Mann dreht einsam seine Runden, Frau räumt auf

 Donna moderna  Kommentare deaktiviert für Mann dreht einsam seine Runden, Frau räumt auf
Okt 282008
 

man_und_frau.jpg Liebe Freundinnen und Freunde, Bloggerinnen und Blogger, wir betonten schon: Dies ist ein werbe- und beleidigungsfreies Blog. Eigentlich. Aber gestern konnte ich nicht widerstehen: Ich radelte zum Penny in der Bergmannstraße und kaufte nach Herzenslust Spielzeug. Ich stand vor dem Turm an Herrlichkeiten. Nagende Zweifel überfielen mich: Was sollte ich für meinen Sohn und mich nehmen? Die gigantische Modell-Auto-Rennbahn MONTE CARLO für Euro 39.99 – oder doch lieber den Reinigungstrolley mit batteriebetriebenem Staubsauger u.v.m. für Euro 24.99? Ich stand in der Verantwortung! Ich hätte die Mauer der Geschlechterrollen durchbrechen können, hätte mehrere tausend Jahre Geschlechterungerechtigkeit mit einem einzigen Kauf zuschanden machen können. Die EU hätte mich unterstützt in meinem furchtlosen Kampf gegen die herkömmliche Rollenverteilung in Familie, Politik, Religion und Gesellschaft, als welche da lautet: Die Männer drehen einsam ihre Runden, die Frauen räumen hinterher auf.

Bloggerinnen und Blogger! Ich hab es nicht geschafft. Ich bin schwach geworden. ICH HABE GESÜNDIGT! Ich habe die Rennbahn gekauft! Furchtbar! Frauen, bitte verzeiht! Ich gestehe: Der Reinigungstrolley ist für mich ungefähr so attraktiv wie ein Paar kratzende Filzpantoffeln. Warum soll ich uns Männern das antun? Ich finde es spannender, mit Autos um die Kurven zu flitzen, als mühsam den Dreck zu beseitigen, den andere hinterlassen haben. Ist das so schlimm? Bin ich böse? Nein! Ich habe nichts Böses getan! Als ich die Rennbahn kaufte. Und das ist auch gut.

Zurück zur ernsthaften Politik! Eine Betrachtung jüngster politischer Vorgänge in Staat und Gesellschaft erwies wieder und wieder: Die Männer, diese großen Jungs, drehen einsam ihre Runden in ihren tollen Kisten, BMW, Audi, Daimler. Wir lieben das. Man sagt dann im Volksmunde gerne: „Der dreht frei“, oder: „Man weiß nicht, wo er in den nächsten dreißig Minuten hinfährt!“ Alles typische Aussagen für Politiker, die es nicht gelernt haben zu kommunizieren, Teams zu bilden, berechenbar und verlässlich zu sein. Solche Politiker fahren alles an die Wand, wenn man sie nicht zum Aussteigen anhält. Sie haben die Politik mit einem Sandkasten verwechselt.

Den Frauen wird dann die ehrenvolle Aufgabe zugedacht, hinterher zu räumen. Gerne auch im Doppelpack: Mann steht vorne, Frau soll aufräumen. Das kann man wieder und wieder beobachten.

Im Klartext: Wir Männer allein können es nicht. Und ihr Frauen allein – wollt es nicht. Ich behaupte: Die meisten Frauen wollen nicht ganz vorne stehen. Sie wollen die Macht nicht wirklich. Und die meisten Männer können es allein auch nicht. Sie kämpfen sich – jeder für sich – nach vorne, stoßen Mitbewerber zur Seite, bis kaum einer mehr übrigbleibt. Und vorne angelangt – wissen sie nichts mit der Macht anzufangen.

Jetzt gilt es, aus solchen Geschehnissen die Lehren zu ziehen:

Männliches“ Machtstreben, „weibliche“ Teamfähigkeit müssen vereinigt werden. Teams ohne Führungsanspruch werden nichts bewegen können. Nackter Führungsanspruch ohne Team fährt an die Wand, scheitert blind.

