Jul 272009
 

Diese Frage stellte mir ein siebenjähriges Kind, dessen Vater Deutscher, dessen Mutter Russin ist, vor einigen Tagen bei einem lockeren Geplauder. Das Kind besucht eine unserer Kreuzberger Regelschulen. In seiner Klasse gibt es eine türkische Mehrheit, eine arabische Minderheit und ein oder zwei binationale Kinder mit ein oder zwei deutschen Elternteilen. Interessant! Die Kinder fangen also etwa in der ersten Klasse an, sich gemäß dem Aussehen nach Nationalitäten zu sortieren – wobei naturgemäß die stärkste Landsmannschaft, nämlich die Türken, den Ton angibt. Grob gesagt zerfällt so eine Klasse dann in türkische Kinder – also die Mehrheit, und nicht-türkische Kinder – alle anderen.

Herrlicher Satz von Noah Sow in ihrem gestern besprochenen Buch – sie spricht von den „albinoweißen“ Klassen in Prenzlauer Berg, in die die neu zuziehenden deutsch-deutschen weißen Eltern ihre Kinder stecken. Darin steckt ein tiefer Verdruß Sows über die Segregation unserer Landsmannschaften in der Berliner Schulwelt. Ich teile diesen Verdruß, obgleich ich es ablehne, die Selbstunterscheidung nach Nationalitäten für rassistisch zu halten. Rassismus bedeutet für mich die Unterscheidung der Menschen in verschiedene, unterschiedlich wertvolle Klassen anhand biologischer Merkmale. Das lehne ich schärfstens ab.

Wir sind kein rassistischer Staat. Die Bundesrepublik Deutschland, Frankreich oder Großbritannien sind vielmehr mittlerweile fast schon unumkehrbar Staaten geworden, in denen mehrere Nationalitäten, mehrere Volksgruppen mehr oder weniger unverbunden nebeneinander herleben, so wie etwa die Schweiz, die österreichisch-ungarische Doppelmonarchie, die Tschechoslowakei von 1919 bis 1946 oder auch Belgien bis zum heutigen Tage.

Oder soll man es so machen wie der türkische Staat? Obwohl zur Gründung der türkischen Republik nur ungefähr 50%  der Bewohner Türken waren, verordnet man bis heute allen Volksgruppen ein unbedingtes Bekenntnis zur einheitlichen türkischen Nation, einen persönlichen, religiösen Treueschwur zum Staatsgründer Atatürk und eine Hintanstellung aller ethnischen oder religiösen Unterschiede. DER Türke ist türkisch, spricht türkisch, bekennt sich als Türke zum Türkentum und zum Vater aller Türken.

Hier der verpflichtende Eid aller türkischen Schüler laut Wikipedia:

“Türküm, doğruyum, çalışkanım. İlkem, küçüklerimi korumak, büyüklerimi saymak, yurdumu, milletimi, özümden çok sevmektir. Ülküm, yükselmek, ileri gitmektir. Ey büyük Atatürk! Açtığın yolda, gösterdiğin hedefe durmadan yürüyeceğime ant içerim. Varlığım Türk varlığına armağan olsun. Ne mutlu Türküm diyene!”

„Ich bin Türke, ehrlich und fleißig. Mein Gesetz ist es, meine Jüngeren zu schützen, meine Älteren zu achten, meine Heimat und meine Nation mehr zu lieben als mich selbst. Mein Ideal ist es aufzusteigen, voranzugehen. O großer Atatürk! Ich schwöre, dass ich unaufhaltsam auf dem von dir eröffneten Weg zu dem von dir gezeigten Ziel streben werde. Mein Dasein soll der türkischen Existenz ein Geschenk sein. Wie glücklich derjenige, der sagt ,Ich bin Türke‘!“

Erst in zweiter Linie darf „der Türke“ neuerdings auch wieder die unterdrückten Muttersprachen sprechen, und innerhalb sehr enger, staatlich überwachter Grenzen darf man auch auch anderen Glaubensrichtungen anhängen als dem Islam.

Was die Türkei praktiziert, das wäre also ein starker, autoritärer Gegenentwurf zu unserer Laissez-faire-Kultur des Nicht-Verhältnisses zwischen den verschiedenen in Deutschland lebenden Nationalitäten und Landsmannschaften.

Überlegt euch doch mal, wie das wäre, wenn jeder deutsche Schüler eine Treueformel zur deutschen Nation ablegen müsste wie das alle Schüler, die eine türkische Schule besuchen, tun müssen! Ich habe mir eine solche Selbstverpflichtung überlegt und unterbreite euch hier einen Vorschlag für eine morgendliche Selbstverpflichtung aller Schüler:

„Ich bin eine Schülerin (ein Schüler) der Bundesrepublik Deutschland, rechtschaffen und fleißig. Mein Gesetz ist es, die Schwachen zu schützen, die Stärkeren auf ihre Pflichten hinzuweisen, meine Heimat und meine Nation zu achten und zu pflegen. Andere Länder und andere Nationen ehre ich ebenso wie meine eigene. Mein Ideal ist es, für den Erfolg zu arbeiten und dabei anderen als Vorbild zu dienen.  Ich halte Recht und Freiheit für Werte, die wir hüten müssen. Ich übernehme die persönliche Verantwortung für alles, was ich tue und sage. Mein Dasein soll auch für die anderen Menschen, mit denen ich zusammenlebe, ein Geschenk sein. Wie glücklich derjenige, der sagt ,Ich darf in Freiheit und Recht in Deutschland  leben‘.“

Lächerlich? So oder so ähnlich könnte ich das vertreten. Zerreißt diesen Entwurf, vergleicht ihn mit der türkischen Formulierung, vergleicht ihn mit der sozialistischen Jugendweihe, oder schreibt doch etwas Besseres! Ich bin sicher: Ihr könnt das!

 Posted by at 17:29

  One Response to “„Ich sehe doch aus wie ein Türke, oder?“”

  1. Wundern sie sich nicht, wenn Ihr Sohn mit 16 oder 17 zum Islam übertritt. Wollt ich nur gesagt haben, damit sie dann nicht sagen, das hätte ja keiner voraussehen können.

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