Ja hat sich denn alles mit diesem Blog verbündet? Der Graswurzelblogger reibt sich die Augen – als wollten sie sein Geraune und Geunke bestätigen, verhalten sich die Parteien nach den hessischen Landtagswahlen genau so, wie er es gestern vorausgeahnt hatte.
Mutmaßung 1 von gestern: „Die Parteiapparate der SPD und der CDU werden angesichts schwindender Zustimmung durch die Wähler noch stärker mit internen Revierstreitigkeiten beschäftigt sein, die Binnenzwistigkeiten werden sich verschärfen“, – und einen Tag nach dieser Vorhersage wird gemeldet: Der CDU-Fraktionschef im brandenburgischen Landtag tritt Knall auf Fall zurück. Dabei hatte man doch das Kriegsbeil schon hoch und heilig begraben! Als Begründung führt er mangelnden Rückhalt in der Partei an. Wir lesen im Tagesspiegel:
Acht Monate vor der Landtagswahl muss Brandenburgs CDU einen neuen Fraktionschef suchen: Amtsinhaber Thomas Lunacek ist am Dienstag zurückgetreten, nachdem er unter der neuen Landesvorsitzenden Johanna Wanka bei der Aufstellung der Landesliste ausgebootet worden war. Der 44-Jährige begründete seinen Schritt mit dem fehlenden Rückhalt in der Partei, der im Wahlkampf jedoch nötig wäre. Es war mir nicht möglich, das Amt mit Kraft und Autorität weiterzuführen, sagte Lunacek, der bei der Bekanntgabe seines Entschlusses befreit wirkte.
Mutmaßung 2 von gestern: Die beiden großen Parteien werden sich weiterhin selbst beschädigen, z.B. durch tiefschürfende, überwältigend frische Analysen wie etwa „Eine bürgerliche Mehrheit ist möglich“, „Wer Merkel will, muss CDU wählen“, „Kanzlerin Merkel ist unser Angebot an den Wähler“, oder: „Wir sind die bürgerliche Partei der Mitte“, und was dergleichen wohlfeile Sprüche mehr sind. Hier ist jedoch eine Ergänzung angebracht: CDU und SPD beschädigen nicht nur sich selbst, sondern stärker noch – soweit sie in der Koalition gebunden sind – einander. Nach dem alten Muster: Wir haben alles richtig gemacht, die anderen sind an allem schuld. Generalsekretär Hubertus Heil attackiert im Hamburger Abendblatt schon mal vorsorglich die Bundeskanzlerin Merkel:
Abendblatt:
Der Meinungsforscher Klaus-Peter Schöppner schreibt: „SPD wählen heißt Beliebigkeit, schlimmer: völlige Ungewissheit wählen“ …
Heil:
Fehlendes Profil kann Herr Schöppner eher bei der Union feststellen. Da gibt es zwischen den Verstaatlichungsfantasien des Herrn Rüttgers und den wirtschaftsradikalen Vorstellungen, die Herr Merz bei vielen in der Union hinterlassen hat, sehr viel Unklarheit. Bei Frau Merkel ist es ja so: Jeder glaubt sie zu kennen, aber keiner weiß wirklich, wofür sie steht. Die SPD ist klar aufgestellt.
Und auch mit unserem gestrigen Lob für den Wahlkämpfer Al-Wazir stehen wir nicht allein – denn heute reißen sich die Bundesgrünen um ihn. Der Spiegel berichtet:
Für Al-Wazir spricht: Er kann eigentlich alles. Öffentlich sprechen, scharf analysieren, führen und zusammenführen. Ein Realo, der auch mit den Parteilinken kann. Ein geborener Fraktionschef eben.
Was lernen wir daraus? Ich werde ab der nächsten Wahl im Jahre 2009 jeweils am Vorabend eine gefühlte Graswurzel-Prognose zum Wahlausgang geben. Den allgemeinen Trend glaubte ich gestern bereits zu erwittern:
a) Die beiden großen Parteien werden durch eigenes Zutun – nicht wegen der Großen Koalition – verlieren. b) Die drei kleinen Parteien werden gewinnen, und zwar um so stärker, je mehr sie sich nicht nur auf die Schwächen der großen verlassen, sondern auch ihr eigenes Profil durch die geeignete Kandidatenauswahl in Richtung auf eine Bürgerpartei des neuen Typs verbreitern. Musterfall hierfür: Tarek Al-Wazir.
Sind solche Vorahnungen unabwendbar? Nein. In der Politik ist kaum etwas mit großer Sicherheit vorhersagbar. Allerdings meine ich behaupten zu dürfen: Wahlen werden immer stärker durch die Persönlichkeit der Spitzenkandidaten und durch das richtige kommunikative Verhalten entschieden.
Sorry, the comment form is closed at this time.