Dez 022009
 

Große Betroffenheit herrscht über das Schweizer Wählervotum, wonach keine neuen Minarette mehr gebaut werden sollen. Ich hätte gegen das Minarettbauverbot gestimmt. Da ich selbst zu einer winzigen religiösen Minderheit in Kreuzberg gehöre, nämlich den römisch-katholischen Christen, weiß ich, dass derartige Signale weh tun. Aber man sollte den Volksentscheid nicht überbewerten. Es gibt keine Verfolgung, keine Stigmatisierung der Muslime in der Schweiz, wie sie etwa die Christen in mehreren muslimischen Ländern wie Irak zu gewärtigen haben. Von den 1,2 Millionen Christen, die beim Sturz Saddam Husseins in Irak lebten, hat etwa die Hälfte entmutigt und eingeschüchtert das Land verlassen. Bombenanschläge auf Kirchen sind häufig, Christen werden immer wieder verfolgt und terrorisiert. Viele christliche Gemeinden kämpfen um das nackte Überleben.

Schlimm war aber auch die Verfolgung und Hetzjagd auf Muslime in Europa – in Bosnien hatte sich innerhalb von etwa 10 Jahren eine gefährliche Treibjagdstimmung gegen die Muslime entzündet, und die EU hat es nicht vermocht, den Massakern an den Muslimen in Srebrenica Einhalt zu gebieten. Sascha Stanisic legt beredtes Zeugnis davon ab in seinem großartigen Roman „Wie der Soldat das Grammofon repariert“.

Es kommt jetzt darauf an, für ein gutes Zusammenleben der Gemeinden zu werben! In der Türkei gibt es noch letzte Reste religöser Minderheiten. Von etwa 35% Christen, die zur Staatsgründung Atatürks in der Türkei lebten und eine bedeutende Minderheit bildeten, sind weniger als 1% noch da. Die anderen wurden verjagt, vertrieben, viele Christen wurden im Zuge der Vertreibungen der 20-er Jahre ermordet.

Die christlichen Gemeinden in der Türkei führen ein bedrängtes Leben, ihnen wird keine Rechtspersönlichkeit zuerkannt. Die Morde an christlichen Missionaren und Priestern und die Kirchenbauverbote lasten schwer auf den christlichen Gemeinden in der Türkei.

Wer hat die Hauptverantwortung? Ich meine: In jedem Fall muss die Mehrheit die Minderheit schützen! Die Muslime in der Türkei müssen sich schützend vor die Christen stellen, die Deutschen und die Schweizer müssen sich schützend vor alle jene Ausländer oder Zuwanderer stellen, die aus religiösen oder kulturellen Gründen bedrängt und verfolgt werden.

Von Bedrängnis und Verfolgung der Muslime kann in der Schweiz gottlob keine Rede sein! Es war die Mauer des Missverständnisses entstanden. Diese gilt es jetzt abzutragen. Hier sind beide Seiten gefordert. „Faschismus“-Rufe sind fehl am Platz.

 Posted by at 16:17

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