Die jüngste Zeitgeschichte lehrt: Nur zusammen sind wir stark.

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Gelangen Frauen anders zur Macht?

 Donna moderna, Helmut Kohl  Kommentare deaktiviert für Gelangen Frauen anders zur Macht?
Okt 252008
 

rennbahn.jpg Immer wieder begegne ich Frauen, die kompetenter, sympathischer, klüger und ehrlicher sind als männliche Mitbewerber in ähnlichen oder sogar höheren Positionen. Warum gelangen diese Frauen dann meist nicht nach oben, obwohl sie doch eigentlich die besseren Argumente auf ihrer Seite haben? Denn sie wissen mehr, sie können besser reden, sie können Sachverhalte besser analysieren, sie legen die besseren Vorschläge auf den Tisch.

Hier meine ich aus eigener Erfahrung: Den meisten Frauen fehlt jener Hunger auf Macht, jenes Geltungsbedürfnis, das männliche Mitbewerber mehr oder minder geschickt verbergen, das uns aber doch antreibt! Wir Männer wollen gern „groß herauskommen“, und dafür arbeiten wir von Kindesbeinen an: Wir spielen Rennautobahn, spielen Ritter, wir raufen und streiten im Schulhof, kämpfen um Geld, Macht, Wissen und Sex – und zwar einen großen Teil unseres wachen Lebens.

Den klügeren, kundigeren, freundlicheren Frauen fällt dann bei Zank und Hader der männlichen Rabauken meist die Rolle der Vermittlerinnen, der Friedensstifterinnen, der Moderatorinnen zu. Das gilt für Tausende und Abertausende von Müttern und Schwestern, es gilt für Parteien, es gilt für Verbände. Die Männer machen ihr Ding, die Frauen räumen auf. So ist es meistens.

Ich höre schon die Einwände gegen mich: „Aber es gibt doch so viele erfolgreiche Frauen, die auch Macht ausüben, die Macht besitzen! Ist denn etwa Angela Merkel nicht die beliebteste und einflussreichste Politikerin Deutschlands? Gilt sie nicht als mächtigste Frau der Welt? Wie konnte denn Tsipi Livni sich durchsetzen und designierte Premierministerin Israels werden? Und schauen Sie nach Brandenburg: Dort hat sich Johanna Wanka an die Spitze eines ganzen CDU-Landesverbands hochgekämpft!“

Hierauf erwidere ich: An genau diesen drei Beispielen kann ich verdeutlichen, was ich meine! Ich leugne nicht, dass Frauen auch Macht anstreben, Macht ausüben und erfolgreich verteidigen können. Doch behaupte ich, dass für die allermeisten Frauen in der Politik Macht nicht in dem Sinne obersten Rang einnimmt, wie dies für die meisten männlichen Politiker gilt. Das bedeutet jedoch, dass diese hochbegabten Politikerinnen nur in Ausnahme- und Krisensituationen nach oben gelangen können. Sie putschen sich nicht an die Macht, sondern sie erweisen sich in Zeiten der Krise als die glaubwürdigsten Anwärterinnen auf die freien Plätze. Nur dann, wenn die männlichen Mitbewerber sich gegenseitig lähmen und jeder für sich in seinen Machtstrategien gescheitert sind, kommen diese eigentlich besser qualifizierten Frauen zum Zug. Das ist häufig dann der Fall, wenn Korruption, Ämtermissbrauch und Kriminalität in die Politik hineinwirken. Erst der offenkundige Rechtsbruch Helmut Kohls ebnete Angela Merkel den Weg an die Spitze. Nur dadurch, dass sie den Rechtsbruch klar benannte, konnte Merkel sich aus einer Minderheitenposition gegen die Männerbündnisse in der Partei durchsetzen. Denn sie hatte keine Hausmacht. Erst die harten Anklagen gegen Ehud Olmert ließen Tsipi Livni als beste Alternative dastehen. Und erst nachdem die über viele Jahre hinweg heillos zerstrittene Männerriege in Brandenburg durch eine herbe Wahlniederlage abgestraft worden war, konnte sich Johanna Wanka mit ihrem völlig anders gearteten Politikstil durchsetzen. Die Männer an der Spitze waren untragbar geworden, hatten sich gegenseitig vom Floß gestoßen wie raufende Buben im Schulhof. Sie waren so in ihre Händel verstrickt, dass sie darüber Sinn und Zweck der Politik vergessen hatten. Es ereignet sich dann das, was Christoph Stölzl die „Entpolitisierung einer politischen Partei“ nannte.

