Souveränität nach außen, Legitimität nach innen, Territorialität des Anspruchs auf das Gewaltmonopol – diese drei Kennzeichen glaubten wir vor einigen Tagen im Anschluss an Hobbes, Machiavelli und Pufendorf als unabdingbar für moderne Staaten feststellen zu können. Innerhalb ihres Territoriums behaupten Staaten das Gewaltmonopol, sie verlangen von allen Menschen auf diesem Territorium die Anerkennung der Legitimität dieses Anspruchs, und sie setzen diesen Anspruch nach außen durch.
Grundsätzlich müssen die Staaten diese drei Ansprüche auch bei allen anderen Staaten anerkennen, wollen sie nicht die Bedingungen der Möglichkeit des eigenen Daseinsanspruchs in Frage stellen. Von hierher ergibt sich völkerrechtlich zwingend das für Staaten geltende Verbot, gezielt auf den gewaltsamen Umsturz der Machtverhältnisse in anderen Staaten („regime change“) hinzuarbeiten. Dieses Verbot haben die großen auswärtigen Mächte im Nahen und Mittleren Osten in den vergangenen Jahrzehnten vielfach verletzt.
Insbesondere die vier großen Siegermächte des 2. Weltkrieges (USA, UK, F, UDSSR/RU) sowie auch die regionalen Mittelmächte des Nahen und Mittleren Ostens haben in den vergangenen Jahrzehnten wiederholt mit Waffengewalt in die inneren Verhältnisse verschiedener Staaten im Nahen und Mittleren Osten sowie in Afrika eingegriffen. Die großen Machtkonstellationen vom Ende des 2. Weltkrieges sind paradoxerweise immer noch da. Sie haben das Ende des Kalten Kriegs überdauert. Die vier genannten Mächte waren es vor allem, die ohne hinreichende Legitimation ihr Militär mehrfach für den Sturz unliebsamer Unrechtsregime eingesetzt haben.
Eine nicht enden wollende Serie von Stellvertreterkriegen ist die Folge dieser fortgesetzten Verletzungen des Völkerrechtes durch die militärisch starken Staaten dieser Welt – zu denen, nebenbei bemerkt, auch zwei EU-Mitgliedsstaaten gehören. Flucht und Vertreibung sind zu großen Teilen die Folgen der Intervention ausländischer Staaten in Ländern wie Irak, Libyen, Afghanistan und Syrien und der gezielten Destabilisierung der Machtverhältnisse.
Sinnvoll wäre es, das Nichteingriffsrecht ausländischer Staaten in die inneren Verhältnisse anderer Staaten durch wirksame Bündnisse durchzusetzen.
Und die berüchtigten Unrechts-Regime? Darf man die denn einfach so an der Macht lassen? Hier meine ich: In der Tat, es gibt grundsätzlich keine Berechtigung für Staaten, in anderen Staaten die tatsächlichen oder vermeintlichen Unrechtsregime durch Waffengewalt zu beseitigen oder zu ersetzen. Staaten handeln insoweit „verantwortungslos“ oder „gewissenlos“ gegenüber den Angehörigen der anderen Staaten.
Sehr wohl aber haben Menschen und Staaten das Recht, sich für das Wohlergehen der Bürger in anderen Staaten zu verwenden, etwa durch gute Worte, durch Spenden, durch praktische Hilfe, durch diplomatischen Druck, durch Meinungsäußerungen, durch Handelshemmnisse, durch Waffenembargos, durch Flugverbote, – die Liste der zulässigen Maßnahmen ist lang; selbst Gebete (sofern man dran glaubt) sind ratsam, wenn sonst gar nichts mehr hilft.
Im Anschluss an Salomo könnte man beten: Herr, schenke ihnen (gemeint sind: den ungerechten Machthabern der anderen Staaten) ein hörendes Herz.
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