Einer der unerschöpflichsten Lehrer in dem, was wir hier in diesem Blog „Positive Kommunikation“ nennen, ist Jesus von Nazaret. Bei jeder neuen Lesung enthüllt sich etwas Neues, ein neuer hervorblitzender Bedeutungsschimmer. Genau dies berichten mir auch Muslime über ihre Neulesungen des Korans. Genau so öffnete ich heute wieder Ohren und Herz bei der Lesung in der Kreuzberger Gemeinde Sankt Bonifatius. Was würde der Priester bei der Lesung aus dem Markus-Evangelium hervorheben? Diesen Satz hob er durch Blick und Stimme heraus: „Wer nicht gegen uns ist, der ist für uns“. In diesem Herrenwort, überliefert bei Mk 9,40, drückt sich ein unbefragtes Grundvertrauen Jesu in sein Volk aus. Da er die Zugehörigkeit seiner Gemeinde zur Schicksalsgemeinschaft Israels, also des Judentums, nie in Frage stellt, geht er davon aus, dass er im Hauptstrom der Überlieferung – also im tora-geleiteten Judentum mitgetragen wird. Ein grandioses Wort! Zu recht hob der Prediger den Unterschied zur geläufigeren Fassung bei Matthäus 12,30 hervor. Ich ziehe die Fassung des Markus derjenigen des Matthäus bei weitem vor.
Der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz Erzbischof Robert Zollitsch beklagte jüngst 120.000 Kirchenaustritte pro Jahr. Worin liegt die Ursache? Vielleicht darin, dass den Austretenden ein glaubwürdiges, also vertrauenswürdiges Beispiel an derartigem Grundvertrauen fehlt, wie es im Jesus-Wort aufscheint: „Wer nicht gegen uns ist, der ist für uns!“ Das muss ja auch heißen: Wer uns nicht von vorneherein ablehnt, den können wir „für uns“ gewinnen. Man übertrage dies auf das Zusammenleben zwischen den unterschiedlichsten Menschen!
Großartig der Gedankengang des heutigen Predigers, auch ein Mensch, der aus der Kirche ausgetreten sei, könne etwas für die Kirche tun. Ich würde sogar noch einen Schritt weiter gehen: Ein Mensch, der aus der Kirche ausgetreten ist, der kann sehr wohl die Nachfolge Jesu anstreben, sofern er nicht von vornherein „dagegen“ ist. Er kann sozusagen im Namen Jesu leben, ohne dies zu verlautbaren. Er kann die Werke ohne den nach außen zur Schau getragenen Glauben tun. Er kann „dafür“ sein, obwohl er vor den Augen der Welt „dagegen“ ist. Werke ohne Glauben!
Der Biograph der Mutter Teresa von Kalkutta, Brian Kolodjechuk, berichtet, dass Mutter Teresa mehrere Jahrzehnte hinweg von heftigsten Glaubenszweifeln heimgesucht wurde. Sie hatte das Vertrauen in diesen Gott fast völlig verloren. Also tat sie die Werke, ohne im Glauben sicher zu sein. Werke ohne Glauben!
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