Jul 242009
 

Einen recht einsamen Kampf ficht seit Jahren Bundesbildungsministerin Schavan. Einen Kampf gegen die verfestigte Kulturhoheit der Länder, die sich natürlich ungern dreinreden (oder sagen wir mal: in die Suppe spucken) lassen! Zentralabitur, bundeseinheitliche Schulbücher, früherer Beginn des systematischen Lernens … Eigentlich alles, was Schavan über die letzten Jahre hin verlangt hat, halte ich für richtige, gute Forderungen! Sie spiegeln auch wider, dass sie sich genau auskennt in dem, was auf die Kindergärten und Schulen in den nächsten Jahren zukommen wird.

Mein Problem in der Bildungspolitik ist: „Ganz oben“, also in der Bundesregierung, und „ganz unten“, also bei den Lehrerinnen und Lehrern, bei den Schulleiterinnen und Schulleitern, scheint mir ein nüchterner Blick auf die Tatsachen zu herrschen. Sie wissen, wovon sie reden, diese Damen und diese wenigen, sehr wenigen Herren. Und sie stellen die richtigen Forderungen.

Woran hakt’s? Es hakt bei denen „in der Mitte“, also den riesigen Kultusapparaten, all den Verfassern und Entwerfern von Rahmenplänen, den bundeslandspezifischen Lehrbuchverfassern und -prüfern, den bestallten Entwerfern und Prüfern der Ausführungsbestimmungen, Reformen, Reformen der Reformen, Zurückstellung der Reformansätze … usw. usw. Hier stehen gewaltige Pfründen auf dem Spiel, wenn Schavan und ihre leider zu wenigen Mitstreiterinnen sich durchsetzen sollten! Dann würde mehr Geld in die Lehrerschaft gesteckt, weniger Geld in die Kultusbürokratie. Das gute Geld käme den Kindern unmittelbar zugute. Ade, schöner Bildungspluralismus!

Ich bin für ein deutliches Abspecken des Mittelbaus in den Kultusverwaltungen. Wir brauchen einfachere, einheitlichere und umfassendere Modelle in der Bildungspolitik. Vielleicht bin ich ungerecht. Aber so ist nunmal mein ganz persönlicher Eindruck.

Wir haben hier in Berlin jetzt einen Migrantenanteil von 50% bei den Einschulungen. In meiner Grundschule beträgt dieser Anteil etwa 90%. In anderen Städten wird es in 20 Jahren so weit sein. Denn die Geburtenrate bei den schlecht ausgebildeten Migrantenfamilien liegt deutlich über derjenigen bei den besser Gebildeten. Dieser Effekt wird also sogar noch exponentiell zunehmen.

Dann wird sich zeigen, wie richtig Ministerin Schavan mit ihren heutigen Forderungen liegt. Egal, ob man die Kitas schulähnlicher gestaltet oder die Pflichtschulen früher beginnen lässt: man wird noch wesentlich mehr Geld in die frühkindliche Bildung pumpen müssen. Man wird Erzieherinnen besser bezahlen müssen, um überhaupt welche zu finden.

Es kommt noch schlimmer: Wir brauchen wahrscheinlich die verpflichtende Ganztagsschule. Wir brauchen wahrscheinlich die Einheitsschule, also den Abbau des heutigen differenzierten Systems bei den weiterführenden Schulen. Da steckt Zunder drin! Denn das Nötige verläuft quer zu den Parteigrenzen. Hamburg docet, die Eltern würden Sturm laufen, wenn ihre urdeutschen Hätschelkinder plötzlich mit den migrantischen Schmuddelkindern zusammen lernen müssten. In meinem herrlich-linksgrünen Kreuzberg weigern sich die Eltern – im Gegensatz zu mir – bereits heute, ihre Kinder zu „denen da“ zu schicken. Mittel und Wege finden sich immer.

Und zugleich auch werden wir wesentlich stärker die Eltern in die Pflicht nehmen müssen. Auch mit Druck, auch mit Zwang, auch mit Zuckerbrot und Peitsche.

Bitte nicht aufgeben, Frau Schavan! Halten Sie durch!

Schavan: Kinder in Deutschland kommen zu spät in die Schule – Bundesbildungsministerin: Früher mit dem Lernen beginnen – Deutschland – Politik – Nachrichten – Hamburger Abendblatt
Die Zukunft liege in einer „viel stärkeren Verbindung von Kindergarten und Grundschule“, betonte Schavan und verwies auf sogenannte Bildungshäuser. Mit dem Lernen solle früher begonnen werden, „etwa im Alter von vier statt erst mit sechs Jahren“.

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