Apr 042011
 

„In der Sprechstunde sitzt inzwischen eine 16-Jährige am Tisch, die auf Staatskosten in einer Wohngemeinschaft untergebracht und in eine Ausbildung vermittelt wurde. Dort macht sie neuerdings Schwierigkeiten. Sie ist mit zwei Betreuerinnen angereist und macht den Eindruck, als halte sie den finanziellen wie personellen Aufwand, der ihretwegen betrieben wird, für das Normalste der Welt.“

Der Unterschied zwischen der Arbeit der Sozialämter in Spandau und Friedrichshain-Kreuzberg scheint sehr geringfügig zu sein. Der Bericht aus dem Sozialamt Spandau, wie ihn Ariane Bemmer im Tagesspiegel heute bringt, weist andere Straßennamen auf. Ich bin sicher: Würde man die Spandauer Straßennamen durch Kreuzberger Straßennamen ersetzen, ergäbe sich ein ebenso glaubwürdiges Bild!

Die Sozialarbeiter vollbringen fast Übermenschliches. Dies um so mehr, als ihnen mit großer Gewissheit „die Arbeit nicht ausgeht“. Je mehr die Gesellschaft auf korrektive Maßnahmen – also Sozialarbeit, staatliche Fürsorge, Heimunterbringung, Ganztagsbetreuung – setzt, desto stärker wird bei den Menschen der Sog, innerfamiliäre Probleme in den Händen des Staates „gut aufgehoben zu wissen“. Alle seufzen erleichtert auf: „Es gibt ja zum Glück die Sozialarbeit!“ Die Berliner SPD etwa fordert beharrlich seit Jahrzehnten, an jeder Problemschule eine Sozialstation einzurichten – wohl wissend, dass eine „typische“ Problemfamilie mit acht oder zehn Kindern genug Arbeit für drei Sozialarbeiterinnen bietet und eine gesamte Schulstation rund um die Uhr auslasten kann.

Schreibt man diesen Trend langfristig fort, könnte man letztlich die gesamten Bildungsausgaben in die Sozialarbeit, in Familienhilfe, in Hilfen zur Erziehung usw. umlenken. Genau diese Posten steigen etwa im neuesten Haushaltsansatz des Berliner Senats um sagenhafte 8% über Plan! Dies kann aber langfristig nicht der Ausweg sein.

Sozialarbeit: Flüstern oder Schreien – Familie – Berlin – Tagesspiegel

Was ist ein echter Ausweg? Wir schlagen einen Weg vor, der bisher noch nicht beschritten worden ist: Das Einüben, das Anerziehen guter Familienpraxis über Kita und Schule. Kita und Schule sollen die Kinder auf allen Altersstufen lehren, wie Familien gut erziehen, gut zusammen leben, gut zusammen wachsen. Innerhalb von nur zwei bis drei Jahrzehnten könnte dann eine neue Generation von weitgehend intakten Familien heranwachsen. Der zur Zeit exponentiell wachsende Bedarf an Sozialarbeit und Familienhilfe würde sich in 10 oder 20 Jahren auf einem gleichbleibend niedrigen Niveau einpendeln.

Das so wichtige schulische Unterrichtsgebiet „Praktische Familienkunde“ gibt es bis jetzt nur in Ansätzen. Es fehlt in Kita und Schule fast völlig an der bewussten, normsetzenden Erziehung zur Familie hin. Seien wir doch ehrlich: „Lebe so, wie es dir passt! Hol dir vom Staat, was du brauchst und kriegen kannst!“ Das ist heute der Tenor. Folge: Die Buben und Mädchen lernen in Kita und Schule nicht, wie man gesund und lecker kocht, wie man eine Familie gründet, wie man einen Haushalt führt, wie man Kinder erziehen soll. Viele junge Eltern sind mit diesen Aufgaben heillos überfordert.

Wenn die Kinder Glück haben, lernen sie „Familie“ in der Herkunftsfamilie. Wenn sie Pech haben, lernen sie es nie – und werden es auch durch die Sozialhilfe nicht lernen.

Würden Kinder an den staatlichen Bildungseinrichtungen auf allen Altersstufen bewusst und sorgfältig auf das Zusammenleben in Familien hin erzogen, könnten sie später den überragend wichtigen Schritt zur Gründung einer Familie selbstbewusst und voller Zutrauen in die eigenen Kräfte gehen. Von überragender, vielleicht sogar von entscheidender  Bedeutung ist dabei das Einüben einer tauglichen Rollenerwartung für die werdenden Väter. Denn sehr oft ist es das Versagen oder das Fehlen der Väter, welches zum Zerbrechen der Familie führt. Gefragt ist also normsetzende Erziehung zu echter Väterlichkeit, in alter Sprache: Erziehung zu Sittlichkeit und Mündigkeit.

Sozialarbeit – so wichtig sie ist, so bewundernswert die Mühe der Sozialarbeiterinnen ist, so sehr wir ihnen dankbar sein müssen – kann stets nur notdürftige Reparaturarbeit leisten.

Gesunde, intakte Familien mit Vater, Mutter und Kindern sind die dezentralen, die regenerativen Kraftwerke, aus denen Gesellschaften ihre Energie beziehen. Die Politik kann und soll diese Einsicht in konkrete Schritte münden lassen. Wir brauchen Familienerziehung an allen Berliner Schulen. Jetzt.

 Posted by at 10:49

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