Seit nunmehr fast 3 Jahrzehnten habe ich mir durch lebendig geteilten Alltag in Kita und Schule, durch direkte Gespräche mit Kriegsflüchtlingen, Kindern von Kriegsflüchtlingen, ehemaligen Gastarbeitern, Kindern von ehemaligen Gastarbeitern, Schulhelferinnen und Schulhelfern, Lehrerinnen und Lehrern, Sozialarbeiterinnen und Sozialerbeitern, Erzieherinnen, Schulleiterinnen usw. usw. einen einigermaßen verlässlichen Überblick über die Lage der Migranten, Zuwanderer, Flüchtlinge, Asylbewerber – und wie sie alle heißen – in Berlin und anderen Gegenden Deutschlands bzw. Europas verschafft.
Mehr oder minder aus dem Augenwinkel heraus verfolge ich – teils belustigt, jedoch stets mit wachem, stets wachsendem Misstrauen – die zunehmend überhitzte, meist nicht mehr von echter Kenntnis der Menschen geprägte öffentliche Debatte. Gerade in diesen Tagen erreicht diese Debatte in den maßgeblichen Medien hysterische, nur noch aus jahrzehntelanger Realitätsverleugnung und Pflichtverweigerung erklärbare Züge.
Da tut es gut, auf eine möglichst menschennahe, lebensnahe, persönliche Ebene herabzugehen, sich einfach mal ganz ruhig die Lage vor Ort anzukucken, den Lebensweg einzelner Geflüchteter oder auch nur vorgeblich Geflüchteter über die Jahrzehnte hinweg zu verfolgen, das eigene Kind in typische Grundschulklassen mit 90 Prozent ndH-Kindern oder auch 90 Prozent lmb-Kindern zu schicken! Wie es der hier Schreibende getan hat und tut.
Je näher dran am einzelnen Menschen wir sind, desto wahrhaftiger werden unsere Erlebnisse und Berichte!
Wie es auch heute in der millionenfach verkauften, unermüdlichen BILD auf S. 2 die 18 Bürgermeister aus dem Westmünsterland beweisen. Ich kenne den Münsterländer Menschenschlag aus meinen früheren Fahrten. Der Münsterländer Menschenschlag ist ruhig und besonnen. Ihn bringt nichts so schnell aus der Fassung. Gemeinwohl geht ihnen vor Eigennutz. Diese 18 Bürgermeister kennen sich aus. Sie gehören bezeichnenderweise unterschiedlichen Parteien oder gar keiner Partei an. Das ist immer gut für die Glaubwürdigkeit.
https://www.bild.de/bild-plus/politik/inland/buergermeister/schlagen-alarm-56022604,view=conversionToLogin.bild.html
In ruhigen Zügen legen sie in einem Brief an den Flüchtlingsminister Joachim Stamp ihre Lage mit „schwer psychisch kranken und/oder hochgradig kriminellen Menschen“ dar, einen „sehr kleinen, aber hochproblematischen Teil der Flüchtlinge. Bei ihnen geht das Spektrum von der Traumatisierung bis hin zur offenen Kriminalität.“
Die beschwichtigende Antwort des Ministers verweist auf „die gemeinsame Verantwortung von Bund, Ländern und Kommunen“ und stellt Fallkonferenzen in Aussicht, „um den Kommunen notwendige Hilfestellung zu geben“.
Holla, PFLATSCH! „Gemeinsame Verantwortung“? Das ist eine Leerformel, die eigentlich in der Regel organisierte Verantwortungslosigkeit bedeutet. „Fallkonferenzen“, also die runden Tische aller an einem Einzelfall beteiligten Sozialarbeiter, Psychologen, Polizisten, Lehrer? Das bedeutet meist nur, dass festgestellt wird, dass die genannten „traumatisierten“ Einzelfälle „eigentlich“ rund um die Uhr betreut, „bespielt und bespaßt“ werden müssten – wie ich aus einigen Fällen an der früheren Schule meines Sohnes weiß. Dafür reicht aber die Anzahl der Sozialarbeiter, Betreuer, Polizisten und Erzieher nie und nimmer aus.
Ich meine: Die Antwort des Flüchtlingsministers Stamp ist eines jener zahlreichen niederschmetternden Dokumente der Realitätsleugnung und der Pflichtverweigerung vieler unserer höheren Politiker verschiedenster Parteien. Sobald sie über die Kommunalebene hinausklimmen, weichen sie aus, flüchten ins Vage oder beschwören irgendwelche leeren Formeln.
Sie – jene Politikerinnen und Politiker auf Landes- und auf Bundesebene, also oberhalb der kommunalen Ebene – sind dann häufig die wahren Geflüchteten. Sie sind die echten Flüchtlinge!
Leseempfehlung:
„Wir üben weiterhin deutliche Kritik an Ihrer Flüchtlingspolitik“. Bürgermeister schlagen Alarm. Von P. Poensgen. Bild Berlin -Brandenburg. 16. Juni 2018, Seite 2
Sorry, the comment form is closed at this time.