Jan 052011
 

Ein klares, leidenschaftliches Bekenntnis zum Kommunismus, zu Rosa Luxemburg, zum Ideal des Umsturzes der bestehenden Verhältnisse legt die Bundesvorsitzende der Linken, Gesine Lötzsch MdB, in einem Beitrag für die junge welt vom 03.01.2011 ab.

In Lötzschs eigenen Worten klingt das so:

Thomas Edison soll gesagt haben: »Ich bin nicht gescheitert. Ich habe nur 10000 Wege gefunden, die nicht funktionieren.« Was für ein großartiges Selbstbewußtsein! Wie viele Wege haben die Linken gefunden, die nicht funktionierten? Waren es 100 oder 1000? Es waren bestimmt nicht 10000! Das ist genau das Problem! Wir sind zu oft mit dem Finger auf der Landkarte unterwegs. Die Wege zum Kommunismus können wir nur finden, wenn wir uns auf den Weg machen und sie ausprobieren, ob in der Opposition oder in der Regierung. Auf jeden Fall wird es nicht den einen Weg geben, sondern sehr viele unterschiedliche Wege, die zum Ziel führen.

Wir erinnern uns: Die bolschewistische Revolution im rückständigen  Russland widersprach der marxistischen Theorie. Begeistert unterstützte dennoch Luxemburg die russischen Kommunisten bei ihrem Umsturz der eben erst eingeführten bürgerlichen Demokratie. Sie bejahte die handstreichartige Machtübernahme durch die Bolschewisten, sie bejahte die Gewalt, sie bejahte die Massenerschießungen, mit denen die Oktoberrevolution ihren Siegeszug einleitete. „Eine Revolution ist nicht mit Rosenwasser getauft.“Soeben las ich den Artikel ganz durch. Es ist faszinierend zu bemerken, mit welcher Einfühlung sich Gesine Lötzsch in die Logik der Debatten aus jenen Jahren hineinversetzt. Bei vielen Sätzen meint man Rosa Luxemburg selbst zu lesen. All jenes Beharren auf dem Lernen, auf tastendem Vorwärtsdenken, all jenes Hoffen und Sehnen, die geliebte Arbeiterklasse möge sich endlich den Vordenkerinnen und Vordenkern des Kommunismus anschließen!

Da schwingt viel Enttäuschung mit, dass die Arbeiterklasse mehrheitlich nie den Kommunismus gewollt hat. Der Kommunismus war stets und ist auch heute eine Sache der bürgerlichen Akademikerinnen und Akademiker, der sehnsuchtserfüllten Intellektuellen, der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, der Politologinnen und Politologen, die sich Betätigungsfelder als Berufspolitikerinnen suchen.

Liest man diesen Artikel aus der Feder Dr. Gesine Lötzschs, so ist plötzlich die Zeit wie weggewischt. Es ist, als hätte es die Millionen Todesopfer nicht gegeben, die die verschiedenen kommunistischen Bewegungen weltweit gefordert haben. Kein Wort zur Eliminierung des Lumpenproletariats, die Lenin 1918 anordnete. Kein Wort zur Tscheka, kein Wort zu Berija, kein Wort zum GULAG, kein Wort zu den von Lenin und Stalin angeordneten Massenhinrichtungen, kein Wort zu den Kulakenvernichtungen in der Ukraine, kein Wort zu den Massenmorden Pol Pots, kein Wort zu den Angriffskriegen der Sowjetunion auf ihre Nachbarn, kein Wort zu den Schauprozessen der 30er Jahre, kein Wort zum Bündnis zwischen Deutschem Reich und Sowjetunion, kein Wort zum gemeinsam geplanten Überfall Deutschlands und der Sowjetunion auf Polen, kein Wort zur Zwangsrussifizierung durch die sowjetischen Kommunisten, kein Wort zu den Internierungslagern Castros auf Kuba  usw. usw.

Schweigen im Walde.

Es ist, als wollte Dr. Lötzsch uns zu bedenken geben: „All jene sozialistischen Regimes, die es bisher gab, waren mit all ihrem Terror, all ihren Toten nur Versuche. Es war noch nicht richtig gemacht. ES HAT BISHER NICHT FUNKTIONIERT. Es wurde nur 1000 Mal versucht. Lasst es uns 10000 Mal versuchen!“

Da könnte man ebensogut sagen: „All jene faschistischen Regimes, die es bisher gab, waren mit all ihrem Terror, all ihren Toten nur Versuche. Es war noch nicht richtig gemacht. ES HAT NICHT FUNKTIONIERT. Lasst es uns noch 10000 Mal versuchen!“

Hier eine weitere kleine Leseprobe aus dem historischen Guckkästchen, das die junge welt gestern ausbreitete:

Die Novemberrevolution von 1918 wurde verraten und halbiert in den Absprachen zwischen Mehrheitssozialdemokratie und der kaiserlichen Armee, bevor sie überhaupt ihr ganzes Poten­tial entfalten konnte. In jenen wenigen Wochen, den knappen drei Monaten zwischen Entlassung aus dem Gefängnis und Ermordung, hat Rosa Luxemburg all ihre Kraft und Leidenschaft, Erfahrung und Wissen in die Waagschale geworfen, um zu verhindern, daß sich das Fenster zu einer radikalen sozialen und demokratischen Umwälzung wieder völlig schloß. In dem Maße, wie klar wurde, daß ein sozialistisches Deutschland nicht unmittelbar durchsetzbar war, suchte sie nach Möglichkeiten, zumindest bestimmte Optionen linker Politik offenzuhalten. Gemeinsam mit Karl Liebknecht und der revolutionären Linken kämpfte sie gegen die unheilige Allianz der rechten sozialdemokratischen Führer mit den Stützen des Kaiserreichs, mit den Hauptschuldigen von Krieg und Völkermord. Und zugleich appellierte sie nahezu verzweifelt an jene, die sich dem Linksradikalismus – dieser »Kinderkrankheit des Kommunismus« (Lenin) – zuwandten, nicht die Chancen, die auch in der Defensive und der Niederlage noch gegeben waren, ungenutzt verstreichen zu lassen.

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