Bezeichnend ist, dass diese Frauen sich eigentlich nicht zielstrebig hochboxen. So verzichtete Merkel bei dem berühmten Wolfratshausener Frühstück zugunsten eines Mannes auf die Kanzlerkandidatur. So wurde Wanka bereits früher einmal zum Landesvorsitz aufgefordert – ließ die Chance aber verstreichen. Man muss solche klugen, beredten, beliebten und sympathischen Frauen – einerlei ob sie nun Tsipi Livni, Angela Merkel, Tamara Zieschang, Ursula von der Leyen oder Johanna Wanka heißen – buchstäblich „zum Jagen tragen“. Aber dieses Wort „Jagen“ ist das falsche Wort: Politik besteht für diese Politikerinnen eben gerade nicht im Jagen und Erlegen von Gegnern innerhalb und außerhalb der Partei, sondern im gemeinsamen Erarbeiten und Durchsetzen der besten möglichen Lösungen. Dafür stehen sie ein, mit dieser Konzeption kommen sie unter normalen Umständen nicht zum Zuge, sondern nur dann, wenn die Hütte brennnt, also in Krisen und in unlösbar scheinenden Konfliktsituationen.

Ein typischer Satz, der diese Politikauffassung prägt, ist in meinen Augen das Motto der deutschen EU-Ratspräsidentschaft: „Europa gelingt gemeinsam.“ Ein gutes Beispiel für diesen Politikstil, den ich für vorbildlich halte. Stammt der Satz von Merkel? Es würde mich nicht wundern! Da wir ein freies Land sind, habe ich mir hier in diesem Blog die Freiheit genommen, diesen Satz abzuwandeln: „Sicherer Straßenverkehr gelingt gemeinsam.“ Oder: „Eine gute Partei gelingt gemeinsam.“ Punkt. Verletze ich damit geistige Urheberrechte? Sei’s drum, meldet euch, Autoren und Copywriter!

Ein Satz, der im schlechten Sinne eine typisch männliche Sicht widerspiegelt, ist der folgende: „Wartet nur, wenn ich erst einmal Bürgermeister bin, dann wird alles gut! Erst müssen wir die amtierende Regierung verjagen, dann werde ich Bürgermeister und dann ist alles gut.“

Abschließend empfehle ich noch ein Interview mit Johanna Wanka aus dem heutigen Tagesspiegel. Es entspricht in jeder Hinsicht dem hier als vorbildlich gekennzeichneten Politikverständnis. Der Fall der CDU Brandenburg lehrt: Wenn die Männer über viele Jahre ihre infantil-jungenhafte Konfliktlösungs-Unfähigkeit klar bewiesen haben, wenn sie die politische Bühne in eine Art Kindergarten umgewandelt haben, sollte man sich auch einmal nach Frauen umsehen, die unter den herrschenden Verhältnissen sonst nicht zum Zuge kämen.

Unser Bild zeigt eine tolle gigantische Rennbahn, die ab Montag zum Verkauf steht. Mein Sohn und ich fiebern ihr entgegen. Aber sind derartige geschlechtsstereotypenstützende Werbebotschaften laut EU nicht unstatthaft? Warum spielen dort nur männliche Wesen? Warum spielen dort keine Mädchen, keine Frauen? Gehört so eine Reklame nicht verboten?

„Die Union ist wieder ein ernsthafter Mitbewerber“
Wird die CDU, die lange durch Querelen paralysiert war, unter Ihrer Führung angriffslustiger, selbstbewusster auftreten?

