Müssen Radfahrende jetzt rot- oder schwarzsehen?

 Fahrrad, Friedrichshain-Kreuzberg  Kommentare deaktiviert für Müssen Radfahrende jetzt rot- oder schwarzsehen?
Okt 122011
 

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Unser Bild zeigt einen neu angelegten Radfahrstreifen in der Wilhelmstraße, den ich gestern aufnahm. Das bringt uns zur Aktuellen Debatte! Zittern und Zagen bricht aus in so manchen Stammtischgesprächen. Wie wird es unter dem neuen Senat für 1.-Mai-Demonstranten, für Radfahrer weitergehen? War bisher alles gold für Radfahrende in der Radlerstadt Berlin?

Ich meine: Zur Verzweiflung besteht kein Anlass! Statt des üblichen CDU-Verprügelns sollte man also mal kucken, was die anderen regierenden Parteien in ihren Bezirken und in der Stadt bisher so zustande gebracht haben. Und es war – milde gesagt – nicht alles erfreulich,
was in radverkehrspolitischer Hinsicht über uns hereingebrochen ist in den
letzten 10 Jahren.

Ist umgekehrt die CDU radfahrfeindlich und betonfreundlich? Sollen gar etwa
jetzt alle Radverkehrsanlagen betoniert oder klimaschädlich asphaltiert werden, statt im schnuckeligen Katzenkopfpflaster oder in der lustig spritzenden, klimaschmeichelnden wassergebundenen Wegedecke ausgeführt zu werden?

Kucken wir genauer hin! Bereits im ersten ihrer Programmpunkte fordert die
CDU „großzügige Wegeanlagen für den Fuß- und Radverkehr“, sie fordert
„breitere Radverkehrsanlagen“ (Programm Punkt 8), ein „gut ausgebautes Netz
der kurzen Fuß-Wege“ (Programm Punkt 10). Die CDU beklagt, dass „Radfahren
in Berlin gefährlicher als in Polen ist“, und diagnostiziert unerbittlich:
„Anstelle einer durchdachten Radverkehrspolitik beschränkt sich der Senat
oft auf Symbolpolitik.“ Das Wahlprogramm der Berliner CDU liest sich fürwahr
stellenweise so, als hätten Radfahr-Aktivisten mitgeschrieben.

„Das Radroutennetz ist ein Flickenteppich, der in vielen Fällen im Nichts
endet“ (CDU-Wahlprogramm, Punkt e45, S. 60). Nebenbei: Die Fahrradunfälle
sind 2010 im äußerst CDU-armen, grün regierten Friedrichshain-Kreuzberg –
stärker als der Radverkehrsanteil – um satte 9% gestiegen (Morgenpost
09.10.2011). Wir sind also nach Mitte der zweitgefährlichste Bezirk für die
Radfahrer, wir haben gerade hier bei uns im Bezirk trotz aller vollmundigen
Bekenntnisse keine überzeugende Radverkehrspolitik der linken und grünen
Volksparteien.

Der Berliner CDU-MdB Karl-Georg Wellmann hat wiederholt geäußert: „Das Auto
macht die Stadt kaputt.“ Und so einer sitzt für die CDU im Bundestag?!
Die Gutachten zur A100, mit denen die A100-Gegner argumentierten, waren zum
Teil völlig falsch, ein Verkehrs-Gutachten musste komplett eingestampft
werden, das Ingenieur-Büro hat das Honorar zurückgezahlt (siehe taz
19.02.2010). Der Widerstand der Grünen gegen die A100 war zuletzt nur noch ein Stellungskrieg in einem Glaubenskampf, der wie alle Glaubenkämpfe rational nicht mehr vermittelbar war.

Ich meine: Es kann für den Radverkehr unter dem neuen Senat nur besser werden.

Also habt keine Angst! Es gibt für Radfahrende keinen Grund, einseitig rot zu
sehen oder einseitig schwarz zu sehen.

Konkrete Mitarbeit an den Einzelproblemen ist gefragt. Wo haben in den
letzten 5 Jahren regierende SPD, regierende Grüne und regierende Linke der
Sache des Radverkehrs besonders geschadet? Was sollte der neue Senat, das
neue Bezirksamt besser machen? Hierzu sollten und werden wir überzeugten
Radfahrer uns vernehmlich machen!

 Posted by at 17:21
Okt 102011
 

Wann begann für die Sowjetunion der 2. Weltkrieg? Dumme Frage, werdet ihr sagen – natürlich am 22. Juni 1941! Damals überfiel das Deutsche Reich aus heiterem Himmel die Grenzen zur stets friedliebenden Sowjetunion und brachte Massenmord, Vernichtung, Ausplünderung in das bis dahin wahrhaft menschenfreundliche kommunistische Reich.

