolitik?
Es stimmt zumindest eines: Wer nach unserem bildungspolitischen Markenkern fragt, bekommt nicht eine, sondern sehr viele Antworten. Da muss die Union noch ein paar Hausaufgaben machen. Der Bildungsbundesparteitag, zu dem die Kanzlerin nach Leipzig eingeladen hat, wird sicher spannend.
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