Ich stehe für einen fairen Politikstil und will für unsere erfolgreiche Politik in der Regierung werben, ohne andere zu diffamieren. Wir können das mit selbstbewusster Gelassenheit tun. Mit der SPD arbeiten wir in der Koalition gut zusammen, aber wir sind unterschiedliche Parteien. Es ist gut, wenn man die Union wieder als ernsthaften Mitbewerber wahrnimmt.

Ärgert es Sie, wenn die SPD manchmal auftritt, als gehöre ihr das Land allein?

Klare Antwort: Ja

Sie hätten Wissenschaftssenatorin in Hamburg werden können. Warum sind Sie in Brandenburg geblieben und wollen nun gar die im Vorsitzenden-Mobbing geübte CDU übernehmen?

Es wäre verlockend gewesen, als erste Ostdeutsche einem westdeutschen Kabinett anzugehören. Aber ich bin in Brandenburg zu Hause, ich bin bodenständig. Ich denke, ich passe besser hierher.

Warum soll Ihnen gelingen, woran ihr Vorgänger Junghanns in der CDU scheiterte?

Es ist Einsicht gewachsen, dass von inneren Auseinandersetzungen niemand profitiert, niemand. Es sind alle leid, dass die Union nur noch als zerstrittene Truppe wahrgenommen wurde. Damit ist jetzt Schluss. Sonst wäre schon der geordnete Wechsel an der Spitze nicht möglich gewesen.

 Posted by at 21:13
Okt 132008
 

13102008.jpg Nennen wir sie – Alexa. Denn ich sah das Portrait dieser Nachwuchshoffnung der deutschen Politik mit einem großen Werbeplakat in der Einfahrt der Tiefgarage neben dem Schöneberger Fitnessstudio Axxel 24.

Warum bin ich so begeistert von Alexa? Warum sage ich: Stellt sie als Direktkandidatin für den Bundestag in Friedrichshain-Kreuzberg auf!? Warum würde ich sie wählen?

Erstens: Sie stellt auf einem Werbeplakat eine Frage – das wünsch ich mir schon lange. Hey Parteien, schafft ihr das auch irgendwann einmal? Keine Aufforderung. Keine Parole. Kein Name.

„Nachdenken. Diskutieren. Handeln“, sagt Alexa. Sie sagt nicht: „Nachtreten. Zutexten. Jammern.“ In letzterem gibt es Pappkameraden, die sind darin Meister!

Alexa fragt: „In was für einer Gesellschaft wollen wir leben?“  Sie fragt nach dem Wir, nach der Zukunft. Sie zeigt nicht mit dem Finger auf andere. Sie fordert nicht:  „Weg mit dem dem Chaos. Weg mit …!“ Sie erinnert sachte, aber beharrlich an unsere Verantwortung. Daran, dass wir etwas machen können. Dass wir nicht ausgeliefert sind.

Nein, sie stellt sich hin und bittet um Gehör für eine Frage. Vorbildlich! Ich würde dich wählen, Alexa! Lass dich aufstellen! Gib dir einen Ruck! Oder bist du nur der Traum einer Politikerin?

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Sarah Palin geht zum Angriff über – auch auf die Medien

 Donna moderna  Kommentare deaktiviert für Sarah Palin geht zum Angriff über – auch auf die Medien
Sep 042008
 

„Wenn du als Politiker Erfolg haben willst, schilt nie die Medien – sie werden es dir tausendfach heimzahlen.“ Wer hat das gesagt – ich weiß es wirklich nicht mehr, aber irgendwo habe ich das gelesen.