So haben es Generationen von russischen und deutschen Schülern gelernt, so wird es auch heute noch sehr oft dargestellt. Ist das wirklich so, dass die Sowjetunion wider Willen in einen Weltkrieg hineingezogen wurde, mit dem sie bis zum 22.06.1941 nichts zu tun hatte?

Es nimmt mich schon nicht mehr wunder stets von neuem zu sehen, dass der Überfall der Sowjetunion auf Polen vom 17. 09.1939 und die anschließende Annexion Ostpolens im öffentlichen Bewusstsein unserer Länder (Deutschlands und Russlands) ebenso vergessen ist wie die sowjetrussischen Überfälle von 1939 auf die anderen Staaten im Ostseeraum, also auf die Staaten Litauen, Estland und Lettland, die von der friedliebenden Sowjetunion gewissermaßen verschluckt wurden, während das 1939 ebenfalls von der Sowjetunion angegriffene Finnland immerhin unter Abtretung eines Teilgebietes die staatliche Eigenständigkeit behielt. Wer kennt diese Tatsachen heute noch außer einigen wenigen Historikern – und den damals von der Sowjetunion friedlich verschluckten Völkern der Polen, Esten, Litauer und Letten?

Man ignoriert die außenpolitischen und militärischen Großtaten der Sowjetunion vor 1941 und lässt ansonsten Stalin weiterhin einen guten Mann sein. Völlig vergessen wird, dass die Sowjetunion ab 1939 sofort nach der Besetzung der genannten Länder einen unerbittlichen Terrorapparat mit Massenhinrichtungen (Stichwort Katyn), Arbeitslagern und grausamer Bekämpfung aller vermuteten oder echten Widerstandskämpfer und vermuteter oder echter Partisanen installierte.

Ein kürzlich erschienener Aufsatz von Irina Scherbakowa bringt mir einige dieser heute weithin vergessenen Tatsachen wieder ins Blickfeld. Die russische Historikerin berichtet darin auch von der heute längst vergessenen Русская освободительная армия РОА, der regulären „Russischen Befreiungsarmee“, die nach Angaben der russischen Wikipedia mit immerhin 350.000 Mann, also fast mit doppelter Stärke der heutigen Bundeswehr, Seit an Seit mit den deutschen Truppen gegen Stalin kämpfte. Waren dies alles Vaterlandsverräter? Die Befreiung Russlands von der Geißel des Stalinismus schien diesen Freiwilligen so wichtig, dass sie den Pakt mit dem Teufel Hitler eingingen.

Mein persönliches Zwischenergebnis: Europa leidet weiterhin an an einem höchst beunruhigenden Gedächtnisverlust. Man könnte es mit einem Ausdruck Jorge Sempruns auch „Doppelgedächtnis“ nennen, Teil-Amnesie, Phantom-Vergesslichkeit … wie auch immer: Mit derart einseitiger Historiographie wird bis zum heutigen Tage massive Geschichtspolitik betrieben. Daraus werden bis zum heutigen Tage Ansprüche gegenüber Deutschland begründet. Und diese Ansprüche leiten sich von der weithin geteilten Annahme her: Da Deutschland und nur Deutschland dem gesamten Kontinent einen Krieg aufgezwungen habe, müsse auch Deutschland und nur Deutschland die gesamten Kriegsfolgekosten tragen. Unterbewusst läuft dieser Film in einer Endlosschleife überall ab.

Auch die Griechen scheinen es aktuell – ebenso wie die Italiener selbst – vergessen zu haben, dass es Italien und nicht Deutschland war, das Griechenland am 28.10.1940 überfallen und in den Krieg gezogen hat. Und deshalb erinnern die heute gegen Deutschland demonstrierenden Griechen an den Plätzen gerne an Hitler, aber gar nicht an Mussolini.

Irina Scherbakowa: Vaters Wahrheit. Wie der Große Vaterländische Krieg das Leben der Russen bis heute prägt. In: Die ZEITGeschichte. Heft 2/2011: Hitlers Krieg im Osten, S. 26-33.

Zu diesem Thema des „geteilten Gedächtnisses“ erreicht mich auch soeben ein frisch erscheinender, höchst lesenswerter Band aus dem Wallstein Verlag:

Freiheit, ach Freiheit …

Vereintes Europa – geteiltes Gedächtnis

Freiheit, ach Freiheit ...

