Mai 262018
 

In verschiedenen Berliner Bezirken wird derzeit die Frage diskutiert, wie man das Verleihen von Fahrrädern in geordnete Bahnen lenken kann. Es gibt Beschwerden über zu viele wild und regellos abgestellte Mieträder; Diebstahl, Verlust und Beschädigung der Leihräder sind und waren seit je Ärgernisse für Verleihfirmen und Entleiher gleichermaßen.

Vor etwa zwei Wochen hatte ich die Möglichkeit, ein hervorragend funktionierendes Leifahrradsystem in Moskau, der Partnerstadt Berlins, ausgiebig zu nutzen. Die russische Hauptstadt hat nach ersten, teilweise scheiternden Experimenten mittlerweile ein zweigliedriges Leihfahrradwesen eingerichtet, das zum einen aus einem privaten Monopolanbieter im öffentlichen Straßenland der Stadt mit vielen digital vernetzten Stationen und zum anderen aus mehreren kleinen privaten Anbietern mit eigenen Geschäftsräumen besteht. Es funktioniert ausgezeichnet.

Ich schlage aufgrund der eigenen Erfahrungen als Nutzer von Leihrädern in Moskau sowie in mehreren deutschen Städten (Berlin und Augsburg) ein ähnliches zweigliedriges Leihfahrradwesen vor.

Grundsätzlich scheint mir für Millionenstädte wie etwa Berlin, Moskau oder Paris eine zweistufige Lösung angemessen:

  1. Für bestimmte Zonen der Städte sollte einem und nur einem Verleiher nach einer öffentlichen Ausschreibung für eine bestimmte Laufzeit (etwa 3 Jahre) gegen Zahlung einer  Straßennutzungsgebühr das exklusive Recht zuerteilt werden, auf öffentlichem Straßenland beliebig viele feste, engmaschig verteilte, nicht mit Personal versehene Stationen zu errichten, an denen die Leihräder dieses Verleihers sowohl entliehen als auch zurückgegeben werden müssen. Die Anmeldung der Nutzer, die Abrechnung, das Entleihen und die Rückgabe der Räder sollen rund um die Uhr digital erfolgen.  Die Stationen sollten durch technische Sicherungen die Räder so verriegeln, dass Diebstahl und Raub der Räder nahezu unmöglich gemacht werden.
  2. Die Nutzer registrieren sich einmalig und abonnieren für einen bestimmten Zeitraum die Nutzungsmöglichkeit. Sie haften für die geordnete Rückgabe.
  3. Die Tarife sollten so gestaltet werden, dass kurzfristiges Entleihen (30-60 Minuten) gefördert, längerfristiges Entleihen verteuert wird (progressive Preissteigerung). Es müssen monetäre Anreize geschaffen werden, dass die Entleiher die Räder sofort nach Nutzung an einer der engmaschig verteilten Stationen geordnet zurückgeben! In Moskau ist die beliebig oft wiederholbare Entleihung der Räder bis zu 30 Minuten für Abonnenten kostenlos, ab 30 Minuten setzt eine relativ schroffe Preissteigerung ein. Das Abonnement selbst ist in Moskau sehr günstig (600 Rubel/Monat).
  4. Daneben sollte wie bisher ein freier Markt beliebig vieler Verleihfirmen zugelassen werden, die ihre Leihräder in ihren eigenen Räumlichkeiten selbst gegen Kaution oder Pfand ausgeben und kontrolliert zurücknehmen müssen. Die Rückgabe der Leihräder muss bei derselben Firma erfolgen, so dass das „wilde“ Abstellen auf öffentlichem Straßenland verhindert wird.
  5. Mithilfe eines derartigen zweistufigen Systems, so meine ich, wird der bestehende Mieträder-Wildwuchs in Berlin beseitigt; ein gedeihliches Miteinander von Fußgängern und Mietfahrrädern wird befördert. Die ganze Stadt wird davon profitieren.

https://www.tagesspiegel.de/berlin/bikesharing-in-berlin-nicht-das-leihfahrrad-ist-pervers-sondern-die-situation-in-der-es-faehrt/21265294.html

 Posted by at 14:48

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