Feb 122009
 

Immer wieder spreche ich mit Leuten, die Ideen erst einmal daraufhin abklopfen, aus welcher Partei sie kommen.  „Verstaatlichung“, „Enteignung“ ist diesen Leuten zufolge immer und überall schlecht, weil es eine alte Forderung der marxistischen Linken ist. Zurückdrängen des Autoverkehrs in Städten, Fahrradförderung, Fußgängerschutz sind immer schlecht, weil es eine alte Forderung der ideologischen Grünen ist.

Ein diebisches Vergnügen, das ich mir immer wieder bereite, ist, dass ich Mitgliedern verschiedener Parteien Kernaussagen anderer Parteien vorlege und sie dann bitte,  entweder zuzustimmen oder abzulehnen. Mein Ergebnis: Kunterbunt! Völlig unvorhersagbar. Letztlich ordnen die Menschen den Parteien ein bestimmtes Image zu, aufgrund dessen wählen sie dann. Meist geht es bei der Wahlentscheidung weniger um Politik, sondern um Kleidung, Aussehen, Größe des Vorgartens, PS-Zahl des Autos, Akzente, einen bestimmten Gestus, eine bestimmte Art Anzug-Sakko, eine bestimmte Art zu sprechen oder zu schreiben.

Gerade in der Berliner Landespolitik haben die Parteien meist noch ihren unverkennbaren Ton, ihren satten Sound drauf, an denen man sie auf hundert Meter gegen den Wind erkennen kann. Zum Beispiel das Wort „unsäglich“, dieses Wort, das kenne ich eigentlich nur von einer einzigen Partei, es ist eine Art Mantra geworden, um damit das Regierungshandeln zu charakterisieren.

So ging ich kürzlich an einer Stammtischrunde im Friedrichshainer Café Sybille vorbei. Ich hörte kein einziges Wort, das gesprochen wurde, aber ich fragte dann den Kellner doch: „Ach sagen Sie, das ist doch sicher eine Versammlung der SPD, oder?“ Und – ja, Volltreffer! Allein aufgrund der Kleidung, des Alters und der Ausstrahlung war es mir gelungen, die typische SPD-Runde zu erkennen. So leicht ist das, oder? Genau dasselbe Rate-Spiel könnt ihr mit anderen Parteien oder auch mit Trachtenvereinen anstellen.

Aber die Welt ist nicht so einfach aufgebaut. Die Republikaner in den USA etwa werden üblicherweise als „rechts von den Demokraten“ eingeordnet. Also müssten sie so grüne Forderungen wie etwa die oben genannte Minderung des PKW-Verkehrs ablehnen.

Denkste! Das ehrgeizigste Projekt zur ökologischen Sanierung eines Staates legte der republikanische Gouverneur Schwarzenegger auf, den umfassendsten Plan zur ökologischen Umgestaltung einer Millionenstadt hat ein ach so konservativer, schwerreicher Milliardär, der New Yorker Bürgermeister Bloomberg auf den Weg gebracht. In einem Blog aus New York lesen wir, dass aufgrund dieser Maßnahmen der Fahrradverkehr in der Finanzmetropole allein 2008 um 35% zugenommen hat!

Streetsblog » An Open Letter to NYPD Commissioner Ray Kelly
As you know, Mayor Bloomberg’s PlaNYC: A Greener, Greater New York calls for a range of projects to improve mass transit, reduce congestion and promote bicycling. The plans for transit may be stymied or delayed by the recession, but bicycling is booming in New York. DOT Commissioner Janette Sadik-Khan is painting bike lanes all over town, and many commuters are switching from cars to bicycles to save money, get in shape and reduce their carbon footprint.

In 2008, bicycling in New York City grew by 35%! The cycling boom means New York’s Finest must recognize the rights of bicyclists and accord them the same respect that drivers of cars, trucks and buses receive. A human being encased in two tons of steel has the same moral weight as a human being riding 25 pounds of steel, or one on foot.

Der Beitrag gipfelt in der Forderung, wir bräuchten mehr Fahrrad-Polizisten, um die Sicherheit des Radverkehrs zu erhöhen: Get more cops on bikes! Denn noch fehle es am Respekt der motorisierten Verkehrsteilnehmer.

 Posted by at 16:05

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