Herausgegeben von Zsuzsa Breier und Adolf Muschg

Wallstein Verlag Göttingen · Freiheit, ach Freiheit …

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Okt 102011
 

Oha, das Internet erwacht jetzt auch schon und nimmt sich des neuen Parks am Geisdreieck an. Mich soll’s freuen. Bin ohnehin für mehr direkte Bürgerbeteiligung. Werd heute mal den Park bei Regen genießen, selbstverständlich nicht ohne im Geiste des Turnvaters Jahn und der Turnmutter Jane Fonda etwas für die körperliche Ertüchtigung zu tun.

Soll der Park am Gleisdreieck bei Dunkelheit geschlossen werden? (poll 5571423) | Polldaddy.com

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„Qualifizierter Abschluss“ oder: Deutsch-deutsche Übersetzungsprobleme

 Deutschstunde, Gouvernance économique, Sprachenvielfalt  Kommentare deaktiviert für „Qualifizierter Abschluss“ oder: Deutsch-deutsche Übersetzungsprobleme
Okt 052011
 

Brauchen PolitikerInnen Nachhilfe in klaren Formulierungen? Angeblich handelt es sich etwa bei „Wirtschaftsregierung“/“economic governance“  um Übersetzungsprobleme. Gubernare hieß ja mal „steuern“ im Lateinischen, und davon stammt das englisch „govern“ … governance ist also nicht „Regierung“, sondern eher eine Art Globalsteuerung durch Euro-weite gemeinsame Leitzinsen, Euro-weite Verschuldenskriterien … alles halb so wild!

Andere harte Nuss: Was bedeutet „qualifizierter Abschluss der Autobahn A 100“, an dem die Berliner Koalitionsverhandlungen scheiterten? Erneut liegt hier eine Einblendung vor, diesmal des englischen „qualified“. Die im globalen Englischen meist recht gut beschlagenen Grünen verstanden darunter einen „eingeschränkten, auf 900 m begrenzten Abschluss“, etwa wie bei „The proposal received qualified (=limited) approval“.

Und die Arbeiter und Bauern der Arbeiterpartei SPD verstanden darunter eine „hervorragend qualifizierte Beendigung“, also den Zu-Ende-Bau mit allen Extras wie etwa breiten säumenden Radwegen …

Herrlich, herrlich!

Man möchte sagen: Euch fehlte ein qualifizierter deutsch-deutscher Dolmetscher, oh hoffnungsfrohe Koalitionäre! Oder wolltet ihr euch in diesen hochqualifizierten Missverständnissen festfahren?

Gescheiterte Koalitionsgespräche: Spiel um einen Satz und niemand siegt – Berlin – Tagesspiegel
Die Grünen wollen den „qualifizierten Abschluss“ des Autobahnbaus an der Neuköllner Sonnenallee so verstanden wissen, dass dies das endgültige Ende des Autobahnbaus sei.

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Okt 052011
 

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Studie: „Irritierendes Verhalten vieler Migrantenkinder“ – Politik – FAZ

Ahmet Toprak und Aladin El-Mafaalani haben sich gefragt: Woran hakt’s zwischen deutscher Schule und muslimischem Elternhaus? Uta Rasche berichtete darüber gestern in der FAZ. Äußerst lesenswert sind sowohl Artikel als auch Studie selbst – auch für diejenigen, die das ohnehin schon im Alltag am eigenen Leib erfahren haben.

„Muslimische Kinder und Jugendliche in Deutschland“, lautet die Studie, die auch online abrufbar ist. Gut, dass hier im Titel nicht von den Migrantenkindern gesprochen wird, sondern von den muslimischen Kindern und Jugendlichen. Denn die hier seit Generationen ansässigen muslimischen Familien stellen an vielen Schulen in Großstädten die Mehrheit der Kinder. Sie bringen aus ihren Herkunftsländern unverändert ein spezifisch muslimisches, über Jahrhunderte entwickeltes  Familien- und Menschenbild mit, das die Autoren zurecht, wie ich meine, unter folgenden Stichworten fassen: Vorrang des Kollektivs vor der Einzelpersönlichkeit, Vorrang des Älteren vor dem Jüngeren, Vorrang des Sohnes vor der Tochter, Abgabe der Hauptverantwortung für die gesamte Erziehung und Bildung der Kinder an den Staat und an die muslimische Religion.

