Jan 152009
 

„Was hast du denn gegen Autos?“, werde ich manchmal gefragt, da ich mich vor allem für die Stärkung des Radverkehrs einsetze. Darauf antworte ich: Ich habe nichts gegen Autos. Ich mag Autos, solange ich drin sitze und es draußen stürmt und regnet. Wofür ich mich einsetze, ist die Freiheit der Wahl. Solange dem Kfz-Verkehr so ein gewaltiger Vorrang gegenüber dem Fußgänger- und dem Radverkehr eingeräumt wird, solange ich an der Skalitzer Straße, der Leipziger Straße und anderen wichtigen Hauptstraßen nicht unbehindert und ungefährdet mit dem Rad fahren kann, werde ich mich für den Ausbau des Radverkehrs und für bessere Fußgänger-Ampelschaltungen einsetzen.

Heute frage ich die Bundesregierung: „Was habt ihr gegen alte Autos?“ Die Abwrackprämie, mit der die Verschrottung von mindestens neun Jahre alten Autos mit 2500 Euro belohnt wird, ist ein unsäglicher Schlag ins Gesicht der mittleren deutschen PKW-Generation! Denn deutsche Autos sind mit neun Jahren nicht alt, sie werden nur in andere Länder verbracht. In ärmeren Ländern rollen sie dann gerne noch einmal so lange. Hans-Werner Sinn bezeichnet denn auch die Maßnahme – wir sind ja ein freies Land! – als pervers:

Hohes Haushaltsminus: Steinbrück will Politik zu Schuldentilgung zwingen – SPIEGEL ONLINE – Nachrichten – Wirtschaft
Gleichzeitig häuft sich die Kritik an dem zweiten Konjunkturpaket der Bundesregierung. Der Präsident des Münchner Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, attackierte die Abwrackprämie für ältere Autos. „Ich halte die Abwrackprämie für pervers, weil sie Anreize setzt, ökonomische Werte zu vernichten“, sagte Sinn der „Passauer Neuen Presse“.

Es gehe um Autos, die neun Jahre alt seien. Deutsche Autos seien aber nach neun Jahren „noch keine Schrottkisten, die man vernichten muss“, sagte Sinn. „Für die Umwelt ist es vermutlich besser, wenn man die alten Autos weiter fährt, auch wenn sie etwas mehr Sprit als neue verbrauchen“, sagte Sinn.

Ansonsten – ich übernahm gestern vom SZ-Kommentator Heribert Prantl den Ausdruck „Freßkorb“ für das Konjunkturpaket II. Ich erwarte: Das ganze Paket wird abgefuttert wie nach dem Geburtstag eines hochverdienten Landrats. Die Enkel des Landrats werden dann über ihre Steuern den Freßkorb mit Zins und Zinseszins zurückzahlen. Doch halt: Finanzminister Steinbrück möchte ja das verbieten lassen, was die Bundesregierung beschlossen hat. Zweimal ist keinmal, möchte man sagen. Als wollte Steinbrück sagen: „Es kommt nicht wieder vor, dass wir so ungehemmt neue Schulden aufnehmen, und weil wir uns selbst nicht über den Weg trauen, verbieten wir den Nachfolgeregierungen das, was wir heute machen.“

Wären die Deutschen bereit gewesen, den eigenen Gürtel enger zu schnallen, Senkungen des Lebensstandards hinzunehmen, etwa durch Kürzungen der Transferleistungen? Ich glaube: ja! So wurden gestern in Plasbergs „Hart aber fair“ Zuschauerreaktionen wiedergegeben, die ganz überwiegend das Konjunkturpaket II ablehnten. Und zwar genau deswegen, weil es auf Pump finanziert werde. Mein Eindruck: Nie war der Zeitpunkt günstiger als jetzt, um von den Bürgern die Zustimmung für unbequeme Maßnahmen zu holen, die das staatliche Füllhorn zumindest vorübergehend weniger üppig sprudeln lassen. Lesen denn die Regierenden keine Klassiker, keinen Karl Marx mehr – wissen die denn nicht, dass Krisen zum Kapitalismus gehören wie das Salz in der Suppe? Was Marx noch nicht wusste: diese Krankheiten sind nicht zum Tode,  sie führen zu Marktbereinigungen, aus denen die Marktwirtschaft stärker hervorgeht. Der sowjetische Wissenschaftler Kondratieff fand dies in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts heraus – die Marktwirtschaft verläuft zyklisch, sie ist aber insgesamt stark genug, um die Krisen zu überstehen.

Ich meine: Etwas mehr Schwäbische-Hausfrauen-Gesinnung täte in unserem Staate not und deren Folgen wären auch gut verkraftbar.

 Posted by at 12:16

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