Stimmt dieser Ratschlag? Ich nehme an, er stimmt. Aber auch das weiß ich nicht. Eines fällt jedenfalls auf: Manche deutschen Politiker aus unterschiedlichen Parteien, manche deutschen Parteien in unterschiedlichen Bundesländern „haben eine schlechte Presse“. Die Medien nehmen sie einfach nicht ernst. Sie ziehen sie systematisch durch den Kakao, verspotten sie mehr oder minder. Gern spielen die Medien auch die Spitzenleute solcher Parteien gegeneinander aus, indem sie sie gegeneinander aufhetzen, mit suggestiven Fangfragen wie etwa: „Was tun Sie dagegen, dass Ihr Parteifreund Ihnen pausenlos in den Rücken fällt?“

Soll man sich wehren, indem man die Medien eines Besseren belehrt, sie offen der Verschwörung zeiht? Oder sollte man sich die Medien gewogen stimmen, indem man sie mit gutem Stoff, also mit ausgereiften, hieb- und stichfesten Konzepten und dem einen oder anderen Skandal „bedient“, mit ihnen lacht, scherzt und spielt?

Sarah Palin scheint beides zu können. In ihrer Rede beim Kongress der Republikaner griff sie den Medienliebling Obama an und hieb auch auf die liberalen Schreiberlinge ein. Die New York Times berichtet:

She not only praised John McCain, she also repeatedly mocked Barack Obama’s career ( “This world of threats and dangers is not just a community, and it doesn’t just need an organizer”) and gleefully attacked the Washington elite.

“Here’s a little news flash for all those reporters and commentators: I’m not going to Washington to seek their good opinion; I’m going to Washington to serve the people of this country.”

Until she spoke up for herself, no defense, no matter how spirited or well-argued, could fully make up for Ms. Palin’s conspicuous absence from the screen. It wasn’t just the endless discussion on cable news programs or the heated debates on “The View” that made her seem in quarantine.

The TV Watch – Ending Conspicuous Silence, Palin Makes Her Case – NYTimes.com

Wie ist das zu bewerten? Ich glaube: Da Palin bis vor einer Woche nahezu unbekannt war, konnte sie sich diesen Tatzenschlag gegen die Medien erlauben. Als Neuzugang auf der politischen Bühne genießt sie zunächst einmal den medienüblichen Senkrechtstarter-Artenschutz. Zumal sie selbst ein erstklassiges Futter für die Medien ist: sie sieht blendend aus, ihr Privatleben ist reich an bunten Farbtupfern, der eine oder andere Skandal haftet ihr an – alles kein Beinbruch. Dennoch glaube ich, dass sie sehr bald ihre Attacken auf die Presse und das Fernsehen einstellen wird. Sonst wird sie sich nicht durchsetzen können.

Warum? Nun, – der Ratschlag, mit dem wir diesen Beitrag eröffneten, könnte die Antwort sein. Politiker leben von der Darstellung in der Öffentlichkeit – sie müssen ankommen. Wenn die Presse und das Fernsehen meint: „Die ist gut, die können wir bringen, die kommt an, die steigert die Einschaltquote“ – ja dann wird so eine Politikerin auch ihre Gunst bei den Wählern steigern. Und umgekehrt.

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Mai 222008
 

Jeder Mensch fragt sich wohl immer wieder: Wie möchte ich sein? Wie sehen mich andere? Wie möchte ich gesehen werden? Manchmal gelingt es, diese Fragen in einem Bild zu beantworten. So etwas geschah mir gestern. Frau Steffan vom Zürcher Ammann Verlag sandte mir ein Bild von einer Veranstaltung mit Letizia Battaglia und Leoluca Orlando zu. Letzte Woche aufgenommen, im Willy-Brandt-Haus, Berlin-Kreuzberg. Zwei lachende Menschen sehe ich da, – eben Letizia Battaglia, die Photographin, daneben ich -, die beiden Menschen strahlen irgend jemandem entgegen, belustigt, fast augenzwinkernd. Sie scheinen einer Meinung zu sein. Im Hintergrund sieht man Fotos von einigen Verbrechen und Verbrechensopfern. Aber auch so etwas wie eine weiße Taube. Palermo, ihr wisst schon … Letizia selbst hat sie aufgenommen. Derzeit läuft noch die Fotoausstellung im Willy-Brandt-Haus.
Ihr fragt: Darf man lachen, wenn man über schwierige, traurige Themen spricht? Ich frage euch: Wem hülfe es, wenn wir nicht lachten? Würde dadurch auch nur eines der Opfer wieder lebendig?
Beim Betrachten des Fotos kommt mir der Gedanke: Ja, so möchte ich immer sein! Im Einverständnis mit anderen, nach außen offen, gesprächsbereit, optimistisch. Niemand leugnet das Böse auf diesem Foto, aber es gibt eine Kraft, die auf Dauer stärker ist als das Böse: die Gemeinschaft im Jetzt, das Lachen, die Sympathie.