Fast alle muslimischen Kinder und Jugendlichen, die ich kennengelernt habe, würden wahrscheinlich bedenkenlos diese Beschreibungen bejahen. Ich fasse diese Grundhaltungen der muslimischen Familien so zusammen: „Im Zweifelsfall entscheidet der Mann. Im Zweifelsfall entscheidet der Ältere, nicht der Jüngere. Im Zweifelsfall bestimmen die Interessen der Familie, nicht die des Einzelnen, nicht die der deutschen Gesellschaft. Zusammenhalt ist wichtiger als Freiheit. Ein Mann hat mehr zu sagen als eine Frau.“

Die Autoren raten zu längerem gemeinsamem Lernen – also etwa 6 Jahre gemeinsame Grundschule. Das ist interessant und bringt mich zum Lächeln! Die Autoren raten also zur Berliner Lösung. Sie empfehlen das, was Berlin schon hat! Lest einen Abschnitt aus dem FAZ-Artikel von Uta Rasche:

Um der Schulmisere zu begegnen, plädieren die Autoren dafür, dass die Grundschule nicht mehr davon ausgehen solle, zu Hause „vorgebildete“ Kinder zu unterrichten, sondern sich noch stärker auf heterogene Lerngruppen einstellen solle. Auch müssten der gewaltlose Umgang mit Konflikten und das in der Schule erwünschte Sozialverhalten dort erst eingeübt werden, damit Kinder, die zu Hause andere Konfliktlösungsmuster gelernt haben, nicht dauernd anecken. Ganztagsschulen böten dazu bessere Gelegenheit als Halbtagsschulen. Auch plädieren die Autoren – und das ist für eine Studie der Adenauer-Stiftung mehr als ungewöhnlich – für längeres gemeinsames Lernen, also für die Grundschule bis zur sechsten Klasse, damit Migrantenkinder mehr Zeit hätten, ihre Defizite auszugleichen.

Und staun, staun! Was haben wir hier in Berlin, etwa in Kreuzberg? Haben wir das gemeinsame Lernen – oder haben wir die typische Kreuzberger Grundschule der langen Wege?

Dreierlei empfehle ich:

1) Typische Berliner BildungspolitikerInnen sollten ihre Kinder für mindestens 6 Jahre in typische Berliner Kitas und Grundschulklassen mit den typischen absoluten muslimischen Mehrheiten schicken – zugunsten des gemeinsamen Lernens. Gemeinsames Lernen ist eine feine Sache!

2) Typische Berliner Bildungsexperten sollten die profunde Studie von Ahmet Toprak und Aladin El-Mafaalani zur Kenntnis nehmen. Ich empfehle sie nachdrücklich.

3) Typische Berliner Bildungs- und Integrationsexperten sollten das Gespräch und das Bündnis mit Lehrern vor Ort und mit freiwilligen Helfern, etwa dem Neuköllner Netzwerk Schülerhilfe Rollberg suchen.

Bild: Sonnenblumenfeld in Sachsen-Anhalt, aufgenommen am Tag der deutschen Einheit

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Okt 042011
 

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Das Rätsel des gestrigen Tages harrt der Lösung.

Sehr feinfühlig haben an diesem Tag bereits die Online-Redakteure des Tagesspiegels reagiert und den kleinen Schnitzer berichtigt:

Rot-Grün in Berlin: Es ist zum Politikverdrossenwerden – Meinung – Tagesspiegel
Es ist zum Politikerverdrossenwerden.

So ist es richtig, danke!

Denkbar ist auch: Es ist zum Politiker-verdrossen-Werden, oder: Es ist zum Politikerverdrossen-Werden.

Wie kann man die StVO von ihren Schreibfehlern erlösen? Auch hier gibt es mehrere Möglichkeiten:

Das Nebeneinanderfahren ist den Radfahrenden auf Fahrradstraßen erlaubt.

Oder: Das Nebeneinander-Fahren ist den Radfahrenden auf Fahrradstraßen erlaubt.

Merke: Der substantivierte Infinitiv ist stets groß zu schreiben, bei mehrteiligen Fügungen ist entweder durch Bindestriche durchzukoppeln oder zusammenzuschreiben.

Näheres dazu: Amtliche Regelung der deutschen Rechtschreibung § 57 (2) Abs. 2 in Verbindung mit § 37 (2) ebenda

Bild: Der neue Park am Gleisdreieck ist das Richtige zum Politikerverdrossenheits-Abwerfen und zum Neue-Kraft-Schöpfen!

 Posted by at 23:29

Dem kippenden Kiez Kunst entgegensetzen!

