Aug 172023
 

Samstag, 29. Juli 2023. Wir verlassen in froher Stimmung die Dominikushütte. In der Morgenfrühe treten gleich beim Aufbruch die Farben und Konturen des Schlegeisspeichers mit metallischer Deutlichkeit hervor.

Auf guten breiten Wegen durchwandern wir den Zamser Grund; immer wieder hören wir die gellenden Pfiffe von Murmeltieren und sehen jenseits des Baches die putzigen Kerlchen, die buchstäblich „wie aus dem Häuschen“ wirken.

Vom Unterschrammachkar stürzt mit lautem Getöse in kräftigem Schwall ein Wasserfall herab. Aus mehreren solchen Zuflüssen speist sich der hinter uns liegende Schlegeisspeicher.

Auf der Lavitzalm besuchen wir die feine kleine Ausstellung, „Pfitscher Joch grenzenlos“. Thema: Die Welt der Arbeit, seit 10.000 Jahren eingeritzt in diese Berge hier am Hauptkamm der Alpen!

In zwölf Schaukästen werden zehn Jahrtausende Geschichte des Arbeitens eingefangen; zum Beispiel sehen wir Klingen und Pfeilspitzen aus der Steinzeit.

Wir lernen, wie im frühen Mittelalter auf der Lavitzalm Töpfe aus Speckstein, auch Lavez genannt, gedreht wurden.

Ein besonders düsteres Kapitel der Heimatkunde: Zwangsarbeit unter dem Kommando der deutschen Wehrmacht. Von Sommer 1941 bis März 1945 wurden im nahegelegenen Valsertal erst Kriegsgefangene aus Serbien und Frankreich, dann italienische Zivilarbeiter und ab Frühjahr 1942 Zwangsarbeiter aus der Sowjetunion beim Bau umfangreicher, nie in Betrieb genommener Bergwerksanlagen eingesetzt. Abgebaut werden sollte dort das kriegswichtige Element Molybdän, ein Metall, das zur Härtung von Stahl verwendet wird.

Viele der jeweils bis zu 300 eingesetzten Arbeiter erlagen den harten Strapazen oder starben aus bis heute nicht geklärten Ursachen, so etwa der am 15.10.1911 geborene Franzose Robert Leroy, zu Tode gekommen am 15.08.1944 an der Bergstation Alpeinerscharte.

Bis zuletzt wurde übrigens an diesem Ort der Vernichtung menschlicher Arbeitskraft kein Molybdän gefördert.

Hier zwei nützliche Links:

Das Molybdän-Bergwerk im Valsertal

Viehauftrieb in der warmen Jahreszeit/Transumanza del bestiame durante l’estate! Seit Jahrtausenden und bis zum heutigen Tage werden die Alpen hier als Weiden genutzt.

Nach weiterem Anstieg von etwa einer Stunde Dauer erreichen wir unseren Zielpunkt der Etappe 7, das Pfitscher Joch mit dem Pfitscherjochhaus (2276 m). Wir haben somit Südtirol erreicht und überschreiten zugleich die Linie, an der die heutige Staatsgrenze zwischen Italien und Österreich verläuft. Wir beziehen Quartier in einem sehr ansprechenden Zimmer und fertigen draußen noch einige Skizzen an.

Beim Abendessen beobachten wir zwei noch recht junge, unerfahrene Kühe, die von ihrer Herde losgewandert sind und offenbar rings um das Pfitscherjochhaus besonders saftiges Gras vermuten.

Hier sind wir wirklich am Hauptkamm der Alpen angelangt. Die Felsen bestehen am Ort überwiegend aus Gneisen, also erdgeschichtlich sehr altem metamorphem Gestein. Sehr ins Auge fallen mir bei den überall umherliegenden riesigen Felsblöcken die mächtigen Parallelstrukturen, in denen noch das schiefrige Schichtgefüge erscheint, zu denen der unter sehr hohem Druck umgeformte Gneis gepresst wurde.

Und überall sprießt Leben, selbst hier, auf über 2200 m Seehöhe, finden sich am Gneis wurzelnde Blümchen in erstaunlicher Üppigkeit und Farbenpracht!

Ein herrlicher Lohn sind diese Blicke rings um das Pfitscherjochhaus für einen insgesamt unschweren Anstieg!

 Posted by at 11:34

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