Foto: Letizia Battaglia, Johannes Hampel. Willy-Brandt-Haus Berlin-Kreuzberg, Mai 2008.  Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung von Ulla Steffan, Zürich

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Ostfrauen zeigen Zähne und Klauen gegenüber Ausspähversuchen

 Donna moderna  Kommentare deaktiviert für Ostfrauen zeigen Zähne und Klauen gegenüber Ausspähversuchen
Mrz 012008
 

Aus dem Institut für Soziologie einer namhaften deutschen Universität erreicht uns die Einladung, an einer wissenschaftlichen Umfrage zum Thema bikulturelle Partnerwahl teilzunehmen. Wir sind geehrt – und überrascht. Woher haben die unsere Adresse, woher wissen die, dass wir ein russisch-deutsches Ehepaar sind? Antwort: Aus dem Melderegister. Das Melderegister, so erfahren wir, steht wissenschaftlichen Anfragen offen. Und noch stärker geehrt fühlen wir uns, als wir lesen: „Wir würden uns sehr über Ihre Antwort freuen, weil ohne Ihre Mitwirkung keine seriöse Forschung möglich ist.“ Was für eine Verantwortung, was für eine Last! Können wir sie ernsthaft schultern? Wenn wir also nicht teilnehmen, sackt die ganze Studie in sich zusammen, verbläst ins Unseriöse wie ein Kinderluftballon. Na, denn mal los! Den Datenschutzhinweis haben wir gelesen.

Wir studieren die Fragen. Sie sind sowohl in deutsch wie in russisch verfasst, für Mann und Frau getrennt. Ira ist bass erstaunt, denn die Ehefrau soll vieles preisgeben, z.B.: „Hatten Sie vor Ihrer jetzigen Ehe Partnerschaften mit Männern, die mindestens 6 Monate gedauert haben? Wenn Sie einmal an Ihre früheren Beziehungen zurückdenken, würden Sie sagen, dass Sie eher gute oder eher schlechte Erfahrungen mit Männern gemacht haben? Ihr Körpergewicht zu Beginn der Partnerschaft? Für mich ist ein Mann anziehend, wenn er Lust auf Sex hat. Für wie wichtig halten Sie diese Aussage?“ Und so weiter, und so weiter …

Ira ist empört: Was bilden die sich ein! Sie greift sofort zum Telephonhörer, ruft die Kontaktadresse an der Universität an und sagt: „Verzeihen Sie, Sie stellen Fragen, die ich nicht einmal meiner Mutter beantworten würde. Ich werde nicht teilnehmen.“ Die sehr freundliche Dame am Telephon weist noch einmal auf die sofortige Anonymisierung der Daten, die absolute Seriosität der Erhebung hin – nichts zu machen! Ira bleibt ungerührt, und ich bin stolz auf sie. Ich werde selbst auch nicht teilnehmen, ergreife den Hörer und erkläre ausführlicher: „Selbst wenn wir uns auf Ihren Datenschutz zu 100% verließen – was wir gerne tun würden – hätten Sie bedenken müssen, dass derartige intime Details in einer rein postalisch hergestellten Verbindung nur schwer preisgegeben werden. Außerdem finden wir es bedenklich, dass nach Ihrer Aussage die Forschung unseriös wird, wenn wir beide nicht teilnehmen. Allein schon durch diese Aussage erscheint uns das Projekt nicht seriös.“ Die Dame bedankt sich betroffen und höflich, und wir beenden das Gespäch im besten Einvernehmen.