 Friedrichshain-Kreuzberg, Nahe Räume, Positive Kommunikation  Kommentare deaktiviert für Dem kippenden Kiez Kunst entgegensetzen!
Okt 042011
 

Eine kulturell hochbedeutsame Woche hat für den Blogger geschlagen. Werft hier einen Blick in die Kette der Pflichten und Freuden:

Donnerstag, 06.10.2011, um 15 Uhr: Bei der ÖKOTUSSI, Großbeerenstraße 11, Kreuzberg-West, spielen unsere 3 kurzen Geiger (6 bis 9 Jahre alt) ein kurzes Konzert! Eintritt frei, Spenden unzulässig

Donnerstag, 06. Oktober 2011, 17.00-18.00 Uhr: Jahn trifft Jane. Der neue Kreuzberger Gleisdreieck-Park ermuntert zu körperlicher Ertüchtigung, zu Gemeinsinn und Leistung. Wir treffen uns im Geiste des Turnvaters Friedrich Ludwig Jahn und der Fitnessmutter Jane Fonda zu Parkbesichtigung, bürgerlichem Platzputz und präventiver Rückengymnastik. Treffpunkt: Haupteingang an der Hornstraße

Anschließend ab 18 Uhr, Wirtschaft Stresemann, Stresemannstraße 48:  Einläuten des Schreibwettbewerbs „Was mir am neuen Gleisdreieck-Park gefällt und was ich dafür tun möchte, dass es so bleibt“.

Samstag, dem 8. Oktober 2011, Konzert um 18 Uhr im Fachwerkhof, Solmsstraße 30 (Bergmannkiez Kreuzberg). Zwei Sopranistinnen, Irina Potapenko und Angelina Billington, werden in Begleitung von Lala Isakova (Piano) Werke des 18. und 19. Jahrhunderts aufführen.

Bild: die wenige Wochen alte Parkbank, auf der die jugendlichen Kreuzberger Skater ihr Geschick erprobten. Mitverantwortung an der begonnenen Zerstörung des öffentlichen Eigentums trägt der hier schreibende Blogger, denn er wagte es nicht dazwischenzugehen, als er die Jugendlichen die Bank mit ihren Skates so misshandeln sah. Ich hätte es tun müssen.

Interessant: Alle Tags, alle Graffiti-Schmiereien an den Bänken werden offenbar täglich durch Abschleifen des Holzes schnell wieder entfernt. Die Schmierereien an den Mülltonnen werden überstrichen. Aber die Kreuzberger sind schneller! In den letzten Jahren hat das Ausmaß der Schmierereien  hier in Kreuzberg-West sehr zugenommen, die Gegend droht zu kippen.

Mechanische Zerstörungen wie die hier beobachtete blieben selbstverständlich erhalten.

 Posted by at 20:18

Soll man die deutsche Rechtschreibung ganz schleifen lassen?

 Deutschstunde  Kommentare deaktiviert für Soll man die deutsche Rechtschreibung ganz schleifen lassen?
Okt 042011
 

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„Es ist zum politikerverdrossen werden.“ Ein altes, in diesem Blog bereits mehrfach, unter anderem am 14.01.2011 erörtertes Problem der deutschen Rechtschreibung springt uns heute beim Tagesspiegel-Lesen wieder mit Macht an. Dieses Problem, das Problem des mithilfe des Artikels substantivierten Infinitivs ist aber auch wirklich zum Die-Haare-Ausraufen – oder zum die haare ausraufen? Lest und entscheidet! Nur einer der fünf folgenden Sätze ist gemäß der früheren und auch gemäß der jetzt geltenden amtlichen Rechtschreibung richtig geschrieben. Welcher?

a) Es ist zum politik verdrossen werden.

b) Es ist zum politikerverdrossen werden.

c) Es ist zum Politiker-verdrossen-Werden.

d) Es ist zum politikverdrossen werden.

e) Das nebeneinander fahren ist den Rad fahrenden auf Fahrradstraßen gemäß Straßenverkehrsordnung erlaubt.

Koalitionssuche in Berlin: Rot-Grün in Berlin: Es ist zum politikverdrossen werden – Meinung – Tagesspiegel
Es ist zum politikerverdrossen werden.

Die Auflösung erfahrt ihr morgen beim Armes-Kreuzberger-Blog-Lesen bzw. beim Armeskreuzbergerbloglesen – oder auch beim Lesen des armen Kreuzberger Blogs!

Wir meinen: Die Rechtschreibung ist nichts zum Auf-die-leichte-Schulter-Nehmen. Gerade gegenüber Kindern wird man kaum in der Schule verlangen können, sie sollten sich an die Regeln halten, wo doch selbst viele Erwachsene ihre liebe Not mit dem Richtigschreiben haben.

Das Gleiche gilt, nebenbei bemerkt, für das Bei-roter-Ampel-Anhalten und das Sauberhalten des Parks.

Im Bild: Der neue Park am Gleisdreieck in Kreuzberg

 Posted by at 09:35
Okt 032011
 

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Den Tag der deutschen Einheit beging ich würdig durch eine ausgedehnte Radtour von der Lutherstadt Wittenberg die Elbe entlang, dann einbiegend auf den Elbe-Seyda-Radweg und schließlich ausrollend auf einem Teilstück des Fläming-Skate bis zum Endpunkt Blönsdorf.

Noch vor 22 Jahren, als ich erstmals längere Touren durch die die damals noch bestehende DDR unternahm, kam es nicht vor, dass Unbekannte mich unterwegs grüßten. Es herrschte große Unbekanntschaft und auch eine gewisse Furchtsamkeit: Wie stark durften wir uns dem entfremdeten Teil unseres Landes öffnen?

Wie anders heute! Heute lachte die Sonne, und sehr viele Menschen grüßten uns von sich aus, wie auch wir wiederum von uns aus oft kleinere Gespräche mit anderen Ausflüglern begannen.

Das Hin- und Herdenken, das Hin- und Herfühlen zwischen Ost- und West-Europa, Ost-und West-Deutschland ist mir in Fleisch und Blut übergegangen. Es bedarf keiner Anstrengung mehr. Insofern scheint mir das Bild der antriebslos zwischen den beiden Ufern pendelnden Gierfähre ein denkbares Bild der gelungenen deutschen und der noch anzustrebenden europäischen Einigung: die Gierseilfähre lässt sich von der Strömung hin und her schwingen, sie erzwingt nichts, sondern folgt dem Wink der beiden Seil-Enden, die wechselweise verkürzt werden und das Gefährt so von Ufer zu Ufer bewegen.

Dass Städte wie Wittenberg, Schwerin, Halle oder Jena jetzt jederzeit ansteuerbar sind, erfüllt mich mit großer Freude. Und meine deutschen Volkslieder? Gehören uns ebenfalls allen. „Das sind doch alles Lieder, die wir in der DDR auch gesungen haben“, sagte mir kürzlich eine Bekannte.

Und sonstige Gemeinsamkeiten? Vor zwei Tagen sah ich den großartigen, tief bewegenden  Film Der Mann mit dem Fagott. „Ich habe Udo Jürgens sehr unterschätzt, wahrscheinlich, weil er ein Deutscher ist und auf Deutsch singt„, gestand ich kürzlich im kleinen Kreis. „Genau das hat ein Freund aus Sachsen auch gesagt!“, bekam ich zur Antwort.

Die Geringschätzung des Beliebten, des Volkstümlichen, des Eigen-tümlichen ist etwas typisch Deutsches, ein Grundübel vieler deutscher Intellektueller in Ost wie West, ein Übel, von dem ich selbst auch nicht frei bin. Wie oft ernte ich seltsame Blicke, wenn ich gestehe, dass ich die BILD ebenso wie die TAZ lese!

Udo Jürgens ist jedenfalls ein hervorragender, sehr gut ausgebildeter Musiker, und jedes der Worte, das er singt, „sitzt“ strahlend klar. Er ist ein Meister der deutlichen, der sinn-tragenden und doch locker sitzenden Artikulation. Udo Jürgens ist ein Vorbild an Humanität, an Heiterkeit und freundlicher Leidenschaft. Und er ist einer, der auf der Gierfähre der Geschichte steht und nicht wankt dabei, sondern lächelt und tröstet.

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Bild oben: die Gierfähre über die Elbe bei Elster
Bidl oben: das Amtshaus in Seyda, erbaut 1605

 Posted by at 22:10
Okt 022011
 

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Soeben schlenderten wir einige Stunden über das Fest der Deutschen Einheit am Brandenburger Tor. Die sehr freundlichen Sicherheitskräfte ließen uns nach Prüfung unserer Taschen ins Allerheiligste des deutschen Sonntags hinein. Da staunten wir! Über allem Getriebe und Gewühle schwebte glückverheißend eine große rote Kugel: das war der Ball der bräunlichen Glücksbrause.

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Mächtig ragte auf das HAPPINESS MONUMENT. Coca Cola hat das Fest der deutschen Einheit fest im Griff. Hier herrscht die ödeste aller öden Glücksverheißungen. Ziel scheint das vollkommen stillgestellte, das vollkommen mit Glücks-Glukose, Glücks-Hormonen abgefüllte Gehirn zu sein. The brain in the vat – das Gehirn in der Zuckerlösung.