Am Abend lese ich Ira einen Abschnitt aus einer Biographie vor, die Gerd Langguth über eine in der DDR aufgewachsene deutsche Frau verfasst hat. Ich zitiere: Diese Frau …

… hatte von ihren Eltern mit auf den Weg bekommen, gegenüber Lehrern, manchen Klassenkameraden oder Repräsentanten des Staates nie zu offenbaren, was sie wirklich denkt. Dieses Element der Gefahrenvermeidung lernt in einer Diktatur jeder, der die Abhängigkeit seines Fortkommens von Partei, Geheimdienst und Staat erkennt.

Voller Genugtuung und etwas ironisch frage ich Ira: „Und? Was hältst Du davon? Das ist doch gut beobachtet, das gilt doch für euch ‚Ostfrauen‘ ganz allgemein, oder?“ Ira zuckt mit den Achseln. Sie meint: Natürlich ist es so. Das sei doch so selbstverständlich, dass man es nicht eigens aufzuschreiben brauche. Der Exhibitionismus des westdeutschen Reality-TV-Dschungelcamps sei ihre Sache nie gewesen.

P.S.: Ich habe die Genehmigung Iras, dieses Erlebnis in diesem Blog zu berichten.

Übrigens: Die genannte Frau, eine bekannte Politikerin, scheint irgendwie über ihren Schatten gesprungen zu sein und offenbart im SZ-Magazin dieses Wochenendes, wie sie die 68-er Jahre erlebt hat. Garniert mit privaten Fotos aus ihrer Jugend. Sehr erhellend, eine gute Zugabe zu der Biografie des Politikwissenschaftlers Langguth!

Bibliographischer Hinweis: Das Zitat entstammt dem lesenswerten, höchst kentnisreichen Buch von Gerd Langguth: Angela Merkel. Aufstieg zur Macht. Biografie. Aktualisierte und erweiterte Neuausgabe, Deutscher Taschenbuch Verlag, München, Dezember 2007, S. 401

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Am Wildwasser

 Donna moderna  Kommentare deaktiviert für Am Wildwasser
Okt 312007
 

wildwasser.jpg Am Sonntag gehen wir durch die im Nebeldunst verhüllte Obentrautstraße. Junge Frauen haben auf dem Trottoir einen Tisch hingestellt, laden uns ein, Platz zu nehmen. Wir ziehen Lose aus ihrer Lotterie. Ich habe Nummer 71: “ 2 Cappuccinos im Café am Meer in der Bergmannnstraße.“ Die Sonne lacht, das ist ja genau das, was Ira sich so sehnlich wünscht – ins Café zu gehen, Leute anschauen, reden, reden, reden. Das Glück bleibt mir treu. Wir plaudern mit den Mädchen. Ich kannte Wildwasser e.V. bisher nur aus den Erzählungen von Sozialarbeiterinnen und Sozialwissenschaftlerinnen und stellte mir unter den Wildwasser-Mädchen eher verschüchterte Opfer vor. Darf ich denen gegenüber als Mann einfach so das Wort ergreifen? Ich will und darf! Uns treten lebensfrohe, selbstbewusste, charmante Frauen gegenüber, die ihr Leben gemeinschaftlich neu ausrichten. Ich darf sogar ein Foto machen und erhalte die Erlaubnis, dies in mein Blog zu stellen! Wir probieren die richige Pose für die Aufnahme. Das Ergebnis: Frau ist selbstbewusst, frau hat es nicht nötig, in die Kamera zu lächeln, frau ist rundum schön! Zum Abschied bekommen wir noch zwei Stück Kuchen, den wir sorgsam als Wegzehrung für unsere geplante Wanderung im Havelländischen Luch verwahren. Ira tritt mir mit sofortiger Wirkung alle Genussrechte an dem Schokoladenkuchen ab. So bin ich doppelt begünstigt.

 Posted by at 22:36