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Den Menschen merkte ich eine betäubt-betäubende Gleichgültigkeit an, sie werden buchstäblich mit Reizen abgefüllt und gefügig gemacht. Es ist die Diktatur des Kommerz, der hier der Boden bereitet wird. Deutschland schafft sich ab.

Von riesigen Bildschirmen scholl wummernd und pochend ein elektrischer Beat, mehrere Sänger versuchten sich in schwer verständlichen Sprachfetzen, die zumeist als critically ill English erkennbar waren. Deutsch wird gar nicht mehr gesungen, stattdessen wird die ehrwürdige englische Sprache mitten in Berlin in einem fort misshandelt und gefleddert. Why on earth?  Den ultimativen Kick versprach das Bungee-Jumping von 60 m Höhe zum Preis von 45 Euro, Mitfahrt kostet 3 Euro.

Von deutscher Einheit ist hier vor dem Brandenburger Tor nicht das Mindeste zu spüren. Im Gegenteil, hier schafft sich Deutschland ab. Ein Besuch auf der Festmeile vor dem Brandenburger Tor ist allen zu empfehlen! Hier kannst du lernen, warum die Kinder in Kreuzberg kein richtiges Deutsch mehr lernen. Warum sollten sie sich Mühe geben mit einer Sprache, die nicht einmal an den Festen der Deutschen mehr verwendet oder gesungen wird? Wenn die Deutschen es vorziehen, irgendein billiges Pseudo-Englisch zu mantschen, statt ihre Landessprache zu erlernen und zu pflegen?

Wie sollen Menschen in Deutschland noch irgend etwas anderes wertschätzen lernen, wenn sie auf allen Kanälen mit klebrig-zuckriger Pampe abgefüllt werden?

Dass Coca Cola hier statt eines „Blüh im Glanze dieses Glückes“ sich schamlos mit dem HAPPINESS MONUMENT als Garant und Gewährer des Glückes breit und frech inszenieren darf, enthüllt eine völlige Entkernung des politisch-moralischen Denkens, eine derartige Inhaltsleere in diesem Fest der Deutschen Einheit, dass es einen schaudern lässt.

Es ist die große deutsche Volksverdummung, die hier mitten in der Hauptstadt inszeniert wird. Es hinterlässt mich unfassbar traurig und wütend, dass ein solcher Tag derart würdelos begangen wird.

 Posted by at 22:31

Motopädagogische Elemente: Wii von Nintendo oder „Häschen in der Grube“?

 Freude, Gleisdreieck, Kinder, Singen  Kommentare deaktiviert für Motopädagogische Elemente: Wii von Nintendo oder „Häschen in der Grube“?
Okt 012011
 

Einen sehr gedankenreichen, sehr beflügelnden Kongress besuchte ich als einfacher Zuhörer am 09.10.2010, nämlich den Internationalen Bildungskongress der Frankfurter Buchmesse „Die lernende Gesellschaft„. Allein aus den Anregungen, die ich dort mitnahm, könnte man mehrere Stunden Workshops und praktische Hands-on-Seminare in Berlin abhalten. Es fehlt wahrhaftig in der Bildungsdebatte nicht an guten Ideen. Lest selbst:

Programm_Bildungskongress_2010.pdf (application/pdf-Objekt)

Eines der Seminare, das ich aussuchte, hieß: „Motopädagogische Elemente in Kita und Schulunterricht“, geleitet von Dorothea Beigel vom hessischen Kultusministerium und Silja Gülicher von Nintendo. Sehr gut, sehr erhellend! Wir lernen am besten, wenn wir uns körperlich belastungsfrei fühlen – das heißt auch, dass nicht zuviel Bewegungsenergie aufgestaut sein darf. Viele Kinder schaffen es heute nicht, längere Zeit stillzusitzen oder auch nur die Augen still auf einen Punkt zu halten. Wegen motorischer Mangelerfahrung im Alltag können sie weder Buchstaben auf einem Blatt Papier fixieren noch die Aufmerksamkeit auf einen längeren Lehrervortrag richten. „Diesen Zustand können Sie jetzt selbst erfahren! Stehen Sie bitte auf.“

Wir mussten auf einem Bein stehend Kopfrechnen ausprobieren. Die ersten Aufgaben gelangen mir mühelos, sie waren leicht. Dann jedoch wurden sie mir zu schwer, denn das ständige Stehen auf dem Bein lenkte mich ab, ich musste nur noch daran denken, das Gleichgewicht auf einem Bein zu halten, für das Kopfrechen war keine Kapazität mehr übrig. Ich machte das, was tausende Kinder jeden Tag machen: Ich stieg aus, die weiteren Kopfrechenaufgaben rauschten an uns vorbei, während ein einziger anderer Teilnehmer, offenbar ein Mathematik- und Sportlehrer, weiterhin alle Aufgaben herunterratterte, was wiederum meine Unlustgefühle verstärkte.  Meine gesamte Aufmerksamkeit war jetzt darauf gerichtet, den Bewegungsimpuls des Beines zu unterdrücken, getragen vom deutlichen Gefühl der Unterlegenheit gegenüber dem „Streber“ an meiner Seite, dem vermuteten Mathematiklehrer.

„So geht es den Kindern, wenn ihre motorischen Impulse im Unterricht unbeherrschbar geworden sind. Sie verweigern dann die Mitarbeit, weil etwas anderes ansteht.“ Regelmäßige kleinere körperliche Bewegungserfahrungen in kurzen Abständen, verstreut über den ganzen Lerntag des Kindes, sind also unerlässlich.

Na, dann kam noch der Schlenker zur Wii-Konsole des Sponsors Nintendo. Wii soll angeblich helfen, motorische Defizite der Kinder auszugleichen.

Wii von Nintendo als Gesundmacher der Kinder? Jetzt packte mich – den rebellischen Kreuzberger – mein aufsässiger Widerspruchsgeist! Ich meldete mich zu Wort und hub unschuldig an: „Zu meiner Zeit gab es solche Lieder wie etwa Häschen in der Grube – … was halten Sie davon? Muss es unbedingt Wii sein?“, frug ich.

Doch die Antwort der beiden sehr erfahrenen, sehr kundigen Referentinnen Dorothea Beigel und Silja Gülicher verblüffte mich, denn sie widersprachen mir keineswegs:

„Sie haben völlig recht mit Ihrer Bemerkung. Lieder wie Häschen in der Grube sind geradezu ideal geeignet, um unsere scheinbar neuen, wissenschaftlich fundierten motopädagogischen Einsichten zu belegen. Die vielen alten Kinderlieder und Kinderreime sind ein Schatz der frühkindlichen Pädagogik. Sie verbinden in idealtypischer Weise das Körperlernen mit dem Sprachlernen, die Beherrschung und Steuerung motorischer Impulse mit sozialem Lernen.

Genau so empfehlen wir, die Kinder zu einfachen Diensten und Besorgungen im Haushalt anzuleiten, etwa zum Zusammenlegen von getrockneter Wäsche, zum Aufdecken bei Tisch, zum Selber-Machen des Bettes. Wir beobachten eine zunehmende Verarmung der motorischen Erfahrungen in der Welt der Kinder. Hier können die Eltern viel mehr tun. Handeln zählt!“

Gut. Im Gefühl, wieder etwas Wesentliches gelernt zu haben, verließ ich das Seminar, nicht ohne noch die Referentinnen zu einem Besuch im heimischen Friedrichshain-Kreuzberg ermuntert zu haben.

Bild: der hervorragend gestaltete, zu Bewegung ermunternde neue Spielplatz im Park am Gleisdreieck, Kreuzberg (400 m entfernt von der Höhle des Bloggers).

 Posted by at 23:16

Printed in China: Deutsche Volkslieder, Publishing house: 7Hill

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Okt 012011
 

Das deutsche Volkslied behauptet sich prachtvoll in den Wogen der Globalisierung.

In China lernen derzeit etwa 5 Millionen Kinder Klavier, sie lernen auf diese Weise Namen wie W.A. Mozart, J.S. Bach oder J. Brahms kennen.

Das Buch, das ich gestern auf der Notenstütze der russischen Pianistin sah, trägt ebenfalls den Vermerk „Printed in China“. Umfang 351 Seiten. Titel: „Deutsche Volkslieder“. Die Chinesen wissen natürlich längst, dass neben dem deutschen Bürgerlichen Gesetzbuch, dem berühmten BGB, das in der Tat als Muster des Zivilrechts in China gilt, noch einiges andere Nachahmenswerte aus Deutschland kommt, eben eine hochentwickelte Kultur des Singens, des Komponierens und Musizierens.

Ich habe das Buch vor wenigen Wochen in Berlin zum Neupreis von 9,95 Euro gekauft. Die Klavierbegleitung ist leicht spielbar. Ich empfehle das Buch allen Miteltern – anstelle von Ritalin.

Deutsche Volkslieder, 9783833157028, 383315702X
Publishing house:
7Hill Publishing
Other primary creator:
Tamás Zászkaliczky
Adapted by:
István Máriássy
Number of pages:
351

 Posted by at 13:23